Die Entscheidung vom 08.07.2009 - VIII ZR 314/07 ist nun veröffentlicht. Eine Beweiserhebung (hier: durch Zeugenvernehmung) ist nicht deshalb entbehrlich, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen durch ein Privatgutachten belegt sind, dessen Richtigkeit der Gegner bestreitet, ohne die Unzulänglichkeit des Gutachtens substantiiert darzulegen.
Der BGH lehnt weiter eine Gesamtpreiskontrolle auch bei festgestellter Monopolstellung ab.
Tz. 17
Gleichwohl ist eine entsprechende Anwendung des § 315 BGB nach der zu dieser Vorschrift entwickelten \"Monopolrechtsprechung\" (vgl. BGHZ 172, 315, Tz. 33 m.w.N.) nicht gerechtfertigt. Einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle von allgemeinen Tarifen (Preisen) eines Gasversorgungsunternehmens in analoger Anwendung von § 315 Abs. 3 BGB steht ent-gegen, dass sie der Intention des Gesetzgebers zuwider liefe, der eine staatliche Prüfung und Genehmigung dieser Tarife wiederholt abgelehnt hat. Auch bei der gerichtlichen Kontrolle der Billigkeit der Tariffestsetzung fände für das betroffene Gasversorgungsunternehmen eine Preisregulierung statt, wenn der Tarif nach Auffassung des Gerichts unbillig überhöht und deshalb durch Urteil zu bestimmen wäre (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 19. November 2008, aaO, Tz. 17 - 23).
Dies überzeugt nicht, nachdem jedes Urteil nur zwischen den Parteien Wirkung entfaltet. Hier soll aber doch das Gericht zumindest im Verhältnis der Parteien angehalten sein, ggf. die Tarifpreise
neu zu bestimmen.
Tz. 34
Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die Preiserhöhungen nicht der Billigkeit entsprechen, ist der Hilfsantrag der Beklagten auf Bestimmung des zwischen den Parteien geltenden Arbeitspreises Erdgas zum 1. Oktober 2004 und 1. Oktober 2005 zu berücksichtigen.
Tz. 3
Die Beklagte erhöhte den Arbeitspreis für Erdgas im Heizgastarif zum 1. Oktober 2004 von 3,18 Cent/kWh auf 3,58 Cent/kWh, zum 1. Oktober 2005 auf 4,16 Cent/kWh und zum 1. Januar 2006 auf 4,52 Cent/kWh (jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer). Die Kläger widersprachen der Preiserhöhung.
Mit ihrer Klage haben die Kläger die Feststellung begehrt, dass die von
der Beklagten im dem zwischen den Parteien geschlossenen Gaslieferungsvertrag zum 1. Oktober 2004, 1. Oktober 2005 und 1. Januar 2006 vorgenommenen Erhöhungen des Arbeitspreises Erdgas unbillig und unwirksam seien. Die Beklagte hat Klageabweisung, hilfsweise die Bestimmung des zwischen den Parteien geltenden Arbeitspreises Erdgas zum 1. Oktober 2004 und 1. Oktober 2005 beantragt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und ausgeführt, mangels Darlegung der Preiskalkulation der Beklagten könne es auch deren Hilfsantrag nicht entsprechen. Auf die vom Amtsgericht zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Das wäre dann aber wohl keine
Preisregulierung im Sinne von Tz. 17.
Der Gesetzgeber hat eine gerichtliche Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB vorgesehen, vgl. nur § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV.
Nachdem der gleiche Senat die Verpflichtung zur Tarifabsenkung bei rückläufign Kosten anerkannt hat [BGH VIII ZR 225/07, VIII ZR 56/08], darf man sich fragen, wie wohl die gerichtliche Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB auf den Hilfsantrag ausfallen müsste, wenn sich herausstellen sollte, dass etwa zum 01.10.2004 die Gesamtkosten gar nicht gestiegen, sondern tatsächlich gesunken waren. Es ist also wohl theoretisch nicht ausgeschlossen, dass eine gerichtliche Ersatzbestimmung zu geringeren als den bis zum 01.10.2004 geltenden Preisen führt.
Man darf sich wohl auch fragen, ob es sich vielleicht dann um eine Preisregulierung handeln würde, wenn alle betroffenen Tarifkunden des Versorgers dabei gleichermaßen verfahren wären.
Man darf sich wohl auch fragen, wie es sich mit den
Allgemeinen Tarifen noch verhält, wenn das Gericht nur hinsichtlich solcher Tarifkunden, die sich wehren, den Tarif neu festsetzt, gegenüber den anderen Tarifkunden des gleichen Versorgers jedoch die von diesem einseitig festgesetzten Tarifpreise weiter Geltung beanspruchen sollen.
Je nachdem, wie sich die Tarifkunden verhalten hatten, käme es wohl
auf ewig zu einer
Preisspaltung zwischen den Tarifkunden des gleichen Versorgers. Denn versorgerseits zu kündigen sind Tarifkundenverträge ebensowenig wie Grundversorgungsverträge, vgl. § 116 EnWG, § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV.
Wer im Ganzen wohl irgendwie einen Widerspruch sieht, der hat es wohl nur nicht richtig verstanden.
Das Amtsgericht Delmenhorst hatte eine Ersatzbestimmung auf den Hilfsantrag abgelehnt und kann sich dabei m.E. wohl auf die Entscheidung des BGH vom 02.10.1991 - VIII ZR 240/90 stützen.
BGH VIII ZR 240/90 am Ende
Zu Recht hat es das Berufungsgericht auch abgelehnt, die Preisbestimmung selbst durch Urteil zu treffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Das ist nur zulässig, wenn die Bestimmung durch die dazu befugte Partei nicht der Billigkeit entspricht oder verzögert wird und eine hinreichende tatsächliche Grundlage für eine ersetzende gerichtliche Bestimmung vorhanden ist. Eine Verzögerung liegt ersichtlich nicht vor. Ob und gegebenenfalls inwieweit die Preisfestsetzung der Klägerin unbillig ist, kann dagegen wegen des zur Nachprüfung ungeeigneten Vortrags der Klägerin nicht beurteilt werden.
Im Übrigen verhält sich die Entscheidung zur Darlegungs- und Beweislast für die die Billigkeit begründenden Umstände. Die Darlegungs- und Beweislast für diese trägt der Versorger.
Der Senat stellt noch einmal klar, dass ein Billigkeitsnachweis durch Preisvergleiche regelmäßig ausscheidet. Bezüglich Parteivortrags auch in Form qualifizierten Parteivortrags in Form von WP- Bescheinigungen genüge einfaches Bestreiten mit Nichtwissen, so dass über streitige Tatsachen dann Beweis erhoben werden muss.
Der Senat weist darauf hin, dass eine Preiserhöhung dann unbillig sein kann, wenn und soweit ein Bezugskostenanstieg durch rückläufige andere Kosten kompensiert werden konnte, was die Parteien noch nicht erörtert hätten.