Als Privatperson ist es verständlich und legitim, sich über steigende Energiepreise zu erregen und dagegen zu handeln – kann man tun oder auch nicht.
(Was ich jedoch bis auf den heutigen Tag nicht verstanden habe, ist, daß sich der Protest gegen „Abzocker, Gewinn-Ausschüttungen“ usw. nicht auch gegen sämtliche anderen börsennotierten Unternehmen bzw. Aktiengesellschaften richtet – deren Gewinne, Dividenden usw. wir ja auch wohl mitfinanzieren, oder? Kann mir das mal jemand erklären?)
Allerdings:
Wo sind die Proteste gegen die Deutsche Bank (welche die Gewinne exorbitant erhöht, jedoch Personal entlässt)?
Gegen alle anderen Aktiengesellschaften, die sich ähnlich verhalten?
Gegen Maschinenbaufirmen, welche erst Personal entlassen, dann die Produktion in Fernost-Länder verlegen und dann selber komplett auswandern?
Wo ist der Proteststurm gegen den dritt- oder viertreichsten Mann der Welt – Herrn Albrecht von ALDI -, dieses Unternehmen beutet die Umwelt aus, ruiniert Zulieferbetriebe und Einzelhandelsstrukturen? LIDL hat ALDI jedoch – was derartiges Geschäftsgebahren angeht – schon überholt – auch, was unsoziale Arbeitsbedingungen angeht. Dasselbe gilt für Schlecker. Und andere!
Naja, da kann man aber doch billig einkaufen ohne Gerichtsverfahren, die Unterdrückungs- und Ausbeutungsmechanismen sind in andere Länder exportiert, das tut uns nicht weh.
Wo ist der Proteststurm gegen 29,90 – Preise (Palma de Mallorca – Paella inclusive), explosionsartig steigender Flug-Tourismus mit verheerenden Auswirkungen auf die Umwelt? :evil:
Wo ist der Proteststurm gegen dummes, unverantwortliches, unsoziales politisches Handeln von Verantwortlichen in Stadt, Land und Nation?
Wo sind die Erst-Unterzeichner-Listen (ich würde sie sofort unterzeichnen und allen Freunden und Bekannten wärmstens empfehlen)
Ich vermisse komplett so was wie Umweltgedanken, Umweltbewusstsein.
Die letzten 7 Jahre war die Energiediskussion hauptsächlich besetzt von törichten Parolen wie: „mit Solarenergie haben wir unbegrenztes Energie-Wachstum, die Sonne liefert Energie umsonst, umweltfreundlich“ – gemeint bzw. suggeriert war und ist bis auf den heutigen Tag die Fotovoltaik, welche an der Energiebereitstellung mittlerweile den Bruchteil eines Promilles erreicht hat. Energie-Effizienz spielte eine untergeordnete Rolle – bis auf alberne Kampagne wie „schalt mal ab“ (in Schulen) – woraufhin meine Töchter in schlecht beleuchteten und nicht gelüfteten Klassenzimmern lernen „durften“ -, oder „stand-by-Kampagne“ – was zu abendlichen hektischen Läufen meinerseits durch die Wohnung führte: wo ist das handy-Ladegerät, mit 0,x mA Ladestrom, welches ich noch nicht aus der Steckdose gezogen habe? Usw.
Jedoch hat der Energieverbrauch Deutschlands als solcher und somit auch die CO2-Emission um –zig Millionen MWh (bzw. Tonnen) zugenommen (allein der Straßenverkehr um 8 %, der sonstige Privatbereich um stolze 16 %!) In konkreten Zahlen: der private Verbrauch stieg von 1990 bis 2003 um 14 000 000 Tonnen Steinkohleeinheiten! :!:
Heute morgen las ich die Neue Westfälische (regionale Zeitung in OWL), welche in großen Teilen von der Energiefrage besetzt war. Jedoch – es ging (zum Glück) nicht nur polemisch-plakativ um irgendwelche angeblich unseriösen Gewinne (wozu ich mich nicht äußern will und kann – das sollte man dann bei anderen Firmen auch tun, s.o.), sondern um Welt-Fragen
- z.B. den immer noch wachsenden Energiehunger der USA,
- um den Aufbau einer strategischen Öl-Reserve von China,
- um hedge-fonds, welche weiterhin auf Energiepreissteigerungen spekulieren,
- um Öl-Förderhähne, welche bis zum Anschlag offen sind,
- um nicht mehr vorhandene Kapazitätsreserven im Bereich der Raffinerien,
- um die Tatsache, daß ich China elektrische Energie von Firmen und Industrien häufig von Diesel-betriebenen Generatoren bereitgestellt wird,
- in Alaska soll Öl gefördert werden (Naturschutz? Scheiß egal!)
- prognostizierte weitere 50 % mehr Energieverbrauch in den nächsten 30 Jahren (vielleicht gibt es auf dem Mond Öl, hat das mal jemand untersucht? Könnten wir gut gebrauchen!)
- uw., usw.
Übrigens: ich entnehme der Presse auch, daß die Heizölpreise innerhalb eines Jahres um 30 % gestiegen sind. Wo bleibt das Geschrei, die Anzeigen, die Erst-Unterzeichner-Listen?
Die Sache mit dem Klimaschutz, mit Wetter-Kapriolen (verheerende Auswirkungen auch in Europa: Portugal, Frankreich), lassen wir mal, das interessiert ja im Moment keinen, oder? Die sich selbst so nennende Umweltpartei scheint nicht mehr en vogue zu sein, ist fast nirgendwo mehr präsent und wird vermutlich in absehbarer Zukunft eine untergeordnete Rolle spielen.
Meinem täglichen beruflichen Alltag entnehme ich, daß nach wie vor fast kein Mensch einen Zusammenhang sieht zwischen seiner Energie-Rechnung und seinem privaten Verbrauch. Selbst (und gerade) im Neubaubereich wird weiterhin „business as usual“ betrieben, Architekten, Planer, Entscheider auf allen Ebenen sind weiterhin beratungsresistent (Zitat: ich mache und plane das, was die EnEV vorschreibt – ziemlich schlapp, die Vorgaben -, und keinen cm mehr. Und dieselben Leute schreien nächstes Jahr am lautesten auf, wenn die Preise wiederum steigen) Im Altbaubereich wird weiterhin fast nichts getan, und wenn, dann nur das allernötigste (Zitat: ich zahle die 2 € pro m² für einen um 50 % besseren Dämmstoff nicht, ist mir zu teuer!)
Dieser bodenlosen Dummheit und Ignoranz muß entschieden auf allen Ebenen begegnet werden!
Ein völlig falsches Signal ist, dem Menschen zu suggerieren, er könnte weiterhin – wie in der Zeit des ausgehenden 20. Jahrhunderts – mehr und mehr Energie verbrauchen, und das für billiges Geld.
Die Zeiten unbegrenzten Wachstums und steigendem Konsums sind ein für allemal vorbei, und daran wird man sich gewöhnen müssen :!:
Es bedarf einer gigantischen, gesellschaftlichen Anstrengung auf allen Ebenen mit allen Menschen guten Willens (welche etwas verantwortungsbewußt handeln und in die Zukunft blicken können), einen Bewusstseinswandel zu vollziehen mit dem Tenor, daß wir eben nicht unbegrenztes Wachstum zu billigen Preisen haben können, und im Energiebereich schon gar nicht. (Warum zahlen übrigens die Besitzer der PV-Anlagen, welche eine exorbitante Einspeisevergütung bekommen, für ihren privaten Verbrauch nicht auch diesen Preis? Das ist so ähnlich wie der Bauer – bei dem ich vor Jahren mal ein Wochenende Urlaub gemacht habe – welcher schreit, daß er für seine Milch so einen geringen Preis bekommt, der mir allerdings zum Frühstück MILSANI – von ALDI – servierte, weil die ja billig ist)
In was für einem Verrücktenhaus leben wir eigentlich?
Lange Rede, kurzer Sinn:
Die Energiepreise müssen in den nächsten Jahren um 100 % (und mehr) steigen, :!:
damit vielleicht mal der Dümmste (wovon es leider aber noch eine Menge gibt) kapiert, daß man
- seine Brötchen vielleicht mit dem Fahrrad oder zu Fuß holen kann und es sowieso gesünder ist, seinen Körper zu bewegen als die stinkende Blechkiste
- nicht ohne sehr, sehr hohe Nebenkosten sein „Häuschen im Grünen“ mit 50 m² Wohnfläche pro Person und beheiztem Wintergarten realisieren kann (wer so einen Schwachsinn will, soll zahlen :twisted: )
- sein Haus zu geringen Kosten warm einpacken kann (Einsparpotenzial: bis zu 70 % - entspricht auf Deutschland hin gesehen mehreren Milliarden kWh pro Jahr - oder aber: 100 000 000 Tonnen Kohlendioxid weniger)
- die Lampen ausmachen kann, stand-by-Betrieb reduzieren (siehe die grandiose „Energie-Effizienz-Kampagne“ der DEnA)
- mit der Bahn/Bus fahren kann, Fahrgemeinschaften, ...
- seine Haare mal an der Luft (und nicht mit dem Föhn) trocknen lassen kann
- usw., usw.
Ich habe zu Anfang des 21. Jahrhunderts in einer Zeitung gelesen: Die Ressource des 21. Jhdts. ist die Intelligenz, das vernünftige Handeln. (Bezogen auf Energie: weniger verbrauchen, jedoch intelligenter und effizienter einsetzen, ...)
Davon sind wir wohl noch etwas entfernt – aber es gibt ja auch noch 95 Jahre, in denen man Denken und dadurch gelenktes Handeln lernen kann (sofern uns die Natur, das Bevölkerungswachstum, andere Länder noch diese Zeit geben – was ich stark bezweifle).
Den Bewusstseins- bzw. Paradigmenwechsel und damit verbunden einen Handlungswechsel im Bereich unseres Konsums (nicht nur der Energie) zu vollziehen ist die Aufgabe der Zukunft,
und nicht, an den Folgen eines politisch fragwürdigen Stadtwerkeverkaufs in Paderborn herumzulaborieren (wobei die im städtischen Besitz befindlichen Stadtwerke in anderen Regionen Deutschlands auch die Energiepreise erhöhen – auch diese unterliegen der Marktwirtschaft, der Globalisierung). Das sind Nebenkriegsschauplätze, bringen sowieso nichts und lenken von der eigentlichen Aufgabenstellung völlig ab. Ich glaube nicht wirklich, daß sich die chinesische Volkswirtschaft von Anzeigen in Paderborn beeindrucken lässt – oder vielleicht doch? (Man sollte die Verweigerungs-Anzeigen auch ins Chinesische übersetzen, schaden kann es ja nicht :wink:
Ein kleiner Exkurs:
Schon vor über 200 Jahren formulierte Kant den „kategorischen Imperativ“:
„Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip
einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.\"
Daraus ergibt sich:
Als Leitlinie für die Handlungen des täglichen Lebens mag all das zu „philosophisch\" sein. Dennoch ist einsichtig: Der Kategorische Imperativ verbietet jedes Handeln, von dem man nicht wollen kann, dass nach dem gleichen Prinzip alle handeln. Mithin gibt es eine gibt es eine schlichte Fassung, die sich jederzeit bei Entscheidungen ins Bewusstsein rufen lässt:
„Stell dir vor,
alle wollten so handeln wie du jetzt -
wären die Folgen erträglich?\"
Folgt man dem,
ergibt sich, daß jeder Weltenbürger dasselbe Recht auf dieselbe Energie-verbrauchsmenge hat wie die Deutschen, die Paderborner und die Amerikaner. Auch die Menschen in Afrika sollten jeder billig und unbegrenzt Auto fahren und vor allem Klimaanlagen betreiben können, meine ich – oder etwa gilt für die die genannte Regel nicht?
(Und ich fordere 40 m² Wohnraum (mit steigender Tendenz) für jeden Innuit in Grönland, mit 20° beheizt und schlecht bis gar nicht gedämmte Häuser!!)
Folgt man dem nicht
– ist Aufklärung noch nicht passiert.
Ansonsten hat entweder Kant unrecht, oder es gibt eine andere Logik.
Was ist zu tun?
Ich fordere eine Stellungnahme von proGrün (deren Mitglied ich ja immer noch bin, arbeite sie auch gerne mit aus!) mit folgenden Inhalten:
- Neutralität bzgl. E.ON und anderen EVUs – es ist und kann nicht die Aufgabe eines Umweltschutzvereins sein, sich über Preissteigerungen, Dividenden usw. aufzuregen. Das sollen andere gesellschaftliche Gruppen tun.
- Anregung bzw. Sensibilisierung der Bevölkerung in Richtung Energie-Einsparung und Energie-Effizienz (nach dem Motto: erst mal 50 % einsparen, und dann – wirklich erst dann - unterhalten wir uns mal über die Gewinne der Energieversorger)
- In dem Zusammenhang vielleicht auch noch einmal den Verweis auf die CO2-Problematik – gerade das stünde einem Umweltschutzverein gut zu Gesicht - (welche in den nächsten Jahren noch sehr heftig werden wird, immerhin hat sich Deutschland zur CO2-Reduktion – Kyoto-Protokoll verpflichtet, viele Kraftwerke müssen erneuert werden, einige AKWs sollen abgeschaltet werden, wir haben weiterhin steigenden Energieverbrauch – wie wollen wir da CO2 einsparen? „The answer is blowing in the wind!“ – aber nicht nur das, sondern “Dämmen und Dichten” ist das Motto des 21. Jhdts.: wir sind doch das Volk der „Dichter und Dämmer“ – Schiller, Goethe, ...)
Ich bin auf die Antworten gespannt!