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OLG Koblenz, Urt.v. 25.02.10 Az. U 272/09 (Kart)

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RR-E-ft:
OLG Koblenz, Urt.v.25.02.10 Az.U 272/09 (Kart)

Anmerkung von Prof. Markert

Abgesehen von der zutreffend erscheindenden Kritik von Herrn Prof.Markert zeigt das Urteil des OLG Koblenz gleichwohl auf, worauf es für die Billigkeitskontrolle bei Tarifkunden ankommen kann.

Nicht nachvollziehbar erscheint, dass das OLG Koblenz am Ende der Enstscheidung von einer gerichtlichen Preisneubestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB spricht:

Nach BGH X ZR 60/04 und VIII ZR 240/90 erfordert die gerichtliche Ersatzbestimmung jedoch neben der Feststellung der Unbilligkeit weiter einen Antrag des Versorgungsunternehmens sowie entsprechende Darlegungen des Versorgungsunternehmens, die eine Ersatzbestimmung überhaupt ermöglichen.

Weder in der Ausgangsentscheidung des LG Koblenz vom 03.03.2009 noch in der Entscheidung des OLG Koblenz ist indes ein entsprechender Antrag des Versorgungsunternehmens auf gerichtliche Ersatzbestimmung ersichtlich, weshalb eine solche unzulässig sein dürfte (§ 308 ZPO).

uwes:
Es ist selten aber konsequent, keine Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung durch das Erstgericht zu erheben.

Markert trifft den wunden Punkt der Entscheidung genau. Es ist schon fast peinlich, mit welchen dogmatischen Fehlern das Urteil besetzt ist.

Woraus sich im Falle eines Sonderkundenvertrages ein Preisanpassungsrecht ergeben soll, bleibt völlig offen.

Richtig und konsequent wäre es gewesen, wenn der Kartellsenat seine \"gewissen dogmatischen Bedenken\" gegen die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des BGH einmal näher ausgeführt hätte. Schließlich scheint der Senat des OLG Koblenz ja den \"rechtsgeschäftlichen Willen\" des Kunden, eine Preiserhöhung stillschweigend zu akzeptieren, nicht ausdrücklich zu sehen.
Wenn das OLG dieser Rechtsprechung nicht zu folgen vermochte, warum hat es dann nicht genau so konsequent seine offenbar abweichende Auffassung begründet und die Revision zugelassen?

Durchaus denkbar, dass der Kartellsenat des BGH für die Revision zuständig gewesen wäre.

RR-E-ft:
In der Ausgangsentscheidung heißt es:


--- Zitat ---Mit der ausdrücklichen Einbeziehung der AVBGasV haben die Parteien ihren Willen zum Ausdruck gebracht, daß auch ihre vertragliche Beziehung den allgemeinen Regeln, wie sie für Tarifkunden gelten, unterworfen sein sollte.
--- Ende Zitat ---

Eine solche ausdrückliche Einbeziehung spräche gerade gegen einen Tarifkundenvertrag. Bei letzterem bedarf es wegen der zwingenden gesetzlichen Regelung in § 1 AVBGasV keinerlei vertraglichen Einbeziehung. Ob tatssächlich eine wirksame Einbeziehung gem. Art. 229 § 5 Satz 2 i.V.m. § 305 II BGB vorlag, ist nicht ersichtlich (siehe auch Hinweisbeschluss des LG Frankfurt/ Oder vom 11.05.10).

tangocharly:
Schlicht ignoriert hat das OLG Celle den Vortrag des EVU, wonach dieses auf dem Markt im Wettbewerb stehe und deshalb seine Preise nicht gem. § 315 Abs. 3 BGB überprüfbar seien.

Dass dieses Argument das OLG Celle nicht beeindruckt hat, sieht man ja aus der Urteilsbegründung selbst. Trotzdem scheint dieses Argument  (zumindest auf Versorgerseiten) sehr beliebt zu sein. Ganz abgesehen davon, dass dieses Argument einer dogmatischen Grundlage entbehrt, greift doch das ein oder andere Gericht selbiges auf. Ist es doch eine schicke Sache, eine aufwändige und unbeliebte Billigkeitsprüfung in den Orkus zu schicken.

Was hat der Markt und der Wettbewerb mit der Billigkeitsprüfung zu schaffen ? Zunächst mal vorerst nichts, weil die Billigkeitsprüfung (§ 315 Abs. 3) das Gegenstück der einseitigen Rechtsmacht (§ 315 Abs. 1) ist , um Willkür zu verhindern. Beide Elemente bedingen sich gegenseitig. Sie sind Ausdruck des materiellen Gerechtigkeitsgebotes.

Wer also einer Partei die Billigkeitsprüfung wegnehmen will, der handelt selbst willkürlich und/oder macht sich ggf. zum Werkzeug der Willkür.

Also sind Markt/Wettbewerb und Billigkeit keine Ausschlußfaktoren, weshalb sie zunächst vorerst nichts miteinander zu schaffen haben.

Im Rahmen der Billigkeit könnte es aber, und jetzt kommen beide Faktoren in Berührung, auf eine Marktpreis oder einen Wettbewerbspreis ankommen. Das hat der BGH am 19.11.2008 (VIII ZR 138/07, Tz. 48 ff. ) ja ausführlich dargestellt. Und wer da in der Jurisprudenz nach Sachvortrag sucht, der diesen Kritereien des BGH gerecht werden könnte, der sucht (jedenfalls soweit ich das überblicke) vergeblich.

Am 19.11.2008 ließ der BGH dann aber wieder (sibillinisch) offen, ob es im Rahmen des § 315 BGB überhaupt auf einen Vergleichspreis ankommen könne (Tz. 48 ).

RR-E-ft:
OLG Celle?

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