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Original von Jagni fällt es mir schwer, das zu preisen, was der BGH uns rübergeschoben hat aus dem Tarifrecht der Grundversorgung: Die Billigkeitskontrolle mit dem hohen Gerechtigkeitsgehalt, als, wie Sie sagen, „letztendlich ... doch wohl die einzige halbwegs faire Möglichkeit, zu angemessenen Preisen aus beider Seiten Sicht zu gelangen.“...Mit Relativierungen, wie „halbwegs“ mag ich mich aber nicht zufrieden geben. Und eine Hilfskrücke, die ein paar Euro beschert, ist die Klauselkontrolle schon gar nicht. Oder habe ich Sie damit falsch verstanden? Es geht hier eben nicht um ein paar Euro! Die Sache hat einen anderen Anstrich.
Original von JagniWürde unsere oberste Gerichtsbarkeit dem Versorgerlager den Weg gewiesen haben, „selbst“ eine im Rahmen der Vertragsfreiheit gestaltete Preisklausel, die der Inhaltskontrolle standhält, in die Energiewelt zu bringen, dann würde diese wirksame Klausel in allen Unternehmen des Versorgerlagers unmittelbare Auswirkungen in den Unternehmensstrukturen zeigen, vom Vertrieb, über den Einkauf, das Controlling bis in die Kostenrechnungssystematik hinein. Sie wäre ein präventiver Schutz. Die Rechtsfolgen daraus würden sich unmittelbar von der Klausel selbst ableiten.So wäre auch dem im § 1 des EnWG festgezurrten Willen des Gesetzgebers beizukommen.
Original von JagniWenn Sie, bolli, sagen, dass wir „wenn überhaupt....,nur noch über die Billigkeitsprüfung zu angemessenen Preisen kommen“, dann will ich in dem Zusammenhang aber doch noch auf einen anderen Weg hinweisen, der eher Breitenwirkung erzielen kann: Wir dürfen nicht den massenhaften Versorgerwechsel hin zu dem günstigeren und kundenorientierten Versorger übersehen, mit dem die Verbraucher sich zwar nicht den fairen, auch nicht den angemessenen, aber den wettbewerbsfähigen Preis erarbeiten können. „Erarbeiten“ sage ich, er wird uns nicht zufliegen. Sicher kann man anzweifeln, dass es ihn gibt – diesen kundenorientierten Versorger. Aber mit diesem Zweifeln wird auch gleichzeitig verhindert, dass es ihn geben kann. Und auf die Frage: „Wann? „ folgt die Antwort: „ .... eben dann, wenn wir Verbraucher ihn uns erarbeitet haben“. Blicken wir, nur mal als Beispiel, auf den Strompreis bei den Genossenschaften!
Original von RR-E-ftDer Gesetzgeber hat sowohl das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Grundversorgers hinsichtlich der Preise für die Belieferung im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht als auch die gerichtliche Billigkeitskontrolle dergestalt einseitig bestimmter Preise für Elektrizität und Gas ausdrücklich vorgesehen, vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3 Grundversorgungsverordnung. Allgemeine Tarife sind (wohl von Anfang an) gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18].
Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist (BGHZ 176, 244, Tz. 26; Senatsurteile vom 15. Juli 2009- VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 28, und vom 28. Oktober 2009, aaO, Tz. 29).
Original von RR-E-ftDer Grundversorger kann bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zur Anpassung zugunsten der Kunden verpflichtet sein, nämlich dann, wenn seit der letzten Tarifveröffentlichung die Kosten der konkret preisbildenden Kostenfaktoren gesunken sind.
BGH VIII ZR 36/06 Rn. 17Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber den Gasversorgungsunternehmen in § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV ein an kein Ermessen gebundenes freies Preisbestimmungsrecht einräumen wollte. Dies kann insbesondere nicht daraus abgeleitet werden, dass Gasversorgungsunternehmen gemäß § 10 EnWG 1998 allgemeine, d.h. für jedermann geltende Tarife aufzustellen haben (so aber Morell, Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung, Kommentar, Stand 2003, E § 4 Absatz 2 d). Allgemeine, für jedermann geltende Tarife schließen eine Billigkeitsprüfung gemäß § 315 BGB nicht von vornherein aus. Zwar ist richtig, dass es bei der Bestimmung der Billigkeit auf die Interessenlage beider Parteien und eine umfassende Würdigung des Vertragszwecks ankommt (Senatsurteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 240/90, NJW-RR 1992, 183, unter III 1). Die Berücksichtigung der typischenInteressenlage beider Parteien und eine umfassende Würdigung des Vertragszwecks sind aber auch bei einem Massengeschäft möglich (vgl. BGHZ 115, 311 zu Abwasserentgelten und BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 zur Abfallentsorgung).
BGH VIII ZR 36/06 Rn. 22:Durch Preiserhöhungen wegen gestiegener Bezugskosten nimmt das Gasversorgungsunternehmen sein berechtigtes Interesse wahr, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an die Kunden weiterzugeben (Begründung zu § 4 AVBGasV, BR-Drs. 77/79, S. 38; vgl. auch BGHZ 97, 212, 222 f.). § 4 Abs. 2 AVBGasV beruht insoweit auf den gleichen Erwägungen, mit denen die Wirksamkeit von in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Kostenelementeklauseln bei anderen langfristigen Lieferverträgen begründet wird. Für diese ist anerkannt, dass sie ein geeignetes und zulässiges Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung darstellen. Sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher, ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostensteigerungen bereits bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, unter II 2; Senatsurteil vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, unter II 2 m.w.N.).
BGH VIII ZR 225/07 Rn. 16:Nach § 36 EnWG 2005 ist nur der Grundversorger im Sinne von Absatz 2 der Vorschrift verpflichtet, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Preise für die Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck öffentlich bekannt zu geben und im Internet zu veröffentlichen und zu diesen Bedingungen und Preisen jeden Haushaltskunden zu versorgen.
BGH VIII ZR 56/08 Rn. 20:Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 GasGVV ist der Grundversorger auch weiterhin nur verpflichtet, dem Kunden zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen und Bedingungen Gas zur Verfügung zu stellen. Entsprechend geht § 17 Abs. 1 Satz 3 GasGVV davon aus, dass Allgemeine Preise für Gas auf einer einseitigen Leistungsbestimmung durch den Versorger beruhen können, die der Kunde nach § 315 BGB auf ihre Billigkeit hin überprüfen lassen kann.
Original von RR-E-ftUnd deshalb doch (auf Dauer) Preisspaltung?Was dem einen Teil recht ist, sollte dem anderen Teil wohl billig sein (müsen).Ist es nicht doch eher so, dass alle grundversorgten Kunden gem. §§ 36, 2, 1 EnWG nur Anspruch auf die Belieferung zu den vom Grundversorger durch öffentliche Bekanntgabe einseitig festgelegten Allgemeinen Preisen haben, die gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind?
Original von BlackEs war der BGH, der sich für eine individualisierte Betrachtung entschieden hat.
Original von BlackDas Problem der Aufspaltung haben Sie doch schon, wenn Kunde A einem tatsächlich unbilligen Preis rechtzeitig widerspricht und Kunde B ihn unbeanstandet hinnimmt. Nach der Rechtsprechung des BGH gäbe es dann verschiedene angemessene Preise je nach Kunde (trotz gleichem Tarif).
BGH KZR 36/04 Rn. 10Das Recht des Netzbetreibers, künftige Netznutzungsentgelte ohne Mitwirkung des Netznutzers festzusetzen, kann nicht anders behandelt werden. Aber auch das zum Zeitpunkt des Vertragschlusses von dem Netzbetreiber geforderte Entgelt ist regelmäßig ein nach dem Willen der Vertragsparteien einseitig bestimmtes Entgelt, das der Netzbetreiber zu bestimmten Zeitpunkten ermittelt und das - schon zur Vermeidung einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung - für eine bestimmte Zeitdauer sämtlichen Vertragsbeziehungen mit gleichen Nutzungsprofilen unabhängig davon zugrunde liegen soll, wann der Vertrag geschlossen wird. Auch dann, wenn das Entgelt betragsmäßig bereits feststellbar ist, wird - wie im Streitfall der Verweis auf die \"jeweils geltende Anlage 3\" verdeutlicht - nicht dieser Betrag als Preis vereinbart. Der Betrag gibt vielmehr lediglich das für einen bestimmten Zeitpunkt ermittelte Ergebnis des gleichen Preisbestimmungsverfahrens wieder, das dem Netzbetreiber auch für die Zukunft zustehen soll, an dem der Netznutzer nicht teilnimmt, dessen konkrete preisbestimmende Faktoren ihm nicht bekannt sind und dessen Ergebnis er weder nachvollziehen noch beeinflussen kann. Es ist daher nicht weniger einseitig bestimmt als die künftige Höhe des Entgelts. Es wäre eine künstliche Aufspaltung der äußerlich und inhaltlich einheitlichen Preisvereinbarung und führte zu Zufallsergebnissen, wollte man einen vereinbarten Anfangspreis von (vom Zeitpunkt der ersten ausdrücklich oder stillschweigend vorgesehenen Neuberechnung an maßgeblichen) einseitig bestimmten Folgepreisen unterscheiden.
BGH KZR 29/06 Rn. 20:Der jeweilige Netzbetreiber ist hiernach gehalten, nach Art eines Tarifsallgemeine Preise zu bilden, die den in vergleichbaren Fällen tatsächlich oder kalkulatorisch angesetzten internen Leistungsentgelten entsprechen und in den Verträgen mit externen Netznutzern nur unter-, aber nicht überschritten werden dürfen, wobei regelmäßig wegen des kartellrechtlichen Diskriminierungsverbots auch eine Unterschreitung im Einzelfall ausscheidet. Ebenso wie der Gesetzgeber den Energieversorgern, die nach § 10 EnWG 1998 allgemeine, d.h. für jedermann geltende Tarife aufzustellen haben, hierdurch ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt hat (BGH NJW 2007, 2540 Tz. 17), ist damit den Netzbetreibern, die allein über die für die Bestimmung des zulässigen Preises erforderlichen tatsächlichen Kenntnisse verfügen, das Recht gegeben worden, unter Beachtung der Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes und gegebenenfalls der durch Rechtsverordnung konkretisierten Kriterien allgemeine Entgelte für die Netznutzung zu bilden.
-Unter Ziff. II. 6.b. - zweiter Absatz-; Die Unangemessenheit der Klausel läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem Argument ausräumen, eine einseitige Leistungsbestimmung habe gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen und sei andernfalls unverbindlich. § 315 BGB scheidet als unmittelbare Rechtfertigung einer Klausel schon deshalb aus, weil die Vorschrift eine wirksame Anwendungsvereinbarung bereits voraussetzt und die Entscheidung über die Wirksamkeit der Vertragsklausel sich ausschließlich nach den Angemessenheitsmaßstäben des § 307 BGB, § 9 AGBG richtet (BGHZ 89, 206, 213). Auch als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Klausel läßt sich der in § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke nicht verwerten, weil der weite Spielraum der Billigkeit nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einer Formularbestimmung zu stellenden Anforderungen genügt (BGHZ 89 aaO).
Tz 32.a) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 18. Oktober 2005 - KZR 36/04, BGHZ 164, 336, 341 - Stromnetznutzungsentgelt I und vom 7. Februar 2006 - KZR 8/05, WuW/E DE-R 1730 Rn. 13 - Strom- 32 - 14 - netznutzungsentgelt II) wird der allgemeine Maßstab des billigen Ermessens, den § 315 Abs. 1 BGB vorsieht, durch § 6 Abs. 1 EnWG aF konkretisiert. Danach wird das Ermessen des Netzbetreibers in zweifacher Hinsicht gebunden. Neben der Beachtung des - hier nicht relevanten - Diskriminierungsverbots muss sich die Preisbildung daran orientieren, dass die Bedingungen guter fachlicher Praxis nach § 6 Abs. 1 Satz 4 EnWG aF einer möglichst sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas im Interesse der Allgemeinheit (§ 1 EnWG aF) und darüber hinaus der Gewährleistung wirksamen Wettbewerbs dienen sollen.
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