Energiepreis-Protest > Stadtwerke Bad Salzuflen

Sondervertrag ?????

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arebel:
@cremer,

danke für die Antwort -
Eine Vertragsgestaltung mit den grundversorgten Kunden existiert nicht !
Es ist eben nur die GasGVV bzw. bis 2005 die AVBGas + die ergänzenden Bestimmungen, zugrundegelegt.

Wie kann ich die Vertragsstruktur (und welcher Verträge ?) der SW beleuchten ?
Sind diese, was bestimmte Punkte angeht , die evtl. Licht ins Dunkel des Vertragsverhälnisses mit den Kunden bringen würden, auskunftspflichtig ?
Und welche Punkte wären dies ?

....ich weiss, viele Fragen, aber es ist für mich enorm wichtig, diesen Grundsatz zu klären, da ich bereits eine Klageandrohung einer extra dazu eingeschalteten RAkanzlei auf dem Tisch liegen habe.


Gruß
arebel

Cremer:
@arebel,

da wäre es ggf. angebracht auch einen RA einzuschalten bzw. vielleicht kann hierzu einer der RA\'s im Forum Stellung nehmen.

Ohne Vorlage der AGB\'s und ggf. \"Besondere Vertragsbestimmungen\" kann man hier im Forum schlecht Stellung dazu nehmen.

RR-E-ft:
Eine praktizierte Bestpreisbarechnung spricht wohl gegen einen Grundversorgungsvertrag/ Tarifkundenvertrag.

Der BGH stellt für Tarifkunden darauf ab, dass sich Tarifkunde und Versorger bei Abschluss eines Tarifkundenvertrages auf einen bestimmten Tarif einigen, dadurch ein Preis vertraglich vereinbart sei, der das vom Versorger bei Kostenänderungen durch Tarifänderungen zu wahrende vertragliche Äquivalenzverhältnis bilde (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Damit unvereinbar erscheint es, wenn der Kunde erst am Ende einer Abrechnungsperiode entsprechend seines Jahresverbrauchs in einen von mehreren parallel nebeneinander bestehenden Tarifen eingeordnet und entsprechend abgerechnet wird.

Eine solche Bestabrechnung war weder in der BTOGas, noch in der AVBGasV vorgesehen und auch nicht in der GasGVV geregelt, so dass eine Bestabrechnung als solche wohl von der gesetzlichen Regelung abweicht und es sich allein deshalb um einen Sondervertrag handelt.

Das lässt sich auch nicht an der Höhe der KA festmachen, die für Sondervertragskunden übrigends 0,03 Ct/ kWh beträgt.


Nach der – am 28.04.1998 außer Kraft getretenen Bundestarifordnung Gas (BTOGas) waren Gasversorger verpflichtet, einen Kleinverbrauchstarif K und einen Grunpreistarif G im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht gem. § 6 Abs. 1 EnWG 1935 anzubieten. Daneben konnten sie – freiwillig – weitere, günstigere Tarife anbieten und veröffentlichen.  Hieran sollte sich durch § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 36 Abs. 1 EnWG nichts ändern. Die neben den Allgemeinen Tarifen (Kleinverbrauchstarif und Grundpreistarif) angebotenen  Tarife  zu preisgünstigeren Gaspreisen wurden nur Kunden mit einem erhöhten Jahresverbrauch angeboten.

Damit handelte es sich gerade um keinen Allgemeinen Tarif gem. § 6 Abs. 1 EnWG 1935, § 10 Abs. 1 EnWG 1998, bzw. Allgemeinen Preis der Grundversorgung gem. § 36 Abs. 1 EnWG (KG, Urt. v. 28.10.2008 – 21 U 160/06 Rn. 61, juris; OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.06.2009 – VI-2 U (Kart) 14/08, juris; OLG Hamm, Urt. v. 29.05.2009 – 19 U 52/08, juris; OLG Dresden, Urt .v 26.01.2010 – 14 U 983/08, juris).

So hatte bereits der BFH in seiner Entscheidung vom 31.07.1990, Az.: I R 171/87 (BStBl. 1991 II S. 315)  entschieden:

 
Werden für ein Gasversorgungsunternehmen Kleinverbrauchstarife für Haushaltsbedarf und Gewerbe und Grundpreistarife für Haushaltsbedarf und Gewerbe bekannt gemacht, ist ein daneben bestehender Tarif kein allgemeiner Tarif. Dies gilt auch dann, wenn nach diesem Tarif auch mit Kunden abgerechnet wird, die keine Sonderabkommen abschlossen und dem Tarif ein standardisiertes Vertragsmuster zugrunde liegt.

Dementsprechend führte das Kammergericht Berlin im (vom BGH bestätigten, rechtskräftigen)  Urteil vom 28.10.2008, Az. 21 U 160/06 Seite 12 UA zutreffend aus:

Die Energieversorger sind jedoch auch im Bereich der Gasversorgung dazu übergegangen, privaten Anbietern verschieden gestaltete Tarife anzubieten, die günstiger sind. als der allgemein angebotene Tarif (Büdenbender, Energierechtsreform 2005, Bd. 1 S. 281 \"Alternativangebote außerhalb der Tarifkundenbeziehung“; Salje, EnWG, 2006, § 41 Rn. 3). Diese Tarife sind öffentlich bekannt gemacht. Es handelt sich um Tarife wie die von den Klägern abgeschlossenen.  Dem Sinn der Vorschrift des § 10 EnWG 1998 nach sind die Kläger nicht als Tarifkunden zu betrachten. § 10 EnWG 1998 ist erlassen worden, bevor derartige Sondertarife auf dem Markt verbreitet eingeführt worden waren (vgl. Salje aaO § 39 Rn. 24).   Grundgedanke des § 10 EnWG 1998 (wie schon des § 6 EnWG 1935) ist die Anschluß- und Versorgungspflicht des Energieversorgungsunternehmens bis zur Grenze der Unzumutbarkeit (§ 10 Abs. 1 Satz 2 EnWG 1998]. Der Gasversorger soll verpflichtet sein, jedermann zu allgemeinen Bedingungen mit Gas zu beliefern. Diese Bedingungen sind öffentlich für jedermann zugänglich zu machen.  Das Kriterium für die Beurteilung von zu bestimmten Bedingungen angeschlossenen Kunden als Tarifkunden nach altern Recht kann dann nicht der Umstand sein, daß die Tarife veröffentlicht wurden.   Diesen Gesichtspunkt hat der BGH in der bereits zitierten Entscheidung vorn 12. Dezember 1984 - VIII ZR 295/83 (NJVV 1986, 990) zurecht lediglich als Indiz, nicht als Voraussetzung für den Begriff des Tarifkunden behandelt. Wenn § 10 EnWG eine Verpflichtung des Gasversorgers zur Veröffentlichung der allgemeinen Tarife aufstellt, kann die Tatsache der Veröffentlichung nicht die Verpflichtung zur Veröffentlichung begründen. Das würde einen Zirkelschluß beinhalten.  Der Grundgedanke ist vielmehr in § 10 EnWG 1998, eine Versorgung von jedermann ohne Ansehung der Person — bis zur Grenze der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit für den Versorger — zu einem entsprechend kalkulierten Tarif sicherzustellen. Das Gesetz verpflichtet deswegen den Gasversorger in § 10 EnWG 1998, einen Tarif für eine Versorgung von jedermann zu kalkulieren, genehmigen zu lassen und dann zu veröffentlichen und jedermann bis zur Grenze der Unzumutbarkeit (§ 10 Abs. 1 Satz 2 EnWG 1998] zu versorgen (vgl. Ebel, aaO S. 42 f.).   Der Tarif muß schon wegen der Verpflichtung zur Versorgung in wirtschaftlich ungünstigen aber noch nicht unzumutbaren Fällen teurer als notwendig kalkuliert sein. Tarifkunden sind diejenigen Abnehmer, die zu diesem Tarif versorgt werden.  Die Veröffentlichung weiterer Tarifangebote oder gar die Genehmigung solcher Tarife beruht nicht auf Pflicht,  sondern auf berechtigtem wirtschaftlichen Interesse des Versorgers an der Kundengewinnung. Der Versorger kann sie anbieten, muß es aber nicht. Für eine Pflicht, mehrere etwa nach typisiertem Abnahmemengen gestaffelte Tarife anzubieten, gibt es in § 10 EnWG keine Grundlage.   Der Umstand, daß im Plural von Tarifen die Rede ist, bezieht sich auf den vorhergehenden Plural der Gemeindegebiete, das Gesetz schreibt damit dem Versorger nicht die Pflicht zum Anbieten von verschiedenen Tarifen vor. Es ist nicht der Sinn der alten Regelung, Tarifvielfalt herbeizuführen. Die Tarifvielfalt ist vielmehr eine Reaktion der Versorger auf die Konkurrenzsituation am Markt (vgl. Büdenbender, Energierechtsreform 2005, Bd. 1 S. 281: „Alternativangebote außerhalb der Tarifkundenbeziehung\"; Salje, EnWG. 2006, § 41 Rn, 3).

OLG Dresden, mdl. Verh. am 08.06.10 Az. 9 U 93/10 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertrag

Thüringer OLG Jena, Az. 2 U 250/09 mdl. Verh. am 16.06.10 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertragskunde

Infotag \"Allgemeine Geschäftsbedingungen in Energielieferungsverträgen\", Frankfurt a.M., 01.09.10

arebel:
@alle,

zunächst Danke für die Antworten.

@RR-E-ft

danke für die ausführlichen Informationen.

Die SW Bad Salzuflen (Einwohnerzahl bis 100.000) haben im Tarifsystem als kleinsten \"Tarif\" den sog. BS mini - bis 1340 kwh
und als nächste Stufe den \"Universal 1\" bis 5693 kwh.

Für diese beiden Stufen wird eine KA von 0,61 ct. abgerechnet.

Laut KAV § 2 gilt aber :
§ 2 Bemessung und zulässige Höhe der Konzessionsabgaben

Bei Gas AUSSCHLIESSLICH für Kochen und Warmwasser:

bis 100.000 Einwohner 0,61 Cent,


b) bei sonstigen Tariflieferungen in Gemeinden

bis 100.000 Einwohner 0,27 Cent


- Dies wiederum würde bedeuten, dass jemand, der im Tarif Universal 1 auch mit Gas heizt - eine viel zu hohe KA, ja eine gesetzwidrige KA zahlen muss.

Stellt dies nicht das gesamte Tarifsystem in Frage ?


Gruß
arebel

RR-E-ft:
Die in die Preise einkalkulierte Konzessionsabgabe schuldet als solche nicht der Kunde, sondern der Netzbetreiber der Kommune. Zahlt der Netzbetreiber eine preisrechtlich zu hohe Konzessionsabgabe, kann er geleistete Überzahlungen grundsätzlich von der Kommune zurückverlangen.

Wird vom kommunalen Netzbetreiber eine zu hohe KA an die Kommune bezahlt, kann es sich um eine verdeckte Gewinnasuscchüttung handeln, was steuerrechtliche Folgen für den Netzbetreiber haben kann, weil die gezahlten Konzessionsabgaben dann nicht vollständig als Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht werden können.

Die Konzessionsabgabe schuldet der Netzbetreiber der Kommune entsprechend des abgeschlossenen Konzessionsvertrages, wobei die gesetzlich höchstzulässige Konzessionsabgabe nicht überschritten, wohl aber unterschritten werden darf. Der Netzbetreiber rechnet die KA in seine Netzentgelte ein, welche dritte Lieferanten und ggf. der eigene Vertrieb an den Netzbetreiber (ggf. kalkulatorisch) zu zahlen haben. Die Netzentgelte, die der Lieferant an den Netzbetreiber zu zahlen hat, sind wiederum Teil des Preises, den der Letztverbraucher an seinen Energielieferanten zahlt, gehen alaso in die Kalkulation dieses Preises ein, ebenso wie das Gehalt des Pförtners.

So wie der einzelne Kunde in keinem Fall ein gesetzwidrig hohen Lohn an den Pförtner der Stadtwerke  bezahlt, so zahlt der einzelne Kunde auch nie eine zu hohe KA. Der einzelne Kunde zahlt nämlich gar keine KA, sondern nur den Energiepreis ohne zu wissen, wie dieser sich kalkulatorisch zusammensetzt.

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