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Klagen gegen MKG: Erste Urteile zum Jahresende

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Kettner:
Nach dem Prozessauftakt von klagenden Verbrauchern gegen die Gasversorgung Main-Kinzig am 9. November folgten in dieser Woche zwei weitere Verhandlungstermine, in denen die Verbraucher vom Gasversorger Rückzahlungsansprüche aufgrund der unwirksamen Preisgleitklausel in Sonderverträgen geltend machen.

Im Gegensatz zum ersten Verhandlungstag, in dem sich die Kläger und Beklagten auf die Verhandlung eines Musterverfahrens bei gleichzeitiger ruhendstellung der anderen Verfahren einigten, drangen in den anderen beiden Verhandlungen die Kläger aufgrund der Heterogenität der Klagen auf individuelle Urteile – offensichtlich auch ganz im Sinne der Richter, die ihre Urteile zum Jahresende ankündigten.

Unbestritten blieb der Rückzahlungsanspruch wegen der unwirksamen Preisgleitklausel auch für diejenigen Kunden, die dem Gaspreisstreik untätig zugeschaut und keinen Widerspruch gegen die Preiserhöhungen eingelegt hatten, da der BGH im Juli dieses Jahres dazu klargestellt hatte, daß es bei Rückzahlungsansprüchen auf einen Widerspruch nicht ankäme.

Allerdings griff die Beklagtenseite nach dem Strohhalm des sogenannten obiter dictums dieses BGH-Urteils (über das die AG-Richter auch nicht glücklich sind)(s.a.hier), nach dem das Gericht eine Interessenabwägung vornehmen müsse, wenn die Rückforderungen ein Mißverhältnis zwischen vertraglich vereinbartem Preis und den dem Versorger entstandenen Kosten generieren. Das heißt, es wird nicht mehr über das ob, sondern nur noch über die Höhe der Rückzahlungen zu streiten sein. Nach Ansicht der Klägeranwälte, würde wohl ein Preis vom Gericht festgesetzt, der gerade noch kostendeckend sei. Dies sieht der Versorger ähnlich.

Vor diesem Hintergrund rufen die Energieverbraucher Main-Kinzig noch einmal alle Sondervertragskunden auf, ihre Ansprüche gegen die Gasversorgung Main-Kinzig geltend zu machen.

RR-E-ft:
OLG Koblenz, Urt. v. 02.09.10 Az. U 1200/09 Kart beachten.

Es wird nicht leicht, einen angemessenen Gaspreis zu ermitteln.

Zunächst kommt es auf die zutreffende Kostenschlüsselung an OLG Celle, Urt. v. 19.08.10 Az. 13 U 82/07 Unbillige Gastarife (Stadtwerke Hannover)

Ein Gaspreis, der die Kosten deckt, kann immer noch gem. §§ 1, 2 EnWG unbillig sein, wenn es sich um Kosten eines ineffizienten Betriebs handelt (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43).
Alle preisbildenden Kostenfaktoren müssen berücksichtigt werden (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 39).

Es müsste also die gesamte Preiskalkulation dieses Preises auf den Tisch.

Kettner:
@RR-E-ft


--- Zitat ---Ein Gaspreis, der die Kosten deckt, kann immer noch gem. §§ 1, 2 EnWG unbillig sein, wenn es sich um Kosten eines ineffizienten Betriebs handelt (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43). Alle preisbildenden Kostenfaktoren müssen berücksichtigt werden (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 39).
--- Ende Zitat ---

Ein guter und wichtiger Hinweis. Wichtig auch insofern, um die Klägervertreter etwas \"einzufangen\" und sich nicht vorzeitig auf eine vermeintlich einfache Lösung einzulassen. Diese Lösung scheint ja offensicht auch der Versorgerseite gut zu gefallen.
Ich bin immer noch der Meinung, und das geht ja auch aus Ihrem Satz


--- Zitat ---Es müsste also die gesamte Preiskalkulation dieses Preises auf den Tisch.
--- Ende Zitat ---

hervor, daß der Versorger zunächst einmal \"die Hosen herunterlassen\" müßte, um über Entschädigungszahlungen zu verhandeln. Hoffentlich sieht es das Gericht auch so...

Gas-Rebell:
@ kettner


--- Zitat ---Nach Ansicht der Klägeranwälte, würde wohl ein Preis vom Gericht festgesetzt, der gerade noch kostendeckend sei. Dies sieht der Versorger ähnlich.
--- Ende Zitat ---
Das erstaunt mich doch erheblich, wie man in Gelnhausen allseits (und insbesondere auch klägerseitig) plötzlich auf die Idee kommt, dass der Rückforderungsberechnung ein kostendeckender Preis zugrunde zu legen sei.

Vgl. hier:


--- Zitat ---Das OLG Koblenz hat hinsichtlich des Obiter Dictum des BGH und der Nachteile des Entfalls der Preisanpassungsklausel für den Versorger unter Heranziehung früherer BGH-Rechtssprechung auf das Kriterium der \"Zumutbarkeit\" abgestellt. Auch nicht kostendeckende Preise seien danach für den Versorger nicht notwendigerweise unzumutbar.

Am AG Gelnhausen scheint man (erstaunlicherweise auch die Vertreterin der Kundenseite, Frau RAin Holling), jedoch der Auffassung zu sein, dass dem Versorger ausschließlich ein kostendeckender Preis zumutbar sei und ein nicht kostendeckender jedenfalls nicht. Denn wie sonst erklärt sich der allseitige Ruf nach einem Sachverständigengutachten zur Findung eines kostendeckenden Preises?  

Wären hier nicht vor Anordnung eines Gutachtens für jeden Einzelfall die Umstände zu prüfen, die ggf. auch einen nicht kostendeckenden Preis zumutbar machen könnten?
--- Ende Zitat ---

Insbesondere geht der \"Schuss\" eines kostendeckenden Preises - vor allem, wenn dieser auch noch gutachterlich ermittelt wurde - für die Kläger auch kostenmäßig nach hinten los.


--- Zitat ---Da bei länger zurückliegenden Vertragsabschlüssen (z.B. aus den 90-er Jahren) wohl davon auszugehen ist, dass die jeweiligen Anfangspreise heute in keinem Fall kostendeckend sein werden, würde im Ergebnis jeder Kunde, der es \"wagt\", seine Rückforderungen auf Basis der vertraglichen Anfangspreise einzuklagen, niemals in Gänze obsiegen können, sondern zwangsläufig immer teilunterliegen und damit auch die entsprechende Kostenquote auch des SV-Gutachtens zu tragen haben. Angesichts der Kostenhöhe eines solchen Gutachten würde diesenfalls schon eine geringe Kostenquote zu Lasten des Gaskunden genügen, um dessen Rückerstattungsforderung komplett aufzuzehren oder sogar zusätzliche Kosten verursachen.  
--- Ende Zitat ---

Da würde ich, wenn ich in Gelnhausen Kläger wäre, meine Anwälte doch mal gehörig ins Gebet nehmen, ob sie obige Aspekte nicht glatt übersehen haben.

bolli:

--- Zitat ---Original von Gas-Rebell

--- Zitat ---Da bei länger zurückliegenden Vertragsabschlüssen (z.B. aus den 90-er Jahren) wohl davon auszugehen ist, dass die jeweiligen Anfangspreise heute in keinem Fall kostendeckend sein werden, würde im Ergebnis jeder Kunde, der es \"wagt\", seine Rückforderungen auf Basis der vertraglichen Anfangspreise einzuklagen, niemals in Gänze obsiegen können, sondern zwangsläufig immer teilunterliegen und damit auch die entsprechende Kostenquote auch des SV-Gutachtens zu tragen haben. Angesichts der Kostenhöhe eines solchen Gutachten würde diesenfalls schon eine geringe Kostenquote zu Lasten des Gaskunden genügen, um dessen Rückerstattungsforderung komplett aufzuzehren oder sogar zusätzliche Kosten verursachen.  
--- Ende Zitat ---

Da würde ich, wenn ich in Gelnhausen Kläger wäre, meine Anwälte doch mal gehörig ins Gebet nehmen, ob sie obige Aspekte nicht glatt übersehen haben.
--- Ende Zitat ---
Na ja, wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, die die Kostendeckung zugesagt hat, gehen diese Kosten (incl. Gutachten) ja zu deren Lasten und die Rückzahlung stecken Sie selbst ein. Ist doch ein prima Deal.  ;)

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