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Autor Thema: Entega kündigt meinen Gasvertrag  (Gelesen 6165 mal)

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Offline m00652

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Entega kündigt meinen Gasvertrag
« am: 30. November 2010, 23:59:45 »
Seit mehreren Jahren widerspreche ich der Preiserhöhung und zahle einen gekürzten Preis. Seit Anfang des Jahres werde ich nun permanent mit Vergleichsangeboten von entega bombadiert auf die ich allerdings nicht reagiert habe. Nach dem die Mahnungen jetzt fast alle 14 Tage kamen, kam jetzt die Kündigung zum Jahreende mit der Begründung, dass ich auf das Vergleichsangebot nicht reagiert hätte. Sie würden mir aber ein neues Angebot machen, d.h. der aktuelle Clever Tarif, den ich aber auf keinen Fall akzeptieren will. Weiterhin schreibt entega folgendes:
\"Wenn Sie sich für keinen neuen Sondertarif von uns entscheiden, erfolgt die vorübergehende Belieferung in Form der Ersatzversorgung im Sinne von §38 Energiewirtschaftsgestz durch uns als Grundversorger. Die Abrechnung des Gasverbrauchs erfolgt dann mit den Preisen unseres Tarifs Entega Basis Gas. Die Ersatzversorgung ist auf 3 Monate begrenzt.\"
Ich denke, dass dieses Kündigungschreiben nach und nach alle Gaspreis-Protestler von entega zugeschickt bekommen.

Was soll ich tun? Kann entega meinen Sondertarif-Vertrag einseitig kündigen, nur weil ich auf ihre dubiosen Vergleichsangebote nicht reagiert habe? Ich habe eigentlich nicht vor den Anbieter zu wechseln? Welcher Jurist im Forum kann mir einen Rat geben? Ist die Ersatzversorgung wirklich auf 3 Monate begrenzt (wie entega behauptet) oder ist das ein Bluff?
Vielen Dank im voraus für Rückmeldungen
m00652

Offline bolli

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Entega kündigt meinen Gasvertrag
« Antwort #1 am: 01. Dezember 2010, 08:35:07 »
Zitat
Original von m00652
Was soll ich tun? Kann entega meinen Sondertarif-Vertrag einseitig kündigen, nur weil ich auf ihre dubiosen Vergleichsangebote nicht reagiert habe? Ich habe eigentlich nicht vor den Anbieter zu wechseln? Welcher Jurist im Forum kann mir einen Rat geben? Ist die Ersatzversorgung wirklich auf 3 Monate begrenzt (wie entega behauptet) oder ist das ein Bluff?
Vielen Dank im voraus für Rückmeldungen
m00652
Sie müssen wohl davon ausgehen, dass die Entega den Vertrag in jedem Fall ordentlich kündigen kann. Ordentliche Kündigungen sind auch ohne Begründungen möglich, weshalb die Tatsache, dass Entega vorwiegend Widersprüchler kündigt, nicht maßgeblich ist.
Ob Form und vor allem Fristen eingehalten sind, muss geprüft werden. Bei den Fristen sind die vertraglichen Regelungen zu prüfen. Ist dort eine längere Frist für diie Kündigung vorgesehen, die nun nicht eingehalten wurde, ist der Kündigung zu widersprechen. Auch bei der Form sollte man z.B. prüfen, ob Schriftform oder Textform für die Kündigung vorgesehen ist. Erstere bedarf auch der eigenhändigen Unterschrift. Ob ein Fehlen dieser aber die vollständige Unwirksamkeit zur Folge hat oder nur aufschiebende Wirkung, bis diese nachgeholt wird, ist ungewiss.

Das mit der Ersatzversorgung stimmt und ergibt sich so aus § 38 EnWG.
ABER: Wenn Sie dann weiterhin Gas abnehmen (möchten), erfolgt dieses dann eben in der gesetzlichen Grundversorgung. Hier gibt es einen Verpflichgtiung des Grundversorgers. Da Grundversorger und Ersatzversorger meines Wissens immer identisch sind, dürfte diese Lieferung also auch von Entega erfolgen. Die Preise in Grund- und Ersatzversorgung sind meist identisch und höher als die in den Sonderverträgen. Der örtliche Grundversorger ist, bis auf wenige Ausnahmen, dazu VERPFLICHTET Sie mit Gas zu beliefern, wenn Sie es wünschen. Nur die Tatsache, dass Sie Protestler sind, berechtigt nicht zur Verweigerung der Energielieferung. Auch wenn Sie später einen Unbilligkeitseinwand gegen die Preise der Grundversorgung erheben und eventuelle Preiserhöhungen nicht zahlen (falls die Billigkeit nicht bis dahin nachgewiesen ist), ist der Versorger nicht zur Einstellung der Gaslieferungen berechtigt.

Also keine Sorge: Auch in diesem Winter wird\'s nicht kalt bei Ihnen.

Ob Sie aber weiterhin unbedingt bei diesem Versorger bleiben sollten, auch wenn Sie in der teureren Grundversorgung sind, sollten Sie vielleicht nochmal überdenken. Da gibt\' s ja wohl einige Alternativen, die mit Sicherheit günstiger sind. Siehe hier. Ein Festhalten an diesem wird Ihnen nur begrenzt helfen, schon gar nicht haben die beiden Veträge (bisheriger Sondervertrag und zukünftiger Grundversorgungsvertrag) etwas miteinander zu tun, so dass sie hier auch keine Verknüpfungen vornehmen können (falls Sie diese beabsichtigten).

Offline Jagni

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Entega kündigt meinen Gasvertrag
« Antwort #2 am: 01. Dezember 2010, 12:54:20 »
Für den Fall, dass unter Berücksichtigung bestimmter Gesichtspunkte, auf die eislud hinweist, der Weg in den Wettbewerb durch Versorgerwechsel nicht beabsichtigt ist:
Siehe auch die Hilfestellung des BdEV  -  Musterschreiben an den Versorger bei Kündigung von Sonderverträgen.

Gruß
Jagni

Offline Cremer

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Entega kündigt meinen Gasvertrag
« Antwort #3 am: 01. Dezember 2010, 12:57:57 »
Wie bereits in einem anderen Thread gesagt.

Sie haben die Wahl
1. Widersprechen der Kündigung wegen Verstoss gegen §242 und §226 BGB und warten ab
2. Rechnen weiterhin mit eigenen erstellten Jahresrechnungen
3. Kündigen und wechseln zu einem anderen Versorger
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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Offline m00652

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Entega kündigt meinen Gasvertrag
« Antwort #4 am: 01. Dezember 2010, 14:50:27 »
Zitat
Original von bolli

..... Ein Festhalten an diesem wird Ihnen nur begrenzt helfen, schon gar nicht haben die beiden Veträge (bisheriger Sondervertrag und zukünftiger Grundversorgungsvertrag) etwas miteinander zu tun, so dass sie hier auch keine Verknüpfungen vornehmen können (falls Sie diese beabsichtigten).
Bolli, vielen Dank für die umfassende Antwort. Nur ihr letzter Satz ist mir nicht ganz klar. Angenommen die Kündigung ist wirksam, (z.B.Schriftform liegt vor, da zwei Unterschriften mit i.V. und i.A.), würde ich automatisch in den Grundversorgervertrag rutschen. Warum kann ich dann nicht auch gegen die deutlich höheren Preise erneut Widerspruch einlegen bzw. lediglich einen gekürzten Gaspreis bezahlen?
Könnten Sie mir bitte außerdem die gesetzliche Grundlage für die 3 Monatsfrist für die Ersatzlieferung im Grundversorger-Tarif nennen. Das wäre sehr nett.
Vielen Dank und Gruß auch an Jagni und cremer für ihr Feedback
m00652

Offline bolli

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Entega kündigt meinen Gasvertrag
« Antwort #5 am: 02. Dezember 2010, 09:16:54 »
Zitat
Original von m00652
Bolli, vielen Dank für die umfassende Antwort. Nur ihr letzter Satz ist mir nicht ganz klar. Angenommen die Kündigung ist wirksam, (z.B.Schriftform liegt vor, da zwei Unterschriften mit i.V. und i.A.), würde ich automatisch in den Grundversorgervertrag rutschen. Warum kann ich dann nicht auch gegen die deutlich höheren Preise erneut Widerspruch einlegen bzw. lediglich einen gekürzten Gaspreis bezahlen?
Mit meinem letzten Satz wollte ich nur andeuten, dass es nicht, wie manche hier im Forum schon mal erläutert haben, möglich ist, Eine Aufrechnung von (Rück-)Forderungen des Kunden aus dem Sondervertrag mit Forderungen (für Gaslieferungen) des Versorgers zu verrechnen, also DESHALB die Zahlungen zu kürzen.
Zur Frage der Kürzung in der Grundversorgung ist festzustellen, dass der VIII. Senat des BGH in seinem Urteil vom 13.06.2007 VIII ZR 36/06 unter Rdnr. 31 festgestellt hat:
Zitat
Handelte es sich bei den vor der streitgegenständlichen Preiserhöhung geltenden Tarifen um die bereits bei Abschluss des Versorgungsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten geltenden (Anfangs-)Preise, unterlagen sie keiner Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB. § 315 Abs. 3 BGB findet auf einen zwischen den Parteien eines Gaslieferungsvertrags vereinbarten Anfangspreis weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung.
Diese Konstruktion des VIII. Senats ist als \"Preissockel\" oder \"Sockelpreis\" in der Grundversorgung in die bisherige Geschichte eingegangen und bedeutet nichts anderes, als dass der VIII. Senat sagt, der (Ihr) Anfangspreis in der Grundversorgung ein vereinbarter Preis ist und deshalb nicht der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB unterliegt. Erst spätere Preiserhöhungen können mittels Unbilligkeitseinwand angegriffen werden. Geprüft wird dann aber nur die Billigkeit der Preisänderung.

Die Meinung zu dieser Theorie sind durchaus kontrovers und an verschiedenen Stellen hier im Forum schon ausführlich diskutiert worden (z.B. hier ) und der Kartellsenat des BGH scheint dieses auch anders zu sehen. Aber derzeit richtet sich da fast alles nach dem VIII. Senat, da dieser in den meisten Energievertragsangelegenheiten entscheidet.
Man kann (und sollte) natürlich so früh wie möglich Widerspruch gegen die Preise in der Grundversorgung einlegen und ihre Billigkeit rügen. Man kann auch seine Zahlungen kürzen, aber inwieweit man auf diesem Weg Erfolg hat muss abgewartet werden. Man sollte bei Beschreiten dieses Weges aber eben wissen, worauf man sich einlässt..

Zitat
Original von m00652
Könnten Sie mir bitte außerdem die gesetzliche Grundlage für die 3 Monatsfrist für die Ersatzlieferung im Grundversorger-Tarif nennen. Das wäre sehr nett.
Ich hatte das zwar oben schon mal gesagt, aber hab heute meinen netten Tag  ;). Es ist § 38 Abs. 3 EnWG (Energiewirtschaftsgesetz) und hier gibt\'s auch noch den Link zum Nachlesen.
Übrigens: Es handelt sich nicht um eine Ersatzversorgung in der Grundversorgung sondern um eine Versorgung außerhalb dieser. Die Besonderheit der Ersatzversorgung ist eben, dass die Gaslieferung keinem Vertragsverhältnis zugeordnet werden kann (eben auch nicht der Grundversorgung). Nehmen Sie aber nach 3 Monaten weiterhin Gas ab, kommt automtisch durch die reine Entnahme schon ein Grundversorgungsverhältnis zustande und somit haben Sie eine Grundversorgungsvertrag, auch wenn Sie nichts unterschrieben haben. Die Bedingungen in diesem Vertragsverhältnis sind gesetzlich festgelegt und ergeben sich aus dem EnWG und der GasGVV (Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz  oder kurz \"Gas-Grundversorgungsverordnung\")

Offline berghaus

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Entega kündigt meinen Gasvertrag
« Antwort #6 am: 02. Dezember 2010, 15:54:16 »
@bolli

Mag ja sein, dass zu diesem Rhema anderswo schon alles gesagt ist.

Zitat
VIII. Senat des BGH in seinem Urteil vom 13.06.2007 VIII ZR 36/06 unter Rdnr. 31
 § 315 Abs. 3 BGB findet auf einen zwischen den Parteien eines Gaslieferungsvertrags vereinbarten Anfangspreis weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung.

Aber in diesem Fall der zwangsweisen Zuordnung zur Grund- oder Ersatzversorgung hat man ja nichts vereinbart, es sei denn konkludent durch Gasentnahme.

Und außerdem bin ich ein Anhänger der Meinung von RR-E-ft, dass der Versorger ständig prüfen muß, ob der Preis noch der Billigkeit entspricht.

 Also könnte man doch rügen, dass er diese Prüfung nicht sogleich oder alsbald durchgeführt hat und bei anständigem Verhalten hätte er festgestellt, dass schon der Anfangspreis nicht der Billigkeit entspricht.

berghaus 02.12.10

Offline bolli

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Entega kündigt meinen Gasvertrag
« Antwort #7 am: 03. Dezember 2010, 08:32:38 »
@Berghaus
Wenn Sie meine Beiträge zu diesem Thema verfolgen, so werden Sie feststellen, dass auch ich nicht der Meinung des VIII. BGH-Senats bin und, wie auch RR-E-ft, die Meinung vertrete, alles andere als eine Gesamtpreisprüfung der Billigkeit mache keinen Sinn, sei wohl auch nicht erkennbar vom Gesetzgeber so gewollt und eine vertragliche Vereinbarung mit Anerkennung des Preises existiere nicht.

Gleichwohl muss man meines Erachtens die Leute schon auf gewisse Gefahren hinweisen und die Sockelpreistheorie des VIII. BGH-Senats hat nun mal bisher auch auf Amtsgerichts- und Landgerichts-Ebene schon vielfach durchgeschlagen, weshalb die Erfolgsaussichten bei entsprechenden Klagen eher als wage zu bezeichnen sind.

Gleichwohl darf man dagegen vorgehen, wenn man denn möchte und auch die Frage, wie entschieden wird, wenn man z.B. \"zwangsweise\" aus einem Sondervertrag in die Grundversorgung verbannt wird und hier schon vor \"Vertragsaufnahme durch Gasentnahme\" die Billigkeit der Preise gerügt hat, und dieses auch unmittelbar danach wiederholt hat, ist wohl noch nicht abschließend entschieden.
Denn neben RR-E-ft\'s Argumenten sehe ich auch in der Tatsache, dass man ja gerade keinen anderen Anbieter hat, der gesetzlich verpflichtet ist, seine Preise der Billigkeit entsprechend (und damit preiswert und verbraucherfreundlich) zu kalkulieren, einen Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften.

Auch bei mir gab es solch einen Fall und ich hab mich so Verhalten und gekürzt. Nun warte ich auf eine Klage des Versorgers, aber der will anscheinend nicht.  X(

Inwieweit sich hier an der Rechtsprechung noch was ändern wird, bleibt  aber auch abzuwarten.

Zitat
Original von berghaus
Also könnte man doch rügen, dass er diese Prüfung nicht sogleich oder alsbald durchgeführt hat und bei anständigem Verhalten hätte er festgestellt, dass schon der Anfangspreis nicht der Billigkeit entspricht.
Na ja, auch hier hat RR-E-ft ja schon mal die Unlogik herausgearbeitet:
Wenn ein Versorger am 01.01. den Preis erhöht und der Grundversorgungs-Bestandskunde A gegen die Erhöhung den Unbilligkeitseinwand erhebt und gleichzeitig ein Grundversorgungs-Neukunde B diesen neu gültigen Preis am 02.01. als \"Sockelpreis\" bezahlen muss, hat eine nachträgliche Feststellung der Unbilligkeit nur für Bestandskunde A die Folge, dass sein Preis nicht der Billigkeit entsprach und ggf. neu festgesetzt wird. Bei Kunde B gilt der (z.T. unbillige) Preis eben als vereinbart und gemäß der Theorie des VIII. Senats als nicht mittels Unbilligkeitseinwand angreifbar. Es wäre also festgestellt, dass ich entgegen der gesetzlichen Regelung einen Preis annehmen musste (eine andere Chance auf Preise, die der Billigkeit entsprechen, habe ich ja nicht, da die Sonderverträge ja in der Regel kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht enthalten und daher nicht mittels Unbilligkeitseinwand angegriffen werden können, außer sie beinhalten eine Einbeziehung der gesetzlichen Vorschriften zur Preisanpssung und damit ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht), der vom Versorger im Rahmen seines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts kalkuliert wurde und der nicht der vorgeschriebenen Billigkeit entsprach.

Da kann ja was nicht stimmen. Frage ist nur, wann der VIII.Senat das merkt.  :evil:

 

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