Energiepreis-Protest > NGW - Niederrhein. Gas- & Wasser-Werk
AG erklärt sich für sachlich unzuständig, Verweisungsantrag an Kartellkammer abgelehnt
Kampfzwerg:
Ein Verweisungsantrag an die Kartellkammer wurde seitens des AG abgelehnt, deren Sonderzuständigkeit verneint.
Weiterhin erklärt sich das AG für sachlich unzuständig und verweist an das LG.
Das allerdings stand anhand der Höhe des Streitwerts sowieso zu erwarten.
Schade. Vielleicht hielt das AG eine entsprechende Argumentation meines Anwalts nicht für ausreichend substantiiert begründet.
Wortlaut Beschluss des AG:
--- Zitat ---Das AG erklärt sich für sachlich unzuständig und verweist den Rechtstreit auf Antrag der Klägerin sowie nach Anhörung der anderen Partei gem. §§ 281, 506 ZPO ohne mündliche Verhandlung an das LG XYZ.
Gründe: Das LG XYZ ist sachlich und örtlich zuständig, so dass dem Verweisungsantrag der Klägerin zu entsprechen war. Es handelt sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit mit einem Streitwert, der X.000, 00 Euro übersteigt.
Eine kartellrechtliche oder energiewirtschaftliche ausschließliche Zuständigkeit des LG ABC (Kammer für Handelssachen) lässt sich aufgrund des bisherigen Sach- und Streitstandes nicht feststellen. Für das Vorliegen der Voraussetzungen von § 87 GWB bzw. von § 102 EnWG spricht nichts.
So hat die Beklagte zum Zwecke der Begründung ihres Klageabweisungsantrags bislang lediglich die Rechtsauffassung vorgebracht, der Klägerin habe schon kein Preisänderungsrecht zur Seite gestanden: ebenso wenig habe sie eine Möglichkeit gehabt, lediglich Bezugskosten weiterzugeben.
Damit ist aber in erster Linie die Frage bedeutsam, ob die Klägerin im vorliegenden Fall gegenüber der Beklagten berechtigt war, auf der Grundlage der zwischen den Parteien bestehenden vertraglichen Vereinbarungen eine einseitige Preiserhöhung vorzunehmen.
Hierbei handelt es sich jedoch um allgemeine zivilrechtliche Fragen, gerade nicht um eine kartellrechtliche. So unterliegt die Erhöhung von Gaspreisen der Billigkeitskontrolle des § 315 III BGB (BGH NJW 2007, 2540) Zwar kann in diesem Rahmen u. a. auch der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung eine Rolle spielen. Dazu ist jedoch nicht zwingend eine inhaltliche Prüfung der Normen des GWB notwendig.
Voraussetzung für die Zuständigkeit gem. § 87 GWB ist jedoch, dass eine Spruchreife nur unter Beantwortung einer kartellrechtlichen Frage erreicht werden kann (vgl. LG Hagen, Urteil vom 25.03.2009 – 7 S 84/08 ) .
Konkrete kartellrechtliche Normen, die im vorliegenden Fall streitentscheidend sein könnten, werden schließlich auch seitens der Beklagten nicht angeführt.
Ferner sind vorliegend weder Anspruchsgrundlagen aus dem EnWG in Betracht zu ziehen noch hängt die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits von einer energiewirtschaftlichen Vorfrage ab.
Da das EnWG dem Haushaltskunden lediglich einen Anspruch auf Grundversorgung gibt und damit nur das „Ob“ der Versorgung, d.h. die Frage des Netzzugangs regelt, nicht dagegen die Ausgestaltung des Individualvertrages über die Energielieferungen und die Höhe der Bezugspreise, unterliegt die Entscheidung über die Billigkeit einer Preiserhöhung auch keiner nach diesem Gesetz zu treffenden Entscheidung i. S. des § 102 EnWG (vgl. OLG Celle: Beschluss vom 27.05.2010 – 13 AR 1/10).
Mithin war der Rechtsstreit mangels ersichtlicher Spezialzuständigkeit nach den allgemeinen Regeln an das LG XYZ zu verweisen.
--- Ende Zitat ---
Infos zu Verweisungsantrag und Zuständigkeit siehe auch hier
Verweisungsantrag
bolli:
--- Zitat ---Original von Kampfzwerg
Schade. Vielleicht hielt das AG eine entsprechende Argumentation meines Anwalts nicht für ausreichend substantiiert begründet.
--- Ende Zitat ---
--- Zitat ---Wortlaut Beschluss des AG:
...
Gründe: Das LG XYZ ist sachlich und örtlich zuständig, so dass dem Verweisungsantrag der Klägerin zu entsprechen war. Es handelt sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit mit einem Streitwert, der X.000, 00 Euro übersteigt.
Eine kartellrechtliche oder energiewirtschaftliche ausschließliche Zuständigkeit des LG ABC (Kammer für Handelssachen) lässt sich aufgrund des bisherigen Sach- und Streitstandes nicht feststellen. Für das Vorliegen der Voraussetzungen von § 87 GWB bzw. von § 102 EnWG spricht nichts.
So hat die Beklagte zum Zwecke der Begründung ihres Klageabweisungsantrags bislang lediglich die Rechtsauffassung vorgebracht, der Klägerin habe schon kein Preisänderungsrecht zur Seite gestanden: ebenso wenig habe sie eine Möglichkeit gehabt, lediglich Bezugskosten weiterzugeben.
--- Ende Zitat ---
Diese Auffassung würde sich aus meiner Sicht dann eventuell halten lassen, wenn sich in keinem Fall ein Preiserhöhungsrecht aus der gesetzlichen Regelung der AVBGasV bzw. der GasGVV ergeben kann. Falls es auf das gesetzliche Preiserhöhungsrecht und eine ggf. deshalb bestehende Prüfung der Billigkeit der Preise nicht ankommt, könnte die Spezialzuständigkeit des § 102 EnWG tatsächlich nicht gegeben sein.
--- Zitat ---Wortlaut Beschluss des AG:
Hierbei handelt es sich jedoch um allgemeine zivilrechtliche Fragen, gerade nicht um eine kartellrechtliche. So unterliegt die Erhöhung von Gaspreisen der Billigkeitskontrolle des § 315 III BGB (BGH NJW 2007, 2540) Zwar kann in diesem Rahmen u. a. auch der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung eine Rolle spielen. Dazu ist jedoch nicht zwingend eine inhaltliche Prüfung der Normen des GWB notwendig.
Voraussetzung für die Zuständigkeit gem. § 87 GWB ist jedoch, dass eine Spruchreife nur unter Beantwortung einer kartellrechtlichen Frage erreicht werden kann (vgl. LG Hagen, Urteil vom 25.03.2009 – 7 S 84/08 ) .
Konkrete kartellrechtliche Normen, die im vorliegenden Fall streitentscheidend sein könnten, werden schließlich auch seitens der Beklagten nicht angeführt.
--- Ende Zitat ---
Junge, Junge. Hier mischt ein Amtsrichter aber mal wieder zähen Brei an.
Wenn er selbst behauptet, dass die Erhöhung der Gaspreise der Billigkeitskontrolle unterliegt, so sollte er wissen, dass dieses nur bei der gesetzlichen Regelung des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts der Fall ist, welches sich aus der AVBGasV bzw. GasGVV ergibt. Diese haben aber das EnWG als Grundlage, was wiederum eine LG-Zuständigkeit (Kammer für Handelssachen) gem. § 102 EnWG begründen würde.
--- Zitat ---Wortlaut Beschluss des AG:
Ferner sind vorliegend weder Anspruchsgrundlagen aus dem EnWG in Betracht zu ziehen noch hängt die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits von einer energiewirtschaftlichen Vorfrage ab.
--- Ende Zitat ---
Das ist, wie oben erläutert, eben nicht der Fall, wenn die Frage der Billigkeit eine Rolle spielt.
--- Zitat ---Wortlaut Beschluss des AG:
Da das EnWG dem Haushaltskunden lediglich einen Anspruch auf Grundversorgung gibt und damit nur das „Ob“ der Versorgung, d.h. die Frage des Netzzugangs regelt, nicht dagegen die Ausgestaltung des Individualvertrages über die Energielieferungen und die Höhe der Bezugspreise, unterliegt die Entscheidung über die Billigkeit einer Preiserhöhung auch keiner nach diesem Gesetz zu treffenden Entscheidung i. S. des § 102 EnWG (vgl. OLG Celle: Beschluss vom 27.05.2010 – 13 AR 1/10).
--- Ende Zitat ---
Hier verkennt der gute Herr Richter, dass das EnWG i.V.m. GasGVV mitnichten nur das \"ob\" regelt. Denn nur aus § 5 Abs. 2 GasGVV ergibt sich das einseitige Leistungsbestimmungsrecht (Preisfestsetzung durch den Versorger), welches der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB unterliegt. Erlassgrundlage für die GasGVV ist § 17 Abs. 3 EnWG. Daher ist aus meiner Sicht hier ganz klar eben jene Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen am LG gegeben, die der Herr Amtsrichter nicht sieht. 8)
Aber wie war das mit dem Spruch: \"Vor Gericht und auf hoher See ...\"
Falls Sie unbedingt eine Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen am LG haben möchten, gibt\'s ja ggf. noch Möglichkeiten, diese zu erreichen, falls die Billigkeitsfrage eine Rolle spielen könnte. Ihr Anwalt sollte diese ja kennen.
Kampfzwerg:
@bolli
Vielen Dank.
Ich sehe das ähnlich.
Und die Vermischung von Äpfeln und Birnen ergibt ein Kompott. ;)
--- Zitat ---Falls Sie unbedingt eine Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen am LG haben möchten,...
--- Ende Zitat ---
In diesem Zusammenhang und in meinem speziellen Fall fand ich es deshalb schade, dass wir nicht vor der Kartellkammer des LG landen werden, da diese bereits Erfahrung in einem anderen Streit mit dem selben Versorger hat. Die Grundlage war allerdings damals ursprünglich ein Tarifkundenverhältnis.
Mein Anwalt hat in jedem Fall mein vollstes Vertrauen!
Leztendlich wird eine letztinstanzliche Entscheidung in dem anderen Fall wahrscheinlich wohl eher vom BGH entschieden sein, als meiner vor dem LG. Wir werden sehen.
siehe auch
BGH VIII ZR 178/09 mündliche Verhandlung am 03.11.10 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertragskunde
bolli:
Auch dieser Fall hat ja zuständigkeitsmäßig eine \"komische\" Wendung genommen. Mal sehen, ob wir da noch was zu erfahren, nachzuvollziehen ist es derzeit ja nicht.
Na sei\'s drum. solange keine wirksame Preisanpassungsklausel vorhanden ist und die AVBGasV bzw. GasGVV nicht wirksam einbezogen ist, dürfte es egal sein, wo Ihr Fall verhandelt wird. Chancen eher gut ! :D
Didakt:
--- Zitat ---Na sei\'s drum. solange keine wirksame Preisanpassungsklausel vorhanden ist und die AVBGasV bzw. GasGVV nicht wirksam einbezogen ist, dürfte es egal sein, wo Ihr Fall verhandelt wird. Chancen eher gut !
--- Zitat ---
Diese positive Prognose hat sicher einen aufmunternden Effekt. Aber eingedenk des für mich negativ ausgefallenen Urteils in meinem Rechtstreit - trotz der o.a. Voraussetzungen - stehe ich solchen Aussagen nunmehr sehr skeptisch gegenüber.
Ich halte es da schon eher mit dem von Ihnen erwähnten Spruch: \"Vor Gericht und auf hoher See ...\"
MfG
--- Ende Zitat ---
--- Ende Zitat ---
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