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Autor Thema: GASAG klagt gegen mich  (Gelesen 6908 mal)

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Offline Perseus

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GASAG klagt gegen mich
« am: 12. Mai 2010, 16:37:08 »
Ich hole etwas weiter aus, weil ich denke das es nötig ist.

Als \"Zwangskunde\" des Tarifs \"GASAG-Vario1\" habe ich den Preiserhöhungen der GASAG seit 2005 unter Zuhilfenahme des Musterbriefes (Paragraph 315 BGB) wiedersprochen und seitdem einen angemessenen Gaspreis bezahlt.
Der Widerspruch und meine Berechnung des angemessenen Gaspreises erfolgte jährlich als Reaktion auf die Jahresabrechnung der GASAG und wurde von mir per Einschreiben zugestellt.
Von der GASAG gab es daraufhin jeweils ein Antwortschreiben, in dem sie ihre Forderungen für rechtmäßig erklärte, worauf ich ebensowenig reagierte, wie auf die regelmäßigen Mahnungen über Zahlungsrückstände.

Anfang 2009 erhielt ich von der GASAG eine Schlussrechnung.

Ende 2009 eröffnete die GASAG gegen mich ein Mahnverfahren, in dem die Summe der seit 2005 von mir einbehaltenen Zahlungen eingefordert wird. In dem Mahnbescheid steht: \"Der Antragsteller hat erklärt, dass der Anspruch von einer Gegenleistung abhänge, diese aber erbracht sei.\"

Diesem Mahnbescheid widersprach ich mit dem Hinweis, dass die von der GASAG geforderte Summe ausschließlich durch den Einbehalt von Zahlungen wegen ungültiger Preisanpassungsklauseln zustande kommt und das ich das auch belegen kann. Danach wurde der Fall an das zuständige Amtsgericht übergeben.

Nun klagt die GASAG gegen mich. In der Klageschrift der GASAG-Anwälte fallen mir folgende Punkte auf:

- es wird ausschließlich die Schlussrechnung für die Ermittlung herangezogen
- es wird nicht erwähnt, dass es seit dem Jahr 2005 einbehaltene Zahlungen gegeben hat und somit auch nicht der Grund
- offenbar wurden meine geleisteten Abschlagszahlungen fortlaufend zur Deckung der aus Sicht der GASAG bestehenden Ausstände verwendet und das, obwohl im Verwendungszweck meiner Überweisungen immer \"Zweckgebunden für Abschlag laufender Monat\" stand
- dadurch sieht es so aus, als wenn der angemahnte Betrag durch \"schlechte Zahlungsmoral\" meinerseits zustandekommt

Es laufen nun die üblichen Fristen. Das Verfahren soll schriftlich geführt werden.

Nun meine Fragen:

1. Brauche ich einen Anwalt? Falls ja, was wird mich das kosten?
2. Wie stehen meine Chancen die Klage abzuwehren und Recht zu bekommen?
3. Warum klagt die GASAG in diesem Fall gegen mich, obwohl bereits klagenden Kunden das Recht auf Rückzahlung zugesprochen wurde?


Grüße aus Berlin
Perseus

Offline RR-E-ft

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GASAG klagt gegen mich
« Antwort #1 am: 12. Mai 2010, 16:57:28 »
@Perseus

Wenn Sie erfolgreich sein wollen, werden Sie wohl einen Anwalt brauchen.
Sie merken ja selbst, dass die Klage geschickt aufgezogen ist, so dass es ganz wesentlich auf eine gute Verteidigung ankommt.

Was der Anwalt Sie kostet, ist auch klar: Geld.

Wieviel Geld er kostet hängt von einer Honorarvereinbarung ab. Erfolgt keine gesonderte Honorarvereinbarung, stehen dem Anwalt die gesetzlichen Gebühren nach RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) zu.

Wie hoch die gesetzlichen Gebühren ausfallen ist abhängig vom Streitwert (dem eingeklagten Betrag) http://www.prozesskostenrechner.de.

Gewinnen Sie den Rechtsstreit, haben Sie einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger in Höhe der gesetzlichen Gebühren des Anwalts nach RVG.

Verlieren Sie den Rechtsstreit, erwächst der Klägerin ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch, auch hinsichtlich der von dieser verauslagten Gerichtskosten.

Wie Ihre Chancen in concreto stehen, lässt sich nur unter Auswertung aller Unterlagen einschätzen.
Das macht auch ein Rechtsanwalt für sie, wiederum gegen Geld.

Zitat
Warum klagt die GASAG in diesem Fall gegen mich, obwohl bereits klagenden Kunden das Recht auf Rückzahlung zugesprochen wurde?

Das müssen Sie die Gasag fragen.

Man kann nur darüber spekulieren, dass diese wohl darauf hofft, dass Sie sich nicht oder nicht richtig und umfassend verteidigen werden.

Offline Perseus

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GASAG klagt gegen mich
« Antwort #2 am: 12. Mai 2010, 18:23:27 »
Vielen Dank für Ihre konkreten Hinweise. Auch Ihr Hinweis, dass ein Anwalt Geld kostet, war für mich eine sehr wichtige Information.  ;)

Ich habe verstanden: Damit ich Recht bekomme - jenes Recht, was durch ergangene Rechtsprechung eigentlich schon belegt ist - muß ich also Geld ausgeben und dabei das Risiko eingehen, den Prozess durch unglückliche Umstände zu verlieren, mit der Folge dann noch mehr Geld auszugeben.

Insofern muß man sich wohl fragen, ob das Zahlen überhöhter Preise am Ende nicht doch günstiger ist als ein Widerspruch.

Meine Unterlagen zu dem Fall sind vollständig und nachvollziehbar. Eine eigene Aufrechnung/Darstellung sollte damit kein Problem sein. Können Sie mir einen Anwalt/eine Anwältin (möglichst in Berlin) empfehlen, der/die sich in diesem Bereich auskennt?

Ist es evtl. sinnvoll, sich mit weiteren Betroffenen zusammenzuschließen?

Vielen Dank!

Grüße aus Berlin
Perseus

Offline RR-E-ft

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GASAG klagt gegen mich
« Antwort #3 am: 12. Mai 2010, 18:34:29 »
Zitat
Original von Perseus

Ich habe verstanden: Damit ich Recht bekomme - jenes Recht, was durch ergangene Rechtsprechung eigentlich schon belegt ist - muß ich also Geld ausgeben und dabei das Risiko eingehen, den Prozess durch unglückliche Umstände zu verlieren, mit der Folge dann noch mehr Geld auszugeben.

So ist das nun einmal.

Wenn in einer Stadt eine Ringautobahn senkrecht errichtet wird, kann man sich damit abfinden oder darüber klagen. Sich gegen Unrecht zu wehren verlangt immer einen gewissen Preis.

Wenn Ihr Nachbar oder sonstwer Sie unberechtigt auf Zahlung von 1 Mio. EUR verklagt, können Sie sich überlegen, ob Sie sich (vor dem Landgericht gem. § 78 ZPO  notwendig) von einem Anwalt vertreten lassen und dem unberechtigten Angriff entgegentreten  oder ob Sie sich nicht verteidigen, dann ein Versäumnisurteil kassieren und ggf. die Zwangsvollstreckung daraus und wegen der Prozesskosten in ihr gesamtes Vermögen riskieren.
Das können Sie immer frei entscheiden.

Ob nun irgendwer Sie unberechtigt auf einen Geldbetrag auf Zahlung verklagt oder aber ein oller Gasversorger, läuft doch auf das selbe hinaus.
Immer muss man sich, um keine Nachteile zu erleiden, gegen die Klage verteidigen und wo man selbst mit der Zivilprozessordnung nicht vertraut ist, am besten durch einen Rechtsanwalt.

Immerhin haben Sie die Zahlungen gekürzt und deshalb das Geld noch selbst in der Hand. Andere haben nicht gekürzt, sondern unter Vorbehalt gezahlt und bekommen ohne eigene Klage, die auch einen Anwalts- und Gerichtskostenvorschuss  erfordert, vom Versorger kein Geld zurück, auch wenn sich der Versorger damit im Unrecht befindet, weil er um erhebliche Beträge ungerechtfertigt bereichert ist.

Kollege Wassermeier aus Berlin (in der Anwaltliste des Vereins aufgeführt) war bereits gegen Gasag erfolgreich.

Offline Perseus

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GASAG klagt gegen mich
« Antwort #4 am: 12. Mai 2010, 21:28:23 »
Ihre Erklärungen, warum das so ist, sind zugleich auch Erklärung dafür, weshalb unser Rechtssystem nicht funktioniert, bzw. ungerecht ist:


Zitat
Wenn in einer Stadt eine Ringautobahn senkrecht errichtet wird, kann man sich damit abfinden oder darüber klagen. Sich gegen Unrecht zu wehren verlangt immer einen gewissen Preis.
Der Preis, den ein -oder mehrere private Kläger im Stande sind zu zahlen wird nie ausreichen, um sich gegen die Betreiberlobby einer Ringautobahn durchzusetzen, für den Fall, dass sie überhaupt klageberechtigt sind.


Zitat
Wenn Ihr Nachbar oder sonstwer Sie unberechtigt auf Zahlung von 1 Mio. EUR verklagt, können Sie sich überlegen, ob Sie sich (vor dem Landgericht gem. § 78 ZPO notwendig) von einem Anwalt vertreten lassen und dem unberechtigten Angriff entgegentreten oder ob Sie sich nicht verteidigen, dann ein Versäumnisurteil kassieren und ggf. die Zwangsvollstreckung daraus und wegen der Prozesskosten in ihr gesamtes Vermögen riskieren.   Das können Sie immer frei entscheiden.
Ist es eine freie Entscheidung, wenn ich zwischen meinem finanziellen Ruin und den (möglicherweise sehr hohen) Kosten für einen Anwalt \"wählen\" kann?


Zitat
Ob nun irgendwer Sie unberechtigt auf einen Geldbetrag auf Zahlung verklagt oder aber ein oller Gasversorger, läuft doch auf das selbe hinaus.   Immer muss man sich, um keine Nachteile zu erleiden, gegen die Klage verteidigen und wo man selbst mit der Zivilprozessordnung nicht vertraut ist, am besten durch einen Rechtsanwalt.
Da haben Sie aus Ihrer Sicht und Erfahrung bestimmt recht, aber ehrlich gesagt: Ich akzeptiere nicht, dass man, um sein Recht zu bekommen Geld ausgeben muß, indem man zwingend einen Rechtsanwalt braucht.


Zitat
Immerhin haben Sie die Zahlungen gekürzt und deshalb das Geld noch selbst in der Hand. Andere haben nicht gekürzt, sondern unter Vorbehalt gezahlt und bekommen ohne eigene Klage, die auch einen Anwalts- und Gerichtskostenvorschuss erfordert, vom Versorger kein Geld zurück, auch wenn sich der Versorger damit im Unrecht befindet, weil er um erhebliche Beträge ungerechtfertigt bereichert ist.
Wenn es klar ist, dass sich jemand um erhebliche Beträge ungerechtfertigt bereichert hat, warum ist dann die Rechtsprechung nicht imstande eine klare durchsetzbare Regelung zu erlassen, die die einfache und unkomplizierte Rückerstattung dieser ungerechtfertigt erhobenen Beträge anordnet? Warum muß sich hier jeder Geschädigte einzeln um sein Recht bemühen?
Das hat doch zur Folge, dass die \"Mischkalkulation\" eines Versorgers aufgehen kann, indem er trotz einiger, weniger Rückforderungsprozesse seine überhöhten Preise weiter erheben kann.


Vielen Dank Ihnen für die Nennung des RA Wassermeier.
Die genannte Anwaltsliste findet sich übrigens hier:
http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/Rechtsanwaelte__1713/


Grüße aus Berlin
Perseus

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GASAG klagt gegen mich
« Antwort #5 am: 12. Mai 2010, 22:37:53 »
@Perseus

Eine \"senkrecht errichtete Ringautobahn\" kam wohl 1989/90 unter den Hammer bzw. die Hämmer- unter Ausschluss jeder Betreiberlobby. Mag sein, dass sich das in Berlin zutrug und schon vergessen ist.  ;)


Zitat
Original von Perseus
Ihre Erklärungen, warum das so ist, sind zugleich auch Erklärung dafür, weshalb unser Rechtssystem nicht funktioniert, bzw. ungerecht ist:

Wenn es klar ist, dass sich jemand um erhebliche Beträge ungerechtfertigt bereichert hat, warum ist dann die Rechtsprechung nicht imstande eine klare durchsetzbare Regelung zu erlassen, die die einfache und unkomplizierte Rückerstattung dieser ungerechtfertigt erhobenen Beträge anordnet? Warum muß sich hier jeder Geschädigte einzeln um sein Recht bemühen?

Sie kennen sicher den zutreffenden alten Spruch:

Wo kein Kläger, da kein Richter.
Dies deckt sich mit § 308 ZPO.

Es setzt sich fort:

Wo kein Richter, da kein Urteil.

Wer als Vorbehaltszahler also nicht auf Rückzahlung klagt, wird kein Urteil über einen Rückzahlungsanspruch bekommen. Aber nur ein solches Urteil über einen Rückforderungsanspruch des Kunden lässt sich  zur Not über den Gerichtsvollzieher zwangsvollstrecken. Andere Möglichkeiten kennt unser Zivilrechtssystem nicht, um Zahlungsansprüche durchzusetzen. Das Gewaltmonopol des Staates ist eine kulturelle Errungenschaft. Dazu gehört, dass Private, die sich streiten, sich nicht selbst Gewalt zur Durchsetzung eigener Ansprüche bedienen dürfen, sondern den Streit durch ein Gericht zu entscheiden lassen haben. Die Gerichtsentscheidung kann nur unter Zuhilfenahme der Staatsgewalt (Vollstreckungsgericht/ Gerichtsvollzieher) durchgesetzt werden.

Justiz gibt es nicht umsonst.

Der Kläger muss die Gerichtskosten mit der Klageerhebung vorschießen. Bedient er sich eines Anwalts, verlangt auch dieser regelmäßig einen Vorschuss auf sein Honorar. Vorher geht nichts los.

Ein Zivilrichter urteilt dabei immer nur im Verhältnis zwischen Kläger und Beklagtem, was Recht ist, mithin ob die Klage des Klägers zulässig und begründet ist oder aber nicht. Mehr darf der Zivilrichter gar nicht entscheiden, § 308 ZPO. Somit entscheidt allein der Kläger mit seinem Klageantrag, worüber der Zivilrichter entscheiden darf.

Das ist auch richtig so.

Denn jeder, der einen (vermeintlichen) Anspruch hat, kann frei darüber entscheiden, ob er einen solchen gerichtlich durchzusetzen sucht oder nicht, ob er das mit einem Prozess verbundene Risiko eingehen will oder nicht.

Die Gasag hat sich dazu entschieden, Sie zu verklagen. Sie hat deshalb die Gerichtskosten vorgeschossen und wohl auch dem eigenen Anwalt einen Vorschuss bezahlt. Möglicherweise entscheidet sie sich nach Vorliegen einer gut begründeten Klageerwiderung dazu, die Klage zurückzunehmen (was nicht selten vorkommt). Bei einer solchen Klagerücknahme hat der Beklagte wegen der ihm entstandenen Kosten einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger.

Offline Perseus

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GASAG klagt gegen mich
« Antwort #6 am: 12. Mai 2010, 23:03:38 »
Erst jetzt ist mir Ihre \"senkrecht errichtete Ringautobahn\" klar geworden. Das war jetzt nicht unbedingt selbsterklärend. :rolleyes: - ;)- :tongue:

Über Ihre weiteren Worte denke ich noch nach - Ich bin ja nicht vom \"Fach\".


Einen schönen \"Herrentag\" morgen!

Grüße aus Berlin
Perseus

 

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