@ESG-Rebell
Vielen herzlichen Dank für die sehr guten Terminsberichte.
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I.
Die ersten beiden Verfahren
VIII ZR 246/08 und VIII ZR 327/07 betreffen eindeutig Sonderverträge.
Hierfür hatte der Senat bereits entschieden, dass bei Vertragsabschluss kein variabler Preis vereinbart wurde, sondern ein feststehender Preis (VIII ZR 320/07 Rn. 46, VIII ZR 312/08 Rn. 2).
Es bedarf deshalb einer Preisänderungsklausel im Vertrag, die nicht unwirksam sein darf.
Fraglich dabei, ob die Bedingungen der AVBGasV überhaupt jeweils wirksam als AGB in die konkreten Verträge einbezogen wurden § 305 II BGB (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB).
Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass der Text der Bedingungen den Kunden
vor Vertragsabschluss vorlagen und sie
bei Vertragsabschluss mit der Einbeziehung einverstanden waren (OLG Dresden, Urt. v. 26.01.09 Az. 14 U 983/08].
Der Senat sieht ein Problem bei der Einbeziehung
der Verordnung als AGB in einen Sondervertrag, wohl erst recht, wenn dies nur durch Bezugnahme erfolgt.
Eine einzelne Regelung aus jener vielleicht, aber gleich die ganze Verordnung? Die regelt ja auch für Sonderverträge eigentlich überhaupt gar nichts. Welche Regelung trifft etwa § 1 AVBGasV als Allgemeine Geschäftsbedingung in einem Sondervertrag?
Für eine wirksame Einbeziehung hat die EWE justament vor dem Senat wohl nur Unzureichendes vorgetragen und zudem wohl einen Irrtum offenbart:
Zur Formel der EWE: Im Begrüßungsschreiben wird Bezug auf die AVB genommen. Ansonsten enthält dieses keine Preisanpassungsklausel und auch keinen Hinweis auf eine Billigkeit der Preise aber dennoch ist dies nach der Senatsrechtsprechung ausreichend.
Nur bei einer wirksamen Einbeziehung, für die die EWE darlegungs- und beweisbelastet ist, kann es überhaupt auf die Frage der Wirksamkeit unter Berücksichtigung von § 307 BGB ankommen.
Gegen die Wirksamkeit wurden
gewichtige Argumente vorgetragen.
Die ab 01.04.2007 verwendeten Klauseln verstoßen jedenfalls bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des Senats (VIII ZR 56/08, VIII ZR 326/08] gegen § 307 BGB.
Das Recht zur ordentlichen Kündigung gem. § 20 Abs. 1 GasGVV wurde durch die vertragliche Mindestlaufzeit von sechs Monaten gerade ausgeschlossen (BGH VIII ZR 241/08].
Es steht den Kunden deshalb auch bei einer Preisänderung gar nicht zur Verfügung. Ein Versorgerwechsel ist inhnerhalb von zwei Wochen nicht zu bewerkstelligen (siehe auch BGH VIII ZR 81/08 Rn. 20 ff.).
Wenn es nicht zur Vorlage zum Großen Senat oder zum EuGH kommt, wird der Senat zudem darüber zu entscheiden haben, ob auch bei nicht wirksam einbezogenen bzw. unwirksamen Preisänderungsklauseln innerhalb eines Sondervertrages die widerspruchslose, vorbehaltlose Zahlung auf eine Verbrauchsabrechnung zu einer Preisneuvereinbarung führt, so wie es der Senat für grundversorgte Tarifkunden annimmt. Er wird sich hierfür mit der Senatsentscheidung VIII ZR 199/04 auseinanderzusetzen haben.
II.
Bei dem Verfahren
VIII ZR 6/08 scheint es sich um einen Tarifkundenvertrag zu handeln. Hierfür hatte der Senat bereits mit den Entscheidungen VIII ZR 138/07 und VIII ZR 314/07 Grundsätze aufgestellt, insbesondere, dass auch bei Substantiierung des Sachvortrages zur Billigkeit durch ein Privatgutachten ein einfaches Bestreiten (mit Nichtwissen) genügt.
Aus dem Urteil I.Instanz geht jedoch hervor, dass auch dieser Kläger von der EWE zum Sondertarif S 1 beliefert wurde. Aus dem Berufungsurteil des LG Oldenburg geht hervor, dass der Kläger nicht zum Allgemeinen Tarif beliefert wurde. Das LG Oldenburg hielt ihn gleichwohl für einen Tarifkunden.An dieser Stelle könnte es nochmals auf die Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertragskunde ankommen, wenn auch
das Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung vom Kläger bestritten war.
Möglicherweise etwas kryptisch insoweit die Ausführungen von Dr. Nasall \"Falls ein Preisanpassungsrecht nach billigem Ermessen gegeben ist,...\"
Das Landgericht Oldenburg hatte die Revision auch gerade hinsichtlich der Frage zugelassen, ob die AVBGasV auch auf Sondertarife Anwendung finden kann.
Käme man dabei dazu, dass auch dieser Kläger - wie alle anderen vergleichbaren EWE- Kunden ein Sondervertragskunde ist - würde man dazu kommen, dass § 4 AVBGasV nicht unmittelbar anwendbar war. Sollte es dann an einem Sachvortrag zur Einbeziehung als Allgemeine Geschäftsbedingung fehlen, käme es auf eine Billigkeitskontrolle auch in diesem Fall nicht an, so dass jedenfalls wegen einer unterlassenen Beweisaufnahme zur bestrittenen Billigkeit keine Rückverweisung erforderlich wäre. Die Rückverweisung könnte aber die Frage betreffen, ob ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen in das Vertragsverhältnis einbezogen wurde, wobei sich die gleichen Probleme wie bei den anderen beiden Verfahren stellen dürften.
Jedoch hatte die beklagte EWE in dem Berufungsverfahren selbst vorgetragen, dass § 315 BGB nicht unmittelbar anwendbar sei, mithin wohl, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im konkreten Vertragsverhältnis zugunsten der EWE vertraglich nicht vereinbart war, jedenfalls kein Recht, dessen Ausübung einer Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 BGB unterliegen konnte. Das muss wohl ggf. auch berücksichtigt werden.
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Etwas verwunderlich, warum sich neben den am BGH zugelassenen Rechtsanwälten auch Kollege Dr. Kunth (
alter Herr bei Freshfiels Bruckhaus Deringer), der über eine solche Zulassung nicht verfügt, wieder bemüßigt sah, den Senat mit ausschweifenden Ausführungen zu konfrontieren, insbesondere mit Fragestellungen, die bereits in vorhergehenden Entscheidungen des Senats Niederschlag gefunden hatten.
Die meisten Kläger haben alle Preisänderungen seit 1986 bis 2004 widerspruchslos hingenommen. Fällt dies aus der Bewertung ganz heraus?
Zur Kündigungsmöglichkeit: Die AVB enthält ein Sonderkündigungsrecht. Die GasGVV hat dieses nicht sondern stattdessen ein ordentliches Kündigungsrecht mit Monatsfrist. Das zweiwöchige Sonderkündigungsrecht ist also ein zusätzliches Zugeständnis seitens EWE.
Man könnte meinen, da habe einer die Lektüre der Entscheidung BGH VIII ZR 320/07 verabsäumt.
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EWE hatte in Kundenmagazinen
EWE- INFOBRIEF zudem ihren Haushaltskunden mitgeteilt, es müsse gar nicht jeder Kunde wegen der Preisänderungen schriftlich Widerspruch einlegen, man werde alle Kunden gleich behandeln.
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Zu dem Verständnis der EWE von der ab 01.04.2007 geltenden Klausel sollte man wohl dem Senat den Batzen Papier kopieren, den Clifford Chance für EWe an viele Gericht geschicht hat. Darin heißt es eindeutig, die Klausel bewirke, dass eine Billigkeitskontrolle der Preisänderung nicht zu erfolgen hat.
Besser kann man wohl dem Senat nicht die Augen öffnen, mit welcher Chuzpe das Unternehmen vor den vielen Instanzgerichten und vor dem Senat dazu widersprüchlich vorträgt. Freshfields und Clifford Chance zusammen sind insoweit wohl unschlagbar.