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Autor Thema: BGH, Urt. v. 23.06.09, Az. KZR 21/08, Kartellrechtswidrige Gaspreise gegenüber Haushaltskunden  (Gelesen 3183 mal)

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Offline tangocharly

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Mit der Entega-Entscheidung vom 23.06.2009 (KZR 21/08 ) hat der BGH vorgezeichnet, dass und wie die Methode, mit Dumping-Preisen aus dem \"eigenen Lager\" einerseits einen \"gut funktionierenden Wettbewerb\" und andererseits \"prima Wechselmöglichkeiten\" darstellen zu wollen, auch ins Auge gehen kann.

Anscheinend hat sich der Kartellsenat von der Kritik, welche die Entscheidung vom 10.12.2008 von Seiten der Versorgerwirtschaft erfahren hat, nicht beeindrucken lassen.

Das \"rumpelstilzchengleiche Aufstampfen\" des Kartellsenats (so ein professoraler Kostgänger)  gegen die \"unumstrittenen\" Protagonisten des \"Wärmemarkts\" hat sich doch immerhin auch beim VIII. Senat bemerkbar gemacht.

Und mit der vorstehend erwähnten Entscheidung zeigt sich deutlich, dass die Auffassung, auf dem Vor-, dem Mittel- und dem Nachmarkt werde immer mit den gleichen Preisen gewettbewerbt, eine fromme und keusche Denke theoretischer Natur ist.

Es ist wie es ist: im realen Leben gibt es eben nichts, was es nicht gibt.

Ach so:
Bei dem Vormarkt handelt es sich um denjenigen Markt auf dem sich die Investoren für ihre künftige Hausenergieversorgung tummeln.
Der Mittelmarkt ist der, den man auch als das \"15-jährige Gaskunden-Gefangenenlager\"  bezeichnet.
Und der Nachmarkt ist derjenige Markt, auf dem man diejenigen Kunden halten will, welche dem Gefangenenlager nach 15-jähriger Strafhaft entronnen sind.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

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Aus der Entscheidung ergibt sich, dass sich der einzelne Gaskunde (Letzverbraucher) gegenüber seinem eigenen Versorger auf eine kartellrechtswidrige Preisgestaltung der Gaspreise berufen kann und zwar auch dann, wenn die Kartellrechtswidrigkeit erst aus einem Verhalten mehrerer Unternehmen innerhalb eines Konzerns resultiert. Bestätigt wird die Monopolstellung eines Gasversorgers (so auch BGH, Urt. v. 28.10.2009 - VIII ZR 320/07 Tz. 46).

Die Leitsätze der Entscheidung könnten auch Bedeutung erlangen für Auseinandersetzungen zwischen Kunden von E.ON- und RWE- Regionalgesellschaften.

Zitat
Der für die Prüfung einer marktbeherrschenden Stellung eines Gasversorgers sachlich maßgebliche Markt ist kein einheitlicher Wärmeenergiemarkt, sondern der Markt für die leitungsgebundene Versorgung von Endkunden mit Gas. Das hat der Bundesgerichtshof zuletzt in seinem Beschluss vom 10. Dezember 2008 bestätigt und entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Senats (BGHZ 151, 274, 282 - Fernwärme für Börnsen; 176, 244 Tz. 12 - Erdgassondervertrag; BGH, Beschl. v. 10.12.2008 - KVR 2/08, WuW/E DE-R 2538 Tz. 12 - Stadtwerke Uelzen). In Übereinstimmung damit geht jetzt auch der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 19. November 2008 (BGHZ 178, 362 Tz. 18] von einer Monopolstellung des örtlichen Gasversorgers aus.

Zitat
Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte kein Normadressat des § 19 Abs. 4 GWB sein könnte, weil der Markt räumlich nicht auf das durch das Netz der H. versorgte Gebiet zu beschränken wäre. In räumlicher Hinsicht wird der relevante Markt - solange keine Veränderung der konkreten Wettbewerbsverhältnisse eintritt - durch das Versorgungsgebiet des einzigen örtlichen Anbieters leitungsgebundener Versorgung mit Gas bestimmt (vgl. BGHZ 156, 379, 384 ff. - Strom und Telefon I; BGH WuW/E DE-R 2538 Tz. 13 - Stadtwerke Uelzen).

 

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