Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Verweisungsantrag  (Gelesen 23745 mal)

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Offline bolli

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Verweisungsantrag
« Antwort #30 am: 13. April 2010, 07:55:23 »
@ub40
Sie mögen zwar grundsätzlich Recht haben mit Ihrer Vermutung, dass nach einem durchgeführten (Muster-)Verfahren vor dem AG der Richter vermutlich eine gewisse Meinung hat, aber
1. ergeht Ihnen das vor dem LG genauso, wenn das EVU, wie in verschiedenen Fällen geschehen, direkt massenweise Klagen anstrengt. Auch hier haben die Richter, da es ja meist nur eine Kammer für Handelssachen gibt, gewisse Vorerfahrungen. Die können Sie ihnen kaum nehmen und müssen auf die richterliche Neutralität und Unvoreingenommenheit hoffen.

2. Es gibt letztlich kein (Muster-)Verfahren und in jedem Verfahren fängt man wieder bei Null an, dass muss halt einem Richter klar gemacht werden, und zwar durch dedizierte Tatsachenvorträge zu einzelnen, möglicherweise strittigen Sachverhalten und Rechtsstandpunkten aus anderen, möglicherweise auf den ersten Blick ähnlichen Verfahren. Da muss man gezielt drauf hin arbeiten und daher ist ein versierter Anwalt durchaus sehr zu empfehlen, insbesondere, wenn es um die Billigkeit der Preise geht, da geht es nämlich ans eingemachte der Zahlen und gerade hier haben Richter oft gewisse Schwächen, die man ihnen überwinden helfen muss.  :D

Bei dem Streitwert und dem Vergleich zu den Anwaltkosten sei noch erwähnt, dass das EVU ja meist absichtlich nur einen ersten Teil seiner Forderung geltend macht (um den Streitwert gering zu halten und die Zuständigkeit auf AG-Ebene zu halten), dass aber meist ja höhere Forderungen im Hintergrund stehen. Wenn Sie erstmal den Prozess wegen der Forderungen aus 2006 verloren haben, wird morgen die Restforderung aus 2007-2009 auf dem Tisch liegen. Da ja gerade schon mal festgestellt wurde, dass man nicht im Recht ist (aus Sicht des Gerichtes) wird man wahrscheinlich nicht nochmals den Klageweg beschreiten, schon gar nicht, wenn das EVU wieder auf der gleichen Zuständigkeitsebene bleibt, indem es den Forderungsbetrag wieder passend stückelt.

Daher müssen Sie immer das Ganze sehen. Und mit einer Rechtsschutzversicherung im Rücken, die eine Deckungszusage gegeben hat, sind auch die Gutachterkosten bei einer Billigkeitsprüfung kein Schreckgespenst.

Ich gebe allerdings zu, dass ich ohne eine solche auch zweimal überlegen würde, ob ich dass nicht unerhebliche finanzielle Risiko, insbesondere bei  der Billigkeitsprüfung, auf mich nehmen würde.

Offline ub40

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Verweisungsantrag
« Antwort #31 am: 13. April 2010, 14:54:18 »
@ bolli:
Es ist mir aus dem Verfolgen der anderer Verfahren auch bewußt, dass entweder das Urteil, so man gegen das EVU verloren hat, auf weitere Forderungen ausgeweitet wird oder diese sogar noch in das Verfahren einbezogen werden. Aufgrund des sparsamen Gasverbrauches liegen wir allerdings inklusive der letzten Abrechnung noch knapp unter 600€ Gesamtforderung für 2006-2009. Da könnte sich so mancher fragen, warum man es überhaupt auf sich nimmt, sich mit den EVU zu streiten.  
Eine Rechtschutzversicherung haben wir nicht im Rücken, haben aber auch nicht vor, die Billigkeitsfrage in den Vordergrund zu stellen (\"äußerst hilfsweise\"). Bei angedrohten 25.000€ für ein Gutachten im hier vor Ort laufenden Musterverfahren (wo man hier im Forum dagegen immer von max. 10.000€ liest!?!) würden wir aber wohl dann auch die Reißleine ziehen (müssen).

Es gibt ja noch einen zweiten Thread, der sich mit Verweisungen befasst. Dort wurde kontrovers diskutiert, ob die Frage der Einstufung des Kunden in Tarif oder Sonderkunde das EnWG berührt oder nicht. Diese Frage müsste in unserem Fall eben erst einmal geklärt werden.
Das sich aber weder die Richter an den AG oder LG, noch die Juristen in diesem Forum einig zu sein scheinen, bleibt dem Laien weiterhin die Verwirrung....

Offline Didakt

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Verweisungsantrag
« Antwort #32 am: 13. April 2010, 18:19:15 »
@ ub40

Die Crux in Ihrem Fall scheint mir zu sein, dass die Zusammenarbeit mit Ihrem Prozessbevollmächtigten nicht richtig flutscht. Ein entscheidender Grund dafür könnte die Vergütungsfrage sein. RA sind verständlicherweise keine Vertreter von Wohltätigkeitsvereinen. Die hier in Frage stehenden Verfahren kosten Zeit und Zeitaufwand erfordert Cash. Die notwendigen Schriftsätze lassen sich nicht eben mal in fünf Minuten vorbereiten und formulieren.
Misslich ist vorliegend obendrein das ruhende streitige Verfahren.

Bei der Frage des zuständigen Gerichts hätten Ihnen doch bereits im Zuge des Mahnverfahrens die jetzt fraglichen Besonderheiten auffallen müssen! Der Mahnbescheid enthält doch schon für den Fall des Widerspruchs die Ankündigung, an welches Gericht die Sache abgegeben wird, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. Die Abgabe ist den Parteien mitzuteilen; sie ist unanfechtbar (§§ 692, 696 ZPO).
Man kann sich auch ohne weiteres bei Gericht schlaufragen.

Im Übrigen gibt es in Ihrem Fall gar keinen Grund, in Pessimismus zu verfallen. Alles ist offen! Wer sich in ein solches streitiges Verfahren begibt, muss sich bewusst sein, auch zu verlieren. Ich teile voll und ganz Ihre Vorgehensweise, den Streitwert gering gehalten zu haben. Das schmälert das Kostenrisiko, dem der Beklagte nun mal ausgesetzt ist. Diese Strategie habe ich in meinem Fall bewusst von Anfang an (seit 2005) strikt verfolgt und gegenüber meinem Versorger durchgesetzt. Mir war von Anfang an klar, dass vor Ablauf der Verjährungsfrist der Mahnbescheid ergeht und als Folge davon das streitige Verfahren. Na und? Jetzt ist es soweit und die - für Tausend Fälle geschriebene - Anspruchsbegründung ist löchrig wie ein schweizer Käse. Attacke, entweder gewinnen oder verlieren bei geringstem Kostenaufwand. Es ist doch interessant, einmal im Leben vor dem Kadi zu stehen.

MfG

Offline ub40

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Verweisungsantrag
« Antwort #33 am: 14. April 2010, 19:43:54 »
@
Didakt schrieb: „Bei der Frage des zuständigen Gerichts hätten Ihnen doch bereits im Zuge des Mahnverfahrens die jetzt fraglichen Besonderheiten auffallen müssen! Der Mahnbescheid enthält doch schon für den Fall des Widerspruchs die Ankündigung, an welches Gericht die Sache abgegeben wird…“
Antwort: Wie schon gesagt, es wurde uns LG Magdeburg mitgeteilt (womit wir ja an sich auch meinten, an der richtigen Stelle zu sein). Die Sache nahm einen seltsamen Verlauf, als die EVU-Anwälte versucht hatten, eine Sammelklage anzustrengen Das hat das LG abgelehnt. Wir haben das erst mitbekommen, als die Beschwerde der EVU-Anwälte gegen die Ablehnung der Sammelklage vor dem OLG gescheitert war und wir unter anderem ein Schreiben an die EVU-Anwälte zur Kenntnis übermittelt bekamen, in dem stand, dass sie jedes einzelne Verfahren vor den Amtsgerichten betreiben sollen. Damit sind dann die ganzen Verfahren für unsere Region auf verschiedene AG verteilt worden. Wir hatten nach Erhalt dieser zur Kenntnis übermittelten Papiere beim OLG und beim LG angerufen

„Im Übrigen gibt es in Ihrem Fall gar keinen Grund, in Pessimismus zu verfallen. Alles ist offen!“
Hoffen wir, das der Richter unvoreingenommen ist, wenn wir dran sind. Wir haben auch keine Bedenken bzgl. des Verfahrens; das es so weit kommen würde, war uns ja klar; das man verlieren kann auch (was nur in Anbetracht der „Stories“ die sich unser EVU so im Laufe der Zeit geleistet hat, ärgerlich und ungerechtfertigt wäre). Ich war sogar zunächst etwas „sauer“ als unser Verfahren auf Eis gelegt wurde, denn entsprechend Ihrem Motto „Attacke“ hatten wir schon alles vorbereitet und waren voller Erwartung auf die Reaktionen des EVU und ihrer Anwälte.
Ansonsten ist \"interessant\" ein passendes Wort für die ganze Thematik Gas...

Offline RR-E-ft

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Verweisungsantrag
« Antwort #34 am: 14. April 2010, 20:03:47 »
@ub40

Es hört sich so an, als habe der Versorger eine \"Sammelklage\" wegen des summierten Streitwerts bei einer Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg angebracht (O-Aktenzeichen) und diese habe sich für unzuständig erklärt, worüber dann das OLG entschieden habe. Dann sei es zur Abtrennung der einzelnen Verfahren und Verweisung der selben wegen der dann geringeren Streitwerte auf die einzelnen Amtsgerichte (C-Aktenzeichen) gekommen....

Dies schließt nicht aus, dass die Beklagten die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts rügen und sich eine ausschließliche Zuständigkeit des LG Magdeburg- Kammer für Handelssachen ergeben kann, etwa gem. §§ 108, 102 EnWG oder § 87 GWB.

Für eine solche wiederum kommt es entscheidend  darauf an, worin der Vortrag der Beklagten in ihren jeweiligen Klageerwiderungen besteht, worauf sie sich innerhalb ihrer Verteidigung berufen (etwa Verletzung energierechtlicher Vorschriften/ kartellrechtswidrige Preisgestaltung). Eine solche ausschließliche Zuständigkeit lässt sich also aus dem Vortrag des Klägers in der Klageschrift allein noch gar nicht absehen. Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts oder der Zivilkammer eines Landgerichts kann mithin nachträglich aufgrund der Einwendungen des Beklagten verloren gehen und die ausschließliche Zuständigkeit einer Kammer für Handelssachen bei einem Landgericht, ggf. als Kartellgericht begründet werden.

Am Landgericht Magdeburg ist gerade eine Berufung gegen ein Zwischenurteil des Amtsgerichts Wernigerode anhängig, welches sich nach der Rüge der Unzuständigkeit für sachlich zuständig erklärt bzw. die Klage beim Amtsgericht für zulässig erklärt hatte.

Offline Didakt

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Verweisungsantrag
« Antwort #35 am: 15. April 2010, 11:45:54 »
Komplizierter gehts ja nicht mehr! Hier handelt es sich m. E. - und von ub40 zwischen den Zeilen bereits bestätigt - um eine Zahlungsforderung von unter 600 €. Ein Fall wie die meisten hier zur Diskussion gestellten Streitsachen, allenfalls mit mehr oder weniger hohem Streitwert (Zuständigkeit AG). Man kann sich natürlich auch zum Ziel setzen, mit dem Verfahren in die Ausuferung zu gehen. Zeitfenster: Drei bis vier Jahre. Fragt sich nur, wer davon profitiert.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #36 am: 15. April 2010, 13:14:19 »
Zitat
Original von Didakt
Komplizierter gehts ja nicht mehr! Hier handelt es sich m. E. - und von ub40 zwischen den Zeilen bereits bestätigt - um eine Zahlungsforderung von unter 600 €. Ein Fall wie die meisten hier zur Diskussion gestellten Streitsachen, allenfalls mit mehr oder weniger hohem Streitwert (Zuständigkeit AG). Man kann sich natürlich auch zum Ziel setzen, mit dem Verfahren in die Ausuferung zu gehen. Zeitfenster: Drei bis vier Jahre. Fragt sich nur, wer davon profitiert.


@Didakt

Die ausschließliche Zuständigkeit gem. §§ 102, 108 EnWG ist ebenso wie die ausschließliche Zuständigkeit gem. § 87 GWB streitwertunabhängig.

Ob eine solche ausschließliche Zuständigkeit begründet sein kann, richtet sich - wie ausgeführt - auch nach den Einwendungen in der Klageerwiderung.

Macht der Beklagte in seiner Verteidigung etwa substantiiert geltend, dass die einseitigen Preisfestsetzungen einen kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauch oder eine kartellrechtswidrige Diskriminierung eines marktbeherrschenden Unternehmens darstellen oder daraus resultieren und somit gem. § 134 BGB unwirksam sind [vgl. etwa BGH, Urt. v. 23.04.09 KZR 21/08], dann ist nach der gesetzlichen Regelung eine sachlich ausschließliche Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht (Kartellgericht) gegeben.

Das ergibt sich unschwer aus den gesetzlichen Regelungen in §§ 102, 108 EnWG, § 87 GWB.
Diese gesetzlichen Regelungen sind keinesfalls kompliziert, beanspruchen jedoch Geltung und Beachtung.

Es ist nur eben nicht so, dass bereits jede Zahlungsklage eines marktbeherrschenden Energieversorgungsunternehmens gegen seine Kunden automatisch in die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts gehört. Sie kann auch streitwertabhängig in die Zuständigkeit eines Amtsgerichts fallen, nämlich dann, wenn die Voraussetzungen der ausschließlichen Zuständigkeit des Landgerichts gem. §§ 102, 108 EnWG, 87 GWB nicht vorliegen.

Entscheidend dafür ist aber der konkrete Streitstoff, also das, worüber gestritten wird. Und dafür wiederum spielt die konkrete Verteidigung des Beklagten eine entscheidende Rolle.

Das hat mit zeitlicher Ausuferung überhaupt nichts zu tun, sondern nur mit den gesetzlichen Regelungen zur ausschließlichen Zuständigkeit der Landgerichte. Meine Erfahrung ist sogar die, dass einige Landgerichte schneller terminieren als Amtsgerichte (möglicherweise, weil sie besser in die Materie eingearbeitet sind).

Offline Didakt

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« Antwort #37 am: 15. April 2010, 18:15:09 »
@ RR-E-ft

Es lag mir fern und es war auch nicht meine Absicht, Ihnen zu widersprechen. Wo Sie Recht haben, haben Sie unbestritten und fraglos Recht.
Ich kann mich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass viele der hier als Beklagte auftretenden Forumsmitglieder - nicht zuletzt durch diverse Beiträge zumeist indirekt angeregt - meinen,
- es bedürfe nur eines Verweisantrages, um die Streitsache vor dem angeblich besser agierenden LG verhandeln zu lassen und
- den AG fehle es dafür an genügend sachkundiger Kompetenz.
Ich gebe nur zu bedenken, dass die überwiegende Anzahl der hier veröffentlichten Urteile von AG ergangen sind, weil es sich in der Regel um Zahlungsklagen handelte.

Im vorliegenden Fall ist die Zuständigkeit doch schon von LG und OLG geprüft und an das zuständige AG verwiesen worden.

Deshalb - mit Verlaub - wird hier doch vielfach auch nur um \"des Kaisers Bart\" diskutiert. Unser \"Wilhelm\" weilt - soweit mir bekannt ist - schon lange nicht mehr unter den Lebenden!  

Also nix für ungut und

freundliche Grüße

Offline RR-E-ft

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« Antwort #38 am: 15. April 2010, 18:28:16 »
Zitat
Original von Didakt

Im vorliegenden Fall ist die Zuständigkeit doch schon von LG und OLG geprüft und an das zuständige AG verwiesen worden.

@Didakt

Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass sich eine ausschließliche Zuständigkeit des Landegerichts durchaus erst aus dem Inhalt der Klageerwiderung ergeben kann.

So lange die Klageerwiderung nicht vorliegt, lässt sich die Frage der Zuständigkeit demnach durch ein Gericht nicht abschließend beurteilen.

In dem genannten Fall kann eine Prüfung der Zuständigkeit nur anhand der Klageschrift selbst erfolgt sein, weil es mehr ja in diesem Verfahrensstadium noch gar nicht gab.

Wenn dort die streitwertabhängige Zuständigkeit der Zivilkammer des Landgerichts Gegenstand der Betrachtung gewesen sein sollte, dann war eben nicht die streitwertunabhängige ausschließliche Zuständigkeit einer Kammer für Handelssachen des Landgerichts wegen energierechtlicher oder kartellrechtlicher Bezüge Gegenstand der Betrachtung undzwar deshalb nicht, weil die Klageschrift dazu wohl keine Veranlassung gab, weil in dieser eben nicht zu lesen war, dass der Versorger gegen energie- oder kartellrechtliche Vorschriften verstoßen habe bzw. der Streit der Parteien (auch) darüber gehe.

Aus genannten Gründen muss die Zuständigkeitsprüfung eine vorläufige gewesen sein, konnte (denknotwendig) noch gar nicht abschließend sein.
Dies schließt (logischerweise) die Möglichkeit ein, dass die Frage der Zuständigkeit nach Vorliegen der Klageerwiderung anders zu beurteilen ist.
Darum ging es in meinen Beiträgen.

Die Sache mit dem Bart diskutiert man hingegen besser mit seinem Friseur. ;)

Offline Didakt

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Verweisungsantrag
« Antwort #39 am: 16. April 2010, 12:47:23 »
@ RR-E-ft,

d\'accord. Es bestehen erneut keinerlei Zweifel an Ihrem fundierten rechtskundlichen Referat.
Ich meine, diese Thematik hat damit einen verständlichen Abschluss gefunden.

Offline Didakt

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Verweisungsantrag
« Antwort #40 am: 16. April 2010, 16:55:16 »
@ ub40

Zitat aus Ihrem Beitrag vom 13.04.2010: \"...bleibt dem Laien weiterhin die Verwirrung....\"
Ihre Erkenntnis findet u.a. nachfolgend ihre Bestätigung: Siehe

http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=5273&ident=
http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=5267&ident=

Offline RR-E-ft

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« Antwort #41 am: 16. April 2010, 17:06:43 »
Abschließende Klärung steht beim BGH an, worauf bereits mehrfach hingewiesen wurde.

Offline uwes

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Verweisungsantrag
« Antwort #42 am: 18. April 2010, 08:38:07 »
Das OLG Celle  ist nach meiner Auffassung eines der letzten versorgerfreundlichen OLG\'s, deren Argumentation besonders dadurch auffällt, dass man den sich aus den §§ 2 und 1 EnWG ergebenden Anspruch des Verbrauchers auf Belieferung mit möglichst preisgünstiger (etc.) leitungsgebundener Energie einfach leugnet.

Zwar heißt es unter 2 b) aa):
\"Zweck des Gesetzes ist gemäß § 1 Abs. 1 EnWG eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.\"
Das OLG Celle übersieht jedoch, dass dieser \"Zweck\" zugleich ein Anspruch des Verbrauchers und eine Verpflichtung des Versorgers ist.
Denn in § 2 Abs. 1 EnWG heißt es:

Energieversorgungsunternehmen sind im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes zu einer Versorgung im Sinne des § 1 verpflichtet.

An dem Rechtsgrundsatz, den der Bundesgerichtshof in seiner Strompreisentscheidung vom 2.10.1991 diesbezüglich verfestigt hatte und dessen Formulierung nahezu inhaltsgleich in das EnWG eingefügt wurde, hat sich nichts  geändert.

Wenn der Verbraucher seinen Anspruch auf \"möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung mit Elektrizität und Gas\" geltend macht, dann handelt es sich bereits um eine Entscheidung eines Rechtsstreits, die ganz oder teilweise von einer Entscheidung abhängt, die nach diesem Gesetz (dem EnWG)  zu treffen ist.
Mit freundlichen Grüßen

Uwes
____________________________________________________
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten

Offline tangocharly

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Verweisungsantrag
« Antwort #43 am: 18. April 2010, 15:43:31 »
Zitat
Original von Didakt
@ ub40

Zitat aus Ihrem Beitrag vom 13.04.2010: \"...bleibt dem Laien weiterhin die Verwirrung....\"
Ihre Erkenntnis findet u.a. nachfolgend ihre Bestätigung: Siehe

http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=5273&ident=
http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=5267&ident=

Die Beurteilung der bestehenden Verwirrung teile ich, allerdings in diesem Falle für das OLG Celle.

Denn das OLG Celle hat sich hier in seltsam anmutender Sicherheit zu der Auffassung durchgerungen, dass es sich mit der Zuständigkeitsfrage um eine \"ganz einhellige oder jedenfalls ganz überwiegende Ansicht\" handele, welche das Amtsgericht nicht gewürdigt haben soll.

Es liegt viel näher, dass sich das OLG Celle diese Argumentation selbst an die Backe binden muß.

Denn sonst wäre dem OLG Celle auch die Existenz der Entscheidung des OLG Braunschweig bekannt geworden (15.08.2007, Az.: 1 W 43/07 = ZNER 2007, 348 ), wodurch eine Entscheidung des LG Göttingen - v. 27.06.2007 Az.: 3 O 90/07 - aufgehoben wurde, welches die gleichen verquerten Ansichten vertreten hatte.

Und wenn die Richter am OLG Celle die Entscheidung des BGH vom 19.11.2008, Az.: VIII ZR 138/07, genau studiert hätten, dort insbesondere die Tz. 43, dann hätten sie dort nämlich lesen können, wie folgt:

Zitat
Das Recht zur Preiserhöhung nach § 4 AVBGasV kann, wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, angesichts der sich aus § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 EnWG ergebenden Verpflichtung des Energieversorgungsunternehmens zu einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas nicht dazu dienen, dass es zu beliebigen Preisen einkauft, ohne günstigere Beschaffungsalternativen zu prüfen (Markert, RdE 2007, 263, 265; Säcker, ZNER 2007, 114, 115), und im Verhältnis zu seinem Vorlieferanten Preisanpassungsklauseln und -steigerungen akzeptiert, die über das hinausgehen, was zur Anpassung an den Markt und die Marktentwicklung im Vorlieferantenverhältnis erforderlich ist (vgl. zu einer entsprechenden Einschränkung des Änderungsrechts von Banken bei Zinsänderungsklauseln in Kreditverträgen BGHZ 97, 212, 217 ff., 222; 158, 149, 155).
.

Wer mit § 4 AVBGasV argumentiert, kommt schon überhaupt nicht an der Existenz der Bestimmungen von § 2 Abs. 1 und § 1 Abs. 1 EnWG vorbei. Denn § 4 AVBGasV verdankt seine Existenz den Bestimmungen von § 36 Abs. 1 u. § 39 Abs. 1 EnWG.

Dächte man die Bestimmungen von § 36 Abs. 1 u. § 39 Abs. 1 EnWG hinweg, dann gäbe es keine AVBGasV (oder GasGVV). Existierte aber keine AVBGasV, dann gäbe es auch kein Recht zur einseitigen Preisanpassung (jedenfalls in der Allg. Versorgung).

Es wird halt immer wieder übersehen, dass in § 433 Abs. 2 BGB nix von einer einseitigen Preisanpassung steht, sondern dort das Wörtchen \"vereinbart\" zu lesen ist.

Und wie nun hinlänglich bekannt, existiert jetzt, spätetestens seit dem erstern Widerspruch auf der Basis von § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB, keinerlei Vereinbarung über die Gegenleistung  (d.h. den Preis bzw. den Tarif   -    VIII. BGH-Senat hin oder her ).
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

 

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