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Stadtwerke kündigen Gaslieferungsvertrag

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RR-E-ft:
Stadtwerke kündigen Gaslieferungsvertrag

Im Gießener Anzeiger steht unter anderem zu lesen:



--- Zitat ---Nach Informationen des Anzeigers haben andere Gasrebellen eine solche Kündigung in jüngster Vergangenheit nicht erhalten. In dem Schreiben der Stadtwerke an Damm-Stracke wird davon ausgegangen, dass die Kundin mit den Leistungen des Unternehmens nicht zufrieden ist, weil sie den Bezugspreis kürze. Den Stadtwerken sei generell die Zufriedenheit ihrer Kunden wichtig, heißt es da weiter, „insbesondere sollten beide Vertragspartner von einem ausgewogenen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ausgehen“. Für das Unternehmen aber scheint das unter den gegebenen Umständen ausgeschlossen. Deshalb wird mit Wirkung zum 30. Juni gekündigt.
--- Ende Zitat ---

Ein Sonderabkommen kann von den Stadtwerken ordnungsgemäß unter Einhaltung von Form und Frist gekündigt werden. Einer Begründung bedarf es bei einer ordnungsgemäßen Kündigung nicht.

Bei einem Grundversorgungsvertrag ist hingegen das Recht des Grundversorgers zur ordentlichen Kündigung gem. § 20 Abs. 1 GasGVV gesetzlich ausgeschlossen.

Der Streit um die Billigkeit vom Grundversorger einseitig festgesetzter Entgelte ist auch kein Grund für eine außerordentliche Kündigung eines Grundversorgungsvertrages.

Die Billigkeitskontrolle ist nach der gesetzlichen Regelung zur Grundversorgung vielmehr ausdrücklich vorgesehen (BGH VIII ZR 56/08 Rn. 20, 36).

Die gesetzliche Bindung des Allgemeinen Preises der Grundversorgung an den Maßstab der Billigkeit und die daraus folgende Verpflichtung des Grundversorgers, die Allgemeinen Preise auch zugunsten der grundversorgten Kunden anzupassen, ist von Anfang an Teil des Grundversorgungsverhältnisses wie auch die Möglichkeit des grundversorgten Kunden, sich auf die Unbilligkeit zu berufen.


In der Kündigung kann zudem eine (kartellrechtswidrige) Diskriminierung des betroffenen Kunden liegen. Bei mehrheitlich in kommunalen Besitz befindlichen Versorgungsunternehmen kann zudem das Gleichbehandlungsbot aus Art. 3 GG verletzt sein (vgl. etwa Hanseatisches OLG Hamburg NJW1988, 1600 = RdE 1988, 140).

Liegt in dem Vorgehen des Versorgers eine Diskriminierung des betroffenen Kunden, kommt es darauf, ob der Versorger im Übrigen berechtigt gewesen wäre, nicht an (OLG Hamburg, aaO.).

Unter den genannten Prämissen kann auf Feststellung geklagt werden, dass die versorgerseitige Kündigung unwirksam ist, das Grundversorgungsverhältnis unverändert fortbesteht.

Cremer:

--- Zitat ---Der Streit um die Billigkeit vom Grundversorger einseitig festgesetzter Entgelte ist auch kein Grund für eine außerordentliche Kündigung eines Grundversorgungsvertrages.
--- Ende Zitat ---

Das haben die Stadtwerke Kreuznach schon seit 2 Jahren gelernt, dass da nicht gekündigt werden kann. ;)

RR-E-ft:
Es liegt in der menschlichen Natur, dass im Zeitablauf durchaus auch mühsam Erlerntes wieder in Vergessenheit gerät,

zB. dass man besser nicht in jeden Thread etwas zu den Stadtwerken KH schreibt ;)

RR-E-ft:
Stadtwerke kündigen Lieferverträge aller \"Gasrebellen\"

Die Gießener Allgemeine schreibt:


--- Zitat ---»Ihr Einspruch gegen unsere Gaspreise sowie Ihre Kürzung/angekündigte Kürzung unserer Gaspreise zeigen uns, dass Sie mit unseren Leistungen nicht mehr zufrieden sind«, heißt es in dem Kündigungsschreiben der Stadtwerke an Damm-Stracke, in dem außerdem von einer »mangelnden Gegenleistung« der Lindenerin die Rede ist. Der Betrieb beruft sich dabei rechtlich insbesondere auf einen Passus im Energiewirtschaftsgesetz, wonach der Grundversorger - in diesem Fall die Stadtwerke - vor der Lieferpflicht entbunden ist, wenn die Versorgung für das Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist.
--- Ende Zitat ---


Ein Phänomen, dass bundesweit beobachtet werden kann, so dass eine gerichtliche Klärung dringend geboten scheint.

Dass die gerichtliche Klärung der Billigkeit einseitig festgesetzter Allgemeiner Preise - insbesondere bei relativ wenigen \"Gaspreisrebellen\" den Stadtwerken wirtschaftlich nicht zumutbar sei, kann angesichts der an die Stadt laufend ausgekehrten Millionenbeträge und steigender Bilanzsummen nicht überzeugen.

Die Gießener Allgemeine schreibt:


--- Zitat ---Zum 30. Juni werde das Unternehmen die Lieferverträge mit diesen Kunden kündigen, sagte Sprecherin Ina Weller am Montag der Allgemeinen Zeitung. Ihren Angaben zufolge handelt sich um bis zu 40 Personen.
--- Ende Zitat ---

Nach eigenen Angaben beliefern die Stadtwerke Gießen 25.954 Kunden mit Erdgas.

Aufschluss geben die Bilanzen der Stadtwerke.

Demnach erlösten die Stadtwerke 2007 bei einer Gasabgabe von 1.037,9 GWh noch 104,3 Mio. €, in 2008 hingegen bei einer gesunkenen Gasabgabe von 992,8 GWh jedoch 119,1 Mio. €.

In diesem Ozean können die gekürzten Beträge als Tropfen wirtschaftlich nicht gar nicht ins Gewicht fallen.

Schließlich deutet auch der Umstand, dass die Stadtwerke bisher angeblich offene Forderungen deshalb kaum gerichtlih verfolgt haben, darauf hin, dass es mit der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit nicht weit her sein kann.

Zur Frage der erforderlichen Darlegungen für eine angebliche wirtschaftliche Unzumutbarkeit von Entgeltkürzungen nach Unbilligkeitseinrede siehe insbesondere auch BGH, Urt. v. 05.07.05 X ZR 60/04 S. 19 f. UA.

bolli:
Na ja,

wie Sie schon sagen: Es ist ein Phänomen, welches bundesweit zu beobachten ist. Mal wieder eine neue Masche, um die unliebsamen Kunden in die Knie zu zwingen. Da schadet auch ein wenig Rechtsverdrehung nichts. Und möglicherweise findet man ja auch noch einen unwissenden Richter, der diese Meinung auch vertritt, dann wäre ja wirklich Weihnachten und Ostern an einem Tag.  :D

Wenn man aber in der Gießener Allgemeinen liest


--- Zitat ---Der stadteigene Betrieb fordert 6000 Euro von der Lindenerin, die seit über fünf Jahren alle Gaspreiserhöhungen boykottiert, weil sie sie für ungerechtfertigt und rechtlich nicht zulässig hält. Ihr Fall wird seit vergangenem Frühjahr vor dem Gießener Landgericht verhandelt. Gleichzeitig vertritt Damm-Stracke als Anwältin rund ein Dutzend andere verklagte Stadtwerke-Kunden.
--- Ende Zitat ---

dann weiss man auch, warum die Kundin in den zweifelhaften Genuss des Erstopfers gekommen ist. Vorteil ist hoffentlich, dass sie sich schon mal ein wenig mit der Materie auseinander gesetzt hat. Dann dürfte die Frage, ob sie die Kündigung akzeptiert, wohl aus grundsätzlichen Erwägungen beantwortet sein.
 
Denn in die Grundversorgung kann man sich heutzutage doch wohl nur noch entweder bei Minderverbrauch oder aus grundsätzlichen Erwägungen begeben. In allen anderen Fällen müsste man aus preislichen Gründen sicherlich den Versorger wechseln und einen Sondervertrag abschließen.

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