Ein Sondervertrag, der keine feste Vertragslaufzeit vorsieht und also unbefristet abgeschlossen wurde und kurze Kündigungsfristen aufweist, müsste absolut preiswert angeboten werden.
Einerseits wegen der geringeren Konzessionsabgaben, andererseits wegen des
praktisch nicht vorhandenen Risikos, nachträgliche Kostenerhöhungen nicht durch Preisanpassungen an die Kunden weitergeben zu können. Dieses Risiko tendiert für den Versorger - vollkommen unabhängig von der Frage einer vereinbarten Preisänderungsklausel - gegen null, wenn der Versorger die Verträge etwa unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zum Ende eines Monats jederzeit ordentlich kündigen kann.
Erst bei einer längeren Vertragsbindung durch
Vereinbarung einer Mindestvertragslaufzeit entstehen, insbesondere durch eine feste Preisvereinbarung (Fixpreis) bei ungewisser zukünftiger Entwicklung für beide Vertragsteile gleichermaßen Chancen und Risiken, die einer Wette gleichen.
Auf einem Wettbewerbsmarkt kann sich der Kunde andererseits kurzfristig aus einem ihm ungünstig gewordenen Vertragsverhältnis lösen, wenn kurze Kündigungsfristen dies zulassen, marktgerechte Alternativen zur Verfügung stehen.
Ist der Wettbewerb gering ausgeprägt, kann der Versorger dabei - auch bei wirksamer Preisänderungsklausel - die Weitergabe gesunkener Kosten vermeiden, indem er die Sonderverträge - soweit vertraglich zulässig - vor der entsprechenden Weitergabe kündigt und neue Verträge anbietet, wobei die neu angebotene Preisstellung auf einer deutlich unvollständigen Weitergabe gesunkener Kosten gründet. Eine wohl bereits gängige Praxis.
Beratungspraxis Black.Welche Preisaufschläge aus welchem Grund (bisher) einkalkuliert sind (zB. Modernisierungsbedarf eines kommunalen Freibades oder ambitionierter Expansionspläne eines Konzerns), weiß man sowieso nicht.
Eine Preisänderungsklausel vermindert mithin nicht das Risiko hoher Preisaufschläge (aus welchen Gründen auch immer), so lange kein wirksamer Wettbewerb besteht.
Eine Preisänderungsklausel, die
keine wirksame Verpflichtung zur Weitergabe nachträglicher Kostensenkungen enthält, entweder weil schon keine entsprechende Verpflichtung mit hinreichender Eindeutigkeit enthalten ist oder diese Verpflichtung nicht rechtlich durchsetzbar ist, etwa weil sich der Versorger durch kurzfristige Kündigung aus dem betroffenen Vertragsverhältnis lösen kann, schafft für den Kunden
keinen ersichtlichen wirtschaftlichen Vorteil. Der Vorteil liegt beim Versorger, insbesondere wenn einer Preisänderungsklausel jedwede Transparenz fehlt.
Sonderverträge unterliegen der Vertragsfreiheit. Sonderverträge, die mit Kunden zu verschiedenen Zeitpunkten abgeschlossen wurden, können sich deshalb sehrwohl - anders als Allgemeine Preise der Grundversorgung - auch bei identischen Abnahmefällen preislich unterscheiden. Genau dies wird bereits praktiziert, z.B. bei der Erfurter E.ON Thüringer Energie AG.
Die Kunden des Erfurter Unternehmens werden auch nicht in die teuren Fixpreis- Sonderverträge oder gar in die Grundversorgung gezwungen, wenn nur weitere Anbieter zur Verfügung stehen, die ihrerseits nur Sonderverträge anbieten. Die bis zum 01.04.2009 abgeschlossenen sog. Bestandskunden- Sonderverträge mit zweifelhaften Preisänderungsklauseln bleiben vorerst bestehen.
Unternehmen, die bisher nur Sonderverträge anbieten, etwa Lichtblick Gas, können nicht gegenüber allen Kunden die Preise zu einem bestimmten Zeitpunkt einseitig einheitlich neu festsetzen, etwa mit der Begründung, die (Beschaffungs-)Kosten seien seit Vertragsabschluss um x- Einheiten gestiegen, schon weil die Zeitpunkte der Vertragsabschlüsse und die dabei jeweils vereinbarten Preise sich voneinander unterscheiden.
Völlig anders liegt die wirtschaftliche (und rechtliche) Situation in der Grundversorgung.
Der Versorger kann dem Risiko steigender Kosten nicht durch eine versorgerseitige Vertragskündigung begegnen( rechtlich wegen § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV).
Zudem müssen alle Kunden, die Anspruch auf Grundversorgung haben und eine solche für sich beanspruchen (diese wollen),
unabhängig vom Zeitpunkt des individuellen Vertragsabschlusses und
von der Kostenentwicklung nach dem individuellen Vertragsabschluss zu den gleichen {ausdrücklich:} Allgemeinen Preisen der Grundversorgung beliefert werden. Die Allgemeinen Preise der Grundversorgung sind für alle grundversorgten Kunden einheitlich zu gestalten, egal ob die Kosten des Versorgers
nach dem individuellen Vertragsabschluss mit dem Kunden nun gestiegen oder aber gesunken waren oder aber stabil geblieben sind.
Und deshalb braucht der zur Versorgung gesetzlich verpflichtete Grundversorger das gesetzlich eingeräumte Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht, wobei der Allgemeine Tarif gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist.
Das ist auch für den Versorger eine wirtschaftliche Situation, die sich nicht mit der Belieferung von Sondervertragskunden vergleichen ließe, einfach weil die Umstände vollkommen andere sind (wirtschaftliches Risiko durch fehlendes Kündigungsrecht).
Ich sehe auch nicht, dass man Lichtblick & Co. jetzt bei deren Sonderverträgen eine Belieferung zu \"Allgemeinen Preisen\" vorgeben sollte, die für alle Kunden mit selben Abnahmefall unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses etwa durch öffentliche Bekanntgaben gelten sollten.
Der Kunde, der an Preissicherheit interessiert ist, schließt einen Vertrag mit fester Vertragslaufzeit ab und ist sich dabei der Risiken und Chancen bewusst, die sich aus einer sehr langen Vertragsbindung bei ungewisser zukünftiger Entwicklung ergeben. Er wird sich unter diesem Gesichtspunkt insbesondere bewusst für einen längerfristigen Fixpreisvertrag entscheiden, wo ein solcher angeboten wird. Dass es sich dabei um eine Wette handelt, die bei unsicherer zukünftiger Entwicklung gleichermaßen Chancen und Risiken birgt, muss ihm freilich bewusst sein.
Eigentliches Entscheidungskriterium unter mehreren Angeboten ist weder nur der Preis oder nur die Laufzeit, sondern immer die Kombination aus Preis und garantierter Mindestlaufzeit. Ohne garantierte Mindestlaufzeit folgt auch aus einer Preisvereinbarung keine Kalkulierbarkeit der Zukunft für den Kunden, wenn der Preis fast jederzeit einseitig (in nicht vorhersehbarem Umfang) geändert oder der Vertrag fast jederzeit versorgerseits gekündigt werden kann, wodurch
alle (wirtschaftlichen) Risiken aus einer ungewissen künftigen Entwicklung auf den Kunden verlagert werden.
Eine vereinbarte Mindestvertragslaufzeit schafft einerseits die Chancen und Risiken aus der nachfolgenden Kostenentwicklung, verschafft dem Versorger jedoch auch eine halbwegs prognostizierbare Absatzmenge, was sich auf dessen Beschaffungsoptionen und auch auf die Preisgestaltung für den Kunden günstig auswirken sollte.
Wenn die Obst-, Milch- oder Fleischpreise stark schwanken (was zuweilen vorkommt) und deren zukünftige Entwicklung schwer vorherzusehen ist, schließt deshalb eigentlich auch kein Verbraucher deshalb langfristige Bezugsverträge ab, egal ob Fixpreisvertrag oder mit Preisänderungsklausel. Der Verbraucher deckt sich vielmehr entsprechend des aktuellen Bedarfs am liquiden Markt zu jeweils marktgerechten Preisen ein und reagiert allenfalls im Rahmen beschränkter Möglichkeiten durch Vorratshaltung. Dass der Fleischkonzern mit den meisten Kühlkapazitäten dabei besondere Möglichkeiten hat, etwa auf die Preisentwicklung für Schweinehälften zu reagieren, liegt auch auf der Hand. Warum sollte das auf liquiden Energiemärkten mit Wettbewerbsangeboten hinsichtlich Sonderverträgen anders sein?
@reblaus
Wenn Sie als Kaufmann gegenüber eigenen Kunden Preisänderungsklauseln in den AGB verwenden, dann steht und fällt deren Wirksamkeit mit der Einhaltung des Transparenzgebots, ohne dass ein gewährtes Sonderkündigungsrecht die unangemessene Benachteiligung der Kunden durch eine vollkommen intransparente Preisänderungsklausel kompensieren könnte. Wenn Sie als Kaufmann im Wettbewerb stehen, werden Sie wohl eine Strategie entwickelt haben, darauf zu reagieren. Ebenso werden Ihre Kunden wohl zu dieser Strategie eine Vorgehensweise entwickelt haben, falls Sie als Kaufmann (noch) eigene Kunden haben.
Möglicherweise spielen Preisvereinbarungen und Preisänderungsklauseln in Energielieferungsverträgen für Sie (bisher) gar keine Rolle, weil Sie meinen, diese seien wegen kartellrechtlicher Überlagerungen sowieso oft hinfällig, woraus sich wirtschaftlich Profit schlagen lasse.
Original von reblaus
Betriebswirtschaftlich clever wäre dieser Sinneswandel in jedem Falle. Da Sie sich dann in einer neuen Klagewelle von Rückforderungs- und Schadensersatzprozessen ein Stück vom Kuchen abschneiden könnten. Falls Sie jetzt schon die Gebührentabelle zur Hand nehmen, der Streitwert richtet sich nach der eingeklagten Summe und nicht nach dem verursachten Schaden.