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Autor Thema: Unzulässige Saldoklagen?  (Gelesen 4946 mal)

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Offline agilius

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Unzulässige Saldoklagen?
« am: 26. November 2009, 17:02:12 »
ich würde gern Ihre Meinung zu folgendem Gesichtspunkt hören:

Gemäß § 253 ZPO ist die Geltendmachung eines unterschiedslos zusammengefassten Teils mehrerer selbständiger prozessualer Ansprüche unzulässig, weil dann der individuelle Umfang der einzelnen Ansprüche nicht erkennbar ist (unzulässige Saldoklage)

Demgemäß wird man die klageweise Geltendmachung von Zahlungsnachforderungen aus verschiedenen Abrechnungen als selbständige prozessuale Ansprüche verstehen müssen, zumal dann, wenn in der Vergangenheit verschiedene Preiserhöhungen (wohlmöglich auch noch aus unterschiedlichen Gründen)  stattgefunden haben. Die Geltendmachung einer kummulierten Summe ohne Aufgliederung dürfte dann nicht zulässig sein.

Hat das die mit Zahlungsklagen der Versorger befaßten Gerichte schon einmal beschäftigt?

Offline nomos

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Unzulässige Saldoklagen?
« Antwort #1 am: 26. November 2009, 17:41:37 »
@agilius, ich kann dazu nichts beitragen, möchte aber die Frage um den Mahnantrag erweitern.

§ 690(1)ZPO stellt Anforderungen an die Bezeichung des Anspruchs. Wie sieht das im genannten Zusammenhang zum Beispiel bei der Verjährung aus? Tritt die Hemmung überhaupt ein, wenn die einzelnen Ansprüche  (siehe oben) nicht erkennbar sind?

Gab es schon Streitfälle wegen unzureichender Bezeichnung der Ansprüche aus Energielieferungen in Mahnbescheiden; bzw. um die generelle Wirkung eines Mahnbescheids oder im Hinblick auf die  Verjährungsfrage (Hemmung)?

Damit das noch etwa komplexer wird, wie sieht das dann mit den einzelnen Abschlagsforderungen aus. Handelt es sich jeweils um eine separate Forderung? Im Forum wurde schon als herrschende Meinung festgestellt, dass die Fälligkeit erst mit der Rechnungserstellung eintritt. Ohne Rechnung keine Fälligkeit = keine Verjährung, allenfalls eine Verwirkung.  

Hier z.B. sind aber bereits die einzelnen Abschlagszahlungen fällig: Mahnkosten bei verspäteten Abschlagzahlungen

Beginnt die Verjährung jetzt doch für jede einzelne \"fällige\" Abschlagszahlung nach § 199 BGB oder ..... Saldo³ usw.

Dann wären wir ja beim Kontokorrentsaldo (@reblaus): Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit
angelangt. Da fehlt wohl die Rechtsgrundlage - wann wo vereinbart?  Oder das Kontokorrentverhältnis müsste wieder per Rechtskunst konstruiert werden (à la BGH & Co.  ;) ).

Offline RR-E-ft

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Unzulässige Saldoklagen?
« Antwort #2 am: 27. November 2009, 00:09:59 »
Die erste Handelskammer des LG Gera hat eine unzulässige Saldoklage mal in mündlicher Verhandlung thematisiert, die Zahlungsklage des Versorgers jedoch aus anderen bemerkenswerten  Gründen abgewiesen.

Bei Abschlägen handelt es sich um eine Art  Vorauszahlungen auf die künftige Verbrauchsabrechnung. Es handelt sich zunächst um zu den vom Versorger bestimmten Terminen gem. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB fällige Forderungen. Wurde für den entsprechenden Verbrauchszeitraum jedoch eine Verbrauchsabrechnung nach Rechtshängigkeit  bereits erstellt, können daneben Abschläge auf diese bereits erfolgte Abrechnung nicht mehr gesondert offen stehen. Das gesonderte Einklagen von Abschlagsanforderungen ist mithin mit der Tücke behaftet, dass diese sich mit der nachfolgenden Verbrauchsabrechnung regelmäßig erledigen.  Wird dann - statt dessen - ein offener Rechnungsbetrag aus der nachfolgenden Verbrauchsabrechnung eingeklagt, handelt es sich um eine Klageänderung. Der Streitgegenstand der Klage ändert sich. Wird die Klage nicht geändert, wird sie wegen (nachträglich eingetretener) Unbegründetheit abzuweisen sein. Zunächst fällige Abschlagsansforderungen erledigen sich durch die nachfolgende Verbrauchsabrechnung regelmäßig, noch bevor sie selbst überhaupt verjähren können.

Die Frage, ob die Erhebung  einer - hinsichtlich des Streitgenstandes bis zu einer Änderung zunächst - zu unbestimmte Klage die Verjährung hemmt, ist ein weites Feld.

Offline RR-E-ft

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Unzulässige Saldoklagen?
« Antwort #3 am: 09. Dezember 2009, 15:57:24 »
Eine unzulässige Saldoklage wird im rechtskräftigen Urteil des AG Starnberg vom 22.10.2009 - 6 C 2038/08 thematisiert. Die Klage wurde auch aus weiteren Gründen abgewiesen.

 

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