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Autor Thema: Festpreis- Modelle pro und contra  (Gelesen 25802 mal)

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Offline reblaus

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #15 am: 25. Juli 2009, 15:27:46 »
@RuRo
Das war etwas unpräzise formuliert. Besser wäre gewesen den Tarif der Grundversorgung als Kleinverbrauchertarif und die Sondertarife als Heizgastarif zu bezeichnen.

Ich halte es nämlich noch nicht für ausgemacht, dass allein die Abrechnung nach einem Heizgastarif ausreicht, damit ein Sondervertragsverhältnis angenommen werden muss. Vielleicht hängt diese Frage davon ab, welcher Senat beim BGH zuerst darüber entscheidet.

Offline RuRo

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #16 am: 25. Juli 2009, 15:42:05 »
@reblaus

Danke für die klare Antwort.

Hätte mich auch gewundert, wenn Ihre Auffassung eine andere gewesen wäre, aber ich wollte auf Nummer sicher gehen :D
Leiderln hoits z\'sam, sonst gehts nimma recht lang

Offline RR-E-ft

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #17 am: 25. Juli 2009, 18:19:13 »
Ein Sondervertrag, der keine feste Vertragslaufzeit vorsieht und also unbefristet abgeschlossen wurde und kurze Kündigungsfristen aufweist, müsste absolut preiswert angeboten werden.

Einerseits wegen der geringeren Konzessionsabgaben, andererseits wegen des praktisch nicht vorhandenen Risikos, nachträgliche Kostenerhöhungen nicht durch Preisanpassungen an die Kunden weitergeben zu können. Dieses Risiko tendiert für den Versorger - vollkommen unabhängig von der Frage einer vereinbarten Preisänderungsklausel -  gegen null, wenn der Versorger die Verträge etwa unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zum Ende eines Monats jederzeit ordentlich kündigen kann.

Erst bei einer längeren Vertragsbindung durch Vereinbarung einer Mindestvertragslaufzeit entstehen, insbesondere durch eine feste Preisvereinbarung (Fixpreis) bei ungewisser zukünftiger Entwicklung für beide Vertragsteile gleichermaßen Chancen und Risiken, die einer Wette gleichen.  

Auf einem Wettbewerbsmarkt kann sich der Kunde andererseits kurzfristig aus einem ihm ungünstig gewordenen Vertragsverhältnis lösen, wenn kurze Kündigungsfristen dies zulassen, marktgerechte Alternativen zur Verfügung stehen.

Ist der Wettbewerb gering ausgeprägt, kann der Versorger dabei - auch bei wirksamer Preisänderungsklausel - die Weitergabe gesunkener Kosten vermeiden, indem er die Sonderverträge  - soweit vertraglich zulässig - vor der entsprechenden Weitergabe kündigt und neue Verträge anbietet, wobei die neu angebotene Preisstellung auf einer deutlich unvollständigen Weitergabe gesunkener Kosten gründet. Eine wohl bereits gängige Praxis. Beratungspraxis Black.

Welche Preisaufschläge aus welchem Grund (bisher) einkalkuliert sind (zB. Modernisierungsbedarf eines kommunalen Freibades oder ambitionierter Expansionspläne eines Konzerns), weiß man sowieso nicht.  

Eine Preisänderungsklausel vermindert mithin nicht das Risiko hoher Preisaufschläge (aus welchen Gründen auch immer), so lange kein wirksamer Wettbewerb besteht.

Eine Preisänderungsklausel, die keine wirksame Verpflichtung zur Weitergabe nachträglicher Kostensenkungen enthält, entweder weil schon keine entsprechende Verpflichtung mit hinreichender Eindeutigkeit enthalten ist oder diese Verpflichtung nicht rechtlich durchsetzbar ist, etwa weil sich der Versorger durch kurzfristige Kündigung aus dem betroffenen Vertragsverhältnis lösen kann, schafft für den Kunden keinen ersichtlichen wirtschaftlichen Vorteil.   Der Vorteil liegt beim Versorger, insbesondere wenn einer Preisänderungsklausel jedwede Transparenz fehlt.

Sonderverträge unterliegen der Vertragsfreiheit. Sonderverträge, die mit Kunden zu verschiedenen Zeitpunkten abgeschlossen wurden, können sich deshalb sehrwohl - anders als Allgemeine Preise der Grundversorgung - auch bei identischen Abnahmefällen preislich unterscheiden. Genau dies wird bereits praktiziert, z.B. bei der Erfurter E.ON Thüringer Energie AG.
Die Kunden des Erfurter Unternehmens werden auch nicht in die teuren Fixpreis- Sonderverträge oder gar in die Grundversorgung gezwungen, wenn nur weitere Anbieter zur Verfügung stehen, die ihrerseits nur Sonderverträge anbieten. Die bis zum 01.04.2009 abgeschlossenen sog. Bestandskunden- Sonderverträge mit zweifelhaften Preisänderungsklauseln bleiben vorerst bestehen.  

Unternehmen, die bisher nur Sonderverträge anbieten, etwa Lichtblick Gas, können nicht gegenüber allen Kunden die Preise zu einem bestimmten Zeitpunkt einseitig einheitlich neu festsetzen, etwa mit der Begründung, die (Beschaffungs-)Kosten seien seit Vertragsabschluss um x- Einheiten gestiegen, schon weil die Zeitpunkte der Vertragsabschlüsse und die dabei jeweils vereinbarten Preise sich voneinander unterscheiden.

Völlig anders liegt die wirtschaftliche (und rechtliche) Situation in der Grundversorgung.

Der Versorger kann dem Risiko steigender Kosten  nicht durch eine versorgerseitige Vertragskündigung begegnen( rechtlich wegen § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV).

Zudem müssen alle Kunden, die Anspruch auf Grundversorgung haben und eine solche für sich beanspruchen (diese wollen), unabhängig vom Zeitpunkt des individuellen Vertragsabschlusses und von der Kostenentwicklung nach dem individuellen  Vertragsabschluss zu den gleichen {ausdrücklich:} Allgemeinen Preisen der Grundversorgung beliefert werden. Die Allgemeinen Preise der Grundversorgung sind für alle grundversorgten Kunden einheitlich zu gestalten, egal ob die Kosten des Versorgers nach dem individuellen Vertragsabschluss mit dem Kunden nun gestiegen oder aber gesunken waren oder aber stabil geblieben sind.  

Und deshalb braucht der zur Versorgung gesetzlich verpflichtete Grundversorger das gesetzlich eingeräumte Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht, wobei der Allgemeine Tarif gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist.

Das ist auch für den Versorger eine wirtschaftliche Situation, die sich nicht mit der Belieferung von Sondervertragskunden vergleichen ließe, einfach weil die Umstände vollkommen andere sind (wirtschaftliches Risiko durch fehlendes Kündigungsrecht).

Ich sehe auch nicht, dass man Lichtblick & Co. jetzt bei deren Sonderverträgen eine Belieferung zu \"Allgemeinen Preisen\" vorgeben sollte, die für alle Kunden mit selben Abnahmefall unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses etwa durch öffentliche Bekanntgaben gelten sollten.

Der Kunde, der an Preissicherheit interessiert ist, schließt einen Vertrag mit fester Vertragslaufzeit ab und ist sich dabei der Risiken und Chancen bewusst, die sich aus einer sehr langen Vertragsbindung bei ungewisser zukünftiger Entwicklung ergeben. Er wird sich unter diesem Gesichtspunkt insbesondere bewusst für einen längerfristigen Fixpreisvertrag entscheiden, wo ein solcher angeboten wird. Dass es sich dabei um eine Wette handelt, die bei unsicherer zukünftiger Entwicklung gleichermaßen Chancen und Risiken birgt, muss ihm freilich bewusst sein.

Eigentliches Entscheidungskriterium unter mehreren Angeboten ist weder nur der Preis oder nur die Laufzeit, sondern immer die Kombination aus Preis und garantierter Mindestlaufzeit. Ohne garantierte Mindestlaufzeit folgt auch aus einer Preisvereinbarung keine Kalkulierbarkeit der Zukunft für den Kunden, wenn der Preis fast jederzeit einseitig (in nicht vorhersehbarem Umfang) geändert oder der Vertrag fast jederzeit versorgerseits gekündigt werden kann, wodurch alle (wirtschaftlichen) Risiken aus einer ungewissen künftigen Entwicklung auf den Kunden verlagert werden.

Eine vereinbarte Mindestvertragslaufzeit schafft einerseits die Chancen und Risiken aus der nachfolgenden Kostenentwicklung, verschafft dem Versorger jedoch auch eine halbwegs prognostizierbare Absatzmenge, was sich auf dessen Beschaffungsoptionen und auch  auf die Preisgestaltung für den Kunden günstig auswirken sollte.

Wenn die Obst-, Milch- oder Fleischpreise stark schwanken (was zuweilen vorkommt) und deren zukünftige Entwicklung schwer vorherzusehen ist, schließt deshalb  eigentlich auch kein Verbraucher deshalb langfristige Bezugsverträge ab, egal ob Fixpreisvertrag oder mit Preisänderungsklausel. Der Verbraucher deckt sich vielmehr entsprechend des aktuellen Bedarfs am liquiden Markt zu jeweils marktgerechten Preisen ein und reagiert allenfalls im Rahmen beschränkter Möglichkeiten durch Vorratshaltung. Dass der Fleischkonzern mit den meisten Kühlkapazitäten dabei besondere Möglichkeiten hat, etwa auf die Preisentwicklung für Schweinehälften zu reagieren, liegt auch auf der Hand. Warum sollte das auf liquiden Energiemärkten mit Wettbewerbsangeboten hinsichtlich Sonderverträgen  anders sein?

@reblaus

Wenn Sie als Kaufmann gegenüber eigenen Kunden Preisänderungsklauseln in den AGB verwenden, dann steht und fällt deren Wirksamkeit mit der Einhaltung des Transparenzgebots, ohne dass ein gewährtes Sonderkündigungsrecht die unangemessene Benachteiligung der Kunden durch eine vollkommen intransparente Preisänderungsklausel kompensieren könnte. Wenn Sie als Kaufmann im Wettbewerb stehen, werden Sie wohl eine Strategie entwickelt haben, darauf zu reagieren. Ebenso werden Ihre Kunden wohl zu dieser Strategie eine Vorgehensweise entwickelt haben, falls Sie als Kaufmann (noch) eigene Kunden haben.

Möglicherweise spielen Preisvereinbarungen und Preisänderungsklauseln in Energielieferungsverträgen für Sie (bisher) gar keine Rolle, weil Sie meinen, diese seien wegen kartellrechtlicher Überlagerungen sowieso oft hinfällig, woraus sich wirtschaftlich Profit schlagen lasse.

Zitat
Original von reblaus
Betriebswirtschaftlich clever wäre dieser Sinneswandel in jedem Falle. Da Sie sich dann in einer neuen Klagewelle von Rückforderungs- und Schadensersatzprozessen ein Stück vom Kuchen abschneiden könnten. Falls Sie jetzt schon die Gebührentabelle zur Hand nehmen, der Streitwert richtet sich nach der eingeklagten Summe und nicht nach dem verursachten Schaden.

Offline nomos

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #18 am: 25. Juli 2009, 20:46:55 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Ein Sondervertrag, der keine feste Vertragslaufzeit vorsieht und also unbefristet abgeschlossen wurde und kurze Kündigungsfristen aufweist, müsste absolut preiswert angeboten werden.

Einerseits wegen der geringeren Konzessionsabgaben, andererseits wegen des praktisch nicht vorhandenen Risikos, nachträgliche Kostenerhöhungen nicht durch Preisanpassungen an die Kunden weitergeben zu können.
....
Völlig anders liegt die wirtschaftliche und rechtliche Situation in der Grundversorgung.

Der Versorger kann dem Risiko steigender Kosten wegen § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV nicht durch eine versorgerseitige Vertragskündigung begegnen. Zudem müssen alle Kunden, die Anspruch auf Grundversorgung haben und eine solche für sich beanspruchen (diese wollen), unabhängig vom Zeitpunkt des individuellen Vertragsabschlusses und der Kostenentwicklung nach dem individuellen  Vertragsabschluss zu den gleichen {ausdrücklich:} Allgemeinen Preisen der Grundversorgung beliefert werden.

Und deshalb braucht der zur Versorgung gesetzlich verpflichtete Grundversorger das gesetzlich eingeräumte Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht, wobei der Allgemeine Tarif gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist.

Das ist auch für den Versorger eine wirtschaftliche Situation, die sich nicht mit der Belieferung von Sondervertragskunden vergleichen ließe, einfach weil die Umstände vollkommen andere sind (wirtschaftliches Risiko durch fehlendes Kündigungsrecht).
    @ RR-E-ft,ich sehe wirtschaftlich keine so relevanten Unterschiede oder völlig andere Situationen beim Vergleich zwischen der Grundversorgung und unbefristeten Sonderverträgen. Wenn man mal die unsinnige Konzessionsabgabe mit der fragwürdigen Differenzierung bei Seite lässt und das EnWG ernst nimmt, müsste gerade die Grundversorgung absolut preiswert angeboten werden. Hier korrigiert der Versorger die Preise nach den Regeln, die der Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegeben hat:

    Es ist dabei doch so einfach ;), die allgemeinen Preise müssen der Billigkeit entsprechen, dann sind sie bindend. Bei Kostenänderungen ist die Billigkeit durch eine entsprechende Anpassung zu gewährleisten. Die billige Anpassung gewährt einen gerechten  Ausgleich, wo ist das unkalkulierbare Risiko für den Versorger? Der Versorger kennt alle Daten und alle Fakten und hat es alleine in der Hand. Eine Regelung für den Nachweis müsste sich bei gutem Willen finden lassen. Große Kosten sehe ich da nicht, die Zahlen liegen ohnehin vor.

    Bei unbefristeten Sonderverträgen gibt es ja nach dem aktuellen BGH-Urteil offensichtlich auch diese Möglichkeit oder als Alternative die Kündigung.

    Sowohl bei der Grundversorgung als auch beim unbefristeten Sondervertrag kann der Versorger regagieren. Ich sehe nicht, dass in der Grundversorgung höhere Preise gerechtfertigt wären. Die Grundversorgung sollte als Standardversorgung so preisgünstig wie möglich sein. Sonderverträge sehe ich bei Zusätzen wie Festpreisvereinbarungen, fixen Paketabnahmen oder Vorauszahlungen etc. begründet. Das Unterscheidungsmerkmal \"günstiger\" sehe ich so nicht.

Offline RR-E-ft

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #19 am: 25. Juli 2009, 20:55:14 »
@nomos

Was Sie nicht berücksichtigen, ist die Versorgungspflicht und die deshalb fehlende Kündigungsmöglichkeit für den Versorger und die Verpflichtung zu Einheitspreisen unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und der Kostenentwicklung nach dem individuellen Vertragsabschluss in der Grundversorgung. All dies beeinflusst die Kalkulation der Allgemeinen Preise der Grundversorgung entscheidend, wie auch die Höhe der Konzessionsabgaben, deren gesetzliche Höchstzulässigkeit von der Gemeindegröße abhängt. Die Grundversorgungspflicht geht bis an die Grenze der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit. Es müssen auch Kunden mit Abnahmefällen beliefert werden, die nicht oder gerade noch kostendeckend sind, etwa ein Kunde der nur 10 kWh im Jahr abnimmt. Es findet eine Mischkalkulation über verschiedene Abnahmefälle innerhalb eines Grundversorgungstarifs statt.

Bei einem Sondervertrag, der kurzfristig versorgerseits gekündigt werden kann, stellt sich die Situation bezogen auf die wirtschaftliche Kalkulierbarkeit nach dem individuellen Vertragsabschluss völlig anders dar.

Es steht ja nirgends geschrieben, dass Sonderverträge immer günstiger sein müssen als die Grundversorgung. Bei RWE sind die Sonderverträge Erdgas 2011 mittlerweile wohl sogar über 30 % teurer als die Grundversorgung. Ob es sich um Grundversorgung oder Sondervertrag handelt, richtet sich also nicht danach, welches Angebot preiswerter ist. Sondervertragspreise unterliegen von sich aus keiner Billigkeitskontrolle, sind insbesondere gesetzlich nicht an den Maßstab der Billigkeit gebunden, sondern frei (aushandelbar) vereinbar. Niemand ist verpflichtet, überhaupt Sonderverträge anzubieten. Das Angebot von Sonderverträgen kann unter Einhaltung der Kündigungsfristen gegenüber den einzelnen Kunden vollständig eingestellt werden. Der Versorger darf sich grundsätzlich seine Kunden aussuchen, muss nicht jeden beliefern, kann Preise frei vereinbaren, die (ohne Mischkalkulation!) auf jeden Fall  profitabel sind. Der Versorger kann also Sondervertrags- Angebote (ohne Begründung)vollständig vom Markt nehmen. Der Grundversorger bleibt aber weiter zur Grundversorgung verpflichtet.

Offline nomos

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« Antwort #20 am: 25. Juli 2009, 21:11:53 »
@ RR-E-ft, das ist richtig, ein Verbraucher  kann jederzeit die Grundversorgung nach den aktuellen Allgemeinen Preisen in Anspruch nehmen.

Ich glaube allerdings nicht, dass das relevante Preisunterschiede gegenüber unbefristeten Sonderverträgen rechtfertigen könnte. Sollten durch die Versorgungspflicht in der Grundversorgung tatsächlich höhere Beschaffungskosten entstehen, kann der Versorger diese nach den Bedingungen des § 315 BGB doch mindestens bei der nächsten Änderung berücksichtigen.

Grundsätzliche Mehrkosten sehe ich nicht. Wenn wegen der Versorgungspflicht wirklich aus kaufmännischer Vorsicht eine Risikoprämie kalkuliert wird, ist diese auch wieder preiswirksam zu Gunsten der Grundversorgung aufzulösen, falls das Risiko sich nicht realisiert. Für Rückstellungen bei den Energieversorgern sehe ich gewichtigere Gründe.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #21 am: 25. Juli 2009, 21:35:17 »
@nomos

Zitat
Grundsätzliche Mehrkosten sehe ich nicht.

Na dann schauen Sie mal genauer hin.

In den Abnahmefällen, auf welche die Grundversorgungstarife zugeschnitten sind (< = 10.000 kWh/ a), sind oft schon die Netzentgelte andere als bei den Abnahmefällen, für die Sonderverträge angeboten werden.

Die Netzentgelte beinhalten oft Preisstaffelungen nach Abnahmemengen. Und natürlich sind die Konzessionsabgaben zwischen Grundversorgung und Sondervertrag grundverschieden, innerhalb der Grundversorgung nochmals gestaffelt nach Verbrauchsmengen/ Abnahmefälle. Wenn Sie sich diese preisbildenden Kostenbestandteile mal genauer ansehen, werden Sie wohl die Kostenunterschiede - die Sie bisher nicht sehen - bei den verschiedenen Abnahmefällen (1.000 kWh/a; 10.000 kWh/a; 20.000 kWh/a; 50.000 kWh/a ....) wohl deutlich erkennen.

Wegen der Versorgungspflicht in der Grundversorgung muss nie eine Risikoprämie kalkuliert werden, weil ja das gesetzliche Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht jedes Risiko ausschließt.  reblaus sprach davon, dass bei Sonderverträgen mit Fixpreisvereinbarung ein Risikozuschlag deshalb einkalkuliert sei, weil der Versorger zur Absicherung Derivate/ eine Versicherung abschließt, die ihrerseits Kosten verursachen und in die Preisbildung einfließen würden. Wenn man externe Preissicherungsinstrumente einsetzt und dafür Kosten anfallen, dann ist da nichts aufzulösen zu Gunsten der Grundversorgung.

Wenn der Versorger sein Gas für alle Kunden einheitlich beschafft, dann berechnen sich die Beschaffungskosten für alle Kunden in [Ct/ kWh]  aus der jeweiligen Beschaffungsrechnung dividiert durch die bezogene Gasmenge. Selbstverständlich wird das Gas nicht für verschiedene Haushaltskunden zu unterschiedlichen Preisen gesondert beschafft.

Aber die Gaspreise bestehen nicht nur aus den Beschaffungskosten, die Unterschiede bei den weiteren preisbildenden Kostenfaktoren sind merklich. Allein die Unterschiede bei den Konzessionsabgaben sind sehr deutlich. (Eigentlich Ihr Spezialgebiet).

Offline nomos

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« Antwort #22 am: 26. Juli 2009, 10:20:29 »
Zitat
Original von RR-E-ft
...... Und natürlich sind die Konzessionsabgaben zwischen Grundversorgung und Sondervertrag grundverschieden, innerhalb der Grundversorgung nochmals gestaffelt nach Verbrauchsmengen/ Abnahmefälle.
......
Aber die Gaspreise bestehen nicht nur aus den Beschaffungskosten, die Unterschiede bei den weiteren preisbildenden Kostenfaktoren sind merklich. Allein die Unterschiede bei den Konzessionsabgaben sind sehr deutlich. (Eigentlich Ihr Spezialgebiet).
    @ RR-E-ft, richtig, \"mein Spezialgebiet\"!  ;)  Auf die fragwürdige Konzessionsabgabe hatte ich ausdrücklich hingewiesen! Siehe hier:
Zitat
Original von nomos
@ RR-E-ft,ich sehe wirtschaftlich keine so relevanten Unterschiede oder völlig andere Situationen beim Vergleich zwischen der Grundversorgung und unbefristeten Sonderverträgen. Wenn man mal die unsinnige Konzessionsabgabe mit der fragwürdigen Differenzierung bei Seite lässt und das EnWG ernst nimmt, müsste gerade die Grundversorgung absolut preiswert angeboten werden. .......
    Außerdem ist zumindestens bei kommunalen Stadtwerken zu berücksichtigen, dass die Konzessionsabgabe der kommunale Eigentümer im Gegensatz zum \"überhöhten\" Gewinn steuerfrei erhält. Auch das sollte man einkalkulieren. Es macht also Sinn, statt Gewinn, Konzessionsabgabe zu kassieren. D. h. es ist vorteilhaft, wenn der Haushaltskunde in der Grundversorgung bedient wird. Der Haushaltskunde wird auf Dauer nur in der Grundversorgung bleiben, wenn dort der Preis stimmt!
Zitat
Original von RR-E-ft
Wegen der Versorgungspflicht in der Grundversorgung muss nie eine Risikoprämie kalkuliert werden, weil ja das gesetzliche Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht jedes Risiko ausschließt.
    Ja, das sehe ich auch so! Aber ich verstehe Ihre Argumentation jetzt nicht mehr! Sie hatten doch selbst auf die Versorgungspflicht und die deshalb fehlende Kündigungsmöglichkeit für den Versorger und die Verpflichtung zu Einheitspreisen unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und der Kostenentwicklung nach dem individuellen Vertragsabschluss in der Grundversorgung hingewiesen. Ich hatte Sie so verstanden, dass Sie damit einen höheren Preis der Grundvesorgung für gerechtfertigt halten. Ob man es jetzt Risikoprämie nennt oder wie auch immer, dieser \"Aufschlag\" ist  einkalkuliert und damit auch der höhere Preis begründet? An exteren Versicherungskosten habe ich dabei nicht gedacht, allenfalls an Rückstellungen, die aber wieder aufzulösen sind, wenn nicht benötigt. Ich vermute eher, dass der höhere Preis sich bei genauer Betrachtung als Gewinnbestandteil wiederfindet.  

    Ich sehe für einen höheren Preis zumindestens bei Stadtwerken keine Rechtfertigung, selbst wenn man dabei die unsinnige Konzessionsabgabe als Begründung noch mit einbezieht!

    Die Kundenveränderung ist aufgrund der geringen Wechselbereitschaft immer noch gering. Die Masse der grundversorgten Verbraucher ist träge. Ich sehe keine relevanten Wirkungen der Versorgungspflicht und daher keinen Grund für einen höher kalkulierten Preis. Die in der Regel nicht begrenzte Menge, das trifft aber nicht nur auf die Grundversorgung zu, ist aufgrund des unkalkulierbaren Wetters das weitaus größere Risiko.  Der Haushaltskunde nimmt witterungsbedingt unterschiedliche Mengen ab, aber nicht weil er per Grundversorgung oder Sondervertrag sein Heizgas erhält.

Offline reblaus

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« Antwort #23 am: 26. Juli 2009, 12:41:11 »
@RuRo
Verstehen Sie mich nicht falsch, sowohl die eine wie auch die andere Meinung kann gute Argumente ins Felde führen. Deshalb glaube ich, dass der Ausgang vor dem BGH noch völlig offen ist. Ich bin kein Anhänger der Theorie, dass nur meine Rechtsauffassung richtig ist, und die abweichende Meinungen der anderen falsch sein müssen.

@RR-E-ft
Da haben Sie sich mal wieder ellenlang zu diesem und jenem geäußert, und alles angesprochen sogar das Kartellrecht. Nur das Problem haben Sie mit keinem Wort erwähnt.

Worum es nicht geht:

Es geht nicht um bereits abgeschlossene Verträge. Denn bei diesen Verträgen wurde eine Preisänderungsklausel bereits vor dem 15.07.2009 formuliert, so dass die Vorgaben des BGH gar nicht berücksichtigt werden konnten, da diese noch nicht bekannt waren.

Da es nicht um bereits abgeschlossene Verträge geht, kann es auch nicht um Kartellrecht gehen. Die Praxis der kartellrechtswidrigen Bezugsverträge wurde vom Kartellamt im Herbst 2007 beendet. Diese Verstöße haben daher keine Auswirkungen auf zukünftige Geschäftsvorfälle.

Es geht auch nicht um den Gemüsehandel auf dem Marktplatz von Jena oder um Schweinehälften am Board in Chicago. Eine halbe Sau können Sie nämlich jederzeit einfrieren (vielleicht zuvor in Schnitzel, Würste etc. verarbeiten) und auch Gemüse lässt sich blendend über lange Zeiträume einlagern. Schon ihre Annahme, dass das sowieso niemand täte, geht kilometerweit an der Realität vorbei. Fragen Sie mal die ganzen Tiefkühltruhenhersteller mit was die Kunden diese Dinger befüllen.

Worum es geht:

Es geht um zukünftige Verträge, bei denen Preisänderungsklausel noch formuliert werden können. Hierfür hat der BGH eine Möglichkeit aufgezeigt, die Sie zwar bis aufs Messer bekämpfen, aber im Gegenzug keine Alternative aufzeigen, wie man es besser machen könnte.

Es geht um den Gasmarkt. Dort muss man sich im Unterschied zum Gemüsemarkt in Jena nicht aufmachen um neues Gas zu besorgen, wenn das alte aufgebraucht ist, sondern das Gas fließt von alleine. Man muss nur den Hahn öffnen. Im Gegensatz zum Gemüse gibt es beim Gasmarkt auch die Ersatzversorgung. Beim Gemüse ist man daher gezwungen, regelmäßig zum Händler zu gehen, um einen neuen Kaufvertrag abzuschließen. Ansonsten bleibt der Kühlschrank leer. Beim Gasmarkt gibt es keinen natürlichen Zwang einen neuen Vertrag abzuschließen, wenn der alte ausgelaufen ist. Aufgrund der Ersatzversorgung kann man auch nicht einfach eine konkludente Vertragsverlängerung annehmen, wenn trotz ausgelaufenem Vertrag weiterhin Gas aus dem Netz entnommen wird. Bei ausgelaufenem Vertrag fällt der Kunde per Gesetz in die Ersatzversorgung.

Deshalb sind unbefristete Lieferverträge gerade für neue Anbieter auf dem Gasmarkt so wichtig. Diese unbefristeteten Lieferverträge müssen aber die Möglichkeit eröffnen, Gaspreise auch einseitig ändern zu können. Gibt es keine rechtliche Möglichkeit dies zu regeln, bleibt nur der befristete Vertrag. Durch den gehen dem neuen Anbieter regelmäßig Kunden in großer Anzahl an die Ersatzversorgung der etablierten Anbieter verloren.

Vielleicht geht es dann doch ein klein wenig um Kartellrecht. Es wäre nämlich die Frage zu prüfen, ob Ihre Rechtsauffassung schlicht und einfach gegen Art. 81 EG-Vertrag verstößt. Im Umkehrschluss könnte der BGH gezwungen sein, § 307 BGB so auszulegen, dass die oben beschriebene Marktbeeinträchtiung und ungerechtfertigte Bevorzugung der etablierten Gasversorger nicht eintritt.

Ich weiß, das ist jetzt wieder viel Hypothese. Und damit haben Sie es ja nicht so. Sie halten sich ja eher an das Althergebrachte. Was früher richtig war, kann ja in Zukunft nicht falsch sein, oder? Und was man selbst nicht versteht, ist sowieso Unsinn.

Am Rande noch:
Zitat
Original von RR-E-ft Der Kunde, der an Preissicherheit interessiert ist, schließt einen Vertrag mit fester Vertragslaufzeit ab und ist sich dabei der Risiken und Chancen bewusst, die sich aus einer sehr langen Vertragsbindung bei ungewisser zukünftiger Entwicklung ergeben. Er wird sich unter diesem Gesichtspunkt insbesondere bewusst für einen längerfristigen Fixpreisvertrag entscheiden, wo ein solcher angeboten wird. Dass es sich dabei um eine Wette handelt, die bei unsicherer zukünftiger Entwicklung gleichermaßen Chancen und Risiken birgt, muss ihm freilich bewusst sein.
Das ist natürlich Unsinn. Wenn Sie für Ihr Haus eine Feuerversicherung abschließen, und damit Kosten auf sich nehmen, schließen Sie keine Wette ab, dass das Haus abbrennen werde, sondern Sie sichern ein mögliches Risiko ab. Genauso verhält es sich bei langlaufenden Preisvereinbarungen. Sie sichern einen Preis, den Sie bezahlen können, für lange Zeit ab, und entgehen durch den Preisaufschlag dem Risiko, dass die Preise weit stärker steigen könnten.

Wetten tut nur der, der auf eine Feuerversicherung verzichtet, oder darauf hofft, dass die Preise schon nicht so stark steigen werden.

Umgekehrt wäre es nur dann, wenn Sie das eingekaufte Gas gar nicht selber verbrauchen würden, sondern es dann zu hohen Preisen weiterveräußern wollten. Das nennt man dann Spekulation.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #24 am: 26. Juli 2009, 17:00:49 »
@reblaus

Ich meine, bereits eine Klausel aufgezeigt zu haben, die den (neuen) Anforderungen wohl genügen könnte.

Jeder Anbieter hat vor Auslaufen eines befristeten Vertrages die Möglichkeit, den Kunden ein neues Vertragsangebot zu unterbreiten, ebenso wie jeder Lieferant im Rahmen von unbefristeten Sonderverträgen Preisänderungen durch einseitige  Änderungskündigungen durchzusetzen versuchen kann.

Ein wirtschaftliches Risiko auf Versorgerseite, einen unbefristeten Sondervertrag auch bei nachträglich gestiegenen Kosten zu unveränderten Preisen weiter bedienen zu müssen, besteht deshalb noch nicht einmal dann, wenn gar keine Preisänderungsklausel in den Vertrag einbezogen wurde. Das gilt insbesondere auch für neue Marktteilnehmer auf Anbieterseite. Wenn ich es richtig verstanden habe, sollte jedoch gerade ein solches wirtschaftliches Risiko die Verwendung einer Preisänderungsklausel erfordern. Dass eine Preisänderungsklausel dem Kunden m. E. nicht wirtschaftlich zum Vorteil gereichen kann, wenn keine einfach durchsetzbare vertragliche Verpflichtung zur nachträglichen Preisabsenkung bei rückläufigen Kosten besteht, wurde aufgezeigt. Dafür ist nicht ausreichend, dass überhaupt eine entsprechende vertragliche Verpflichtung in der Klausel vorgesehen ist, wenn sich diese nicht einfach durchsetzen lässt. Das ist die rein wirtschaftliche Betrachtung.

Eine Besonderheit stellt der zeitlich befristete Fixpreisvertrag dar.  Wenn man auf ein Jahr, zwei Jahre oder gar drei Jahre als Kunde einen Sondervertrag zu einem Festpreis vereinbart, so hat man Sicherheit hinsichtlich des zu zahlenden Preises, weil dieser innerhalb des vertraglich vereinbarten Zeitraumes  unveränderlich ist. Mit Rücksicht auf die zukünftige ungewisse Entwicklung handelt es sich um eine Art Wette, die für beide Vertragsteile gleichermaßen Chancen und Risiken bietet: Steigen die Beschaffungskosten nach Vertragsabschluss, kann der Lieferant deshalb den Preis während der fest vereinbarten Vertragslaufzeit nicht erhöhen. Sinken die Beschaffungskosten nach Vertragsabschluss, kann der Kunde deshalb innerhalb der fest vereinbarten Vertragslaufzeit keine Preisherabsetzung verlangen. So verhält es sich mit der Entwicklung aller preisbildenden Kostenfaktoren nach Vertragsabschluss. Das ist das Wesen eines zeitlich befristeten Fixpreisvertrages. Der Kunde, der erwartet, die Beschaffungskosten würden nach Vertragsabschluss eher steigen, der wird sich eher für einen solchen Fixpreisvertrag entscheiden, weil er erwartet, damit für die gesamte Vertragsdauer günstiger zu fahren. Ob sich diese Erwartung des Kunden nachträglich bestätigt oder aber grob enttäuscht wird, kommt dem Ergebnis einer Wette nahe.  Der Versorger, der für die Zukunft eher sinkende Beschaffungskosten erwartet, wird wohl verstärkte Anstrengungen unternehmen, Kunden für seine Fixpreisverträge zu interessieren und zu begeistern. Dafür muss er bei den Kunden eine bestimmte Erwartung wecken oder verstärken, eine klassische Marketingaufgabe.

Die RWE - Angebote RWE Erdgas 2011 und RWE Erdgas 2012 sind Beispiele für solche zeitlich befristeten Fixpreisverträge.


(Bloß mit dem Abschluss einer Feuerversicherung hat das wohl nichts zu tun.)

Freilich muss nach Beendigung eines bestehenden Energielieferungsvertrages ein neuer Vertrag abgeschlossen werden, wenn weiterhin Energie auf vertraglicher Grundlage aus dem Netz bezogen werden soll. Die Ersatzversorgung ist zeitlich befristet auf längstens drei Monate. Nur bei Haushaltskunden sind die Preise der Ersatzversorgung in Höhe der Allgemeinen Preise der Grundversorgung gedeckelt. Dass das Gas nicht von alleine fließt und auch der Strom nicht unbegrenzt aus der Steckdose kommt, wird man schon merken, wenn man keinen (neuen) Vertrag abschließt. Früher oder später ist dann nämlich Schluss mit der Belieferung. Ein natürlicher Zwang zum Neuabschluss eines Vertrages besteht dabei nicht. Man kann möglicherweise auch auf solche Energielieferungen vollständig verzichten, wenn man Alternativen hat, die die Belieferung vollständig entbehrlich machen. Das ggf. anders zu sehen, ist Ihr gutes Recht. Vielleicht machen Sie einfach mal den Praxistest.

Dass sich Bio- und Erdgas  auch einlagern lässt und in Deutschland auch zu einem großen Anteil (zwischen-)gelagert wird, wird als bekannt vorausgesetzt. Gaslieferanten haben in zunehmenden Maße die Möglichkeit, solche  Speicherkapazitäten zu buchen. Die Möglichkeit der Speicherung beim Kunden ist (bisher) hingegen eher theoretischer Natur.

Wenn es überall in Deutschland auch für Kleinkunden liquide Gasmärkte gibt, weil etwa überall ständig mehr als zehn Anbieter  mit ihren aktuellen Angeboten um diese Gaskunden konkurrieren, dann ist kein Kunde auf befristete oder unbefristete Verträge angewiesen, sondern kann sich immer wieder kurzfristig für ein neues Angebot (das jeweils günstigste) entscheiden, ähnlich wie auf einem jeden anderen Wettbewerbsmarkt auch.

Der Lebensmittelmarkt diente mir nur als Illustration dafür.

Die Neigung zur Vorratshaltung bei Lebensmitteln durch Verbraucher hat möglicherweise mehr mit Gewohnheit und der unbewussten Angst zu kurz zu kommen und zu verhungern, denn mit einer bewussten Preisstrategie bei schwankenden Lebensmittelpreisen zu tun. Es soll aber auch Leute geben, die Kaffee säckeweise in den Kellern einlagern, die früher der Brennstoffbevorratung mit Holz und Kohle dienten, wenn sie hören, der Kaffee würde teurer werden usw. usf. und denken dann, sie hätten wenigstens ihren Bedarf bis ans Lebensende noch günstig abgedeckt. Das ist aber gewiss nicht der Regelfall. (Schlimm auch, wenn dann der Arzt rät, man solle auf Kaffe zukünftig lieber verzichten.) Mag auch sein, dass Verbraucher die hören, dass sich Schweinehälften verteuern, schnell solche kaufen, diese verschnitzeln und verwursten (lassen) und einfrieren. Dass solche Vorräte dem Verbraucher als künftige Spekulationsobjekte tauglich wären, darf indes wohl bezweifelt werden. (In den Jahren 1945 und danach war das noch anders, gerade weil es keinen liquiden Lebensmittelmarkt gab). Der Lebensmittelmarkt soll hier nicht unser Thema sein.

Auch dies anders zu sehen, ist Ihr gutes Recht. Sehen Sie es mir bitte nach, dass ich auf Ihre weiteren Probleme nicht eingehe.

Offline reblaus

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« Antwort #25 am: 26. Juli 2009, 19:13:02 »
@RR-E-ft
Eine Wette kann immer nur auf ein ungewisses Ergebnis eingegangen werden. Bei einem Festpreisvertrag ist das Ergebnis nämlich der Preis, der über die Laufzeit zu bezahlen ist, gerade nicht ungewiss sondern von Anfang an fixiert. Wer jedoch weiß, dass er nächsten Winter mit Gas heizen muss und seinen Preis variabel gestaltet, geht eine Wette ein, dass der Preis im Winter nicht steigen wird. Genauso verhält es sich beim Förderunternehmen. Durch Förderung und Transport fallen auch im Winter relativ fixe Kosten an. Wer das geförderte Gas schon frühzeitig zu einem fixen Preis verkauft, kann seine Kosten-Einnahmesituation schon im Voraus genau planen. Er minimiert sein Risiko, dass fallende Marktpreise seine Kosten nicht mehr decken. Warenterminmärkte haben den einzigen wirtschaftlichen Sinn, Preisrisiken für Produzent und Verbraucher zu minimieren. Risikominimierung ist das Gegenteil einer Wette. Deshalb ist ein Termingeschäft für Verbraucher und Produzent mit einer Versicherung vergleichbar. Gegenteilig ist die Sache nur für Terminmarktteilnehmer, die weder Verbraucher noch Produzent, und auch keine Händler mit festen Bezugs- oder Abnahmeverträgen sind.

Was Sie für Wetten abschließen, würde ich gerne wissen.

Sie vernachlässigen völlig, die Bedeutung eines Kunden für ein Unternehmen. Der Kundenstamm ist der einzige Wert, den ein Unternehmen hat. Ohne Kunden sind die tollsten Produktionsanlagen völlig wertlos. Kunden sind relativ träge, was man sehr gut am Strom- oder Telefonmarkt erkennen kann. Trotz jahrelanger Liberalisierung sind die meisten Kunden noch immer bei ihrem alten Stromversorger oder bei der Telekom, rein aus Bequemlichkeit. Wenn ein neuer Gasanbieter einen Kundenstamm durch attraktive Angebote akquiriert hat, sorgt das geltende Recht wegen Ersatz- und Grundversorgung aber nicht automatisch dafür, dass dem Anbieter der größte Teil dieser Kunden wegen deren Bequemlichkeit erhalten bleibt. Werden befristete Verträge abgeschlossen, wandert der passive Teil der Kunden nach Vertragsablauf automatisch zum Grundversorger ab. Deshalb ist es gerade für neue Anbieter fast schon existentiell notwendig, dass sie unbefristete Verträge abschließen, die erst durch Kündigung enden. Anderenfalls ähnelt die Kundenakquisition mehr einem Hamster im Laufrad. Auf befristete Verträge zu setzen, ist daher nur dann durchführbar, wenn die Pflicht zur Grund- und Ersatzversorgung auf den jeweils letzten regulären Lieferanten übergehen würde.

Schließen Sie nicht so sehr von sich auf andere. Fragen Sie mal ein paar Hausfrauen in ihrem Umfeld, ob die nicht mehr Hackfleisch einkaufen, wenn es im Angebot ist, und die nicht sofort benötigten Mengen einfrieren. Vorratshaltung im Lebensmitelbereich ist nur deshalb nicht gebräuchlicher, weil die Preisschwankungen zu gering sind oder nicht erwartet werden, um mit Vorratswirtschaft einen finanziellen Vorteil zu erzielen.

Ihre Illustrationen zeigen sehr gut auf, dass Sie Ihre Überlegungen auf falschen Hypothesen zur Funktion von Märkten aufbauen. Es ist daher weniger entscheidend, ob Überlegungen auf Hypothesen aufbauen, sondern ob die Hypothese die Realität zutreffend abbildet.

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #26 am: 26. Juli 2009, 19:57:01 »
@reblaus

Bei Fixpreisverträgen ist ungewiss, ob sich die Erwartung des Verbrauchers, die ihn zum Abschluss eines solchen Vertrages veranlasste, bestätigt oder gar grob enttäuscht wird. Ob sich dieser Kunde nun als Teilnehmer an einem bestehenden Warenterminmarkt begreift, wage ich zu bezweifeln. Man müsste \"RWE Erdgas 2011\"- Kunden vielleicht dazu befragen. Ich meine, die Kunden, die sich für solche Verträge bewusst entscheiden, spekulieren auf einen langfristig wirtschaftlichen Vorteil dadurch.

Der Letztverbraucher, der auf eine leitungsgebundene Versorgung angewiesen ist, weil er gerade keine Alternativen dazu hat, sichert den Absatz importierten Gases oder erzeugter Elektrizität völlig unabhängig davon, für welchen konkreten Lieferanten er sich kurzfristig entscheidet und von welchem Lieferanten er sich beliefern lässt. An der Absatzmenge auf der letzten Marktstufe ändert sich also nichts, egal wer der Letztverbraucherlieferant ist. Auch die Netznutzung bleibt durch einen Lieferantenwechsel völlig unverändert. Reine Strom- und Gashändler (die nicht mit Produzenten, Netz- und Speicherbetreibern gleichgesetzt werden dürfen) haben eine vollkommen vernachlässigbare  Kapitalbindung an Produktionsanlagen. Das gilt für alle reinen Energiehändler-  auch jene, die Letzverbraucher beliefern -  undzwar völlig unabhängig davon, ob sie nun neu im Markt sind oder nicht. Sie sagen ja selbst, der Kundenstamm sei das größte Kapital. Mit diesem \"Kapital\" kann es auch nicht weit her sein. Im liberalisierten Markt können die Kunden doch ständig kurzfristig ihren Lieferanten wechseln.

Zitat
Original von reblaus
Deshalb sind unbefristete Lieferverträge gerade für neue Anbieter auf dem Gasmarkt so wichtig. Diese unbefristeteten Lieferverträge müssen aber die Möglichkeit eröffnen, Gaspreise auch einseitig ändern zu können. Gibt es keine rechtliche Möglichkeit dies zu regeln, bleibt nur der befristete Vertrag.

Zitat
Original von reblaus
Deshalb ist es gerade für neue Anbieter fast schon existentiell notwendig, dass sie unbefristete Verträge abschließen, die erst durch Kündigung enden.

Die Lösung heißt bei unbefristeten Sonderverträgen nicht Preisänderungsklausel, sondern Änderungskündigung.

Alle Letztverbraucher- Lieferanten haben die rechtliche Möglichkeit, sich durch Änderungskündigung aus einem unbefristeten Sondervertrag zu lösen, was das wirtschaftliche Risiko, unbefristete Sonderverträge auch bei gestiegenen Kosten zu unveränderten Preisen weiter bedienen zu müssen, praktisch ausschließt.

Ob sie den Kunden nach einer Änderungskündigung  behalten, entscheidet sich allein danach, wie attraktiv das mit der Änderungskündigung verbundene Angebot auf Neuabschluss im Vergleich zu den aktuellen Angeboten der Wettbewerber ist. Ist das Angebot auf Neuabschluss günstiger als die Grund- und Ersatzversorgung oder besteht aber ein günstigeres Angebot eines Wettbewerbers, dass günstiger als die Grund- und Ersatzversorgung und zudem günstiger als das neue Angebot des bisherigen Lieferanten ist, dann wird sich der informierte Verbraucher für das jeweils attraktivste Angebot entscheiden. Der Lieferant muss also das Risiko, die Kunden durch eine Änderungskündigung zu verlieren, dadurch minimieren, dass er in Anbetracht der Angebote seiner Wettbewerber ein möglichst attraktives Angebot unterbreitet.

So funktioniert gerade jeder Wettbewerb, gerade im Interesse der Verbraucher.

Wettbewerbsfeindlich sind hingegen langfristige Kundenbindungen, weil sie zu einer Marktverstopfung/ Marktabschottung führen. Das gilt nicht nur im Bereich langfristiger Gaslieferungsverträge zwischen Importeuren und Regionalversorgern und Weiterverteilern, sondern betrifft alle Marktstufen im Inland.  Darüber besteht wohl unter allen Wettbewerbstheoretikern und Kartellrechtlern Einigkeit.
 
Eher bei langfristigen Verträgen, also Sonderverträgen, die auf zwei Jahre und länger fest abgeschlossen sind, besteht m. E. überhaupt nur ein Bedürfnis für Preisänderungsklauseln. Denn die Laufzeitvereinbarung schließt regelmäßig eine Änderungskündigung aus.   Ein Extremfall sind sog. englische Klauseln für Preisanpassungen, die nach geltendem Wettbewerbsrecht unzulässig sind.

Wer auf die Trägheit der Verbraucher setzt und diese ins Kalkül zieht, agiert gerade wettbewerbsfeindlich. Mag schon sein, dass Verbraucher aus lauter Trägheit das mit der Änderungskündigung verbundene neue Angebot des bisherigen Lieferanten annehmen, ohne vorher zu vergleichen. Dafür, dass die Kunden nach der Änderungskündigung eines bewusst gewählten Sondervertrages sich danach für eine Belieferung im Rahmen der Grundversorgung entscheiden, spricht jedoch wenig.

Welcher Erdgasproduzent verkauft denn seine Fördermengen überwiegend zu einem fixen Preis im Voraus und nicht etwa aufgrund von Langfristverträgen mit Preisänderungsklauseln? Fast bin ich geneigt zu wetten, dass Sie keinen einzigen benennen können. ;)

Zitat
Original von reblaus
Ihre Illustrationen zeigen sehr gut auf, dass Sie Ihre Überlegungen auf falschen Hypothesen zur Funktion von Märkten aufbauen. Es ist daher weniger entscheidend, ob Überlegungen auf Hypothesen aufbauen, sondern ob die Hypothese die Realität zutreffend abbildet.

Sieh an.

Offline reblaus

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #27 am: 26. Juli 2009, 22:32:28 »
@RR-E-ft
Schreiben Sie über alle Themen von denen Sie nicht die geringste Ahnung haben, soviel wie über Warentermingeschäfte?

Es ist auch ungewiss, ob der Kunde der Krankenversicherung tatsächlich erkrankt, ob der Haftpflichtkunde einen Schaden verursacht oder der Lebensversicherungskunde stirbt. Dennoch ist der Abschluss entsprechender Versicherungen keine Wette darauf, dass man erkrankt, fremde Dinge beschädigt oder gar stirbt. Es handelt sich allein um die Neutralisierung der wirtschaftlichen Folgen eines solchen Vorfalls.

Um nichts anderes handelt es sich bei einem langfristigen Bezugsvertrag. Damit wird die Ungewissheit über die Preisentwicklung neutralisiert, und beiden Seiten Kalkulationssicherheit gewährleistet.

Über Warentermingeschäfte wird auch nicht der Absatz bestimmter Waren abgesichert, sondern der Absatz zu einem bestimmten akzeptablen Preis. Solange überhaupt Nachfrage nach der Ware besteht, kann eine reine Absatzsicherung schließlich durch Preisunterbietung der Wettbewerber erfolgen.

Bitte verstehen Sie diese Erläuterung nicht als Diskussionsbeitrag sondern als Erklärung von Tatsachen, die einer Meinungsbildung unzugänglich sind.

Langfristige Kundenbindungen sind nur dann wettbewerbsschädlich, wenn sie auf zwingender Vereinbarung beruhen. Es ist jedoch existentiell notwendig, seine Kunden auf freiwilliger Basis möglichst langfristig zu binden. Die Neukundengewinnung ist nämlich weitaus schwieriger zu bewerkstelligen, als Altkunden zu halten.

Die Trägheit der Kunden ist kein Kriterium das der Unternehmer beeinflussen könnte. Sie kann ihm daher auch nicht zugerechnet werden. Hieraus ein wettbewerbsfeindliches Verhalten zu konstruieren beweist nur, dass Sie von der ganzen Materie nicht die geringste Ahnung haben, sich auch nicht bemühen, sich die fehlenden Kenntnisse anzueignen, sondern einfach unwissend vor sich hinplappern.

In den Erdgasimportverträgen ist meines Wissens eine Klausel enthalten, die besagt, dass unabhängig von der Ölpreisbindung ein gewisser Mindestpreis zu bezahlen ist. Dies ist zwar kein Fixpreismodell aber die Absicherung eines Mindesterlöses zur Begleichung der notwendigen Förder- und Transportkosten. Im Gegensatz zu Ihnen verstehen die Gasversorger das Gasgeschäft.

Offline RR-E-ft

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #28 am: 26. Juli 2009, 22:55:14 »
Zitat
Original von reblaus
@RR-E-ft
Schreiben Sie über alle Themen von denen Sie nicht die geringste Ahnung haben, soviel wie über Warentermingeschäfte?

@reblaus

Eine doppelte Unterstellung bar jeder Substanz. Ich rede und schreibe  überhaupt nicht von Warentermingeschäften und auch nicht von Versicherungen. Kein Wort. ;)

Ich rede hier allein von Letztverbraucherverträgen in verschiedenen Ausgestaltungen, nämlich a) zeitlich befristeter Fixpreisvertrag, b) unbefristeter Sondervertrag und schließlich c) befristeter Sondervertrag.

Ich meine ausdrücklich, dass die RWE Erdgas 2011 - Sonderverträge keine Warentermingeschäfte und keine Versicherungen, sondern Letztverbraucher- Gaslieferungsverträge darstellen, die - wie aufgezeigt - eine bestimmte Verteilung von Chancen und Risiken über die Laufzeit von 3 Jahren aufweisen.

Zudem äußerte ich mich dazu, welche wirtschaftlichen Risiken bei unbefristeten Sonderverträgen aufgrund der Möglichkeit einer Änderungskündigung gerade nicht bestehen. Weiter äußerte ich mich dazu, dass bei mit fester Laufzeit größer  6 Monate oder ein Jahr  abgeschlossenen Sonderverträgen, die keine Fixpreisverträge sein sollen, ein Bedürfnis nach einer Preisänderungsklausel besteht, weil ein wirtschaftliches Risiko aus steigenden Kosten  dabei nicht durch eine Änderungskündigung ausgeschlossen werden kann.

Um mehr ging es nicht, insbesondere auch nicht um den Inhalt von Erdgasimportverträgen, von denen ich einige auszugsweise im Rahmen von Gerichtsprozessen zu Gesicht bekommen habe. Die eine Klausel war in keinem der mir bekannt gewordenen Erdgas- Importverträge enthalten. Woher Sie ihre Kenntnis über den Klauselinhalt von Erdgasimportverträgen schöpfen möchten, ist nicht ersichtlich.

Ich bin der Meinung, dass langfristige Bezugsbindungen auf allen Marktstufen im Inland geeignet sind, die Liquidität des jeweiligen Marktes herabzusetzen, sogar zu einem Marktverschluss auf dem räumlich und sachlich relevanten Markt führen können.

Wenn alle RWE - Kunden auf drei Jahre einen \"RWE Erdgas 2011\"- Vertrag abgeschlossen hätten, dann wäre dieser Markt für drei Jahre vollständig für andere Anbieter, Angebote und Wettbewerb vollständig verschlossen. Auch 30 % günstigere Preisangebote hätten deshalb keine Chance gehabt, wenn alle relevanten Kunden bereits in einer solchen langfristigen Bezugsbindung steckten. Die langfristigen Gaslieferverträge zwischen Importeuren und Regionalversorgern bzw. Weiterverteilern wurden übrigends auch auf ihre Art freiwillig abgeschlossen und führten gleichwohl zum Marktverschluss. Man versprach sich davon innerhalb der Gaswirtschaft günstigere Preise und Vorteile auch für die Letztverbraucher, so jedenfalls die entsprechenden steten Aussagen der deutschen Gaswirtschaft.

Es ist Ihr gutes Recht, dazu eine andere Auffassung zu vertreten.

Ich habe nicht gesagt, dass sich Unternehmen die Trägheit der Verbraucher zurechnen lassen müssen, sondern dass nicht wettbewerblich orientiert agiert, wer auf die Trägheit der Verbraucher setzt, mithin  darauf, dass möglichst alles bleibt, wie es ist.    

Auch auf dem \"Jenaer Gemüsemarkt\" findet bald kein Handel (wie man ihn kennt und mag) mehr statt, wenn sich alle Nachfrager (Konsumenten) auf Jahre  mit langfristigen Bezugsverträgen eingedeckt haben. Dafür ist es unerheblich, ob die Marktteilnehmer die langfristigen Bezugsbindungen freiwillig eingegangen sind. Der eigentliche Markt, wie man ihn bisher kennt, auf dem sich der Marktpreis aus dem aktuellen Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage bildet, findet dann nicht mehr statt. Auswärtige Händler haben dann auch mit den besten Angeboten keine Chance, zum Zuge zu kommen, wenn die gesamte Nachfrage oder der überwiegende Teil davon  bereits langfristig vertraglich gebunden ist. So ist das auf jedem Markt. Fragen Sie mal bei sich im Städtchen, z.B. welche Chancen die örtlichen Schuhanbieter für Wettbewerb noch sehen, wenn der Großteil der Einwohner seinen Schuhbedarf auf Jahre hinaus im Vornherein freiwillig bei einem bestimmten auswärtigen Versandhändler vertraglich gebunden haben sollte. Möglicherweise hilft es den örtlichen Anbietern unter diesen Umständen wenig, wenn sie eine Warenterminbörse für Schuhe  auf die Beine stellen.  ;)

Auf einem liquiden Markt mit vollständigem Wettbewerb ohne langfristige Bezugsbindungen ist es ebenso schwer Neukunden zu gewinnen, wie Altkunden zu halten. Alle Nachfrager wählen ständig neu unter allen vorhandenen Angeboten idealerweise als homo oeconomicus nach den gleichen Kriterien/ Präferenzen. Mir ist kein VWL/ BWL- Lehrbuch bekannt, das zu dieser Frage einen anderen Inhalt hergäbe. Ich meine sogar, die Lehre vom vollkommenen Wettbewerb gründe darauf.

Offline reblaus

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #29 am: 27. Juli 2009, 08:31:21 »
@RR-E-ft
Zitat
Wikipedia Ein Termingeschäft, auch Zeitgeschäft genannt, ist ein Geschäft über den Kauf bzw. Verkauf eines Gutes zu einem fest vereinbarten Preis, der erst eine gewisse Zeit nach dem Abschluss erfüllt wird. Üblicherweise spricht man ab einem Zeitraum von mehr als zwei Tagen von einem Termingeschäft, darunter von einem Kassageschäft.
Nach dieser Definition ist jeder Gasbezugsvertrag ein Termingeschäft, und da Erdgas eine Ware ist, ein Warentermingeschäft. Sie reden somit von Dingen, bei denen Sie noch nicht einmal wissen, was sie sind. Wie sollen Sie denn dann die Wirkung als Versicherung begreifen können. Bei soviel Sachkenntnis ist man dann gleich bei der Wette oder dem Spielkasino. Gaskunden verkommen dann zu Zockern. Der Schritt zur Wiedereinführung des Sozialismus mit seinen Einheitspreisen, um diesen \"Missständen\" ein Ende zu bereiten, ist dann nicht mehr so weit.

Dauerschuldverhältnisse dürfen nach § 309 Nr. 9 BGB mittels AGB nicht länger als für 2 Jahre abgeschlossen werden. Diese Regelung steht Ihrer Befürchtung entgegen, dass nun massenhaft Verbraucher ohne ausdrücklichen Wunsch in Verträge mit extremer Laufzeit gedrückt werden.

Dennoch kann der Versorger dem Kunden bei Festpreisverträgen ohne marktabschottende Wirkung Laufzeiten von mehr als zwei Jahren anbieten. Es ist dem Kunden lediglich ein Kündigungsrecht nach 2 Jahren einzuräumen. Die über diesen Zeitraum laufende Preiszusicherung wird vom Versorger dann nicht mehr durch ein Einkaufsgeschäft auf Termin abgesichert, sondern er erwirbt eine Kaufoption über die benötigte Gasmenge. Wird gekündigt, lässt er die Option verfallen. Aber jetzt sind wir schon wieder bei den Instrumenten des Warenterminmarktes, von dem Sie gar nicht reden.

Bei der Trägheit der Verbraucher haben Sie das Problem nicht verstanden. Für den etablierten Gasgrundversorger ergibt sich durch die Trägheit der Verbraucher und durch die gesetzliche Regelung dann ein Wettbewerbsvorteil, wenn die rechtliche Situation nur noch den Abschluss von befristeten Verträgen erlaubt. Dann wird der neue Anbieter stets einen gewissen Prozentsatz seiner Kunden an den örtlichen Grundversorger verlieren. Der Grundversorger hat dies bei seinen Sondervertragskunden aber nicht zu befürchten.

Zitat
Original von RR-E-ft Auf einem liquiden Markt  mit vollständigem Wettbewerb ohne langfristige Bezugsbindungen ist es ebenso schwer Neukunden zu gewinnen, wie Altkunden zu halten.
Jeder Azubi im Einzelhandel kann Ihnen nach 6 Monaten sagen, dass es ungleich schwerer und teurer ist, neue Kunden zu gewinnen, als alte Kunden zufrieden zu stellen und dadurch als Kunden zu erhalten. Der Kunde ist nämlich keine Maschine, die stets nach objektiven Kriterien entscheidet, sondern ein Mensch mit Sympathien, Antipathien und Loyalitäten.

Ihre ganze Argumentation zur Ablehnung von Preisänderungsklauseln beruht schlicht auf Unkenntnis der tatsächlichen Marktverhältnisse. So etwas nennt man wissenschaftlicher Elfenbeinturm.

 

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