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Für die Gemeinde ist die Verschiebung der Marge in die Konzessionsabgabe sogar steuerlich vorteilhaft. Für neue Wettbewerber stellen die steigenden Kosten hingegen eine erhebliche Beeinträchtigung dar.
2.2.1.1 Kartellrechtliche Entscheidungspraxis 36. Wettbewerbsbeeinträchtigungen anlässlich der Rekommunalisierung der Energieversorgung, insbesondere im Zusammenhang mit der Konzessionsvergabe an Stadtwerke, hat das Bundeskartellamt in den Jahren 2009 und 2010 in mehreren Missbrauchsverfahren aufgegriffen. Der Großteil dieser Verfahren, denen ähnliche Sachverhalte zugrunde lagen, konnte mit Entscheidungen nach § 32 b GWB abgeschlossen werden, nachdem entsprechende Verpflichtungszusagen angeboten worden waren.31 In dem Verfahren GAG Gasversorgung Ahrensburg GmbH erließ das Bundeskartellamt eine Missbrauchsverfügung gemäß § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB.37. Die GAG steht im Alleineigentum der Stadt Ahrensburg und ist im Bereich der Gasverteilung und -versorgung tätig. Sie ist Grundversorger in Ahrensburg und seit 2006 Eigentümerin und Betreiberin des örtlichen Gasversorgungsnetzes. Der zwischen der Stadt und der GAG geschlossene Konzessionsvertrag sah unter anderem folgende Regelungen zur Konzessionsabgabe vor: Die GAG zahlt der Stadt eine Konzessionsabgabe in Höhe der Höchstsätze nach der Konzessionsabgabenverordnung. Sämtliche Gaslieferungen der GAG an Haushaltskunden (Heizgaskunden) gelten als Tariflieferungen im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 b KAV. Bei einer Durchleitung von Gas wird die GAG die Konzessionsabgabe an die Stadt in derselben Höhe zahlen, wie sie für eine unmittelbare Versorgung durch die GAG zu zahlen wäre. Seit der Übernahme des Gasnetzes belieferte die GAG ihre Kunden unterhalb einer Abnahmemenge von 100.000 kWh pro Jahr als Tarifvertragskunden und stellte Konzessionsabgaben gemäß § 2 Abs. 2 KAV in Höhe von 0,61 ct/kWh für die Belieferung mit Gas für Kochen und Warmwasser bzw. 0,27 ct/kWh für sonstige Tariflieferungen, insbesondere Heizgas, in Rechnung.33 Konzessionsabgaben in derselben Höhe stellte sie auch Drittlieferanten bei der Durchleitung von Gas in Rechnung. Nur bei Kunden, die die Grenze von 100.000 kWh überschreiten, machte sie die für Sondervertragskunden gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 KAV wesentlich niedrigere Konzessionsabgabe in Höhe von 0,03 ct/kWh geltend. 38. Das Bundeskartellamt bewertete dieses Vorgehen als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und gab der GAG auf, sämtliche Gaslieferungen Dritter im Wege der Durchleitung an Letztverbraucher als Lieferungen an Sondervertragskunden einzustufen und als Konzessionsabgabe höchstens den im Konzessionsvertrag für Sondervertragskunden (0,03 ct/kWh) vereinbarten, jedenfalls aber keinen höheren als den in § 2 Abs. 3 Nr. 3 KAV vorgesehenen Betrag zu berechnen. Außerdem wurde die GAG verpflichtet, zu viel gezahlte Entgelte an die Drittlieferanten zurückzuerstatten. Nach Auffassung des Bundeskartellamtes verfügt die GAG auf dem relevanten Markt für die entgeltliche Gestattung der Nutzung von Wegerechten durch den Netzbetreiber über eine Alleinstellung aufgrund des ihr im Konzessionsvertrag übertragenen Wegenutzungsrechts. Als Kern des Missbrauchsvorwurfs sieht das Amt den Umstand an, dass Drittlieferanten der Konzessionsabgabensatz für Tariflieferungen berechnet wird, der gegenüber dem Satz für Sondervertragslieferungen um ein Vielfaches höher liegt. Die Berechnung der erhöhten Konzessionsabgabe führe zu einer Steigerung der Kosten bei Drittlieferanten, welche diese erheblich behindere. Zwar müsse auch das mit dem Netzbetreiber konzernverbundene Grundversorgungsunternehmen die erhöhte Konzessionsabgabe leisten. Da diese beiden Unternehmen jedoch im Alleineigentum der Stadt Ahrensburg stünden, sei es für Letztere wirtschaftlich unerheblich, ob die Marge der Vertriebsgesellschaft sinke, sofern stattdessen der Netzbetreiber höhere Konzessionsabgaben an die Stadt abführe. Demgegenüber führe die Berechnung höherer Konzessionsabgaben bei unabhängigen Gasversorgungsunternehmen unmittelbar zu höheren Kosten und einer Reduzierung des Gewinns, ohne in anderer Form kompensiert zu werden. Darüber hinaus hält das Bundeskartellamt das Verhalten der GAG auch deshalb für missbräuchlich, weil ihm eine Verletzung der Bestimmungen der Konzessionsabgabenverordnung, insbesondere der §§ 2 Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 6 Satz 1 und 2 KAV, zugrunde liegt. 39. Die Monopolkommission bekräftigt ihre im letzten Energiesondergutachten vertretene Auffassung, dass die Berechnung des überhöhten Konzessionsabgabensatzes eine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung darstellt.34 Dieses Verhalten ist geeignet, den Markt für die Versorgung von Letztverbrauchern mit Gas abzuschotten, weil Energieversorgungsunternehmen wegen der geringen erzielbaren Gewinnmarge von einem Markteintritt absehen oder sich aus dem Markt zurückziehen könnten. Die Monopolkommission stimmt ferner mit dem Bundeskartellamt darin überein, dass das geschilderte Vorgehen der GAG gegen die Bestimmungen der Konzessionsabgabenverordnung verstößt und die Zielsetzung des reformierten Energiewirtschaftsrechts, die Entwicklung von Wettbewerb auf den Energiemärkten zu fördern, unterläuft. In diesem Zusammenhang ist allerdings nicht nur die willkürliche Einordnung von Sondervertragskunden als Tarifkunden bei der Fakturierung von Konzessionsabgaben als problematisch anzusehen. Vielmehr könnte auch der Umstand, dass ein Netzbetreiber die in der Konzessionsabgabenverordnung festgeschriebenen Höchstsätze in Rechnung stellt, kartellrechtlich relevant sein. Der Gesetzgeber verpflichtet den Netzbetreiber weder dazu, von Drittlieferanten überhaupt Konzessionsabgaben zu fordern, noch diese in einer bestimmten Höhe geltend zu machen; die Konzessionsabgaben sind gemäß § 2 Abs. 2 und 3 KAV lediglich nach oben gedeckelt. Die pauschale Geltendmachung der zulässigen Höchstsätze könnte daher schon für sich ein missbräuchliches Verhalten, einen Preis40. Adressat der dargestellten Missbrauchsverfügung ist allein die GAG, sodass ausschließlich deren marktbeherrschende Stellung Voraussetzung für ein Eingreifen des Bundeskartellamtes nach den Missbrauchsregeln ist. Nur bedingt nachvollziehbar sind daher die Ausführungen des Amtes zu der marktbeherrschenden Stellung der Stadt Ahrensburg. Es handelt sich um eine Feststellung, die für die weitere Entscheidungsbegründung keine Rolle mehr spielt, denn ein missbräuchliches Verhalten der Stadt Ahrensburg wird von der Wettbewerbsbehörde nicht näher untersucht. Allerdings kann die marktbeherrschende Position der konzessionsvergebenden Kommune dann kartellrechtlich relevant werden, wenn Kommune und Netzbetreiber – anders als im vorliegenden Fall – unverbunden sind. Die Forderung überhöhter Konzessionsabgaben im Konzessionsvertrag – sei es aufgrund einer falschen Einordnung von Kunden, sei es durch die pauschale Forderung der zulässigen Höchstsätze oder im Wege anderer Sachverhalte – könnte dann einen kartellrechtlich relevanten Missbrauch der beteiligten Kommune darstellen und sollte vom Bundeskartellamt aufgegriffen werden.
Ahrensburg. Die kommunale Gasversorgung Ahrensburg GmbH (GAG) hat mit ihrer Tarifpolitik gegen geltendes Recht verstoßen: Zu dieser Einschätzung ist der 3. Kartellsenat beim Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf gelangt (Az.: VI-3 Kart 1/11). Damit bestätigen die Richter einen Beschluss des Bundeskartellamtes (Az.: B 10-11/09) und weisen eine Beschwerde der GAG dagegen zurück. Die Wettbewerbsbehörde mit Sitz in Bonn hatte gerügt, dass Ahrensburgs kommunaler Gasversorger, der zugleich Netzbetreiber ist, von anderen Anbietern eine deutlich zu hohe Konzessionsabgabe verlange. Die GAG hat gegen den OLG-Beschluss nun Beschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt. Damit dürfte der Streit im kommenden Jahr höchstrichterlich entschieden werden. GAG-Geschäftsführer Horst Kienel: \"Wir brauchen endlich Rechtssicherheit.\" Einer Entscheidung misst er grundsätzliche Bedeutung für die Branche bei.
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