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Autor Thema: Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts  (Gelesen 10737 mal)

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Offline bruchpilot50

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« am: 09. Januar 2010, 18:34:21 »
Hallo erstmal....
Zunächst einmal herzlichen Dank an alle die hier gepostet haben, so konnte ich mich recht gut belesen...
Ich habe heute von meinem Amtsgericht die Klagebegründung der EWE (durch Clifford Chance) erhalten.
Kann ich nun selbst zum Amtsgericht marschieren, und dort zu Ptotokoll geben, dass ich die Zuständigkeit des Amtsgerichts nicht anerkenne?
Wird dann bis zur Entscheidung des Amtsgerichts über die Zuständigkeit meine 2-Wochen Frist ausgesetzt?
Da die EWE (nur) 250.-Euro von mir (Rechtsschutzversicherung mit 500 € Selbstbeteiligung) einklagen will, ist es dann ratsam abzuwarten, ob die EWE vor dem LG (wenn dahin verwiesen) weiter klagen will ?

Vielen Dank im Vorraus für Eure Einschätzungen.

Ein schönes Wochenende vom
Bruchpilot50

Offline RR-E-ft

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« Antwort #1 am: 09. Januar 2010, 19:29:54 »
Zunächst muss die Absicht der Verteidigung beim Amtsgericht innerhalb der nicht verlängerbaren Notfrist erklärt werden. Die sachliche Unzuständigkeit des Amtsgerichts muss innerhalb der fristgebundenen Klageerwiderung gerügt werden. Dabei allein darf man es jedoch nicht belassen, sondern man muss bereits umfassend auf die Klage erwidern, so als wäre das Gericht zuständig, sonst wäre der weitere  Vortrag nach Verstreichen der Klageerwiderungsfrist verspätet.

Offline bruchpilot50

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« Antwort #2 am: 09. Januar 2010, 20:04:30 »
soweit hab ich es verstanden...aber was bedeutet:

\" In der Zahlungsklage der EWE gegen ihre Gaskunden hat das Landgericht (LG) Oldenburg inzwischen seine Zuständigkeit für diese Streitsache erklärt.\"

Muss nun das AG diese Sache ans LG weitergeben...oder kann dies das AG selbst entscheiden?

Mal angenommen ich überweise nun sofort den von der EWE geforderten Betrag von 250.-€.
Welche zusätzlichen Kosten müsste ich dann noch bezahlen?
Anwaltskosten der EWE ?   in welcher Höhe ?
Kosten des Amtsgerichts ?  in welcher Höhe ?
Zinsen ?

Danke für Eure Antworten

Offline RR-E-ft

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« Antwort #3 am: 11. Januar 2010, 21:22:56 »
Amtsgericht Jever erklärt sich für unzuständig

Zitat
Die Energieversorgung Weser-Ems (EWE) ist mit ihrem Ansinnen gescheitert, das Mahnverfahren gegen fünf ihrer Gaspreis-kürzenden Kunden vor dem Amtsgericht Jever verhandeln zu lassen. Richter Hartwig Küsel erklärte gestern das Amtsgericht in solchen Verfahren für sachlich nicht zuständig und verwies die Fälle weiter an das Landgericht Oldenburg.

@bruchpilot50

Durch eine Zahlung wird die Klage nicht beseitigt. Eine zulässige Klage kann dadurch unbegründet werden. Dafür muss man dem Gericht mitteilen und nachweisen, dass man die streitige Forderung geleistet hat. Hat sich der Rechtsstreit dadurch erledigt, hat der Beklagte die entstandenen Kosten des Prozesses zu tragen.

Wenn das Amtsgericht eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gem. §§ 102, 108 EnWG erkennt und die klagende EWE auf einen entsprechenden Hinweis keine Verweisung dorthin beantragt, muss die Klage als unzulässig abgewiesen werden, im Falle eines Verweisungsantrages muss in einem solchen Fall durch das Amtsgericht an das Landgericht - Kammer für Handelssachen - verwiesen werden.

Anders kann es liegen, wenn der Beklagte vor dem Amtsgericht rügelos verhandelt.



Prozesskosten erfährt man u.a. hier.

Zitat
1. Instanz, ein Anwalt, Urteil
Streitwert          250,00 €
Ergebnis              0,00 €
Kostenquoten: Klg. 100%  Bkl. 0%
Kosten Klg.         164,25 €
Kosten Bkl.           0,00 €
Ergebnis Klg.      -164,25 €
Ergebnis Bkl.         0,00 €
____________________________________
   Kostenberechnung
Anwaltsgebühren            62,50 €
Auslagenpauschale            12,50 €
MWSt 19%                    14,25 €
Gerichtsgebühren            75,00 €
                   ---------------
Gesamtkosten               164,25 €

Zitat
1. Instanz, ein Anwalt, Einigung
Streitwert          250,00 €
Ergebnis              0,00 €
Kostenquoten: Klg. 100%  Bkl. 0%
Kosten Klg.         149,95 €
Kosten Bkl.           0,00 €
Ergebnis Klg.      -149,95 €
Ergebnis Bkl.         0,00 €
____________________________________
   Kostenberechnung
Anwaltsgebühren            87,50 €
Auslagenpauschale            17,50 €
MWSt 19%                    19,95 €
Gerichtsgebühren            25,00 €
                   ---------------
Gesamtkosten               149,95 €


Zitat
1. Instanz, zwei Anwälte, Urteil
Streitwert          250,00 €
Ergebnis            250,00 €
Kostenquoten: Klg. 0%  Bkl. 100%
Kosten Klg.           0,00 €
Kosten Bkl.         253,50 €
Ergebnis Klg.       250,00 €
Ergebnis Bkl.      -503,50 €
____________________________________
   Kostenberechnung
Anwaltsgebühren           125,00 €
Auslagenpauschalen            25,00 €
MWSt 19%                    28,50 €
Gerichtsgebühren            75,00 €
                   ---------------
Gesamtkosten               253,50 €


Zitat
1. Instanz, zwei Anwälte, Einigung
Streitwert          250,00 €
Ergebnis              0,00 €
Kostenquoten: Klg. 100%  Bkl. 0%
Kosten Klg.         274,90 €
Kosten Bkl.           0,00 €
Ergebnis Klg.      -274,90 €
Ergebnis Bkl.         0,00 €
____________________________________
   Kostenberechnung
Anwaltsgebühren           175,00 €
Auslagenpauschalen            35,00 €
MWSt 19%                    39,90 €
Gerichtsgebühren            25,00 €
                   ---------------
Gesamtkosten               274,90 €

Da EWE vorsteuerabzugsberechtigt ist, wird die Mehrwertsteuer der Anwaltskosten nicht erstattungsfähig sein.

Der Kostenerstattungsanspruch ist auf Antrag seit Antragstellung mit fünf Prozentpunkten über Basiszinssatz zu verzinsen.

Offline bruchpilot50

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« Antwort #4 am: 11. Januar 2010, 22:03:50 »
@ RR-E-ft

vielen Dank für Ihre Mühe

Ich habe heute die Unterlagen an einen Anwalt weitergegeben, nun auch gestärkt in dem Wissen, dass in Jever der Richter die Sache an an LG verwiesen hat.
Wird bei einer Abgabe vom AG an das LG die Sache von Amt\'s wegen weiter \"verfolgt\", oder muss die EWE nun von Neuem ein Termin (neue Anklage) beim LG gegen den Beklagten (also mich) erwirken.

Gehe ich Recht in der Annahme, dass dann eine Verhandlung beim LG  die 1. Instanz ist?  oder doch schon die 2.? :(

Offline RR-E-ft

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« Antwort #5 am: 11. Januar 2010, 22:06:40 »
@bruchpilot50

Na dann wissen Sie ja jetzt, was der für das Verfahren bevollmächtigte Rechtsanwalt mindestens kostet.

Im Falle einer Verweisung wird der Rechtsstreit in der selben Instanz bei dem anderen Gericht weitergeführt. Dieses bestimmt einen eigenen Verhandlungstermin.

Wurde die durch das unzuständige Gericht gesetzte Klageerwiderungsfrist versäumt, kann es bei den negativen Folgen der Säumnis bleiben, so dass man als Beklagter mit verspätetem Vorbringen, verspäteten Angriffs- und Verteidigungsmitteln auch in dem Termin vor dem zuständigen Gericht ausgeschlossen ist. Deshalb darf man es bei der Klageerwiderung keinesfalls dabei belassen, dass das Gericht unzuständig sei.

Offline bruchpilot50

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« Antwort #6 am: 11. Januar 2010, 22:18:04 »
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, gibt (wie im Fall es AG Jever) das AG Jever die Akten weiter an das LG Oldenburg,welches dann einen neuen Termin anberaumt...also von Amt\'s wegen....oder muss die EWE dies beantragen?

Offline RR-E-ft

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« Antwort #7 am: 11. Januar 2010, 22:21:36 »
Zitat
Original von RR-E-ft


Wenn das Amtsgericht eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gem. §§ 102, 108 EnWG erkennt und die klagende EWE auf einen entsprechenden Hinweis keine Verweisung dorthin beantragt, muss die Klage als unzulässig abgewiesen werden, im Falle eines Verweisungsantrages muss in einem solchen Fall durch das Amtsgericht an das Landgericht - Kammer für Handelssachen - verwiesen werden.

Das Gericht, an welches auf Antrag verwiesen wurde, bestimmt einen neuen Termin von Amts wegen.

Offline bruchpilot50

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« Antwort #8 am: 11. Januar 2010, 22:28:12 »
d.h., die EWE müsste nun beim AG Jever eine Verweisung an das LG Oldenburg beantragen.  Richtig?  :)
innerhalb welcher Frist?

Offline bolli

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« Antwort #9 am: 11. Januar 2010, 23:30:39 »
Zitat
Original von bruchpilot50
d.h., die EWE müsste nun beim AG Jever eine Verweisung an das LG Oldenburg beantragen.  Richtig?  :)
innerhalb welcher Frist?
Hallo bruchpilot50,
einfach ganz in Ruhe die Antworten lesen:
Zitat
Original von RR-E-ft
Zunächst muss die Absicht der Verteidigung beim Amtsgericht innerhalb der nicht verlängerbaren Notfrist erklärt werden. Die sachliche Unzuständigkeit des Amtsgerichts muss innerhalb der fristgebundenen Klageerwiderung gerügt werden.
Da die EWE ja selbst die Klage vor dem AG eingereicht hat (sie hätte ja auch selbst das LG wählen können) muss es wohl so sein, dass SIE (bzw. ihr Anwalt) diese Zuständigkeitsrüge vortragen müssen, oder ?
Und dann nicht den folgenden Satz aus RR-E-ft\'s Posting vergessen:

Zitat
Original von RR-E-ft
Dabei allein darf man es jedoch nicht belassen, sondern man muss bereits umfassend auf die Klage erwidern, so als wäre das Gericht zuständig, sonst wäre der weitere  Vortrag nach Verstreichen der Klageerwiderungsfrist verspätet.

Offline RR-E-ft

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« Antwort #10 am: 12. Januar 2010, 16:42:30 »
Näheres vom Amtsgericht Jever in der Wilhelmshavener Zeitung vom 12.01.10.

Offline Heizer

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« Antwort #11 am: 14. Januar 2010, 13:19:42 »
Wo findet man die Schriftsätze der Amtsgerichte, die ihre Nichtzuständigkeit erklärt haben - nicht die entsprechenden Zeitungsmeldungen?

Offline Willy

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« Antwort #12 am: 14. Januar 2010, 15:11:19 »
Zitat
Original von Heizer
Wo findet man die Schriftsätze der Amtsgerichte, die ihre Nichtzuständigkeit erklärt haben - nicht die entsprechenden Zeitungsmeldungen?

siehe z.B.:
http://www.energieverbraucher.de/de/site...ite/site__2573/

Willy

Offline Heizer

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« Antwort #13 am: 14. Januar 2010, 15:27:04 »
@Willy, zunächst vielen Dank. Mir geht es speziell um die hier schon erwähnten Entscheidungen des LG Oldenburg, die wohl gegenüber EWE zustande gekommen sein dürften ....

Offline darkstar

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Nichtzuständigkeit des Amtsgerichts
« Antwort #14 am: 15. Januar 2010, 10:07:38 »
Zitat
Original von Willy
http://www.energieverbraucher.de/de/site...ite/site__2573/

Verlinkt weiter
Stadtwerke ziehen Klagen zurück

Sollte man Grundsätzlich erwähnen weil leicht verständlich:
http://www.wzonline.de/index.php?id=2914&tx_ttnews%5Btt_news%5D=137437&tx_ttnews%5BbackPid%5D=624&cHash=de28efe47b

Zitat
Während Amtsgerichte in Zivilverfahren bei Streitwerten bis 600 Euro zuständig sind und es gegen deren Urteil keine Berufungsmöglichkeit mehr gibt, ist für Fälle einer Zahlungsverweigerung wegen der als unangemessen erachteten Anpassungsklausel stets das Landgericht zuständig - und zwar ohne Beachtung des Streitwerts. ...

Die ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte liege durch den Paragraphen 102 f des Energiewirtschaftsgesetzes seit dem 1. Januar 2008 dort in deren Funktion als Kammer für Handelssachen. Energieangelegenheiten sind seither als Handelssachen zu betrachten.
Der Anfang jeder Katastrophe ist eine Vermutung

 

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