Es erscheint unwahrscheinlich, dass vom LG Braunschweig die Revision zugelassen wurde.
Für andere Gaskunden des Unternehmens hat die Entscheidung keine Bedeutung, da in deren Verfahren (abhängig von der Frage des Bestehens eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts und des Zusammenspiels von Darlegen, Bestreiten, Beweisen) ein anderes Ergebnis herauskommen kann. So hatte das AG Erfurt ebenso Klagen von Tarifkunden gegen Gaspreiserhöhungen eines Stadtwerks abgewiesen, das LG Erfurt als Berufungsgericht wegen Billigkeit der Preisänderungen die dagegen gerichte Berufung (rechtskräftig) zurückgewiesen. Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Erfurt hat jedoch die Zahlungsklage des selben Versorgers gegen einen anderen Gaskunden in einem Parallelverfahren wegen nicht nachgewiesener Billigkeit eben jener streitigen Preiserhöhungen abgewiesen.
Jedes Verfahren hat sein eigenes Schicksal.
Bei bestehendem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht ist jede einzelne einseitige Preisänderung auf ihre Billigkeit hin zu kontrollieren.
Zunächst stellt sich dabei die Frage, ob wann in welchem Umfang warum die Bezugs
kosten (gesamte Bezugskosten und nicht etwa Teilmengen) etwaig gestiegen sind und ggf. ob ein solcher Anstieg zur Anpassung an die Marktverhältnisse auf dem vorgelagerten Markt (Großhandelsebene) jeweils erforderlich und angemessen war, wofür die Entwicklung der Erdgasimportpreise und der Gaspreise an freien Handelspunkten einen Anhalt geben kann. Auf dem Großhandelsmarkt gibt es nur Erdgas, teils in Form von Bandlieferungen, jedoch kein \"Kommunalgas\". Die Gasbezugs
kosten dürfen nicht mit den Gasbezugs
preisen verwechselt werden.
Auch die Frage, ob Erdgas so kostengünstig wie möglich beschafft wurde, spielt dabei eine Rolle.
Weiter stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfange ein entsprechender Anstieg bei dem preisbildenden Kostenfaktor Bezugskosten durch sinkende Kosten bei anderen preisbildenden Kostenfaktoren ggf. ausgeglichen werden konnte.
Selbst bei einem Einspartenunternehmen lässt sich die letzte Frage allein anhand der Zahlen aus der GuV nicht mit hinreichender Sicherheit beantworten, wenn es mehrere Kundensegmente (Standardlastprofilkunden, leistungemessene Kunden) gibt, weil sich die übrigen Kosten innerhalb verschiedener Kundensegmente völlig unterschiedlich (gegenläufig) entwickelt haben können.
Dies wird allein bei der Entwicklung der Netzkosten anhand der behördlichen Netzentgeltgenehmigungen deutlich, wo die Netzkosten (\"Netzentgelte\") für Standardlastprofilkunden abgesenkt, für leistungsgemessene Kunden gleichzeitig erhöht worden sein könnten.
Mann muss schon wissen, welche weiteren preisbildenden Kostenfaktoren überherhaupt in den konkret jeweils einseitig festgesetzten Preis einfließen, welchen Anteil in Ct/ kWh diese einzeln am jeweils einseitig festgesetzten Preis haben und wie sich diese weiteren maßgeblichen preisbildenen Kostenfaktoren einzeln jeweils von Preisneufestsetzung zu Preisneufestsetzung in Ct/ kWh ggf. verändert hatten. Soweit sich der Gaspreis aus Grund- und Arbeitspreis zusammensetzt, kann auch die jeweilige Entwicklung der preisbildenden Kostenfaktoren, die den Grundpreis ausmachen, relevant sein.
Auf entsprechendes Bestreiten und substantiierten Vortrag des Versorgers wird regelmäßig ein
gerichtliches Sachverständigengutachten für die Beurteilung der Frage der Billigkeit notwendig sein, weil es dem Gericht an eigener Sachkunde fehlen wird. Beim
gerichtlichen Sachverständigengutachten handelt es sich- im Gegensatz zum Parteigutachten - um ein zulässiges Beweismittel (vgl. BGH, Urt. v. 08.07.2009 - VIII ZR 314/07).
Siehe zur Vertiefung auch:
Hinweisbeschluss LG Köln v. 07.01.09AG Oldenburg, Urt. v. 19.01.09LG Dortmund, Urt. v. 20.08.09