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Autor Thema: Verjährungsverzicht unterzeichnen?  (Gelesen 15264 mal)

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Offline Gas-Rebell

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Verjährungsverzicht unterzeichnen?
« Antwort #15 am: 06. Dezember 2009, 19:59:05 »
@rkausg

Haben Sie einen Grundversorgungs- oder Sondervertrag? Haben Sie letzterenfalls auch aus ggf. fehlendem vertraglichen Preisanpassungsrecht widersprochen und ggf. auch eigene Rückforderungsansprüche geltend gemacht?

Jedenfalls würde ich allen Falschbehauptungen umgehend widersprechen und darauf hinweisen, dass die erhobenen Forderungen dem Grunde und der Höhe nach nicht nachvollziehbar sind. Zusätzlich würde ich den Versorger, wie hier beschrieben, auch auffordern, sich zur Billigkeitsprüfung ergänzend zu erklären. (reblaus kann Ihnen dazu sicher noch die ein oder andere sinnvolle Zusatzfrage nennen, wenn er sich aufraffen kann, auch auf meinen dortigen letzten Beitrag noch zu antworten.)

Schlusssatz wäre dann bei mir, dass ich nach Eingang der erbetenen Darlegungen gern prüfen werde, ob und in welchem zeitlichen Umfang die Abgabe eines Verjährungseinredeverzichts in Frage kommt und dass ich (sofern ich auch Forderungen gegen den Versorger hätte) jedenfalls auch um Mitteilung bitte, ob dort ebenfalls Bereitschaft zum Verjährungsverzicht besteht, da ich andernfalls gezwungen wäre, selbst noch diesjährig Klage zu erheben.

P.S. Kleiner Tipp am Rande: Ich würde den Namen Ihres Versorger sowie Ihren genauen Wohnort mit PLZ aus Ihrem obigen Beitrag bzw. Profil wieder entfernen. Zusammen mit Ihren Initialen \"rk aus g\" sind Sie nämlich sonst leicht für diesen identifizierbar. Ihr Versorger wird sich dann freuen, über all Ihre Probleme und Vorhaben schon im Voraus Bescheid zu wissen.

Offline reblaus

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Verjährungsverzicht unterzeichnen?
« Antwort #16 am: 07. Dezember 2009, 14:04:52 »
Fragen die im Rahmen einer Unbilligkeitseinrede an den Versorger zu stellen wären.

a. Kann der Versorger ausschließen, dass er mit seinem Vorlieferanten einen kartellrechtswidrigen Gasbezugsvertrag abgeschlossen hat. Dies wäre dann gegeben, wenn er positive Kenntnis davon hat, dass sein vor dem 30.09.2007 gültiger Gasbezugsvertrag mindestens eines der folgenden Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt.

Der Vertrag läuft mindestens zwei Jahre und beinhaltet eine Abnahmeverpflichtung von mindestens 80% der gesamten vom Versorger bezogenen Gasmenge oder die Laufzeit beträgt mindestens vier Jahre bei einer Abnahmeverpflichtung von mindestens 50% der insgesamt bezogenen Gasmenge.

Die gesamte nach den vorgenannten Vertragsbedingungen vertriebenen Gasmengen des Vorlieferanten betragen mindestens 30% des gesamten Gasabsatzes im Marktgebiet zur Belieferung von Regional- und Ortsgasversorgern.

b. Hat der Vorlieferant die Preisgestaltung des gesamten Gasbezug des Versorgers mittels Anlegbarkeitsprinzip geregelt, so dass im gesamten streitigen Zeitraum auch die an Industriekunden oder Kraftwerke bzw. Wärmekraftwerke bestimmten Gasmengen mit Preisen abgerechnet wurden, die an die Preisentwicklung der jeweils maßgeblichen Energieträger wie leichtes oder schweres Heizöl oder Stein- bzw. Braunkohle gebunden waren?

c. Hat der Gasversorger die Preise für Gewerbe-, Industrie- und Kraftwerkskunden und die internen Verrechnungspreise für selbst betriebene Wärmekraftwerke im streitgegenständlichen Zeitraum in dem Umfang verändert, wie dies bei auf Grundlage des Anlegbarkeitsprinzips gestiegenen Gasbezugskosten angemessen gewesen wäre? Wenn Gestehungskostenerhöhungen nicht in vollem Umfang weitergegeben wurden, geschah dies in einer günstigeren Weise als bei den Lieferverträgen für Privatkunden?

d. Wurden bei der Ermittlung der Bezugskostensteigerungen berücksichtigt, dass vereinbarte Boni, Rabatte, Marketingzuschüsse und andere vom Vorlieferanten gewährte geldwerte Vergünstigungen, die nominalen Preissteigerungen vermindern?

e. Handelt es sich bei den Preissteigerungen für den Gasbezug um Preissteigerungen, die den gesamten Gasbezug des Versorgers umfassen, oder um Preissteigerungen für den zur Belieferung von Privatkunden bestimmten Teil des Gesamtbezuges?

f. Nach welcher Methode wurde die Billigkeit der Preiserhöhung berechnet? Nach welchen Kriterien wird der Zeitpunkt bestimmt, zu dem eine Kostenänderung auf die Preise umgelegt wird?

g. Welche Maßnahmen wurden getroffen, um die Kosten zu senken? Welche Anstrengungen wurden unternommen, um einen günstigeren Vorlieferanten zu gewinnen?

h. Wurde die Methode zur Feststellung der billigen Preiserhöhung anhand der Zahlen aus der GuV daraufhin überprüft, ob die dadurch tatsächlich erzielten Mehreinnahmen die spezifischen tatsächlichen Kostensteigerungen nicht überschreiten?

Die Auflistung ist unvollständig und muss den individuellen Gegebenheiten angepasst werden. Gibt der Versorger Informationen z. B. mittels eines WP-Testats sind dort beantwortete Fragen nicht mehr zu stellen. Hingegen kann ein WP-Testat weitere Verständnisfragen hervorrufen.

Offline rkausg

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Verjährungsverzicht unterzeichnen?
« Antwort #17 am: 07. Dezember 2009, 22:37:11 »
Danke für die schnellen Reaktionen und auch für den Tipp, den Eintrag zu anonymisieren. Ich habe allerdings einen gleichlautenden Beitrag auch unter der Rubrik Stadt/Versorger eingestellt, um auch vorort mit anderen Betroffenen vernetzt zu sein.
Ich werde aber zukünftig noch mehr darauf achten, dem Versorger keine Argumente oder Vorteile frei Haus zu liefern.
-  Grundversorungs- oder Sondervertrag unklar:
Ich beziehe Gas seit 1998 zunächst abgerechnet im sogenannten Heizgastarif ohne Grundpreis(daneben gab es noch einen Grundpreistarif und einen Kleinverbrauchstarif).2000 wurden die Tarife in 1,2 und 3 umbenannt und durch Angabe von Jahresmengen unterschieden. Der für meinen Verbrauch zutreffende Tarif 3 hatte ab da auch einen Grundpreis.
Der Versorger hatte bis mind. 12/2004 die Rechtsform \"Körperschaft des öffentlichen Rechts\". Durch Veröffentlichung in der Zeitung wurde dann Ende Juli 2005 eine \"Anpassung der allgemeinen Tarife für die Versorgung mit Erdgas..\" zum 01.08.2005 bekanntgegeben inzwischen durch eine\"..Versorgungs GmbH\". Nach wechselnden Absendern von Jahresverbrauchsabrechnungen und sonstigen Schreiben dann in 11/2007 eine Aussage des Versorgers zum Thema: \".. Vereinfachen wir.. die Grundversorgung. Aus Tarif 1, 2 und 3 werden ...Grundversorgung \"Mini\" und Grundversorgung \"...\"\". Auf der Rückseite eine Tabelle, deklariert als \"Tarifblatt .. für die Grund- und Ersatzversorgung gemäß §§36 Abs. 1 und 38 Energiewirtschaftsgesetz\". In der Diskussion hier im Forum ist aber häufig davon die Rede, dass bei Gasbezug zu Heiz- und Kochzwecken oder bei Vorhandensein mehrerer Tarife immer ein Sondervertrag vorliegt.  ?(
Ich habe erstmals gegen die o.g. angekündigte Preiserhöhung und die vorausgehenden seit dem 01.10.2004 den Einwand der Unbilligkeit unter Verwendung des damaligen Musterschreibens im Herbst 2005 vorgebracht und anschließend aus Anlass jeder Jahresverbrauchsabrechnung wiederholt(Grundversorgung). Neben dem Einwand der Unbilligkeit habe ich jeweils auch die Berechtigung zur einseitigen Preisanpassung angezweifelt(Sondervertrag). Auch durch das Musterschreiben wurde sicherheitshalber die bis zum 30.09.04 geltenden Preise als unbillig gerügt.
Na mal sehen, wie es weitergeht.

Offline bolli

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Verjährungsverzicht unterzeichnen?
« Antwort #18 am: 08. Dezember 2009, 08:55:58 »
Zitat
Original von rkausg
...In der Diskussion hier im Forum ist aber häufig davon die Rede, dass bei Gasbezug zu Heiz- und Kochzwecken oder bei Vorhandensein mehrerer Tarife immer ein Sondervertrag vorliegt.  ?(...
Nun, da sind wir wieder bei einer der großen Unbekannten in dieser Angelegenheit. Es gibt derzeit noch unterscheidliche Rechtssprechung zu der Frage, ob eine Bestpreisabrechnung bereits einen Sondervertrag darstellt oder nicht. Das OLG Düsseldorf sieht dieses z.B. so [/Url=http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=12212] OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.06.09 - VI - 2 U (Kart) 14/08 [/Url]. Der BGH hat sich in DIESER Konstellation noch nicht zu dem Thema geäußert.

Insofern ist Ihr Vorgehen mit Anzweifeln des Preisanpassungsrechts sowie Einwand der Unbilligkeit durchaus richtig.

Der Rest ist abwarten bzw. aufpassen, dass keine Ansprüche verloren gehen. Aber auch das ist nicht so einfach, da derzeit auch noch nicht ganz klar ist, wie hoch die Ansprüche überhaupt sind.

Dabei ist zumindest in Sondervertrag und Grundversorgung zu unterscheiden. Beim Sondervertrag und unwirksamer Preisanpassungsklausel gibt es zwei Meinungen in der Rechtssprechung und hier im Forum:
1. Es gilt der Preis, zu dem man erstmalig Widerspruch erhoben hat (z:b. ab 10/2004), da die vorherigen Preisanpassungen zwar aufgrund unwirksamer Preisanpassungsklausel vorgenommen wurden, der Verbraucher aber durch seine widerspruchlose Zahlung quasi stillschweigend sein Einverständnis gegeben hat. So sehen es z.B. auch die OLG Frankfurt und Dresden oder
2. Aufgrund der unwirksamen Preisanpassungsklausel wurde nie eine Preisanpassung wirksam vereinbart. Es gilt somit weiterhin der Preis zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, egal wie weit dieser zurückliegt. Ein stillschweigendes Anerkenntnis solcher Preiserhöhungen gibt es im privaten (nichtkaufmännischen) Geschäftsverkehr nicht. So sieht es u.a. das OLG Hamm OLG Hamm, Urt. v. 29.05.2009, Az. I- 19 U 52/08 . Meines Wissens hat auch der BGH im Mietrechtsbereich schon diese Meinung vertreten (finde die Quelle von RR-E-ft im Augenblick nicht). Im Energiebereich liegt hier aber noch keine entsprechendes Urteil vor.

In der Grundversorgung muss man derzeit wohl von dem sogenannten Preissockel bei Vertragsschluss ausgehen und danach jeder einzelnen Preiserhöhung wegen unbilligkeit widersprechen. Tut man dieses nicht, gilt diese Preiserhöhung wegen des einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers als vereinbart. Diese Unbilligkeitsrüge erst wesentliche Zeit später einzulegen, wird vom BGH nicht akzeptiert. Allerdings ist derzeit noch nicht ganz klar, innerhalb welcher Zeit dieser Unbilligkeitseinwand kommen muss.

 

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