Energiepreis-Protest > Stadtwerke Jena-Pößneck
Klagen lohnt kaum
RR-E-ft:
Die Stadtwerke hatten einen Stromkunden, der seit 2004 Verbrauchsabrechnungen der Stadtwerke nicht mehr ausglich und sich u.a. bereits 2004 auf die Unbilligkeit der Strompreise berief, nach Widerspruch auf einen Mahnbescheid aus 2007 schließlich 2008 am Amtsgericht Jena auf Zahlung in Höhe von 362 € nebst Zinsen und Mahnkosten verklagt.
Das Amtsgericht Jena erklärte sich nach erfolgter mündlicher Verhandlung im Sommer 2009 für sachlich unzuständig und verwies die Sache - wie üblich - an das Landgericht Gera - Kammer für Handelssachen, §§ 108, 102 EnWG. Die 1. Kammer für Handelssachen wies in der Terminsladung zum Termin darauf hin, dass für den Nachweis der Billigkeit der erhöhten Tarife die maßgeblichen Preiskalkulationen von der Klägerin vorzulegen seien. In der öffentlichen Verhandlung am 04.03.2010 Az. 1 HK O 170/09 schlossen die Stadtwerke mit dem von ihnen verklagten Kunden zu Protokoll einen rechtskräftigen Vergleich ab.
--- Zitat ---I.
Der Beklagte zahlt an die Klägerin zur endgültigen Abgeltung aller gegenseitigen Forderungen aus dem Stromlieferungsverhältnis einen einmaligen Betrag in Höhe von 150 € am 01.04.10.
II.
Von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleiches trägt die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3.
III.
Die Parteien vereinbaren Stillschweigen über die Beweggründe zum Abschluss des Vergleiches.
--- Ende Zitat ---
Der Gegenstandswert für das Verfahren und den Vergleich wurde im Einvernehmen mit den Parteien und unter Rechtsmittelverzicht auf 400 € festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens und des Vergleiches belaufen sich - ohne Berücksichtigung der mündlichen Verhandlung am Amtsgericht Jena und die Verweisung - auf 457,45 €.
1. Instanz, zwei Anwälte, Einigung
Streitwert 400,00 €
Ergebnis 0,00 €
Kostenquoten: Klg. 100% Bkl. 0%
Kosten Klg. 457,45 €
Kosten Bkl. 0,00 €
Ergebnis Klg. -457,45 €
Ergebnis Bkl. 0,00 €
____________________________________
Kostenberechnung
Anwaltsgebühren 315,00 €
Auslagenpauschalen 40,00 €
MWSt 19% 67,45 €
Gerichtsgebühren 35,00 €
---------------
Gesamtkosten 457,45 €
Von diesen hat die Klägerin 2/3, folglich 304,58 € zu tragen.
Von diesen hat der Beklagte 1/3, folglich 152,48 € zu tragen.
Dies rechtfertigt wohl die Annahme, dass sich solche Klagen kaum lohnen, wie folgender Vergleich zeigt:
150 € Stromentgelt zum 01.04.2010 stehen 304,58 € Kosten auf Seiten der Stadtwerke gegenüber.
Von den stillschweigenden Beweggründen für den Abschluss eines solchen Vergleiches ist nichts bekannt geworden.
Es könnte allenfalls gemutmaßt werden, was die in der Verhandlung durch die Leiterin der Rechtsabteilung und den Vertriebleiter sowie einen hochspezialisierten Anwalt vertretenen Stadtwerke zum Abschluss eines solchen Vergleiches bewogen haben könnte....
Dem Prozessvertreter des Beklagten legte die Vorsitzende eine Professur für Energierecht nahe.
========
Weitere Verfahren wegen angeblicher Strom- und Gasspreisforderungen sind anhängig, zu denen die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Gera die Klägerin darauf hinwies, dass die Belieferung zu Sonderprodukten keine Tariflieferungen darstellen und sich folglich kein gesetzliches Preisänderungsrecht aus entsprechenden Verordnungen ergibt (etwa LG Gera 1 HK O 179/09).
Cremer:
Dannn hat der Beklagte doch 150 + 152,48 € insgesamt gezahlt.
Ist doch sehr schlecht, oder?
RuRo:
@RR-E-ft
Ist anzunehmen, dass Sie hier über Ihren eigenen Fall berichten?
tangocharly:
Das ist eine sinnlose Vergleichsführung auf der Basis des Prozesskostenrisikos. Immerhin gehören - nicht nur vor Gericht - zum Streiten zwei Parteien (mindestens).
Was soll der Versorger sonst machen, als prozessieren, wenn er sich vor der betreffenden Situation vorfindet. Und der Verbraucher kann\'s natürlich auch sein lassen, zu kürzen, und damit Prozesse zu vermeiden.
Natürlich ist es prozesswirtschaftlich unwirtschaftlich wegen solcher Prozesse Landrichter zu bemühen, die damit blockiert werden und ihre Zeit lieber in Prozesse investieren würden, wo es um Arbeitplätze oder um Existenzen geht.
Niemand ist gezwungen \"Gieros\"-Versorgern die Rote Karte zu zeigen oder sich vor Gericht die Rote Karte zeigen zu lassen.
Wenn man dann aber schon vor Gericht sich wieder findet, dann muß man sich ggf. auch mit dem Vergleich als Prozessergebnis anfreunden bzw. wenigstens darüber nachdenken.
Der Vergleich ist der prozessuale Maßanzug. Dieser muß nur den Prozessparteien passen und sonst niemand. Deshalb kann auch niemand einen Vergleich ausschlachten wollen, weil er halt im anderen Fall nicht als passend erachtet wird.
Wenn aber ein Vergleich in Erwägung gezogen wird, dann wird in diesem Moment auch völlig anders gerechnet. Und in dieser Situation wird halt auch jeder der Beteiligten \"etwas an der Backe haben\".
Es nützt also nichts, wenn das Rechnungsergebnis lautet: Dann hätte man ja gleich zahlen können; dann hätte man ja gleich auf die Forderung verzichten können.
Erst hinterher ist man bekanntlich klüger.
Also, entweder nimmt man sich (freiwillig) der Sache an oder man läßt es eben bleiben.
Es wird ja wohl Keiner/Keine hier im Forum der Meinung sein, dass er/sie damit die \"Krokodile\" zur Strecke bringen wird. Da sind andere gefragt, die sich aber vielleicht mitunter auch an \"diesem Feuer die Hände wärmen\".
RR-E-ft:
--- Zitat ---Original von RuRo
@RR-E-ft
Ist anzunehmen, dass Sie hier über Ihren eigenen Fall berichten?
--- Ende Zitat ---
Es ist nicht anzunehmen, dass ich hier über meinen eigenen Fall berichte.
Mein Fall liegt besonders und eignet sich womöglich mal für eine Grundsatzentscheidung.
--- Zitat ---Original von Cremer
Dannn hat der Beklagte doch 150 + 152,48 € insgesamt gezahlt.
Ist doch sehr schlecht, oder?
--- Ende Zitat ---
Auch zu den Beweggründen des Beklagten ist nichts bekannt geworden.
Er hat aber auch nicht 362 € + 430 € insgsamt zu zahlen, was bei einem Unterliegen bei nicht berufungsfähiger Sache als nicht vollkommen auszuschließendes Risiko womöglich im Raum gestanden haben könnte.
Die Relation geht wohl
auf Beklagtenseite 0 < 150 € + 152 € < 362 € + 430 €
auf Klägerseite - 430 € + Spießrutenlauf
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