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Autor Thema: Rechtslage nach dem 01.09.?  (Gelesen 3649 mal)

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Offline angeljustus

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Rechtslage nach dem 01.09.?
« am: 23. September 2010, 10:17:59 »
Nachdem die EWE einseitig die AGB zum 01.09.geändert hat, wie geht es weiter?

Gaspreis weiterhin kürzen, Anbieter wechseln?

Offline RR-E-ft

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Rechtslage nach dem 01.09.?
« Antwort #1 am: 23. September 2010, 11:23:22 »
Für die classischen S1- Kunden kommt es für die Preisänderungen nach Vertragsbschluss und vor dem 01.04.07 darauf an, ob eine Preisänderungsklausel wirksam einbezogen wurde (vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 12.02.10 S. 19), soweit dies der Fall war, ob Preisänderungen/ Verbrauchsabrchnungen  zeitnah widersprochen wurde und die widersprochenen Änderungen der Billigkeit entsprachen.

Einseitige Preisänderungen nach dem 01.04.07 waren jedenfalls unwirksam und bleiben es auch.

M.E. darf der Versorger nun den betroffenen Kunden auch keine Verbrauchsabrechnungen mehr übersenden, die Preise ausweisen, die auf unwirksam einseitigen Preisänderungen  beruhen, da dies möglicherweise eine Betrugsstrafbarkeit begründen kann (BGH, B. v. 09.06.2009 - 5 StR 394/08].

Die unbedarfte Kundin Lieschen Müller, die davon ausgeht, dass die Verbrauchsabrechnungen ordnungsgemäß erstellt werden, wird womöglich mit einer solchen Rechnung  darüber getäuscht, dass die zur Abrechnung gestellten Preise - die gar nicht vertraglich vereinbart wurden - vertraglich geschuldet seien und hierdurch zu einer irrtumsbesingten Zahlung veranlasst, welche dem Versorger einen (weiteren) ungerechtfertigten Vermögensvorteil verschafft (wie schon die vorhergehenden ungekürzten Zahlungen auf Jahresverbrauchsabrechnungen der EWE).

Fraglich, ob die neuen Bedingungen ab 01.09.10 wirksam in die Verträge einbezogen wurden, wofür es jedenfalls der Übersendung an den Kunden und  des Einverständnisses des betroffenen Kunden bedarf, wobei Schweigen im nichtkaufmännischen Vekehr grundsätzlich kein Erklärungsgehalt zukommt.

AGB können nämlich nicht einseitig geändert werden.
Es bedarf einer vertraglichen Vereinbarung über die Geltung geänderter AGB.

Wie die EWE rechtssicher davon ausgehen will, dass die zum 01.09.10 geänderten AGB in die Sonderverträge mit den einzelnen Kunden vertraglich einbezogen wurden, bleibt wohl ihr Geheimnis.

Wer den AGB widersprochen hatte, bei dem sind sie jedenfalls nicht in den Vertrag einbezogen worden.

Ob EWE nun den Vertrag ordnungsgemäß kündigt, bleibt abzuwarten.
In einigen Fällen ist dies bereits geschehehen.

Im Falle einer solchen verorgerseitigen ordnungsgemäßen Kündigung muss man sich über die aktuellen Angebote auf dem Markt schlau machen.

Wie es weiter geht, bestimmt im Übrigen der Kunde.

Offline bjo

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Rechtslage nach dem 01.09.?
« Antwort #2 am: 23. September 2010, 17:03:23 »
@RR-E-ft
M.E. darf der Versorger nun den betroffenen Kunden auch keine Verbrauchsabrechnungen mehr übersenden, die Preise ausweisen, die auf unwirksam einseitigen Preisänderungen beruhen, da dies möglicherweise eine Betrugsstrafbarkeit begründen kann (BGH, B. v. 09.06.2009 - 5 StR 394/08].

vielleicht schickt mir RWE deshalb keine neue Rechnung! mit der ersten in 2010 haben sie den kompletten Betrag ohne detailierte Auflistung gefordert den ich zurückgehalten habe! RWE Sonderkundenpreiserhöhungen (Sonderkunde bei RWE jeder >10.000 KWH / Jahr) waren von 2003 - 2006 nicht rechtens:-)

Offline RR-E-ft

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Rechtslage nach dem 01.09.?
« Antwort #3 am: 23. September 2010, 17:13:29 »
Zitat
Original von bjo

vielleicht schickt mir RWE deshalb keine neue Rechnung! mit der ersten in 2010 haben sie den kompletten Betrag ohne detailierte Auflistung gefordert den ich zurückgehalten habe! RWE Sonderkundenpreiserhöhungen (Sonderkunde bei RWE jeder >10.000 KWH / Jahr) waren von 2003 - 2006 nicht rechtens:-)

Wenn es eine Glaskugel hätte, könnte man ggf. gemeinsam in diese schauen.  ;)
Möglicherweise sieht man noch, wie die Rechnung im falschen Briefkasten landete.

Offline GFleischer

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Rechtslage nach dem 01.09.?
« Antwort #4 am: 23. September 2010, 17:53:48 »
Meine Tante. Lieschen Müller, erhält die Heizkosten vom Sozialamt erstattet. Das Amt führt doch sicher vorher eine Billigkeitsüberprüfung durch. Das Amt verwaltet doch meine Steuern!
Und wenn dann das Amt keine Einwände hat, stimmt doch alles!
Oder sollten meine Steuergelder an Habgierige zur Bereicherung verteilt werden?

Offline RR-E-ft

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Rechtslage nach dem 01.09.?
« Antwort #5 am: 23. September 2010, 18:02:00 »
Zitat
Original von GFleischer
Meine Tante. Lieschen Müller, erhält die Heizkosten vom Sozialamt erstattet. Das Amt führt doch sicher vorher eine Billigkeitsüberprüfung durch. Das Amt verwaltet doch meine Steuern!
Und wenn dann das Amt keine Einwände hat, stimmt doch alles!
Oder sollten meine Steuergelder an Habgierige zur Bereicherung verteilt werden?

Seine entsprechenden Problemchen bespreche man bitte woanders.
Die Tatsache, dass Lieschen Müller vom Sozialamt Leistungen bezieht, unterliegt dem Sozialgeheminis.
Die Steuerforderungen des einzelnen verwaltet das Finanzamt.

Offline hansi

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Rechtslage nach dem 01.09.?
« Antwort #6 am: 21. November 2010, 17:28:34 »
Liebe Mitstreiter,
Die EWE schickt mir die Jahresrechnung für 2009/2010 mit einem
Arbeitspreis von 4,01 Cent/kWh (Erdgas classic). Ein Teil meiner ausdrücklich für das Jahr 2010  geleisteten Abschlagszahlungen wurde
wieder mit Forderungen aus dem Vorjahr verrechnet.
Also auf ein Neues: Widerspruch , eigene Rechnung mit 3,20 Cent/kWh und volle Anrechnung der 2010 geleisteten Abschlagszahlungen. Als Restzahlung bekommt die EWE noch 80 € und nicht 314€.
Hoffentlich kommt das LG Frankfurt/Oder bald aus der Knete!
Beste Grüße
Hansi aus dem Brandenburgischen

Offline RR-E-ft

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Rechtslage nach dem 01.09.?
« Antwort #7 am: 21. November 2010, 17:37:08 »
Zitat
Original von hansi
Hoffentlich kommt das LG Frankfurt/Oder bald aus der Knete!
Beste Grüße
Hansi aus dem Brandenburgischen

Zum Thema Landgericht Frankfurt/ Oder und Knete ist Folgendes anzumerken.

In dem Sammelklageverfahren hat der gerichtlich bestellte Sachverständige mitgeteilt, dass die von EWE nach seinen Aufforderungen zur Verfügung gestellten Unterlagen bisher nicht ausreichen. Die bisherigen Prüfungshandlungen hätten jedoch schon einen zeitlichen Umfang angenommen, dass der geleistete Vorschuss in Höhe von 10 TEUR aufgezehrt sei. Er schätzt ein, dass die weiteren Prüfungen 50 Stunden erfordern und hat deshalb beantragt, ihm einen weiteren Vorschuss iHV. 5 TEUR zu zahlen. Dem hat das Gericht entsprochen. Das Gericht hat den Klägern die Frist für die Zahlung eines entsprechenden weiteren Vorschusses bis zum 29.12.10 verlängert. Die Kläger werden hierüber schriftlich informiert. Erst wenn dieser weitere Vorschuss bei Gericht vorliegt, wird der Sachverständige seine Prüfung fortsetzen. M. E. kommt es für die weit überweigende Zahl der betroffenen Vertragsverhältnisse nicht auf eine Billigkeitskontrolle an, weil schon ein Preisänderungsrecht nicht wirksam vereinbart wurde undzwar insbesondere auch vor dem 01.04.07. Auch diese - mit umfangreicher Begründung versehene - Einschätzung liegt dem Gericht vor. Jedoch für die wenigen Kläger, die grundversorgt werden, kommt es unzweifelhaft auf die Billigkeitskontrolle an.

Parallelverfahren wurden mit Rücksicht auf das Sammelklageverfahren bei dem LG Frankfurt/ Oder ruhend gestellt, so auch ein Verfahren, das eigentlich am 24.11.10 in Frankfurt verhandelt werden sollte.

Grüße in die Streusandbüchse.

 

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