@jooster
Der Versorger sollte das Euskirchner Urteil allenfalls zum Anlass nehmen, seine Kunden davor zu warnen, ohne spezialisierte Hilfe überhaupt nicht erforderliche Feststellungsklagen zu erheben.
Die Verberaucherzentrale Brandenburg soll gerade Kunden sammeln, um wie in Hamburg und Bremen eine Sammelklage zu organisieren.
Man kann also getrost abwarten, wie sich die Dinge entwickeln.
Es ist grundsätzlich Sache des Versorgers, die Kunden zu verklagen und dabei die Erforderlichkeit und Angemessenheit der dramatischen Preiserhöhungen nachzuweisen.
Vielleicht hat jemand die Versorger mit Verweis auf das Mannheimer Gaspreisurteil davor gewarnt, zu klagen.
Allein deshalb sehen Verbraucherverbände selbst die Notwendigkeit, Feststellungsklagen zu erheben, um die Sache zu klären.
Eigentlich bedarf es solcher nicht.
Verbraucher sollten sich nicht allein auf den Weg von Feststellungsklagen begeben, die schon nicht notwendig sind.
Wenn jedoch eine solche Klage des Verbrauchers, mit welcher er die Feststellung der Unbilligkeit verlangt, abgewiesen wird, steht das prozessuale Gegenteil- die Billigkeit der Preiserhöhung - noch nicht fest, die Forderung ist immer noch nicht fällig.
Dass eine Klageabweisung nicht mit der gerichtlichen Feststellung des Gegenteils endet, mag manchen überraschen.
Anders ist die gute Stimmung beim BGW nicht zu verstehen.
Immerhin erhalten Verbraucher nun landauf landab Post mit einem Hinweis auf dieses Urteil, so wie es schon nach dem Koblenzer Urteil war.
Es handelt sich jedoch um eine wichtige prozessuale Nuance.
Dem Versorger kann es in Bezug auf einen Kunden allein deshalb vollkommen egal sein, wie der Streit um eine Feststellungsklage des Kunden ausgeht:
Einen fälligen Zahlungsanspruch hat er immer noch nicht und muss deshalb - wie auch sonst - vollkommen neu klagen, mit den widrigen Umständen, dass er die Billigkeit zu beweisen hat, weil diese gerichtlich noch nicht festgestellt wurde.
Bei geänderten Parteirollen im Prozess (alter Beklagter wird zum Kläger) ist oft auch schon wieder ein anderer Richter zuständig, der vollkommen anders entscheiden kann.......
Diesmal sitzen wohl die Verbraucher am längeren Hebel und so erwartet man es ja auch in einer Marktwirtschaft:
Die Konsumenten entscheiden, wieviel sie für ein Produkt zu zahlen bereit sind. Nur auf Monopolmärkten ist das anders.
Weil die Ölpreise wohl in Zukunft nur noch eine Richtung kennen werden, schafft die sog. Ölpreisbindung keinerlei Preisstabiltät und kann auch nicht als wirksamer Verbraucherschutz bezeichnet werden.
Wenn die Verbraucher als Kunden keine Ölpreisbindung wollen und wünschen, können sich auch kundenorientierte Gasversorgungsunternehmen solche Bezugsverträge nicht wünschen. Dies müsste sich in der Lieferkette fortsetzen.
Die Preise sind überall so zu kalkulieren, dass die Kosten gedeckt werden und darüber hinaus ein angemessener Gewinn erzielt wird, um Rückstellungen für notwendige Investitionen zu bilden und das eigene und aufgenomme Kapital angemessen zu verzienden.
So werden überall Preise kalkuliert, nur scheinbar nicht bei der Gaswirtschaft.
Fraglich, ob Herr Dr. Brinker nicht tief stapelt.
Allein bei der Erdgas Südsachsen sind es 3.000 Kunden.
Zudem beflügelt er mit solchen Äußerungen nur den Protest.
Auch sog. Sonderkunden können sich wehren. Auch bei diesen unterfallen einseitige Preisanpassungen der Billigkeitskontrolle, wie das Landgericht Potsdam schon vor über einem Jahr urteilte.
Selbst sog. Preisgleitklauseln in Gaslieferungsverträgen unterliegen einer Inhalts- und Billigkeitskontrolle, wie das OLG Rostock urteilte.
Nur wer einen absolut individuell ausgehandelten Vertrag hat, kann sich nicht zur Wehr setzen, sondern muss ggf. den Vertrag kündigen, um einen neuen abzuschließen.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt