Das Klageverfahren gegen mich ist nunmehr endgültig zu einem für mich nach wie vor zweifelhaften Abschluss gekommen.
Meine Gehörsrüge gegen das ergangene Endurteil (siehe weiter oben) wurde vom Gericht durch den nachstehenden Beschluss zurückgewiesen, den ich zur Abrundung und Charakteristik des Verfahrens im Originaltext einfüge.
Orts-, Namens- und Datumsangaben habe ich zwecks Anonymisierung entfernt bzw. gekürzt.
Beschluss
In dem Rechtsstreit
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hat das Amtsgericht ………. am ...10.2010 durch den Direktor des Amtsgerichts …. beschlossen:
Die Gehörsrüge des Beklagten vom ...08.2010 gibt dem Gericht keinen Anlass, das Urteil vom …….2010 zu ändern und wird deshalb als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe:
Die Rüge ist an sich statthaft und fristgerecht erhoben, sie ist aber unbegründet.
Das Gericht hat den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör überhaupt nicht und erst recht nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
Das Verfahren nach § 321a ZPO dient nicht dazu, einer Partei nicht genehme Entscheidungen mit dem Ziel der Abänderung überprüfen zu lassen.
Das Gericht hat das gesamte Vorbringen des Beklagten berücksichtigt und in seiner Entscheidung vom …….2010 gewürdigt.
In der Rügebegründung wird demzufolge auch kein konkreter entscheidungserheblicher Sachvortrag genannt, den das Gericht unberücksichtigt gelassen hätte, sondern lediglich weitschweifend die eigenen Rechtsansichten der rechtlichen Würdigung des Gerichts im Urteil vom ...07.2010 entgegen gestellt.
Da die Vielzahl der jeweiligen Argumente der Befürworter und Gegner der Gaspreisanpassungsverträge in unzähligen Verfahren bereits ausgiebig breitgetreten worden und allgemein bekannt und auch in diesem Verfahren bereits schriftlich ausführlichst ausgetauscht worden sind, bedurfte es in der mündlichen Verhandlung lediglich einer Bezugnahme darauf, ohne diese nochmals im einzelnen zu zelebrieren.
Die Bezeichnung des Urteils des erkennenden Gerichts als \"Willkürentscheidung\" ist unverschämt und angesichts der Vielzahl der auch höchstrichterlichen Entscheidungen, die im Einklang mit der getroffenen Entscheidung stehen, schlichtweg Unfug.
Es ist ausschließlich Sache des Beklagten, wenn er die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Weise missachtet, dass er wie das Lager der Gasanpassungsgegner die ihm gefällige Entscheidung des Kartellsenats des BGH herauspickt und die anderen, überzeugenderen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ignoriert.
Dass das Gericht eine rechtliche Würdigung des Beklagten nicht teilt, hat mit dem ausdrücklich zurückzuweisenden Vorwurf, dass das Gericht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt habe, nichts aber auch gar nichts zu tun. Es ist eine reine Unterstellung, dass das Vorbringen des Beklagten vom Gericht nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen worden wäre.
Genau das Gegenteil ist der Fall, jedoch die rechtliche Würdigung dieses Vorbringens eine andere als die vom Beklagten erhoffte.
(Name)
Direktor des Amtsgerichts
Ich erspare mir eine persönliche Bewertung des vorstehenden Beschlusses. Das Ergebnis hat mich aus systemimmanenten Gründen keinesfalls überrascht. Nur noch einige Gedankensplitter zum Verfahren:
Welcher Richter revidiert denn angesichts ausschließlich eigener Zuständigkeit – auch unter der möglichen nachträglichen Einsicht fehlerhaften Handels – schon ohne weiteres freiwillig seine Spruchentscheidung in einem kürzlich von ihm selbst gefällten, mit Rechtsmitteln unangreifbaren Urteil? Er unterliegt doch in seiner richterlichen Unabhängigkeit ohnehin keiner Rechtfertigung?
Übrigens hat es neun Wochen gedauert, bis mir dieser „urteilssichere“ Beschluss – nach zweimaliger Nachfrage nach dem Stand der Angelegenheit – zugestellt worden ist.
Mit der Erhebung der Gehörsrüge folgte ich Ratschlägen, die ich dankenswerterweise hier im Forum erhielt.
Nachdem ich mich mit dieser Thematik näher vertraut gemacht hatte, war mir sehr wohl bewusst, dass ich damit einen kaum Erfolg versprechenden schmalen Grat begehe, weil die Erfolgsquoten von Gehörsrügen und Verfassungsbeschwerden verschwindend gering ausfallen, die Erhebung der Gehörsrüge mich zudem mit zusätzlichen Kosten belastet und sich Sinn und Zweck des § 321a der ZPO einem Nichtjuristen kaum erschließen. Die Lektüre von fachkundigen Kommentaren dazu lösten bei mir mehr offene Fragen als überzeugende Antworten hinsichtlich der brauchbaren Funktion dieses Paragrafen aus. Vielleicht hat der Gesetzgeber ihm lediglich eine Alibifunktion zugedacht!
Ungeachtet dessen habe ich mich zu meiner Genugtuung doch zur Vorlage der Gehörsrüge entschlossen, weil sich mir dadurch die einzige Möglichkeit bot, dem Richter seine ihm aus meiner Sicht zu Recht vorzuwerfende Ignoranz der einschlägigen, gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung vor Augen zu führen und ihm auch aufzuzeigen, dass gerade diese Rechtsbestimmungen in Parallelverfahren bei anderen AG zu Abweisungen von Klagen des gleichen Gasversorgers unter sonst gleichen Bedingungen (Tarif \"ErdgasComfort\") führten, und ich mich insofern als ungleich behandelt betrachte. Den letztgenannten Gesichtspunkt führte ich absichtlich trotz des Wissens an, dass es in einem Verfahren der Gehörsrüge nicht zulässig ist, günstige Entscheidungen anderer Gerichte zur Vorlage zu bringen. Früher konnte ich auf diese Urteile nicht verweisen, weil sie noch nicht verkündet waren.
Geholfen hat die Rüge erwartungsgemäß nicht, wie man sieht.
Mit der von mir (Zitat des Richters) „herausgepickten gefälligen Entscheidung des Kartellsenats des BGH“ ist das BGH-Urteil vom 29.04.2008 - KZR 2/07 - gemeint. Aber der Vollständigkeit halber sei hier noch angemerkt, dass ich zur Untermauerung meines Vortrags auf einschlägige Rechtsbestimmungen aus insgesamt 2 BVerfG-Entscheidungen, 5 Urteilen des VIII. BGH-Zivilsenats und 3 OLG/LG-Urteilen Bezug genommen habe, die überwiegend bereits in der Klageerwiderungsschrift und den nachfolgenden Schriftsätzen ihren Niederschlag fanden. Bei der Urteilsfindung blieben sie augenscheinlich unberücksichtigt. Weshalb auch immer?
Unterstellt werden soll ja vom Grundsatz her, das Gericht kenne das Recht. Im vorliegenden Fall habe ich – wenn auch aus subjektiver Sicht – meine berechtigten Zweifel an dieser These. Ich stelle zumindest bei diesem Richter eher Wissens-/Fortbildungsdefizite im Energie- und Verbraucherrecht fest.
Eingedenk der Tatsache, dass ein Rechtsstreit prinzipiell das Risiko in sich birgt, ihn naturgemäß auch zu verlieren, habe ich mich inzwischen zwangsläufig mit dem Urteil abgefunden.
Das Ergebnis dieses Verfahrens trübt allerdings nachhaltig mein Vertrauen in die Rechtsprechung. Vor allem unterhalb der Streitwerthöhe von 600 EUR hat der Gesetzgeber den erkennenden Richtern leider einen Freibrief (Persilschein) für jedwede Rechtsentscheidungen – auch nach Gutdünken – erteilt, die selbst bei erheblicher Fragwürdigkeit folgenlos bleiben. Somit ist durchaus auch der Möglichkeit einer sühnelos bleibenden Rechtsbeugung die Tür geöffnet, weil deren Ahndung kaum durchsetzbar ist.
Der im Text des Beschlusses verwendete Terminus „Gasanpassungsgegner“ war mir bislang nicht geläufig.
Ich verwende ihn fortan und werde als solcher den Magnaten der Gas- und Strombranche weiterhin Paroli bieten. Wenn auch künftig nur mit dem übrig gebliebenen bescheidenen, bei massenhafter Anwendung jedoch durchaus auch wirksamen Mittel des Anbieterwechsels, denn die Fraktion der Abzocker hat sich neu formiert und die bisherigen Vertragslöcher weitestgehend gegen Angriffe gestopft.
In diesem Zusammenhang irritiert mich das saumselige Verhalten der breiten Masse unserer obrigkeitshörigen Verbraucherschaft, die dem Treiben der Versorger weitestgehend teilnahms- und kritiklos freien Lauf lässt, in Trägheit und Zufriedenheit verharrt und offenkundig der notwendigen Verbesserung der Marktmechanismen und Wettbewerbssituation auf dem Energiesektor desinteressiert gegenübersteht.
Viel Glück und Erfolg allen Streitgenossen, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist bzw. denen noch eines ins Haus steht
MfG