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Autor Thema: Inhalte des Vergleichsangebots veröffentlicht  (Gelesen 7025 mal)

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Offline Gas-Rebell

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Inhalte des Vergleichsangebots veröffentlicht
« am: 25. November 2010, 12:13:34 »
So soll das Vergleichsangebot der SW aussehen

Wie erwartet unvorteilhaft

Zitat
Die Vergleichsquote drückt aus, dass die Stadtwerke dem Kunden die Hälfte des Betrages auszahlen, den er vor Gericht geltend machen könnte. Grundlage für die Berechnung des Angebotes ist der Erdgaspreis vom 31.12.2004, der im Rechtsstreit Stansch als Grundlage diente.

und darüberhinaus trickreich:

Zitat
Da es sich bei dem Angebot um einen individuellen Vergleich handelt, ist für jeden Kunden eine detaillierte Berechnung notwendig. Die Stadtwerke bitten um Verständnis, dass aus diesem Grund erst im Januar 2011 mit der Aussendung der Angebote begonnen werden kann. Die Kunden er halten dann per Post ihr individuelles Angebot mit einer Rückantwort karte. Bis zum 31. März 2011 hat jeder Kunde Zeit, die Karte an das Unter nehmen zurückzusenden und zwischen Auszahlung und dem Zuschuss von maximal 500 Euro zur energiesparenden Maßnahme zu wählen.
Mit anderen Worten: Wer das erst 2011 erhaltene Angebot ablehnt, würde Ansprüche aus 2007 nicht mehr einklagen können, da sie dann verjährt wären!

Gänzlich unverständlich ist angesichts der Nachteile des Vergleichsangebots die Stellungnahme der Veraucherzentrale:

Zitat
\"Das Angebot kann bundesweit Vorbild für alle anderen Gasversorger sein.\"
Man kann nur hoffen, dass möglichst viele Münsteraner sich nicht einlullen lassen und die ihnen zustehenden mindestens doppelt so hohen Erstattungsansprüche schnellstens (jedenfalls vor Jahreswechsel) einklagen oder per Mahnbescheid geltend machen.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #1 am: 25. November 2010, 12:31:00 »
Betroffene Kunden können die Differenz zu den bei Vertragsabschluss geltenden Preisen geltend machen (LG Bonn, Urt. v. 03.11.10 Az. 5 S 218/09 und 5 S 3/10). Nachdem Sie die selbst berechnete entsprechende Zahlung unter Fristsetzuzng vom Versorger gefordert haben, können die Kunden schnellstmöglich noch vor Ablauf des 31.12.10 einen Mahnbescheid in entsprechender Höhe beantragen. Der Mahnbescheidsantrag muss sich zunächst nur auf die errechneten Beträge beziehen, derethalben mit Rücksicht auf die in 2007 fällig gewordenen Verbrauchsabrechnungen Rückforderungsansprüche entstanden waren.  

Und dann kann man immer noch sehen.

Wer jedoch zeitnah eine endgültige Klärung will, der sollte, (wegen § 93 ZPO) nachdem er den Versorger mit Rückzahlungen in Verzug gesetzt hatte, sofort auf Rückzahlung klagen.

Offline Heinrich

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« Antwort #2 am: 25. November 2010, 12:57:28 »
Das verstehe ich noch nicht ganz.

Zitat
Original von RR-E-ft
Der Mahnbescheidsantrag muss sich zunächst nur auf die errechneten Beträge beziehen, derethalben mit Rücksicht auf die in 2007 fällig gewordenen Verbrauchsabrechnungen Rückforderungsansprüche entstanden waren.  
Und dann kann man immer noch sehen.
Heißt das, dass nur in Bezug die auf 2007 entfallenden Rückforderungsansprüche ein Mahnbescheid beantragt werden sollte? Welchen Sinn macht das?

Zitat
Wer jedoch zeitnah eine endgültige Klärung will, der sollte, (wegen § 93 ZPO) nachdem er den Versorger mit Rückzahlungen in Verzug gesetzt hatte, sofort auf Rückzahlung klagen.
Wie ist das mit § 93 ZPO und dem sofortigen Anerkenntnis hier zu verstehen?

Offline RR-E-ft

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« Antwort #3 am: 25. November 2010, 13:10:45 »
Wenn es zunächst nur darum geht, die Verjährung in 2007 entstandener Rückforderungsnasprüche zum 31.12.10 zu hemmen, genügt ein solcher Mahnbescheidsantrag, der ggf. durch geringeren Streitwert auch kostengünstiger ist.

§ 93 ZPO erklärt sich aus sich heraus. Wenn die andere Prozesspartei den gerichtlich geltend gemachten Anspruch iSv. § 93 ZPO in zulässiger Weise sofort anerkennt, dann bleibt derjenige, der den Anspruch gerichtlich geltend gemacht hat, auf den Verfahrenskosten selbst sitzen. Man sollte deshalb vor gerichtlicher Geltendmachung von Ansprüchen den Versorger zuvor wegen eben dieser in Verzug gesetzt haben.

Offline Heinrich

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« Antwort #4 am: 25. November 2010, 13:20:44 »
@ RR-E-ft

Danke, jetzt wirds klarer. Ihr Hinweis auf § 93 ZPO bezog sich auf die Notwendigkeit, den Versorger vor der Klage in Verzug zu setzen und nicht, wie ich es eingangs verstanden hatte, auf die Notwendigkeit sofort zu klagen.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #5 am: 25. November 2010, 13:27:36 »

Offline Gas-Rebell

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« Antwort #6 am: 25. November 2010, 13:47:25 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Betroffene Kunden können die Differenz zu den bei Vertragsabschluss geltenden Preisen geltend machen (LG Bonn, Urt. v. 03.11.10 Az. 5 S 218/09 und 5 S 3/10).

Das kann man gar nicht genug betonen!

Das Vergleichsangebot der SW Münster weckt durch geschickte Wortwahl den irreführenden Eindruck, dass vor Gericht nur die Differenz zu dem Preis geltend gemacht werden könne, der zum Zeitpunkt des erstmaligen Widerspruchs gezahlt wurde.

Dies ist falsch! Richtig ist, dass ein Kunde, der z.B. einen Vertrag aus 1995 hat, eben auch die überzahlte Differenz zu den Anfangspreisen von 1995 zurückfordern kann.

Entgegen der Suggestion der SW kann also die Rückzahlung, die gerichtlich einforderbar ist, durchaus sogar Beträge von z.B. 3000 Euro oder mehr erreichen. Wer sich da mit wenigen hundert Euro abspeisen lässt, ist selbst schuld.

Man sollte sich auf jeden Fall vor jeder Entscheidung über ein weiteres Zuwarten oder die Annahme eines Vergleichs ausrechnen, was einem wirklich zusteht.

Höchst irreführend ist auch der oben zitierte WN-Beitrag \"Spatz in der Hand\"

Zitat
Der „Gaspreis-Rebell“ Gerhard Stansch hat vor Gericht eine Rückzahlung von gut 2000 Euro erstritten. Daneben nimmt sich das Vergleichsangebot der Stadtwerke - mit einer durchschnittlichen Rückzahlung von 264 Euro - eher mickrig aus.  Aber Stansch hat bereits seit 2004 geklagt. Wer jetzt einsteigt, kann Ansprüche erst ab 2007 geltend machen - alles andere ist verjährt.

Hier wird suggeriert, dass man ähnlich hohe Rückzahlungen wie im Fall Stansch keinesfalls erwarten könne, wenn man nicht schon in 2004 geklagt habe, sondern erst jetzt vor Gericht ziehe.

Das ist grober Unsinn! Aus der Differenz zu den Preisen zu Vertragsbeginn können sich - auch bei erst jetzt eingereichter Klage und dreijähriger Regelverjährung - durchaus Rückzahlungsansprüche ergeben, die die 2000 Euro im Fall Stansch sogar noch weit übersteigen.

Deshalb: Nicht glauben, sondern selbst nachrechnen!

Offline RR-E-ft

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« Antwort #7 am: 25. November 2010, 14:42:09 »
Dann sagt das doch den Zeitungsleuten, auf dass sie es richtig stellen können.

Offline Heinrich

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« Antwort #8 am: 25. November 2010, 14:47:36 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Betroffene Kunden können die Differenz zu den bei Vertragsabschluss geltenden Preisen geltend machen (LG Bonn, Urt. v. 03.11.10 Az. 5 S 218/09 und 5 S 3/10).

Wie mir zu Ohren gekommen ist, scheinen sich die Stadtwerke bei älteren Sonderverträgen, bei denen der Kunde erst ab Ende 2004 Preiserhöhungen widersprochen hat, allerdings wohl auf folgende Aussagen des BGH berufen zu wollen.

Zitat
BGH VIII ZR 246/08  ... der Wegfall der unwirksamen Preisänderungsklausel führt nicht zu einem Ergebnis, das das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten der Kunden verschiebt und deshalb nicht mehr interessengerecht ist. Der Bundesgerichtshof hat allerdings offen gelassen, ob eine andere Beurteilung geboten ist, wenn es sich um ein langjähriges Gasversorgungsverhältnis handelt, der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurück liegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht. Sind in einem solchen Fall die Gestehungskosten des Gasversorgungsunternehmens erheblich gestiegen und ergibt sich daraus für die betroffenen Zeiträume ein erhebliches Missverhält-nis zwischen Leistung und Gegenleistung, lässt sich die Annahme eines nicht mehr interes-sengerechten Ergebnisses jedenfalls hinsichtlich der länger zurück liegenden Zeitabschnitte nicht ohne weiteres – wie im entschiedenen Fall – mit der Begründung verneinen, dass eine Kündigungsmöglichkeit bestand.

Offline DieAdmin

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« Antwort #9 am: 25. November 2010, 15:16:09 »
Hier ist auch nochmal ein netter Artikel,


Gaskunden können auf Sonderzahlungen hoffen
http://www.boersennews.de/nachrichten/artikel/gaskunden-koennen-auf-sonderzahlungen-hoffen/167881532

Offline Heinrich

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« Antwort #10 am: 25. November 2010, 19:32:25 »
Zitat
Original von Evitel2004
Hier ist auch nochmal ein netter Artikel,
Hier auch noch weitere Informationen direkt von der Website der SW Münster.

Bemerkenswert ist vor allem der Passus:

Zitat
\"Unser Ziel war es, schon vor dem 15. Dezember 2010 ein Vergleichsangebot zu veröffentlichen. Damit ist der Vorwurf wiederlegt, wir würden bewusst auf Zeit spielen und den Kunden Optionen nehmen.\"

Soviel Dreistigkeit ist wirklich kaum zu fassen! Denn erstens haben die SW ihren Kunden überhaupt noch kein individuelles Vergleichsangebot vorgelegt. Dies soll erst in 2011 übersandt werden und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Forderungen der Kunden aus 2007 bereits verjährt sind. Wartet ein Kunde solange, ist er gezwungen, das mickrige Angebot der SW anzunehmen oder er bekommt gar nichts mehr. Das nimmt den Kunden ja wohl definitiv ALLE Optionen!

Mir scheint, die SW wollen ihre Kunden tatsächlich für dumm verkaufen. Mal sehen, wieviele Kunden das mit sich machen lassen.

 

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