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Autor Thema: Versorgerseitige Kündigung von Energielieferungsverträgen  (Gelesen 8625 mal)

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Offline RR-E-ft

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Offline sternenmeer

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Versorgerseitige Kündigung von Energielieferungsverträgen
« Antwort #1 am: 19. Mai 2010, 11:46:54 »
@ RR-E-ft
Zitat:,,Unter den genannten Prämissen.......unverändert fortbesteht\".
Frage:Mein Versorger (Fernwärme-Monopolist,Anschluss-u. Benutzungs-
zwang) hat nur meinen Fernwärme-Vertrag gekündigt.Kann ich bei einer
Feststellungsklage neben der Unwirksamkeit der Kündigung (19 Abs. 1 GWB i. V. mit § 134 BGB) auch beantragen,wieder in den alten Versor-
gungsvertrag zu fallen,obwohl dieser noch immer die gerichtlich fest-
gestellte gesetzwidrige Preisänderungsklausel beinhaltet?
Der Versorger hat auch nach 9 Monaten des rechtskräftigen Urteils es
nicht für notwendig erachtet,diese gesetzwidrige Preisänderungsklausel
durch eine gesetzeskonforme zu ersetzen.
Bei allen anderen Fernwärmekunden wurde der Vertrag ab dem 01.01.10
um weitere 5 Jahre verlängert,mit rechtswidriger Preisänderungsklausel.
Ich sollte einen individuellen Fernwärmevertrag unterschreiben,gültig ab
dem 01.01.10,mit schlechteren Konditionen (Preis etc.).Dies habe ich abge-
lehnt.Nun bin ich seit 5 Monaten in einem vertragslosen Zustand.Die ange-drohte Versorgungssperre konnte ich mit Hilfe der Landeskartellbehörde
verhindern.In diesem Baugebiet ist nur Fernwärme zulässig.
Wie muss ich meine Feststellungsanträge vor der Kartellkammer formulie-
ren,um wieder den gleichen rechtlichen Status wie den der anderen Kunden
zu erlangen ? Sie haben einen Anspruch auf eine gesetzeskonforme Preis-
änderungsklausel.Eine einseitige Preisfestsetzung werde ich nicht akzeptie-
ren,ebensowenig einen Individual-Versorgungsvertrag,da eine gleichartige
Abnehmerstruktur besteht.

Offline RR-E-ft

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Versorgerseitige Kündigung von Energielieferungsverträgen
« Antwort #2 am: 19. Mai 2010, 13:19:25 »
@sternenmeer

Wenn man sich kartellzivilrechtlich zur Wehr setzen will, ist dafür das Kartellgericht, d.h.  eine bestimmte Handelskammer eines bestimmten Landgerichts zuständig.

Dort herrscht gem. § 78 ZPO Anwaltszwang.

Der Anwalt, den man dafür braucht, muss selbst wissen, welche Anträge zu stellen sind, um das Rechtsschutzziel zu erreichen.

Der Streitwert für die Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung liegt nach der Rechtsprechung des OLG Brandenburg übrigends - ebenso wie bei einer unirksamen Andohung der Versorgungseinstellung - beim Dreifachen Betrag dessen, was für den gesamten Jahresbezug  zu zahlen ist, zzgl. eines Drittels der streitigen Forderung.

Offline sternenmeer

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Versorgerseitige Kündigung von Energielieferungsverträgen
« Antwort #3 am: 09. September 2010, 10:12:20 »
@ RR-E-ft/Lothar Gutsche
@ alle
§ 78 ZPO:Habe ich.Trotzdem ist die Kartellrechtklage (ohne Antragstellung nach § 96 Abs. 1 GVG) beim AG gelandet.Wie komme ich( bzw.RA ) als Kläger doch noch zur KfH?
Kann/muss ich als Kläger einen Verweisungsantrag(§ 281 Abs. 1 ZPO) schon vor der mdl. Verhandlung und zusätzlich zu Beginn der Verhandlung
stellen oder ist es möglich in der Verhandlung auf den Hinweis des Richters
(Unzuständigkeit) erst einen solchen zu stellen?Welche sonstigen Möglichkeiten habe ich jetzt noch vor dem AG,um zur KfH zu gelangen?

Offline RR-E-ft

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Versorgerseitige Kündigung von Energielieferungsverträgen
« Antwort #4 am: 09. September 2010, 10:28:52 »
Der Kläger bestimmt doch, wo er seine Klage einreicht.
Das Gericht bei dem die Klage vom Kläger eingericht wurde, hat zu entscheiden, ob es für diese zuständig ist. Von Amts wgen zu beachten sind ausschließliche Zusändigkeiten etwa gem. § 87 GWB. Man muss als Beklagter die Unzuständigkeit des Amtsgerichts zu Beginn der mündlichen Verhandlung rügen.

Offline sternenmeer

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Versorgerseitige Kündigung von Energielieferungsverträgen
« Antwort #5 am: 09. September 2010, 12:14:52 »
@RR-E-ft
Der RA hat sich geirrt (also eine unzulässige Klage gem. § 87 Rn 38 Immen.)
Lt. Immenga (GWB-Kommentar) :§ 87 Rn 50 (17a GVG):,Eine Kartellrechts-
sache wird an das AG gebracht.Nach § 281 Abs. 1ZPO hat das AG die Sache an das zuständige LG zu verweisen,wenn der Kläger dies bean-
tragt.\"
Ist hiermit der Antrag nach § 96 Abs. 1 GWB (bei Klageeinreichung)gemeint
oder ein erst in der mdl. Verhandlung gestellter Antrag?
Vielen Dank

Offline Lothar Gutsche

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Versorgerseitige Kündigung von Energielieferungsverträgen
« Antwort #6 am: 09. September 2010, 13:33:27 »
@sternenmeer

wie RR-E-ft schon sagte, bestimmt zunächst der Kläger, wo er seine Klage einreicht. Es liegt an der Klageschrift und an der Klageerwiderung des Beklagten, ob die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise von der Klärung kartellrechtlicher Vorfragen abhängt. Das heißt, auch der Beklagte beeinflusst wesentlich, ob das Amtsgericht tatsächlich zuständig ist oder ob nach § 87 GWB ein Landgericht zuständig ist, dessen Ort nach speziellen Verordnungen der Bundesländer bestimmt wird.

Im Kartellrechtskommentar von Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, 2. Auflage 2009, heißt es in Randnummer 19:
Zitat
Der Wortlaut von S. 2 („abhängt“) macht deutlich, dass die kartellrechtliche Vorfrage entscheidungserheblich sein muss und der Rechtsstreit ohne Beantwortung dieser Frage vom angerufenen Nicht-Kartellgericht nicht entschieden werden kann. Schlüssiger und substantiierter Vortrag hinsichtlich der kartellrechtlichen Vorfrage ist nicht erforderlich (vgl. auch Rn. 7). Anderenfalls hätte ein Nicht-Kartellgericht einen Sachvortrag auf seine kartellrechtliche Erheblichkeit zu prüfen. Umgekehrt folgt daraus, dass die Kartellgerichte nicht zuständig sind, wenn der Streit ohne Entscheidung der kartellrechtlichen Vorfrage, und zwar im Sinn einer Abweisung der Klage oder eines Stattgebens, aus anderen Gründen entscheidungsreif ist. Die kartellrechtliche Frage muss sich keineswegs bei allen in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlagen stellen. Das Nicht-Kartellgericht kann und muss einer auf mehrere Rechtsgrundlagen gestützten Klage - auch sofern es sich prozessual um unterschiedliche Streitgegenstände handelt - daher aus dem Rechtssatz stattgeben, der die kartellrechtliche Vorfrageprüfung nicht erfordert.
Wenn das Amtsgericht z. B. wegen des Beklagten-Vortrags seine Unzuständigkeit feststellt, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder der Kläger beantragt die Verweisung an das Kartellgericht und es wird dort verhandelt, oder aber das Amtsgericht weist die Klage als unzuständiges Gericht zurück.

In meinem persönlichen Fall, der bei der Würzburger Kanzlei Bohl & Coll. unter http://www.ra-bohl.de/html/strompreise.html dokumentiert ist, haben die Stadtwerke Würzburg die Verweisung an das zuständige Kartellgericht beantragt. Eines gebe ich aber zu bedenken: für die Kartellrechtswidrigkeit trägt derjenige die Beweis- und Darlegungslast, der sie behauptet. Wenn also in einem Rechtsstreit zwischen einem Energieversorger und einem Kunden der Kunde Kartellrechtswidrigkeit behauptet, dann muss der Kunde die Kartellrechtswidrigkeit auch belegen. Zu Details verweise ich auf den Schriftsatz vom 21.1.2010 unter http://www.ra-bohl.de/SS_vom_21.01.2010.pdf, und dort speziell auf Abschnitt 3 ab Seite 31.  


Den § 96 GWB gibt es seit dem 1. Juli 2005 nicht mehr, siehe zur Gesetzeshistorie im Detail unter http://lexetius.com/GWB/96. Deshalb ist mir Ihre Frage nicht ganz klar.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

Offline RR-E-ft

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Versorgerseitige Kündigung von Energielieferungsverträgen
« Antwort #7 am: 09. September 2010, 13:34:40 »
Wenn man eine Kartellzivilklage irrtümlich beim dafür unzuständigen Amtsgericht eingereicht hat, kann man die Verweisung an das zuständige Landgericht beantragen.
Alternativ kommt die Klagerücknahme beim AG und die Einreichung einer neuen Klage beim Kartellgericht in Betracht.

Das muss der beauftragte Anwalt alles selbst wissen.
Weiß er es nicht, stellt sich die Frage, ob er für das angestrengte Kartellzivilverfahren  überhaupt geeignet ist.

Offline uwes

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Versorgerseitige Kündigung von Energielieferungsverträgen
« Antwort #8 am: 09. September 2010, 15:57:27 »
Zitat
Original von RR-E-ft
....für die Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung

würde ich einen Antrag nicht stellen. Die Feststellungsklage muss m.E. immer auf Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses (§ 256 ZPO) gerichtet sein, nicht auf Unwirksamkeit einer Willenserklärung.



.................... gelöscht aus den zutreffenden Gründen des nachfolgenden Beitrags

Die Anlehnung an die Antragstellung der Arbeitsrechtler ist gewollt. Die Begründung ist kartellrechtlich interessant, zumal ja bereits früher schon eine Pressemiiteilung des BKartA die Runde machte, wonach die Rechtsauffassung des BKartA dadurch ausgedrückt wurde, dass eine solche Kündigung mit dem Ziel, den Kunden in die teurere Grundversorgung zu drängen einen Missbrauch einer makrtbeherrschenden Stellung bedeuten könne.

Zuständig wäre in der Tat die Kartellkammmer beim Landgericht.
Mit freundlichen Grüßen

Uwes
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Offline RR-E-ft

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Versorgerseitige Kündigung von Energielieferungsverträgen
« Antwort #9 am: 09. September 2010, 16:01:18 »
Mit konkreten Antragsvorschlägen halte ich bewusst zurück.
Der beauftragte Rechtsanwalt verantwortet den Antrag, der dem Rechtsschutzziel seines Mandanten gerecht wird bzw. entspricht.

Offline uwes

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Versorgerseitige Kündigung von Energielieferungsverträgen
« Antwort #10 am: 09. September 2010, 16:43:40 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Man muss als Beklagter die Unzuständigkeit des Amtsgerichts zu Beginn der mündlichen Verhandlung rügen.

Das dürfte häufig zu spät sein. Siehe hier:

Der frühest mögliche Zeitpunkt kann  sich u.U. sogar aus den Verfahrensordnungen direkt ergeben, so ist z.B. auf den § 101 Abs. 1 GVG oder auch § 1040 ZPO zu verweisen.
Das erste Verteidigungsvorbringen liegt nach deutschem Recht in dem Zeitpunkt vor, in dem sich der Beklagte schriftsätzlich zur Sache einlässt, ohne die Zuständigkeit zu rügen (vgl. ebenso ZöllerGottwald, a. a. O., Rn. 7 m. w. N. OLG Düsseldorf, OLGZ 1991, 489 ff. OLG Hamm RIG 1999, 540. OLG Frankfurt IPRax 2000, 525). Danach ist eine Rüge i.d.R. verspätet.
Mit freundlichen Grüßen

Uwes
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Offline sternenmeer

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« Antwort #11 am: 09. September 2010, 16:52:25 »
@uwes,RR-E-ft
Der Antrag ist in ähnlicher Form so gestellt worden(Fortführung gek. Ver-trag).Das jetzige Problem ist,dass die Klageeinreichung beim AG (ohne
Antrag gem. §96 Abs. 1 GVG ) unzulässig ist.Alternativen lt. RR-E ft:
Klagerücknahme oder Verweisungsantrag.
Muss dieser Antrag von mir als Kläger (bzw. RA)
-vor der mdl. Verhandlung,
-in der mdl. Verhandlung nach Feststellung und Hinweis des Richters (Un-
 zulässigkeit),
-oder zu beiden Zeitpunkten gestellt werden?
Oder kommt § 17a GVG zum Tragen bei unzulässiger Klageeinreichung?
@Lothar Gutsche:Dank für die wichtigen Hinweise

Offline RR-E-ft

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« Antwort #12 am: 09. September 2010, 18:49:47 »
Zitat
Original von uwes
Zitat
Original von RR-E-ft
Man muss als Beklagter die Unzuständigkeit des Amtsgerichts zu Beginn der mündlichen Verhandlung rügen.

Das dürfte häufig zu spät sein. Siehe hier:

Der frühest mögliche Zeitpunkt kann  sich u.U. sogar aus den Verfahrensordnungen direkt ergeben, so ist z.B. auf den § 101 Abs. 1 GVG oder auch § 1040 ZPO zu verweisen.
Das erste Verteidigungsvorbringen liegt nach deutschem Recht in dem Zeitpunkt vor, in dem sich der Beklagte schriftsätzlich zur Sache einlässt, ohne die Zuständigkeit zu rügen (vgl. ebenso ZöllerGottwald, a. a. O., Rn. 7 m. w. N. OLG Düsseldorf, OLGZ 1991, 489 ff. OLG Hamm RIG 1999, 540. OLG Frankfurt IPRax 2000, 525). Danach ist eine Rüge i.d.R. verspätet.

Zutreffend ist, dass man die Unzuständigkeit bereits mit der ersten Einlassung zur Sache (Klageerwiderung) rügen muss. Man muss diese Rüge aber jedenfalls auch zu Beginn der mündlichen Verhandlung erheben, damit nicht der Eindruck entsteht, man wollte auf die Rüge (nachträglich) verzichten und (nunmehr) rügelos verhandeln.

@sternenmeer

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