Energiepreis-Protest > EWE
Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH
DieAdmin:
eine kleine Ergänzung zu den angesprochenen EU-Richtlinien:
diese findet man bsp unter:
EU-Klauselrichtlinie 93/13/EWG
EU-Richtlinie für den Elektrizitätsbinnenmarkt 2003/54/EG
EU-Richtlinie Erdgasbinnenmarkt 2003/55/EG
EU-Richtlinie 2006/32/EG zur Endenergieeffizienz und zu Energiedienstleistungen
uwes:
--- Zitat ---Original von __hp__
„Vor dem VIII. Zivilsenat und auf hoher See ...
Dabei verzichtet die EWE in ihren AGB insbesondere auf den Hinweis, dass als wesentliches Wirksamkeitserfordernis zeitgleich mit der Veröffentlichung eine briefliche Mitteilung über die Preisänderung an den Kunden zu versenden ist.
--- Ende Zitat ---
Ich sehe das - wohl mit dem Kollegen Fricke - anders. Die briefliche Mitteilung ist gem. § 5 Abs. 2 GasGVV nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Preisanpassung.
Die Lösung dieses Problems, dürfte sich allenfalls im Bereich des Schadenersatzes abspielen, der darin gesehen werden könnte, dass ein Kunde, der wegen unterlassener brieflicher Mitteilung den Vertrag nicht kündigt, so gestellt werden muss, als hätte er die Mitteilung einer Preiserhöhung erhalten und rechtzeitig gekündigt.
RR-E-ft:
@uwes
Die briefliche Mitteilung ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die Ausübung des gesetzlichen Preisänderungsrechts in der Grundversorgung, sondern - aus oben genannten Gründen - allein die öffentliche Bekanntgabe gem. § 5 II GVV (zuvor § 4 AVBV).
Nach der Rechtsprechung des VIII.Zivilsenats in BGH VIII ZR 326/08 ist jedoch die Verpflichtung zur vorherigen brieflichen Mitteilung (wie in § 5 Abs. 2 GVV) innerhalb der Klausel Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Preisänderungsklausel innerhalb von AGB.
Ein kleiner, feiner Unterschied.
Deshalb erweist sich die von EWE seit 01.04.07 verwendete Klausel wohl jedenfalls als unwirksam, ebenso wie darauf gestützte einseitige Preisänderungen.
Um Schadensersatz im oben aufgezeigten Sinne geht es dann gerade nicht.
--- Zitat ---Original von uwes
Die Lösung dieses Problems, dürfte sich allenfalls im Bereich des Schadenersatzes abspielen, der darin gesehen werden könnte, dass ein Kunde, der wegen unterlassener brieflicher Mitteilung den Vertrag nicht kündigt, so gestellt werden muss, als hätte er die Mitteilung einer Preiserhöhung erhalten und rechtzeitig gekündigt.
--- Ende Zitat ---
Das sehe ich anders. Das ist gerade nicht der Fall.
uwes:
@ RR-E-ft
Ich bin in der Regel auf Ihrer Seite, da ich Ihre Argumentationen und die schon legendären Rechtsprechungszitate außerordentlich schätze.
In der von Ihnen zitierten Entscheidung führt der BGH unter Rd.Nr. 36 ab Seite 21 aber ausdrücklich aus:
--- Zitat ---Zwar ist - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - die Wirksamkeit der Änderung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 GasGVV nur an die öffentliche Bekanntgabe geknüpft worden und hängt nicht von der Erfüllung der in § 5 Abs. 2 Satz 2 GasGVV geregelten weiteren Pflichten des Versorgungsunternehmens ab (BR-Drs. 306/06 (Beschluss) S. 8 f.).
--- Ende Zitat ---
(Hervorhebung von mir!)
D.h. der BGH war sich durchaus der Pflichten des Versorgers bewusst, sah diese - mit Ausnahme der Veröffentlichungspflichten - jedoch nicht als \"Wirksamkeitsvoraussetzung\" für Preisanpassungen an.
Mir scheint, dass dies auch sinnvoll ist vor dem Hintergrund, dass der Zugang der Mitteilung ebenfalls nicht verpflichtend ist, sondern nur deren Versendung.
Die Gesetzesbegründung enthielt dann auch folgenden Text in der Beschlussdrucksache des Bundesrats:
--- Zitat ---Begründung: Der Antrag greift die Zielsetzung der Ziffer 2 der Empfehlungen der Ausschüsse in BR-Drs. 306/1/06 auf. Auf Grund der speziellen Gegebenheiten bei der Grundversorgung (Vertragsschluss bereits durch Stromentnahme) ist es jedoch im Sinne der Rechtssicherheit erforderlich, die Wirksamkeit von Vertragsänderungen/Preisänderungen nicht vom Zugang an einen möglicherweise nicht bekannten Kunden (z. B. bei Mieterwechsel) abhängig zu machen, wie dies bei Umsetzung des Vorschlags in Ziffer 2 der BR-Drs. 306/1/06 der Fall wäre, sondern an die öffentliche Bekanntgabe zu knüpfen. Gleichwohl soll der Kunde eine briefliche Mitteilung erhalten, die u. U. das Preisbewusstsein des Kunden steigern und den Wettbewerb anregen kann.
--- Ende Zitat ---
Wie allerdings die Erhöhung im Sonderkundenvertrag ohne individuelle Mitteilung des Kunden erfolgen soll, bleibt etwas um dunklen; ist jedoch aus der Entscheidung nicht als verpflichtend im Sinne einer Wirksamkeitsvoraussetzung herauszulesen.
Wohl eher so: Verpflichtung ja, aber notwendig, um die Erhöhungen wirksam herbeizuführen - nein.
Wahrscheinlich will der BGH dann seine Auffassung zu der gesetzlich nicht beabsichtigten unterschiedlichen Behandlung von Tarif und Normsonderkunden heranziehen.
RR-E-ft:
Es geht u.a. um die Wirksamkeit der von der EWE seit 01.04.07 verwendeten Preisänderungsklausel.
--- Zitat ---aus Pressemitteilung des BGH zum Verkündungstermin am 17.07.10 in dem Verfahren VIII ZR 246/08:
Seit 1. April 2007 verwendet die Beklagte \"Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Lieferung von Energie … außerhalb der Grundversorgung\".
Diese lauten auszugsweise wie folgt:
\"1. Vertragsgrundlage für die Energielieferung
Die Lieferung von Erdgas erfolgt auf der Grundlage der Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz (Gasgrund-versorgungsverordnung – GasGVV vom 26.10.2006 (BGBl. I S. 2396)), …, sofern in diesen \"Allgemeinen Geschäftsbedingungen…\" sowie in den Ergänzenden Bedingungen der E. AG [= Beklagte] nichts anderes geregelt ist. …
3. Vertragslaufzeit und Kündigung
… Der Erdgaslieferungsvertrag hat eine Laufzeit von sechs Monaten gerechnet ab Lieferungsbeginn. Er verlängert sich automatisch jeweils um einen Monat, wenn er nicht von einer Vertragspartei gekündigt wird. Es gilt eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende des jeweiligen Ablaufs. … Die Möglichkeit zur Kündigung anlässlich von Preisanpassungen bzw. im Falle eines Umzugs gemäß … GasGVV bleibt unberührt. …
4. Preisänderung
Der Erdgaspreis ändert sich, wenn eine Änderung der Preise der E. AG für die Grundversorgung eintritt; es ändert sich der Arbeitspreis um den gleichen Betrag in Cent/kWh, der Grundpreis um den gleichen Betrag in Euro/a. Die Preisänderung wird zu dem in der öffentlichen Bekanntgabe über die Änderung der Erdgaspreise genannten Zeitpunkt wirksam. … Im Falle einer Preisänderung hat der Kunde ein Sonderkündigungsrecht. Der Kunde ist berechtigt, das Vertragsverhältnis mit zweiwöchiger Frist zum Wirksamwerden der Preisänderung zu kündigen.\"
--- Ende Zitat ---
Jene wird sich auch unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Senats wohl gem. § 307 BGB als unwirksam erweisen (vgl. BGH VIII ZR 326/08 Rn. 36 f., Rnrn. 39 ff. ). Erweist sich aber eine Preisänderungsklausel gem. § 307 BGB als unwirksam, so können einseitige Preisänderungen nicht darauf gestützt werden, sondern erweisen sich ihrerseits selbst als unwirksam (BGH KZR 2/07, VIII ZR 274/06, VIII ZR 225/07, VIII ZR 320/07, VIII ZR 81/08].
Obacht:
BGH VIII ZR 326/08 Rn. 36 f. betrifft nicht Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Belieferung außerhalb der Grundversorgung der EMB, sondern sog. Ergänzende Bedingungen der EMB für Gaslieferungen innerhalb der Grundversorgung (\"Ergänzende Bedingungen zur GasGVV\"). Anders jedoch die Entscheidungsgründe in Randnummern 39 ff., die sich zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen der EMB zu Gaslieferungen außerhalb der Grundversorgung (Sonderverträge) verhalten.
Man hat es also bei genauer Betrachtung in der dortigen Entscheidung mit zwei vollkommen unterschiedlichen Fallgestaltungen zu tun, die unterschiedliche rechtliche Konsequenzen zeitigen:
Erweisen sich Bestimmungen für die Grundversorgung im Rahmen Ergänzender Bestimmungen des Grundversorgers zur GasGVV als unwirksam, gelten für die Grundversorgung uneingeschränkt die Bestimmungen der GasGVV.
Erweisen sich hingegen Allgemeine Geschäftsbedingungen für Gaslieferungen außerhalb der Grundversorgung gemessen an § 307 BGB als unwirksam, gelten für die davon betroffenen Vertragsverhältnisse die Bestimmungen der GasGVV gerade nicht (BGH KZR 2/07, VIII ZR 274/06, VIII ZR 225/07, VIII ZR 320/07, VIII ZR 81/08].
Die Bestimmungen der Grundversorgungsverordnungen selbst unterliegen gar keiner Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB, weil es sich bei ihnen ja um zwingende gesetzliche Regelungen für die Grund- und Ersatzversorgung (aber eben nur für diese!!!) handelt, § 1 GVV.
Allgemeine Geschäftsbedingungen für Energielieferungen außerhalb der Grund- und Ersatzversorgung unterliegen hingegen immer der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB.
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