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Neue AGB Entega

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eislud:
Ich wurde in einem ersten Schritt von Entega gebeten den neuen AGB zuzustimmen. Nachdem ich darauf nicht reagiert habe, gibt Entega nun in einem zweiten Schreiben vor, dass die AGB gelten werden, wenn ich nicht widerspreche.

AGB sind bei mir nicht Vertragsbestandteil geworden. Es kann also auch keine Änderungsvorbehalte in AGB geben, die eine Änderung ohne Zustimmung des Kunden ermöglichen könnten.
Aber selbst wenn die AGB Vertragsbestandteil geworden wären, sind Änderungsvorbehalte in AGB regelmäßig unwirksam.
BGH 11.10.2007 III ZR 63/07

Ich werde, wie ich das in solchen Fällen immer tue, nicht reagieren.

bolli:

--- Zitat ---Original von Jagni

--- Zitat ---Weiteres Zitat von bolli
Fraglich ist möglicherweise, wie Sie reagieren müssen. Wie Sie schon richtig zu vermuten, dürfte der Versorger im Falle eines Widerspruchs kündigen, um einen offensichtlichen Widerständler loszuwerden. Möglicherweise würde aber auch ein Schweigen zu den AGB-Änderungen nicht zu deren Wirksamwerden führen (Stichwort: Stillschweigendes Anerkenntnis).
Hier kommt es möglicherweise auch auf die konkreten Regelungen, die geändert werden, an.
--- Ende Zitat ---

Die Unsicherheit wird damit nicht beseitigt.
Wenn der Versorger seiner Sache so sicher ist, dann stellt sich die Frage, ob bereits bei Vertragsabschluß eine in den damaligen AGB enthaltene Änderungsregelung vereinbart wurde.
--- Ende Zitat ---
Die Versorger sind sich bei weitem nicht immer so sicher wie sie tun. Aber wie sollen sie denn sonst auftreten? Wenn man von vornherein gegenüber dem Kunden zugibt, dass etwas in einem bestimmten Punkt rechtlich noch nicht ganz geklärt ist, wird der Kunde freiwillig gewiss nicht zahlen.



--- Zitat ---Original von Jagni
Wie könnte eine solche Änderungsregelung ausgesehen haben?

Es könnte z.B., in einem Vertrag vereinbart worden sein, dass die einbezogenen Vertragsgrundlagen, z.B. die AGB, in „ihrer jeweils gültigen Fassung“  Geltung haben sollen. Gehen wir dabei auch davon aus, dass wirksam einbezogen wurde.
Oder, es könnte in den einbezogenen AGB stehen, „Eine Änderung der AGB wegen Änderung der gesetzlicher Grundlage,.....der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit einzelner Regelungen dieser AGB bleibt vorbehalten.“,  
--- Ende Zitat ---
Es kommt bei den Änderungs- bzw. Auslegungsregelungen immer darauf an, ob es für eine Vertragspartei einen UNZUMUTBAREN Nachteil bedeuten würde, an den bisherigen Regelungen festzuhalten und zum anderen auch, ob man den beabsichtigten Sinn einer Regelung oder nicht vorhandenen Regelung ergründen kann.

Bei Verträgen mit einer normalen Laufzeit (z.B. ein Jahr) hat der BGH schon geurteilt, dass es dem Versorger zuzumuten ist, einen Vertrag ordnungsgemäß zu kündigen und es deshalb keiner Legitimation zur Anpassung der AGB z.B. im Rahmen der Preisanpassungsklausel und deren Wirksamkeit bedarf, wenn z.B. die Rechtsprechung dort etwas entscheidet, was für ihn negativ ist (wie z.B. mit dem Urteil vom 17.12.2008 geschehen). Schließlich hat den Versorger vorher niemand gezwungen, einen Sondervertrag als Vertragsform zu verwenden und eine solche Klausel in die AGB aufzunehmen. Er hätte ja auch im Rahmen der gesetzlichen Grundversorgung sein Gas anbieten können. Dort sind die Vorgaben gesetzlich geregelt und damit deutlich sicherer. Es ist also sein Risiko, wenn er selbst definierte Klauseln verwendet und diesem Risiko kann er sich nicht durch weiche Anpassungsregelungen entziehen.

Wenn aber z.B. in einem Sondervertrag eine Kündigungsmöglichkeit \"vergessen\" wurde und somit dem Versorger eine ordnungsgemäße Kündigung laut Vertrag garnicht möglich wäre, wenn sich eine Klausel (z.B. Preisanpassungsklausel) durch Rechtsprechung als unwirksam herausstellt, so wird in diesem Fall hilfsweise ein gesetzliches Kündigungsrecht herangezogen, obwohl dieses so nicht im Vertrag steht. Aber es muss dem Vertragspartner ja möglich sein, sich irgendwie von dem Vertrag zu lösen. Gleiches gilt übrigens auch für den Verbraucher. ASuch der wäre nicht ewig an den Versorger gebunden und könnte den Vertrag trotz nicht vorhandenem Kündigungsrecht nach einer gewissen Zeit kündigen.


--- Zitat ---Original von Jagni
Ein abgeschlossener  Vertrag gilt für beide Seiten zu den vereinbarten Konditionen, bis der Vertrag wirksam gekündigt ist. An diesem Satz stimmt offensichtlich alles.

Oder -  übersehe ich bei diesem Gedankengang möglicherweise einen Schutzengel, der mir hilft inaktiv zu bleiben, weil ich z.B. nur ein durchschnittlicher Verbraucher bin, der keine Ahnung  von solchen juristischen Feinheiten hat?
--- Ende Zitat ---
Wir warten derzeit alle gespannt auf ein Urteil des BGH, in welchem er (hoffentlich) zu der Frage Stellung nehmen wird, ob z.B. bei einer unwirksamen oder nicht wirksam in einen Sondervertrag einbezogenen Preisanpassungsklausel \"hilfsweise\" ein Zahlen der Rechnung, ohne das man Widerspruch gegen diese erhoben hat, als stillschweigendes Anerkenntnis des geänderten Preises zu werten ist, auch wenn die zugrundeliegende Preisanpassungsberechtigung gar nicht wirksam ist.  Hier wird das Urteil für den 14.07.2010 erwartet.
BGH verhandelt EWE Gaspreise


--- Zitat ---Wenn es nicht zur Vorlage zum Großen Senat oder zum EuGH kommt, wird der Senat zudem darüber zu entscheiden haben, ob auch bei nicht wirksam einbezogenen bzw. unwirksamen Preisänderungsklauseln innerhalb eines Sondervertrages die widerspruchslose, vorbehaltlose Zahlung auf eine Verbrauchsabrechnung zu einer Preisneuvereinbarung führt, so wie es der Senat für grundversorgte Tarifkunden annimmt. Er wird sich hierfür mit der Senatsentscheidung VIII ZR 199/04 auseinanderzusetzen haben.
--- Ende Zitat ---
Hier geht es zwar nicht um eine Änderung der AGB, aber falls der BGH tatsächlich eine solche Preisneuvereinbarung durch stillschweigende Zahlung als gegeben ansehen würde (was er in anderen Rechtsgebieten bisher nicht getan hat), würde dadurch ja quasi eine Änderung der Preise ohne (aktive) Zustimmung des Kunden vorgenommen, ohne das dieses irgendwo verankert wäre.
Deshalb gibt es derzeit noch ein wenig Unsicherheit bei der bedingungslosen Zustimmung zu Ihrer Aussage \"Ein abgeschlossener Vertrag gilt für beide Seiten zu den vereinbarten Konditionen, bis der Vertrag wirksam gekündigt ist.\"

Leider ist nicht alles im Rechtsleben so eindeutig, wie man sich das manchmal wünscht.

Jagni:
@eislud

Entega gibt sich ja mächtig Mühe, Sie unter ihre AGB-Fittiche zu bringen. Für den Hinweis auf die BGH-Entscheidung vom 11.10.2007 III ZR 63/07 besten Dank.

Dieser Hintergrund zu Änderungsvorbehalten in den AGB hat mir noch in meiner Heimwerkersammlung gefehlt.
Bei erster Betrachtung scheint der dort verhandelte Sachverhalt jedoch nicht ganz deckungsgleich mit dem Entega-Änderungsvorbehalt  in deren AGB zu sein.
Man muss also prüfen, was aus den Begründungen der Entscheidung für den Entega-Fall zu verwenden ist, um dann eine Antwort auf die Frage zu finden, ob man auf die neuen AGB reagieren soll oder nicht. Offenbar haben Sie die schon gefunden.

Ich mach’ mal einen Versuch mit meinen Bordmitteln, wobei ich mich auf die Rd.Nr. 27 – 32 der BGH-Entscheidung konzentriere:

Während der BGH über einen sehr breiten Vorbehalt entschieden hat, der sich auf  die gesamten AGB sowie auf Leistungs- und Produktbestimmungen erstreckt, fordert Entega ihre Änderungsbefugnis nur bei Änderung der gesetzlichen Grundlagen und bei einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Außerdem auch  nur,  wenn die Rechtmäßigkeit einzelner Regelungen angekratzt wird. Der Änderungsvorbehalt scheint also enger gefasst, und  eigentlich ist es  ja der Gesetzgeber und der BGH mit seiner Übernahmerechtsprechung, die gemeinsam hier den Änderungsaufwand erzeugen. Entega sieht sich gewissermaßen veranlasst, nur noch zu folgen, - umzusetzen, zu übernehmen. So hat sie jedenfalls sinngemäß im Dez 2008 neue AGB ihren Bestandskunden angedient.

Dessen ungeachtet kann der Versorger nach meiner Einschätzung aber auch mit diesem Instrument den gesamten Vertrag inhaltlich wesentlich umgestalten, und darauf kommt es an.

In der Rd. Nr. 32  der Entscheidung habe ich dann tatsächlich den gesuchten durchschnittlichen Verbraucher, wie ich nun mal auch einer bin,  wiedergefunden: Mir wird nämlich allein schon schwindlig, wenn ich das Kleingedruckte aus der Ferne sehe. Der Zustand geht dann sogar in eillose Verwirrung über, wenn außerdem auch noch verschachtelte Änderungsvorbehalte wie in Ziffer 14. der Entega-AGB, Stand 4/2010,  über mich herfallen. In diesem Zustand laufen nur noch reflexartige Handlungen ab. Die linke Hand greift zum Locher, die rechte sucht den Ordner, um dieses Werk schleunigst wegzuheften. Danach ordnet sich wieder der Geist. Gelassene Ruhe tritt ein, und ich vertraue den guten Absichten des Versorgers, die im Mantel der kundenfreundlichen Gestaltung daherkommen.

So oder so ähnlich, vielleicht nicht ganz so dramatisch, scheint auch der BGH den durchschnittlichen Verbraucher einzuschätzen, der schlimm unter die Räder kommen kann, wenn ein fingierter Konsens, manchmal auch als Genehmigungsfiktion bezeichnet (genehmigt, wenn nicht widersprochen), ungehemmte Wirkung entfalten würde. Hier beginnt dann der Schutzengeleffekt zu greifen.

Nach Prüfung unter Zuhilfenahme der §§ 307 ff BGB muss sich nämlich herausstellen, ob die vom Versorger „beanspruchten Wirkungen der fingierten Erklärung den Kriterien dieser Bestimmungen standhalten“, Rd. Nr. 30. Vom Ergebnis dieser Inhaltskontrolle hängt es also ab, ob überhaupt ein  fingierter Konsens ausreicht, um Zustimmung zu erzeugen.

Der eigentliche Konsens ist nicht schon im Vorhinein verbaut. Änderungen einzelner Details der AGB können mit einer Genehmigungsfiktion durchaus umsetzbar sein. Verworfen wird die aber, wenn  Änderungsvorbehalte, essentielle Auswirkungen auf den Vertrag haben können. Beispielsweise, wenn das Vertragsverhältnis weitreichend umgestaltet werden könnte oder das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, umschrieben als Äquivalenzverhältnis, sich zu Gunsten des Versorgers verschiebt und gleichzeitig die Position des Kunden entwertet wird, Rd. Nr. 31.

In diesen Fällen wird der Kunde entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Will der Versorger in diesem Umfang ändern, muss er kündigen, einen andere Anlauf zur Vertragsgestaltung nehmen und dabei die erforderliche Zustimmung unmittelbar im Einvernehmen mit dem Kunden erwirken. Eine Zustimmungsfiktion reicht dazu nicht aus, Rd.Nr. 32.

Was sagt mir das jetzt aber für den konkreten Änderungsvorbehalt der Entega in
Ziffer 14.? Wie soll ich als durchschnittlicher Verbraucher überhaupt erkennen, dass mit Änderungen, deren Ursprung möglicherweise in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu suchen sind, essentielle Veränderungen in meinem Vertrag  losgetreten werden und insbesondere, wenn diese auch noch in der Zukunft liegen?
Es könnte ja sein, dass der Versorger schon wieder auf den nächsten obiter dicta wartet.

M.E. wird mir aus diesem Dilemma nur mit einer gedanklichen Konstruktion herausgeholfen:
1. Beziehen sich die Änderungen auf einfache Details, unwesentliche Formalien, oder wird tatsächlich nur verständlicher formuliert, dann wird mich das nicht sonderlich tangieren, dann soll die Genehmigungsfiktion Wirkung entfalten. Ich kann also getrost schweigen und damit genehmigen.

2. Führt die Entega jedoch essentielle Änderungen im Vertragsverhältnis im Schilde, dann scheitert der Änderungsvorbehalt bei der Inhaltskontrolle und der  fingierte Konsens wird zum Flop, mein Schweigen bleibt wirkungslos.
Im Streitfall wird dies ein Gericht feststellen müssen.

Vielleicht sollte man eine solch essentielle Vertragsumgestaltung einmal an einem realistischen Beispiel durchspielen.

Mit diesen Überlegungen fällt meine Entscheidung  zu Gunsten des Schweigens. Und damit bin ich an der Seite von eislud gelandet.

Interessant ist, dass dabei aus dem Hintergrund die mit einem Anflug von Satire behaftete Hamstertheorie aufscheint. Die sagt:

                  „Du sollst still wie ein Hamster im Kornfeld sitzen und fressen,
                  während rings um Deinen Acker
                  die Welt in hektischer Betriebsamkeit
                  ihre Energie aufzehrt.“                  
Gruß
Jagni

Ready XL:
@Jagni,

...lese ich also zwischen den Zeilen, daß man am besten still hält und, wie in meinem Fall den Versorger zum entsprechenden Zeitpunkt (Kündigungs -u. Vertragsfristen) wechselt?

Ready XL

Jagni:
@Ready XL
Die Frage, ob man stillhalten sollte oder nicht, habe ich in meinem Beitrag für mich eindeutig beantwortet. Zu diesem Ergebnis bin ich nach meiner Erkenntnis und für meinen Fall gelangt. Ob Sie sich dem anschließen wollen, müssen Sie in eigener Selbstverantwortung entscheiden.  
Sehen Sie es mir bitte nach, dass ich Ihnen nicht raten kann. Zum einen kenne ich Ihren Fall nicht hinreichend gut und zum anderen wäre es auch vermessen von mir, Ihnen zu raten, denn sie müssen eigentlich erkannt haben, dass ich selbst noch bemüht bin, den Weg zu finden. Dabei ist es mir sehr wichtig, dass zwischen den Zeilen nichts übrig bleibt, von dem, was ich ausräumen kann. Und wenn doch, dann ist mir das ein Graus.


Wenn ich richtig zurückblicke, haben Sie die Sie bewegende Frag der Kündigung  bereits bolli gestellt, und es ist wichtig, dass Ihre Frage  nicht untergeht. Sicher wird bolli, der in vielen Threads zu Hause ist, sich schon Gedanken gemacht haben. Wenn nicht, dann werde ich mich redlich bemühen, den Gedankengang aufzunehmen, wenn Sie bereit sind, etwas mehr über Ihren Fall preiszugeben. Ihre Entscheidungen müssen Sie letztlich aber selbst treffen, und zwar auf der Grundlage Ihres Vertragshintergrundes und  aller Informationen die Sie herbeiziehen können.


Gruß
Jagni

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