Energiepreis-Protest > wbm - Wirtschaftsbetriebe Meerbusch
WBM: unwirksame Preisänderungsklausel?
energie-fair:
--- Zitat ---Original von courage
Kann eine Preiserhöhung trotz unwirksamer Preisanpassungsklausel einen Betrugsverdacht begründen? Dazu wird hier diskutiert.
--- Ende Zitat ---
Danke für den Hinweis auf die interessante Diskussion. Wenn wir hier nur fragen: Ist eine Preiserhöhung des städtischen Versorgers Wirtschaftsbetriebe Meerbusch trotz unwirksamer Preisanpassungsklausel moralisch in Ordnung?
In diesem Zusammenhang ein Zitat aus der RP vom 16.09.09: Der Bürgermeister und WBM-Aufsichtsratvorsitzende hält das Ganze für ein ausgemachtes Juristenproblem. \"Unsere Geschäftspolitik war und ist moralisch korrekt\", sagt er.
reblaus:
Der Versorger kann die Klauseln in einem Vertrag nie einseitig durch neue Vertragstexte ersetzen. Dafür ist immer die Zustimmung des Kunden erforderlich. Eine Vertragsänderung kann durch eine Änderungskündigung erfolgen. Dann bietet der Versorger dem Kunden die Änderung des Vertrages an. Für den Fall, dass der Kunde dieses Angebot nicht annimmt, kündigt der Versorger das bestehende Vertragsverhältnis zum nächst möglichen ordentlichen Kündigungstermin.
Die Frage, ob der anfängliche Vertragspreis gültig ist, oder der letzte unwidersprochene Preis wird hier diskutiert. Die Gegenmeinung zu OLG Hamm wird von OLG Frankfurt, OLG Koblenz, OLG Oldenburg, LG Dresden und zuletzt LG Regensburg vertreten.
Wenn dem Versorger kein einseitiges Preisänderungsrecht zusteht, kann er die Preise nicht einseitig ändern. Versucht er es dennoch, sind entsprechende Bemühungen ohne rechtliche Bedeutung. Die auf solchen Preiserhöhungen basierenden Abrechnungen sind offensichtlich fehlerhaft. Nachzahlungen brauchen nicht bezahlt zu werden. Der Kunde hat Anspruch auf Erstellung einer fehlerfreien Abrechnung, und kann diesen Anspruch durch Wahrnehmung seines Zurückbehaltungsrechtes erzwingen.
Verbraucher und Versorger sollten sich darauf konzentrieren, ihre jeweilige Vertragserfüllung in rechtlich korrekter Weise auszuführen. Moralische Gesichtspunkte spielen in einem Vertragsverhältnis keine Rolle, wenn sie nicht kodifiziert sind.
Wenn der Versorger trotz Kenntnis von der Unwirksamkeit seiner Klausel, seinen Kunden dennoch erhöhte Preise abnimmt, trifft ihn die verschärfte Haftung nach § 819 BGB. Dies gilt auch, wenn er weiß, dass er seinen Kunden Rückzahlungen zu leisten hat, und dies nicht in die Wege leitet. Die Verjährung ist in diesem Fall gehemmt.
Die Weigerung sich ins Unvermeidliche zu fügen, bringt keinerlei Nutzen.
Christian Guhl:
--- Zitat ---Original von reblaus
Wenn der Versorger trotz Kenntnis von der Unwirksamkeit seiner Klausel, seinen Kunden dennoch erhöhte Preise abnimmt, trifft ihn die verschärfte Haftung nach § 819 BGB. Dies gilt auch, wenn er weiß, dass er seinen Kunden Rückzahlungen zu leisten hat, und dies nicht in die Wege leitet. Die Verjährung ist in diesem Fall gehemmt.
--- Ende Zitat ---
Wenn also ein Versorger eine eindeutig unwirksame Klausel (z.B. keine Pflicht zur Preissenkung) verwendet, muss er von sich aus tätig werden und den Kunden Erstattungen zahlen ? Da die Versorger über umfangreiche Rechtsabteilungen verfügen, muss man davon ausgehen, dass in jedem Fall die Kenntnis der Unwirksamkeit besteht. Spätestens seit den entsprechenden BGH-Urteilen über die Pflicht zur Preissenkung ist in den entsprechenden Fällen die Verjährung gehemmt ?
energie-fair:
Die Wirtschaftsbetriebe Meerbusch nehmen die Preiserhöhung vom 1.10.2009 zurück. Grund ist die Abmahnung der Verbraucherzentrale wegen der ungültigen Preisanpassungsklausel. Das berichtet heute die Rheinische Post:
http://www.rp-online.de/public/article/meerbusch/764532/Gas-in-Meerbusch-wird-bald-teurer.html
Voraussichtlich Mitte Oktober sollen die Kunden neue Verträge bekommen, in denen diese Klausel geändert ist. Gleichzeitig soll ein neuer Preis festgesetzt werden. Aussage des Geschäftsführers:
--- Zitat ---Voraussichtlich liegt er über unserem jetzigen, ausgesprochen niedrigen Preis. Wie hoch der Preis ausfallen, und ab wann er fällig wird, wird in der Aufsichtsratssitzung am 7. Oktober entschieden. Bis dahin kann ich keine verbindliche Auskunft geben.
--- Ende Zitat ---
Unter http://www.verivox.de sieht man aktuell, dass der „ausgesprochen niedrige Preis“ der WBM von 3 Wettbewerbern unterboten wird. Damit besteht für den Kunden durchaus die Möglichkeit, bei Kündigung durch die WBM zu einem anderen Versorger zu wechseln.
Bei den WBM besteht demnach weiterhin die Absicht, die gültigen längerfristigen Verträge kurzfristig durch neue Verträge zu ersetzen.
Keine neue Information gibt es zu der Frage, ob die in den Vergangenheit von den Kunden zuviel einbehaltenen Beträge rückerstattet werden.
energie-fair:
Die WBM sind jetzt doch davon abgekommen, den Kunden die bestehenden Verträge kurzfristig Mitte Oktober zu kündigen und neue Verträge mit höheren Preisen und neuer Preisanpassungsklausel anzubieten. Wie die Rheinische Post am 24.11.2009 berichtet, sollen nach Aussage des Aufsichtsrat-Vorsitzenden (und Bürgermeisters der Stadt Meerbusch) die Verträge im Rahmen der ordentlichen Kündigungsfrist zum 30.09.2010 gekündigt werden. Bis dahin haben die WBM ja aufgrund der abgegebenen Unterlassungserklärung nicht das Recht, die Preise zu erhöhen. Für die Kunden ist das erfreulich, weil auch die zunächst für den Beginn der Heizperiode angekündigte Preiserhöhung nicht kommt.
Außerdem ist damit auch Zeit gewonnen, sich in Ruhe nach einem preisgünstigeren und kundenfreundlichen Lieferanten umzusehen. Zurzeit gibt es laut Verivox in Meerbusch schon 8 Gasversorger, die Zahl wird sicher bis September 2010 weiter zunehmen.
Was die unberechtigten Preiserhöhungen den letzten Jahre angeht, weist die Verbraucherzentrale NRW darauf hin, dass die überzahlten Beträge für die Jahre 2006 bis 2008 zurückgefordert werden können, da sie noch nicht verjährt sind. Überschlägig handelt es sich bei 7.500 Kunden mit einem Erstattungsanspruch von durchschnittlich fast 900 EUR um eine Summe von 6 Mio. EUR. Dafür Rückstellungen vorzunehmen, hält der AR-Vorsitzende nicht für nötig.
Die WBM versucht hier auf Zeit zu spielen, da ja zum Jahresende wieder Rückerstattungsansprüche verfallen. Kunden, die ihre Ansprüche schon angemeldet haben, wurden vertröstet: \"Wir haben ihren Rückforderungsanspruch aufgenommen und werden zu gegebener Zeit unaufgefordert auf Sie zukommen.“ Die VZ NRW weist darauf hin, dass damit die Verjährung nicht gehemmt wird, sondern ein gerichtlicher Mahnbescheid gegen die WBM erforderlich ist, um die 3-jährige Verjährung zu hemmen.
Der AR-Vorsitzende „vertritt die Auffassung, den Gaskunden stehe keine Rückerstattung zu, weil der Gaspreis von 2007 bis 2009 um 0,2 Cent pro Kilowattstunde gesunken sei.“ Die VZ NRW hält dagegen „das Verhalten der WBM für irreführend. Der Verbraucher solle offensichtlich getäuscht werden. Die WBM könne sich nicht die Zeitspanne herausgreifen, die ihr genehm sei.“
Den vollständigen Artikel der RP finden Sie hier:
http://www.rp-online.de/duesseldorf/meerbusch/nachrichten/meerbusch/WBM-spielen-auf-Zeit_aid_786507.html
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