@ Pedro
Interessant ist, was Dormagens Bürgermeister in dem Zeitungsinterview zur Notwendigkeit der evd-Gewinne sagt:
Die evd-Gewinne dienen aber auch der Subvention defizitärer Betriebe – sinnvoll?
Hoffmann Das ist notwendig. Zum einen können wir Steuern sparen, indem wir die Gewinne für Verluste anderer Betriebe verwenden. Zum anderen würden für den Nahverkehr in Dormagen mehrere Millionen fehlen. Der ÖPNV lässt sich nicht kostendeckend attraktiver machen.
Da der Bürgermeister
Peter-Olaf Hoffmann Jura studiert hat und beruflich sogar Richter war, sollte er die Gesetze und höchstrichterliche Rechtsprechung kennen, die der Preisgestaltung seines Stadtwerks enge Grenzen setzen. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 21.9.2005 unter Aktenzeichen VIII ZR 8/05 festgehalten: „
Das Kostendeckungsprinzip gehört zu den grundlegenden Prinzipien öffentlichen Finanzgebarens, die die öffentliche Hand auch dann zu beachten hat, wenn sie öffentliche Aufgaben in den Formen des Privatrechts wahrnimmt (BGHZ 115, 311, 318).“
Noch deutlicher wird der Bundesgerichtshof in dem Urteil unter Aktenzeichen VIII ZR 7/05, das ebenfalls vom 21.9.2005 stammt und z. B. unter
http://lexetius.com/2005,2328 zu finden ist: „
Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass die öffentliche Hand, wenn sie sich entschließt, Leistungsverhältnisse im Rahmen der Daseinsvorsorge in privatrechtlicher Form zu regeln, bei der Festsetzung der Tarife und Entgelte auch öffentlich-rechtliche Vorgaben zu beachten hat. Sie hat neben den Grundrechten jedenfalls die grundlegenden Prinzipien öffentlichen Finanzgebarens zu beachten (Urteil vom 5. Juli 2005, aaO, unter II 2 c bb (1); BGHZ 115, 311, 318; 91, 84, 96 f.). Entscheidend dafür ist die Schutzbedürftigkeit des einzelnen Bürgers gegenüber der Erschließung gesetzwidriger Finanzquellen durch die öffentliche Verwaltung, die dem Bürger nicht Entgelte für Leistungen abverlangen soll, für die bei öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses Abgaben nicht erhoben werden dürften (BGHZ 115, 311, 318; 91, 84, 97).“
Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem sogenannten Steinkohlepfennig-Urteil vom 11. Oktober 1994 unter Aktenzeichen 2 BvR 633/86 entschieden, dass Energiepreise nicht mit sachfremden Abgaben belastet werden dürfen, selbst wenn deren Verwendungszweck dem Allgemeinwohl dient. Das Urteil ist im Internet abrufbar z. B. unter
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv091186.html. Es bildet auch einen Kern meiner Argumentation gegen die Quersubventionierung in dem Artikel unter
http://www.cleanstate.de/Energiepreise.html.
Im Geschäftsbericht 2008 der evd energieversorgung dormagen gmbh unter
http://www.evd-dormagen.de/cms/Kopfnavigation/Unternehmen/Daten__Fakten/Geschaeftsbericht/Geschaeftsbericht/Geschaeftsbericht_2008.pdf finden sich auf Seite 22-23 die wesentlichen Geschäftszahlen:
gezeichnetes Eigenkapital 4,505 Mio. Euro bzw. inkl. Kapitalrücklsage 15,704 Mio. Euro und als Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 2,977 Mio. Euro. Daraus ergibt sich bezogen auf das gezeichnete Kapital eine Eigenkapitalrendite von 66% und bezogen auf das gesamte Eigenkapital von 19 %. Das ist deutlich mehr, als es das Kostendeckungsprinzip erlaubt und auch mehr, als es nach dem Steinkohlepfennig-Urteil zulässig wäre. Die Energiepreise sind kommunalrechtlich wesentlich überhöht und damit gesetzwidrig. Übrigens verbietet auch das Energiewirtschaftsgesetz in seinen § 1 und § 2 mit seiner Forderung nach preisgünstiger Versorgung derart überhöhte Energiepreise.
Mit dem BGH-Urteil
5 StR 394/08 vom 9.6.2009 zur Berliner Straßenreinigung lässt sich aus dem Versand der Abrechnungen mit den überhöhten Energiepreisen sogar ein Betrugsdelikt begründen. Zu dem BGH-Urteil vom 9.6.2009 ist 2009 in der NJW auf den Seiten 2900 – 2903 der Artikel „Betrugsrelevanter Irrtum bei Abrechnungsvorgang – Überhöhte Straßenreinigungsentgelte“ mit Anmerkungen von Folker Bittmann erschienen. Folker Bittmann, Leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau, hält die Leitsätze des BGH-Urteils auf die Preisbildung in der Versorgung mit Energie und Wasser für übertragbar, vgl. NJW 2009, Seite 2903, in Abschnitt II:
2. … Schon bisher galt, dass sich derjenige wegen Betrugs strafbar macht, der in einer Rechnung falsche tatsächliche Angaben macht (Cramer/Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. [2006], § 263 Rdnr. 13 m.w. Nachw.). Gleiches gilt nunmehr auch für denjenigen, der von ihm bei der Abrechnung einzuhaltende Normen missachtet: Wer für seine Preisbildung an bestimmte Vorschriften gebunden ist, der erklärt schlicht durch sein Verhalten, dass er die einschlägigen Regeln beachtet (Rdnr. 16) – und stellt damit eine Tatsachenbehauptung auf. Entscheidend sind drei Kriterien: (a) Wahrung der einschlägigen Bestimmungen, (b) Maßgeblichkeit für die Beurteilung des Anspruchs und (c) die fehlende Möglichkeit des Adressaten, die Rechnungsgrundlagen „ohne Weiteres” zu überprüfen, so dass der Rechnungsteller „zwangsläufig das Vertrauen des Adressaten in Anspruch” nimmt.
3. Das gilt weit über den entschiedenen Sachverhalt hinaus, etwa für andere Gebühren oder Abgaben, z.B. Müllabfuhr, Wasser und Abwasser, aber auch für Anliegerbeiträge. Gleichfalls erfasst werden die Abrechnungen der Strom- und Gasversorger, aber auch Bauabrechnungen nach VOB, Architektenrechnungen nach HOAI, die ärztliche Privatliquidation und die Abrechnungen der Insolvenzverwalter (für Letztgenannte z.B. bei Ansatz eines unvertretbar hohen Multiplikators des Gebührensatzes).Genauso, wie die Berliner Straßenreinigung (BSR) die Berliner Grundstückseigentümer über die Höhe der Reinigungsentgelte täuschte, genauso täuscht die evd Dormagen ihre Energiekunden über die Gesetzmäßigkeit ihrer Energiepreise. Mit ihren Abrechnungen erklärt die evd energieversorgung dormagen gmbh konkludent mit, dass ihre Energiepreise alle gesetzlichen Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes, des Kommunalrechts und der Verfassung erfüllen. Tatsächlich verletzen die Energiepreise der evd Dormagen die genannten Gesetze in eklatanter Weise.
Wie wäre es mit einer Strafanzeige gegen die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Peter-Olaf Hoffmann wegen Betruges nach
§ 263 StGB in einem besonders schweren Fall? Ähnliches praktiziere ich derzeit bei den Stadtwerken Würzburg und werde ausführlich darüber berichten, sobald tatsächlich Anklage erhoben wird. Derzeit schwebt das Verfahren in einer Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg. Wahrscheinlich werde ich als sogenannter Verletzter des Betrugsdelikts die Anklage in einem Klageerzwingungsverfahren am OLG Bamberg durchsetzen müssen, da deutsche Staatsanwälte im konkreten Einzelfall nach
§ 146 GVG und
§ 147 GVG politisch weisungsgebunden sind.
Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de