Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Ein Bindung, die absichert ?  (Gelesen 4475 mal)

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Offline BerndA

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Ein Bindung, die absichert ?
« am: 30. August 2005, 22:10:15 »
Hallo liebe Mitstreiter !

Heute flatterte mir die \"Gelsenwasser Privat\", das Kundenmagazin der Firma Gelsenwasser, unseres EVU´s  ins Haus.

Darin stellt ein Prof. Dr.Wolfgang Pfaffenberger, Leiter des Bremer Energie Instituts folgende, aus meiner Sicht erstaunliche Thesen auf :

1. \"Die Ölpreisbindung garantiert dem Verbraucher von Erdgas, dass er nie schlechter gestellt ist, als ein Ölkunde.\"

2. \"Der Verbraucher profitiert von der Mittelwertbildung, die einen preisdämpfenden Effekt hat.\"

3. \"Die Vorteile der Ölpreisbindung zeigt auch der Blick auf die Länder, die auf diesen Mechanismus verzichten.

So folgt der Erdgaspreis in Großbritannien trotz fehlender Ölpreisbindung dem Preis für die wichtigste Konkurrenzenergie- allerdings mit viel heftigeren und unmittelbareren Preisschwankungen als in Deutschland. Die starken , häufig politisch motivierten Ausschläge dieses Preises spiegeln sich unmittelbar im Gaspreis wider. In Deutschland verhindert die Ölpreisbindung solche extremen Ausschläge und unterstützt den Verbraucher bei der langfristigen Planung seiner Energiekosten.\"

4. \" Eine Aufhebung der Ölpreisbindung führt nicht automatisch dazu, dass die Gaspreise sinken.\"

5. \"Ein freier Erdgasmarkt ist derzeit nicht vorstellbar. Und solange es keinen besseren Mechanismus gibt, ist die Ölpreisbindung unverzichtbar.\"

Was halten unsere Experten hier im Forum von diesen 5 Thesen von Prof. Dr. Pfaffenberger ?

Mit freundlichen Grüßen aus dem Münsterland

B. Ahlers

Offline Hennessy

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Ein Bindung, die absichert ?
« Antwort #1 am: 31. August 2005, 10:23:21 »
Das kann alles garnicht sein!

1. Der ist gekauft !
    Hinweis an das Finanzamt, ob Professor Pfaffenberger das Honorar versteuert hat

2. Straftatbestand
    Hinweis an die Staatsanwaltschaft Bremen, dass es sich hier um einen Betrugsversuch handeln könnte

2. Preise der Gelsenwasser sind zu hoch, da 1. in die Gaspreise eingerechnet wurde
    Widerspruch nach §315 einlegen

3. Erdgas -Heizöl stehen im Wettbewerb?
    Abschläge bei Gelsenwasser kürzen, denn man kauft schließlich kein Heizöl, das Ganze ist doch erfunden!

5. Klage androhen
    Gelsenwasser Unterlassungsklage androhen, falls nochmals Schriften mit solche Gedankengut in den privaten Briefkasten gelangen sollten

@BerndA
Sorry für die beißende Ironie, aber einige Kunden aus diesem Forum haben im Umgang mit den Versorgungsunternehmen schon den Boden in der beschriebenen Form unter den Füßen verloren.

Die sachlichen Argumente von Herrn Pfaffenberger sind in diesem Forum in ausführlicher Form bereits kontrovers diskutiert worden.

Offline RR-E-ft

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Ein Bindung, die absichert ?
« Antwort #2 am: 31. August 2005, 11:35:47 »
@Hennessy

Vielleicht doch weniger Ironie als vorgegeben.

Von Herrn Prof. Pfaffenberger vom Bremer Energie Institut sind immer wieder interessante Gedanken ins Spiel gebracht worden:

http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=1360


Mir leuchtet nicht ein, wie das marktbeherrschende Unternehmen E.ON Ruhrgas, größter Gashändler in Europa, mit 60 Prozent Marktanteil in Deutschland in seinem Geschäftsbericht 2004 wie auch auf den Seiten des BGW das Postulat aufstellt, bei der Ölpreisbindung handele es sich um Verbraucherschutz.

Eins möchte man dabei nicht vergessen:

E.ON Ruhrgas ist am größten Gaslieferanten, der russischen Gasprom beteiligt.

So sitzt der E.ON Ruhrgas- Chef denn auch im Aufsichtsrat der Gasprom und nimmt wohl auch dort eine Rolle als oberster Verbraucherschützer wahr, damit die Russen nicht zuviel für das Erdgas fordern können....

Wohl nicht durchgesetzt werden konnte, dass Gasprom auch nach GB das Erdgas nur mit Ölpreisbindung liefert.

Möglicherweise hielten die Insulaner diesen besonderen Verbraucherschutz nicht für notwendig, kämpfen deshalb jetzt mit größeren Preisschwankungen - auf weit geringerem Preisniveau.

Jedenfalls wurde es so im SWR- Film \"Das Gaskartell\" berichtet.


Schließlich führt allein diese Preiskopplung zu den drastisch steigenden Erdgaspreisen. Andere Gründe gibt es nicht. Man frage die Verbraucher, ob sie sich deshalb nun gut geschützt fühlen.

Ich bin mir nicht sicher, ob sich schon jemand für diese Fürsorglichkeit der deutschen Gaswirtschaft entsprechend bedankt hat.

Vielen, vielen recht herzlichen Dank!!!

Es muss doch immer argwöhnen lassen, wenn sich ein \"Bock zum Gärtner\" erklären will.

Wenn die Erdgaspreise nicht mit den Ölpreisen steigen, ist niemand erst darauf angewiesen, dass sie mit sinkenden Ölpreisen fallen.

Zudem erwartet doch  niemand mehr ernsthaft sinkende Ölpreise.

Die Entwicklung kennt wohl nur noch eine Richtung.

Über die gesamte Lieferkette können die Kosten für Förderung, Transport und Verteilung von Erdgas nichts mit den Kosten und Preisen von Öl zu tun haben.

Diese Kosten steigen deshalb gar nicht (wohl gemerkt: über die gesamte Lieferkette vom Förderer an).

Ohne Kostensteigerungen führen die Preissteigerungen deshalb irgendwo in dieser Kette lediglich zu Mehreinnahmen, die von keinen Kosten untersetzt sind.

In meiner Naivität meine ich, Erlöse abzüglich Kosten bilden den Gewinn und dieser erhöhe sich deshalb weit mehr als die Erdgaspreise, mithin um weit über 30 Prozent. Das sichert die Ölpreisbindung dann tatsächlich ab.

Auch in Zeiten, als das Öl und mithin auch das Erdgas billiger waren, musste schon niemand bei der Gaswirtschaft darben. Zu Grenzkosten wurde noch nie angeboten., so schon nachzulesen bei Prof. Salje, et, 2005, 278 ff..

Und dann lassen wir getrost außer Acht, dass die Preissenkungen der Vergangenheit nicht ebenso an die Kunden weitergegeben wurden.

@BerndA


Mag der Ölpreis in GB stärker schwanken:

Preisstabilität ist kein Wert an sich, auch wenn einzelne Versorger ihre Kunden mit Preisstabilität zu begeistern suchten, als die eigenen Bezugskosten sanken.

Natürlich hätten sinkende Endverbraucherpreise die Planungen des Verbrauchers zunichte gemacht, der sich auf stabile Preise auf hohem Niveau eingestellt hatte. Die ganze Planungssicherheit des Kunden unverantwortlich einfach dahin.

Wichtig für den Kunden wie für die gesamte Volkswirtschaft ist das Preisniveau.

Und dieses liegt in GB nun einmal weit unter dem in Deutschland.

Wenn die Preiskopplung Preisauschläge nach oben dämpft, dämpft sie natürlich auch Preisausshläge nach unten, ohne wohl das Preisniveau dabei zu beeinflussen - dieses bleibt immer hoch.

Und auch hier gibt es offensichtlich nur noch Preisstabilität vom Quartalsersten bis zum Quartalsersten, bei sonst erheblich steigenden Preisen.

Es sei denn, man wendet Unbilligkeit ein und schlägt somit selbst Pflöcke ein, um dazu beizutragen, den ersichtlichen Irrsinn zu beenden.

Eine These vom bekannten Bremer Energieexperten ist jedoch wirklich entscheidend:

Ein freier Erdgasmarkt ist nicht in Sicht.
Ein solcher sei für den Experten noch nicht einmal vorstellbar.


Die EU- Kommission und auch der deutsche Gesetzgeber hatten mit dem neuen Energiewirtschaftsgesetz wohl eine weit größere Vorstellungskraft bewiesen:

Es geht diesen gerade um eine Öffnung der Erdgasmärkte hin zu einem funktionierenden Wettbewerb.

Bis dahin  haben wir es ja gerade mit den Monopolen zu tun und deshalb wenden die Gerichte gerade die Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB an:

http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=1356





Mit Herrn Prof. Pfaffenberger braucht sich deshalb niemand persönlich auseinandersetzen.

Es handelt sich um eine private Meinung, die von der Meinungsfreiheit und von der Freiheit der Forschung und Lehre gedeckt ist.

Die einen sagen so, die anderen so.

Im Oktober 2002 wurde Herr Professor Pfaffenberger als  Leiter des Bremer Energie Instituts auf eine Stiftungsprofessur „Utility Management“ an der IUB berufen.

Stifter soll wohl der E.ON- Konzern gewesen sein.

Wenn man also weiß, wer Stiftungsprofessuren stiftet, und dazu noch, wer zu diesem Anlass  Reden zum Geist der Aufklärung hält, hat man damit gar keine Probleme, nicht mal Grund zur Verwunderung.

http://www.eon-energie.com/Ressources/downloads/021113_harig_bremen.pdf

http://www.city-of-science.de/ansicht.jsp?einrId=166668&lang=de



Ob sich Herr Prof. Pfaffenberger nun immer an die Aufforderung des E.ON-Konzern- Lenkers

\"Sapere Aude!\"

hält, kann vollkommen dahinstehen.


Soviel freie Wissenschaft war selten.

Die kann auch mal zu dem Ergebnis kommen, E.ON Ruhrgas und deren Preisbindung seien der beste Verbraucherschutz aller Zeiten, vielleicht gar ein Exportschlager.

Schließlich ist keine Lehre unfehlbar, außer vielleicht....




Sollten Sie an den Thesen etwas nicht verstanden haben, können Sie doch einfach noch einmal nachfragen:

w.pfaffenberger(at)iu-bremen.de
pfaffen(at)bei.uni-bremen.de

Vielleicht ist man so freundlich, letzte Unklarheiten zu beseitigen.



Prof. Paffenberger hat sich gegenüber der WELT auch zu den Strompreisen geäußert, demnach sind die Kunden gegen die in jedem Falle immer weiter steigenden Strompreise vollkommen machtlos und müssen in jedem Falle (also \"gottgegeben\") immer alles bezahlen.

Eine eigenartige, wohl allzu fatalistische Sicht auf die Dinge:

http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?p=4838

Ach wäre die Welt doch nicht so, wie sie der Gelehrte durch seine Brille sieht und wie viele Konzerne sie sich ggf. wünschen.


Lieber Herr Ahlers,

schreiben Sie doch an die Redaktion des Kundenmagazins Ihres Versorgers und schlagen Sie als Quizfrage im nächsten Heftchen vor, wer wohl für den genannten Energieexperten die Professur gestiftet hat.

Da muss man sich schon ein wenig auskennen in der Energielandschaft des Landes.
 




Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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