Energiepreis-Protest > REWAG Regensburg
Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg
§ 315 BGB:
Ich habe gehört, dass das Amtsgericht Regensburg zwei Urteile erlassen haben soll, die besagen, dass § 315 BGB auf Versorgungsentgelte gar nicht anwendbar ist. Ist jemandem dazu genaueres bekannt? Stimmt das?
RR-E-ft:
In Regensburg setzt sich ein Amtsrichter bewusst über die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hinweg.
AG Regensburg, Urt. v. 15.09.2008 - 10 C 1336/08 steht im Widerspruch u.a. zu BGH, Urt. v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 und zu BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07.
Ob dagegen ggf. Berufung/ Verfassungsbeschwerde erhoben wurde, ist hier nicht bekannt.
Die Entscheidung verletzt den Betroffenen in seinen Grundrechten und ist verfassungswidrig.
Rechtsprechung des Bundesverfassungsrichts zur gerichtlichen Billigkeitskontrolle von einseitigen Entgelterhöhungen.
--- Zitat ---Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten ist aus dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes abzuleiten. Dieser muss die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes ermöglichen. Die Beteiligten müssen die Möglichkeit haben, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Zu einem wirkungsvollen Rechtsschutz gehört auch, dass der Richter die Richtigkeit bestrittener Tatsachen nicht ohne hinreichende Prüfung bejaht. Ohne eine solche Prüfung fehlt es an einer dem Rechtsstaatsprinzip genügenden Entscheidungsgrundlage (vgl. BVerfGE 54, 277 ; 74, 220 ; 91, 176 ; vgl. auch BGHZ 116, 47 ; BGH, NJW-RR 1993, S. 1034 ; BGH, NJW 1994, S. 2899).
Mit diesen Maßstäben lassen sich die angegriffenen Entscheidungen nicht in Einklang bringen.
Die bis 1994 notwendige Genehmigung der Aufsichtsbehörde konnte der Beschwerdeführer nicht verwaltungsgerichtlich überprüfen lassen, da sie dem einzelnen Versicherungsnehmer gegenüber keine unmittelbaren Rechtswirkungen entfaltete (vgl. BVerwGE 30, 135; 75, 147; BVerwG, VersR 1996, S. 1133). Damit war es unvereinbar, im zivilgerichtlichen Verfahren unter Hinweis auf diese Genehmigung eine sachliche Überprüfung der Prämienerhöhungen anhand der maßgeblichen privatrechtlichen Normen abzulehnen. Anderenfalls wären einseitige Prämienerhöhungen der Versicherungsunternehmen jeglicher wirkungsvollen richterlichen Kontrolle auf Veranlassung und unter Mitwirkung der Versicherungsnehmer entzogen gewesen.
--- Ende Zitat ---
In Regensburg sollte man die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gem. §§ 108, 102 EnWG rügen und außerdem wegen grundsätzlicher Bedeutung mit Rücksicht auf die BGH- Rechtsprechung vorsorglich für den Unterliegensfall die Zulassung der Berufung beantragen.
Black:
sehr interessantes Urteil des AG Regensburg
jroettges:
Wirklich. Ein Urteil mit interessanten Begründungen und Folgerungen.
Für mich steht es damit in einer Linie mit dem Urteil des OLG Oldenburg vom 5.9.08, das die Situation in Sonderverträgen ebenfalls sehr sauber seziert hat.
Der Regensburger Richter zeigt die ganze Absurdität der Streitereien um den § 315 BGB im Rahmen des EnWG auf. Möglicherweise war er nicht zuständig und wird zurückgepfiffen, seine Gedankengänge sind aber schlüssig und zutreffend.
Wohin soll es denn führen, wenn ein einzelner Tarifkunde in einem Rechtsstreit die Unbilligkeit der Preise seines Versorgers bescheinigt bekommt?
Mein Schluss aus der Sache: Der Gesetzgeber hat sie nicht zuende gedacht und muss schleunigst handeln.
--- Zitat ---(3.6)
Abschließend hierzu sei wiederholt, dass - gerade angesichts der öffentlichen Diskussion hierzu - nicht verkannt werden soll, dass vorstellbar ist, dass die Klägerin (möglicherweise in Zusammenwirkung mit anderen großen Gasversorgern) tatsächlich ein faktisches Monopol an den Gasleitungen durch faktische Zugangsbeschränkung dazu nutzt, um Preise zu verlangen, welche auf einem (wirklich) freien Markt nicht erzielbar wären.
Hierauf kann jedoch nicht vernünftig mit einer Preiskontrolle gemäß §315 BGB reagiert werden, sondern dieses Problem ist entweder dadurch zu beheben, dass der Staat als Konsequenz der Liberalisierung die Voraussetzungen dafür schafft, dass in der leitungsgebundenen Energieversorgung ein funktionierender Wettbewerb stattfindet, oder die Liberalisierung ist aufzuheben, und die Gaspreise sind wieder direkt einer staatlichen Reglementierung zu unterwerfen.
Aus dem Urteil des AG Regensburg vom 15.09.2008
--- Ende Zitat ---
reblaus:
Da arrangiert sich mal einer nicht mit der ihm von einem völlig unwilligen Gesetzgeber zugewiesenen Rolle: die ärgsten Auswüchse eines nur pro forma europarechtlichen Vereinbarungen genügen sollenden \"freien\" Energiemarktes zu verhindern. Kam schon mal irgend ein Endkunde auf die Idee die Deutsche Telekom wegen überhöhter Telefontarife vor den Kadi zu zerren?
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