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Autor Thema: EWE warnt vor Kürzung der Gaspreis-Rechnung  (Gelesen 5547 mal)

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Offline jooster

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EWE warnt vor Kürzung der Gaspreis-Rechnung
« am: 19. August 2005, 12:20:20 »
Die Wilhelmshavener Zeitung druckt heute einen Artikel der EWE, in dem es heisst, \"Die Gaswirtschaft sieht sich durch ein aktuelles Urteil bestätigt. Kunden müssen danach die volle Gaspresierhöhung zahlen\". (Urteil Az 17 C 260/05 vom 5.8.05 AG Euskirchen.
Die Richter stufen eine umfassende Billigkeitskontrolle bei HEIZGAS-SONDERKUNDEN als unzulässig ein.

Kann einer erklären, ob wir Privatverbraucher als Heizgas-Sonderkunden gelten?

Wenn wir Verbraucher dies nicht sind, dann ist diese Zeitungsmeldung wieder einmal als eine Drohung an die Endverbraucher zu sehen.

Vorstandschef Brinker, der auch im Vorstand des Verbandes der Verbundnetzunternehmen und Regional-Energieversorgunger in Deutschland ist, stellt sogar \"mit Freude\" fest, dass es nur 2600 Beschwerden, Widersprüche und Anfragen (bei 730.000 Kunden) gegeben habe und von einer Protestwelle keine Rede sein könne. Da sieht man wieder einmal, wie die Energieversorger ihre Kunden sehen und wie wichtig es ist, dass sich die Kunden nicht mehr alles gefallen lassen.

Offline Cremer

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EWE warnt vor Kürzung der Gaspreis-Rechnung
« Antwort #1 am: 19. August 2005, 12:50:30 »
@jooster,

Lesen Sie bitte hier:

AG Euskirchen lehnt Feststellungsklage ab

Ist dieser Artikel eine Zeitungsreportage oder eine geschaltete Anzeige der EWE?
MFG
Gerd Cremer
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Offline RR-E-ft

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EWE warnt vor Kürzung der Gaspreis-Rechnung
« Antwort #2 am: 19. August 2005, 15:55:36 »
@jooster

Der Versorger sollte das Euskirchner Urteil allenfalls zum Anlass nehmen, seine Kunden davor zu warnen, ohne spezialisierte Hilfe überhaupt nicht erforderliche Feststellungsklagen zu erheben.

Die Verberaucherzentrale Brandenburg soll gerade Kunden sammeln, um wie in Hamburg und Bremen eine Sammelklage zu organisieren.

Man kann also getrost abwarten, wie sich die Dinge entwickeln.

Es ist grundsätzlich Sache des Versorgers, die Kunden zu verklagen und dabei die Erforderlichkeit und Angemessenheit der dramatischen Preiserhöhungen nachzuweisen.

Vielleicht hat jemand die Versorger mit Verweis auf das Mannheimer Gaspreisurteil davor gewarnt, zu klagen.

Allein deshalb sehen Verbraucherverbände selbst die Notwendigkeit, Feststellungsklagen zu erheben, um die Sache zu klären.

Eigentlich bedarf es solcher nicht.

Verbraucher sollten sich nicht allein auf den Weg von Feststellungsklagen begeben, die schon nicht notwendig sind.

Wenn jedoch eine solche Klage des Verbrauchers, mit welcher er die Feststellung der Unbilligkeit verlangt, abgewiesen wird, steht das prozessuale Gegenteil- die Billigkeit der Preiserhöhung - noch nicht fest, die Forderung ist immer noch nicht fällig.

Dass eine Klageabweisung nicht mit der gerichtlichen Feststellung des Gegenteils endet, mag manchen überraschen.

Anders ist die gute Stimmung beim BGW nicht zu verstehen.

Immerhin erhalten Verbraucher nun landauf landab Post mit einem Hinweis auf dieses Urteil, so wie es schon nach dem Koblenzer Urteil war.

Es handelt sich jedoch um eine wichtige prozessuale Nuance.

Dem Versorger kann es in Bezug auf einen Kunden allein deshalb vollkommen egal sein, wie der Streit um eine Feststellungsklage des Kunden ausgeht:

Einen fälligen Zahlungsanspruch hat er immer noch nicht und muss deshalb - wie auch sonst - vollkommen neu klagen, mit den widrigen Umständen, dass er die Billigkeit zu beweisen hat, weil diese gerichtlich noch nicht festgestellt wurde.

Bei geänderten Parteirollen im Prozess (alter Beklagter wird zum Kläger) ist oft auch schon wieder ein anderer Richter zuständig, der vollkommen anders entscheiden kann.......

Diesmal sitzen wohl die Verbraucher am längeren Hebel und so erwartet man es ja auch in einer Marktwirtschaft:

Die Konsumenten entscheiden, wieviel sie für ein Produkt zu zahlen bereit sind. Nur auf Monopolmärkten ist das anders.

Weil die Ölpreise wohl in Zukunft nur noch eine Richtung kennen werden, schafft die sog. Ölpreisbindung keinerlei Preisstabiltät und kann auch nicht als wirksamer Verbraucherschutz bezeichnet werden.


Wenn die Verbraucher als Kunden keine Ölpreisbindung wollen und wünschen, können sich auch kundenorientierte Gasversorgungsunternehmen solche Bezugsverträge nicht wünschen. Dies müsste sich in der Lieferkette fortsetzen.

Die Preise sind überall so zu kalkulieren, dass die Kosten gedeckt werden und darüber hinaus ein angemessener Gewinn erzielt wird, um Rückstellungen für notwendige Investitionen zu bilden und das eigene und aufgenomme Kapital angemessen zu verzienden.  

So werden überall Preise kalkuliert, nur scheinbar nicht bei der Gaswirtschaft.

Fraglich, ob Herr Dr. Brinker nicht tief stapelt.
Allein bei der Erdgas Südsachsen sind es 3.000 Kunden.

Zudem beflügelt er mit solchen Äußerungen nur den Protest.

Auch sog. Sonderkunden können sich wehren. Auch bei diesen unterfallen einseitige Preisanpassungen der Billigkeitskontrolle, wie das Landgericht Potsdam schon vor über einem Jahr urteilte.

Selbst sog. Preisgleitklauseln in Gaslieferungsverträgen unterliegen einer Inhalts- und Billigkeitskontrolle, wie das OLG Rostock urteilte.

Nur wer einen absolut individuell ausgehandelten Vertrag hat, kann sich nicht zur Wehr setzen, sondern muss ggf. den Vertrag kündigen, um einen neuen abzuschließen.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline jooster

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EWE warnt vor Kürzung der Gaspreis-Rechnung
« Antwort #3 am: 19. August 2005, 17:36:22 »
Herr Cremer,
es handelt sich wohl nicht um eine Anzeige der EWE, aber der Text und das eingebrachte Firmenemblem von der EWE deuten sehr darauf hin, dass der Text von dort geliefert wurde.
Weil dieser Text die Marschrichtung vieler Versorger für die Zukunft aufzeigt, übermittele ich ihn hier komplett

Vorstandschef Brinker verweist auf aktuelles Urteil
Die Gaswirtschaft sieht sich durch ein aktuelles Urteil bestätigt. Kunden müssen danach die volle Gaspreis-Erhöhung zahlen - auch wenn sie Widerspruch einlegen.
Friesland/GA - Der Oldenburger Energieversorger EWE wird von Kunden einbehaltene Teilbeträge der Gasrechnungen mit juristischen Mitteln einfordern. Das gilt nach den Worten des EWE Vorstandsvorsitzenden Dr. Werner Brinker notfalls auch für Kommunen wie die Stadt Schortens, die bekanntlich eine Klage gegen die jüngste Gaspreiserhöhung erwägt.
Hintergrund ist die Erhöhung des Gasarbeitspreises der EWE zum 1. August von 3,4 auf 3,88 Cente je Kilowattstunde (plus 14,2 Prozent). Bei unverändertem Grundpreis von 129 Euro ergibt sich nach Unternehmensangaben bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 30.000 Kubikmetern für Haushaltskunden eine Mehrbelastung von 167 Euro im Jahr (plus 12,6%). Der Landkreis Friesland gehört zum EWE-Versorgzungsgebiet.
Wie Brinker am Mittwochabend vor Journalisten in Bad Zwischenahn sagte, seien zwei Klagen gegen die Gaspreis-Erhöhungen anhängig. Aktuell habe es 2600 \"Kundenkontakte\" (Beschwerden, Widersprüche, Anfragen etc.) zu dem Thema gegeben. Damit könne, anders als bei der Presierhöhung in 2004 (plus 13 %) von einer Protestwelle keine Rede sein.
Mit Blick auf ein aktuelles Urteil warnte Brinker Gaskunden davor, der Empfehlung der Verbraucherzentrale Niedersachsen zu folgen, Widerspruch einzulegen und beispielsweise nur zwei Prozent der Gaspreiserhöhung zu zahlen. Die Verbraucherzentralen raten in Musterschreiben dazu, die Gaspreiserhöhung von 14 Prozent als \"unbillig\" (nach § 315 BGB) einzustufen. Danach werde die Preiserhöhung so lange nicht fällig, bis der Energieversorger die Billigkeit der Erhöhung durch die Offenlegung seiner Kalkulation nachgewiesen habe.
Die Gaswirtschaft hat eine andere Rechtsauffassung. EWE-Chef Brinker verweist auf ein aktuelles Urteil (Az 17 C 260/05 vom 5.8.2005) des Amtgerichtes Euskirchen. Die Richter stufen eine umfassende Billigkeits-Kontrolle bei Heizgas-Sonderkunden als unzulässig ein. Es reiche aus, wenn der Energieversorger die Steigerung seiner Bezugskosten darlege. Der Kläger wurde zur Zahlung des vollen Rechnungsbetrages verpflichtet und muss die Kosten des Rechtsstreites tragen.
Brinker lehnt es mit Blick auf die Konkurrenz strikt ab, die komplette Kalkulationsgrundlage für den Gaspreis der EWE offen zu legen. \"Wenn wir das machen würden, sind wir in zehn Jahren vom Markt\".
Der EWE-Vorstandsvorsitzende verweist auf ein Gutachten, wonach die EWE mit den bisherigen Gaspreisen eine Unterdeckung von 20 Millionen Euro erzielt habe. Anders als bei der Preisanhebung in 2004 habe man diesmal das Kartellamt im Vorfeld von der geplanten Erhöhung in Kenntnis gesetzt.

Offline RR-E-ft

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EWE warnt vor Kürzung der Gaspreis-Rechnung
« Antwort #4 am: 19. August 2005, 18:23:03 »
@jooster


Das Gutachten, wonach die bisherigen Gaspreise zu einer Unterdeckung in Höhe von 20 Mio EUR geführt haben sollen, möchte man sehen.


Wäre EWE als marktbeherrschendes Unternehmen tatsächlich mit Preisen auf dem Markt aufgetreten, die die eigenen Kosten nicht deckten, würde es sich um wohl kartellrechtswidrige Dumpingpreise gehandelt haben, die wohl das Bundeskartellamt auf den Plan rufen müssen.

Das Gutachten würde sich dann ggf. als Eigentor erweisen.

Die Frage ist, warum der Vorstand noch im Amt ist, wenn solche Verluste auflaufen.

Im Endeffekt ist es für den Kunden egal, weil das Äquivalenzprinzip im Vertragsverhältnis zu wahren ist:

Wenn sich ein Verkäufer zu seinen Lasten bei der Preiskalkulation \"vertut\" und dies für den anderen Teil nicht erkennbar ist, dann gilt nun einmal der vertraglich vereinbarte günstige Preis für den Kunden.

Der Kunde hat Glück, der Verkäufer Pech.

Jeder trägt sein unternehmerisches Risiko.

Sollte sich EWE in diesem Sinne tatsächlich vertan haben, ist das Unternehmen zu einer Korrektur durch eine überdurchschnittliche Preiserhöhung nicht berechtigt.

Zudem hätte sich EWE einen Vorteil im sog. \"Nuekundenwettbewerb\" verschafft, weil sich dann Neukunden gerade wegen der besonders günstigen Preise für Erdgas und somit gegen Heizöl entschieden hätten.

Diese Entscheidung würde durch eine unzulässige Preiskorrektur konterkariert.


Es ging auch mit den alten Preisen wohl noch immer gut.
Von Insolvenzgefahr war nichts zu hören.

Entsprechende Risiken und Folgen hat grundsätzlich der Vorstand des Unternehmens zu vertreten.

Wenn man diesen wegen einer Unterdeckung von 20 Mio EUR nicht zur Rechenschaft zieht, spricht dies für sich.


Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
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Offline Cremer

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EWE warnt vor Kürzung der Gaspreis-Rechnung
« Antwort #5 am: 19. August 2005, 19:54:49 »
@ Jooster,

wenn der Artikel so in der Wilhelmshavener Zeitung drinsteht mit Logo bzw. Emblem, dann muss ich kritisch fragen, ob diese Zeitung noch unabhängig ist.
 
Ist vielleicht die EWE anteilsmäßig an der Zeitung beteiligt??

Im Übrigen schlägt der Herr Brinker ordentlich Schaum und versucht die möglichen Widersacher zum Umdenken zu bringen damit keine Widersprüche einlegt werden.
MFG
Gerd Cremer
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Offline Cremer

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EWE warnt vor Kürzung der Gaspreis-Rechnung
« Antwort #6 am: 19. August 2005, 20:08:09 »
@ jooster,

habe auch mal im Geschäftsbericht 2004 geblättert.

Auch hier stelle ich fest, das wiederum ein Versorger sich anmaßt,
\"immernoch zu den günstigten Gasversorgern zu gehören\"

Ich habe bisher niemanden gesehen, der mal in den Geschäftsberichten diesen Satz oder so ähnlich nicht drinstehen hat.

Jeder will der Beste, der Günstigste, der Innovativste sein!!!

Wie lange wollen die Versorger uns Kunden noch für dumm verkaufen???

Wenn Herr Brinker meint, die EWE und damit er persönlich als Vorstandsvorsitzender haben 20 Millionen Unterdeckung erwirktschaftet, dann sollte man ihm schleunigst vom Aufsichtsrat den Laufpass geben.
MFG
Gerd Cremer
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