@Hennessy
Nur zu, konträre Meinungen bringen uns vielleicht der Erkenntnis näher.
Also bitte bloß nichts verkneifen.
Beim letzten mal hat sich das Kartellamt nicht durchgesetzt, weil die Politik wohl nach Einflüsterungen der Lobby dagegen war.
Ein Professor hatte nachgewiesen, dass die Fusion volkswirtschaftlich
Sinn macht. Nun ist er Aufsichtsrat der E.ON Ruhrgas- Tochter Thüga.
Die Genehmigung wurde vom Bundeskartellamt strikt verweigert, wurde dann durch eine Ministererlaubnis ersetzt.
Vollen Respekt verlangt, dass Herr Böge hiernach nicht resigniert hat, sondern es immer wieder tapfer mit den Schwergewichten aufnimmt und dabei für sehr viele sehr unbequem ist.
Wenn die Kartellaufsicht kein scharfes Schwert hat, liegt das nicht an der Kartellbehörde, sondern am Gesetzgeber. Dieser allein hat das kartellrechtliche Instrumentarium zu schärfen und die Rüstkammer des Kartellamtes auf Vordermann zu halten.
Man kann natürlich auch einem Beamten zurufen, er soll nun endlich tätig werden und ihm aber nichts an die Hand geben, um sich gegen große Konzerne durchzusetzen.
Showtime für das begeisterte Publikum, immerhin will man ja Wahlen gewinnen.
Viele Verantwortliche für den E.ON/ Ruhrgas - Deal sind in die Energiewirtschaft gewechselt, vornehmlich zu Unternehmen, an denen ein bestimmter Konzern maßgeblich beteiligt ist.
Diesmal scheint sich die Politik darin
einig, dass das Bundeskartellamt zügig handeln soll.
Wer nun in die Energiewirtschaft wechseln will oder muss, hat ab nächsten Montag dazu Gelegenheit.
Der sollte sich also nun
endgültig entscheiden, auf welcher Seite des Tisches er Platz nehmen will, auf Seiten des Staates im Interesse der Bürger oder auf Seiten der Konzerne im Interesse des shareholder value und des eigenen Fortkommens.
Dazu bedarf es in Zukunft entsprechender Hygienevorschriften.
Niemand hat schon immer alles gewusst.
Viele Dinge sind doch noch heute
terra incognita.
Ich nehme mal den Singular.
Fakt ist jedoch, dass man sich dem oil-peek nähert, ohne dass jemand sagen kann, wie weit wir schon sind.
Die Tendenz ist also eindeutig.
Und bei einer solchen eindeutigen Tendenz sind zwanzig Jahre nun einmal nicht eben wenig.....
Wie sieht es denn mit der Ölpreisbindung aus, oder vielleicht besser den Ölpreisbindungen:
Sind die Erdgaspreise für das gleiche Erdgas, welche aufgrund ihrer Verwendung in Kraftwerken möglicherweise an den Preis für schweres Heizöl gekoppelt sind oder an den von Kohle (Substitute beim Kraftwerkseinsatz) genauso schnell und dramatisch gestiegen wie die Erdgaspreise für \"wärmeäquivalentes\" Erdgas, welches HEL als Referenz hat?
Wenn nicht:
Was berechtigt den zunehmenden Preisunterschied (Preisschere) für ein und das selbe Erdgas für die Kraftwerke der Konzerne einerseits und für die Stadtwerke und deren Haushaltskunden andererserseits?
Hat nicht ein einzelnes Stadtwerk etwa die selbe Bezugsgröße wie ein gasbefeuertes Heizkraftwerk und könnten dann nicht Stadtwerke aufgrund einer kartellrechtswidrigen Diskriminierung gegenüber Kraftwerksbetreibern eine Kopplung des Erdgaspreise ebenso an eine andere Referenzgröße fordern?
Könnte damit der Preisanstieg ggf. zu einem gewissen Teil eingefangen werden?
Müsste dann etwa auch noch einmal über die Interpedenz der Märkte nachgedacht werden, Stichworte Strompreiserhöhungen, gestiegene Fernwärmepreise....?
Nun ja die kapitalintensiven Investitionen:
Es kommt immer darauf an, mit welchem Maß man misst.
Genauso wie die Importpreise eben um über 30 Prozent gestiegen sind, nominal netto dann aber doch weit weniger dramatisch als die Endverbraucherpreise (nominal).....
Keiner erwartet, dass diese Investitionen von 4 Mrd. EUR sich durch die Preiserhöhungen in einem einzigen deutschen Herbst amortisieren müssen.
Zwanzig bis vierzig Jahre sollten es schon sein, bis man Vollarmortisation erreicht. Zahlt man - wie immer - cash, gibt es noch nicht einmal Kreditkosten.
Es sei denn als Opportunitätskosten, weil man sich schon selbst als Bankhaus sieht, in Deutschland Schwerpunkt Inkassogeschäft, im Übrigen gern M&A.
Wenn man die entsprechenden Beträge auf die Jahre verteilt, kann es wohl so schlimm nicht sein.
Welches Volumen hatten denn die Preiserhöhungen seit September 2004 insgesamt und wieviel ist davon bei den Konzernen hängen geblieben?
Nun soll es ebenso weitergehen.
Ich bin nicht davon überzeugt, dass quartalsweise nebeneinander jeweils neue Ostsee- Pipelines gebaut werden müssten.
Aber schließlich soll wohl auch noch Geld für den Einstieg in Schottland, immerhin 15 Mrd. EUR
cash übrig bleiben.
Dieses Geld ist wohl wahrlich gut angelegt, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu erhöhen.
Oder vielleicht eher nicht?
Vielleicht will man das Kapital nur auf die Insel schaffen, damit Kunden wie Aktionäre nicht weiter auf die prall gefüllte \"Kriegskasse\" sehen können und sich ausmalen, wer nun Geld davon zu bekommen hat....
Als größter Gaslieferant in Grobritannien kann man dann auch dort endlich den Verbraucherschutz durch die Ölpreisbindung einführen, damit auch die Insulaner verläßliche Preise haben, auf weit höherem Niveau. Auch diese brauchen bestimmt die Planungssicherheit, dass es zumindest mit den Erdgaspreisen immer weiter aufwärts geht.
Diese Summe hätte man doch in das Ostsee- Projekt stecken können und man hätte wohl immer noch Geld für Preissenkungen übrig.
Nachdem E.ON schon in den beiden letzten Jahren vorfristig Schulden in Höhe von 13 Mrd EUR getilgt haben und schuldenfrei sein soll, sind doch die genannten Investitionskosten, verteilt
über einen gerechtfertigten Zeithorizont eher ein Kleks.
Zudem erwarten alle bei Ermöglichung und Einsetzen eines Wettbewerbs sinkende Erdgaspreise. Dadurch müsste doch wohl der Erdgasabsatz sogar steigen. Heizöl wird uninteressanter. Es bedarf noch nicht einmal \"Umstiegshilfen\".
Wenn der Bedarf steigt, ist auch der Absatz gesichert.
Wir erinnern uns vielleicht, dass ein Monopol nie ein Problem mit dem Absatz hat, sondern vielmehr bestrebt ist, das Angebot künstlich zu verknappen, damit die Monopolrendite erwirtschaftet werden kann...
Es ist insoweit doch vollkommen egal, wer nun das Erdgas endverteilt.
Wichtig ist, dass der Absatz gesichert ist, undzwar auf der Nachfrageseite insgesamt.
Aus genannten Gründen wohl gar keine Frage.
Dann kann das Problem allenfalls auf der Angebotsseite des Marktes liegen.
Auf genau auf der anderen Seite, als diejenige, die von E.ON Ruhrgas problematisiert wird.
Auf der Angebotsseite verbleibt es bei den bisher beklagenswerten Zuständen. Schließlich kann man sich Erdgaslagerstätten nicht selber schaffen....
Es ist jedoch möglich, schon einmal mittel- bis langfristig einen Umstieg hin zu anderen Energieträgern ins Auge zu fassen.
Nach der Logik von Ruhrgas wäre auch ein solcher langfristige Umstieg schädlich, weil dann der Absatz nicht mehr gewährleistet wäre.
Dann braucht ihn aber auch ggf. schon keiner mehr.
Der Absatz als solcher braucht also bisher gar keinen Schutz.
E.ON meint allein den Absatz durch die Ruhrgas.
Das ist ein gravierender Unterschied!
Wenn jedoch jemand den deutschen Erdgasmarkt für sich langfristig pachten will, dann darf auch mal nach entsprechenden Pachtzahlungen gefragt werden.
Oder etwa nicht?
Vielleicht ist das eher eine Begründung zum Schmunzeln, wie so manches, was man so in letzter Zeit hört.
Ich bin immer wieder fasziniert, wie es gelingt, auch helle Köpfe mit offensichtlichem Unfug zu vernebeln.
Man muss nur dick genug auftragen und ganz große Zahlen nennen, schon greift die Ehrfurcht Raum.
Vgl. auch hier:
http://www.handelsblatt.com/pshb?fn=tt&sfn=go&id=1106168Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt