Energiepreis-Protest > wbm - Wirtschaftsbetriebe Meerbusch
WBM: unwirksame Preisänderungsklausel?
energie-fair:
Die Rheinische Post schreibt am 22.08.2009:
http://www.rp-online.de/public/article/meerbusch/747870/Gas-wird-teurer.html
Darin wird anlässlich der neuen Gaspreiserhöhung zum 1. Oktober 2009 über die rechtsunwirksame Preisanpassungsklausel der Wirtschaftsbetriebe Meerbusch in Sonderverträgen berichtet.
Diese Klausel lautet: „Die WBM ist berechtigt, die Gaspreise zu ändern, wenn eine Preisänderung durch den Vorlieferanten der WBM erfolgt.“
Zu der genau gleichlautenden Preisanpassungsklausel eines anderen Versorgers hat ja der Bundesgerichtshof geurteilt, diese „benachteiligt den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist unwirksam.“ Siehe KZR 2/07 vom 29. April 2008.
Zitate aus dem RP-Artikel: Ob dieses Verfahren (der Preiserhöhung) rechtlich so in Ordnung ist, darüber herrschen selbst bei den WBM Zweifel. In 14 Tagen treffen sich Juristen und Fachleute, um die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in ihrer Auswirkung auf Meerbusch zu diskutieren. Zuletzt im vergangenen Monat haben die Richter des Zivilsenats am Bundesgerichtshof geurteilt, dass Preisanpassungsklauseln für so genannte Sonderkunden rechtsunwirksam seien. Geklagt hatte ein Verbraucherverband in Norddeutschland. Schon im vergangenen Jahr waren Kläger aus Sachsen mit derselben Begründung erfolgreich.
Auch in Meerbusch sind die meisten Gasbezieher Sonderkunden und die Verträge mit entsprechender Klausel versehen. Wer mehr als 6000 Kilowattstunden im Jahr bezieht, hat mit den WBM einen Sondervertrag abgeschlossen.
Bislang, so Momm, hätten die WBM weder mit Sammelklagen oder Bürgerinitiativen zu tun. Es sei auch kein Verfahren wegen der Gaspreise anhängig. \"Wir sind nämlich einer der günstigsten Anbieter in der Region und haben mit der Kundschaft keine Probleme\", sagt Momm.
Ende der Zitate.
Auf das Ergebnis der Diskussion von „Juristen und Fachleuten“ darf man gespannt sein.
energie-fair:
Die Diskussion um die Preisanpassungsklausel der WBM geht weiter, siehe Rheinische Post vom 16.09.2009:
http://www.rp-online.de/public/article/meerbusch/758177/Abmahnung-fuer-die-WBM.html
Zur Preisanpassungsklausel:
--- Zitat ---Selbstverständlich akzeptieren die WBM die Entscheidung des BGH...Gemeinsam mit dem Verband der kommunalen Unternehmen und dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft werden die WBM mit dem juristischen Sachverstand der beiden Verbände eine brancheneinheitliche Lösung des Problems anstreben und aktiv unterstützen...Die Wirtschaftsbetriebe werden die Sonderkundenverträge mit privaten Gaskunden in Kürze durch neue Vertragstexte ersetzen.
--- Ende Zitat ---
Zur Abmahnung der Verbraucherzentrale bezüglich Preisanpassungsklausel:
--- Zitat ---Die Wirtschaftsbetriebe Meerbusch stehen mit dem Rücken zur Wand: Die Verbraucherzentrale (VZ) Nordrhein-Westfalen hat den Gasversorger aufgefordert, seine rechtsunwirksame Preisanpassungsklausel in den Verträgen mit Privatkunden nicht mehr zu verwenden.
--- Ende Zitat ---
Zu Rückzahlungsansprüchen:
--- Zitat ---Was den Rückzahlungsanspruch für zu viel gezahlte Beträge anbetrifft, macht der WBM-Geschäftsführer den Verbrauchern wenig Hoffnung. \"Mit dem Zahlen des Rechnungsbetrags hat der Kunde sein Einverständnis erteilt\", meint er...
Das sei die der Verbraucherzentrale bekannte weit verbreitete Haltung der Energieversorger, gleichwohl nach VZ-Meinung aber eine kaum haltbare Position. Es gebe schon Urteile zum Beispiel des Oberlandesgerichts Hamm, die eine solche Haltung verwerfen. VZ-Ratschlag: Der Verbraucher sollte prüfen, ob er einen Vertrag als Sonderkunde mit entsprechender Preisanpassungsklausel habe und ausrechnen, welche Erstattung ihm zustehe. \"Wir sind dabei, ein Berechnungswerkzeug zu erstellen\". Die Kunden mit so genannten Sonderverträgen können rückwirkend für mindestens drei Jahre die zu viel gezahlten Beträge einfordern. Die Auffassung ist laut VZ juristisch unbestritten. \"Da kommt für den ein oder anderen Energieversorger unter Umständen eine Summe in erheblicher Höhe zusammen.\"
--- Ende Zitat ---
Die Leser der RP konnten in einer Tagesumfrage beantworten, ob sie die Rückerstattung überzahlter Beträge von den WBM fordern wollen. Darauf antworteten 75 % mit Ja.
Zur aktuellen Preiserhöhung:
--- Zitat ---Gerade erst haben die WBM eine Preiserhöhung zum 1. Oktober um 5,9 Prozent von 3,89 auf 4,12 Cent pro Kilowattstunde angekündigt und sich in der Begründung auf die vom Bundesgerichtshof (BGH) als unwirksam bezeichnete Klausel bezogen.
--- Ende Zitat ---
Wie realistisch sind diese Vorstellungen der WBM?
1) Kurzfristiger Ersatz der gültigen (längerfristigen) Sonderverträge durch neue Verträge.
2) Keine Rückzahlung der zu viel gezahlten Beträge an die Kunden.
3) Preiserhöhung zum 1. Oktober 2009 trotz Abmahnung.
courage:
Kann eine Preiserhöhung trotz unwirksamer Preisanpassungsklausel einen Betrugsverdacht begründen? Dazu wird hier diskutiert.
reblaus:
Ein Sondervertrag kann grundsätzlich gekündigt werden. Hierbei kommt es zum einen auf die vertraglichen Vereinbarungen an. Wenn keine vertraglichen Vereinbarungen getroffen wurden, gilt die gesetzliche Regelung.
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist streitig, ob ein Rückforderungsanspruch bei fehlendem Widerspruch besteht. Die Mehrzahl der Gerichtsentscheidungen lehnt dies ab. Die Begründungen verstoßen aber nach meiner Ansicht gegen die vom BGH aufgestellten Grundsätze. Die Mindermeinung hat klar die besseren Argumente, und den BGH auf ihrer Seite.
Wenn dem Versorger kein einseitiges Preisanpassungsrecht zusteht, kann er die Preise auch nicht einseitig anheben. Dies ist unabhängig davon, ob die Verbraucherzentrale dieses Verhalten abgemahnt.
Wenn eine Preiserhöhung auf eine unwirksame Vertragsklausel gestützt wird, liegt eindeutig kein Betrug vor.
energie-fair:
1) Kurzfristiger Ersatz der gültigen (längerfristigen) Sonderverträge durch neue Verträge.
--- Zitat ---Original von Reblaus
Ein Sondervertrag kann grundsätzlich gekündigt werden. Hierbei kommt es zum einen auf die vertraglichen Vereinbarungen an. Wenn keine vertraglichen Vereinbarungen getroffen wurden, gilt die gesetzliche Regelung.
--- Ende Zitat ---
Hier ist die Frage, ob ein längerfristiger Sondervertrag, dessen frühester Kündigungstermin zum Beispiel erst in mehr als einem Jahr ist, in Kürze durch neue Vertragstexte ersetzt werden kann. Dies scheint die Vorstellung der Wirtschaftsbetriebe Meerbusch zu sein. Andere Versorger haben das in solchen Fällen durch einen finanziellen Anreiz erreicht, d.h. Umstiegsprämie oder vorübergehender Preisnachlass.
2) Keine Rückzahlung der zu viel gezahlten Beträge an die Kunden.
--- Zitat ---Original von Reblaus
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist streitig, ob ein Rückforderungsanspruch bei fehlendem Widerspruch besteht. Die Mehrzahl der Gerichtsentscheidungen lehnt dies ab. Die Begründungen verstoßen aber nach meiner Ansicht gegen die vom BGH aufgestellten Grundsätze. Die Mindermeinung hat klar die besseren Argumente, und den BGH auf ihrer Seite.
--- Ende Zitat ---
Hierzu habe ich das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (AZ: I-19 U 52/08 ) gefunden, das Verfahren wird hier näher erläutert:
http://www.vz-nrw.de/UNIQ125342570030088/link433621A.html
--- Zitat ---Das OLG Hamm stellt ausdrücklich fest, dass eine Einigung der Vertragsparteien auf Preiserhöhungen nicht erfolgt sei, \"und zwar unabhängig davon, ob Kunden die erhöhten Preise unter Vorbehalt oder vorbehaltlos gezahlt haben.\" Für eine solche Einigung gelte \"der Grundsatz, dass Schweigen sowie widerspruchslose Hinnahme und sogar Begleichung von Rechnungen kein darüber hinausgehender Erklärungswille zu entnehmen ist (BGH NJW-RR 2007, 530). Das Versorgungsunternehmen kann deshalb die Zahlung nicht ohne weiteres als Billigung oder Akzeptanz einer vertragswidrig ohne wirksame Vereinbarung durchgeführte Preiserhöhung verstehen.\"
--- Ende Zitat ---
3) Preiserhöhung zum 1. Oktober 2009 trotz Abmahnung.
--- Zitat ---Original von Reblaus
Wenn dem Versorger kein einseitiges Preisanpassungsrecht zusteht, kann er die Preise auch nicht einseitig anheben. Dies ist unabhängig davon, ob die Verbraucherzentrale dieses Verhalten abgemahnt.
--- Ende Zitat ---
Dies ist aber in der Realität so nicht zu beobachten. Wenn die Preisänderungsklausel der WBM unwirksam ist, stände den WBM kein einseitiges Preisanpassungsrecht zu und sie könnten nach Ihrer Meinung die Preise nicht einseitig anheben.
Trotzdem haben die WBW über viele Jahre die Preise zigfach angehoben und die Preiserhöhungen auch einbehalten. Das haben andere Versorger „natürlich“ genauso gemacht. Wurde die Unwirksamkeit einer Preisänderungsklausel also lange Zeit ignoriert, ohne Rechtfolgen?
Eine Abmahnung, die ja meist mit einem hohen Bußgeld bewehrt ist, könnte nun bei den WBM erstmals dazu führen, dass die rechtswidrige Preisänderungsklausel nicht mehr angewandt wird. Das die WBM nun kurzfristig die Vertragstexte ändern wollen, zeigt das ja auch. Allerdings scheint man an der aktuellen Preiserhöhung zum 01.10.2009 festzuhalten.
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