Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Ölpreisbindung
Pölator:
Hallo,
wieder lernt man dazu... .
Was ist aber mit Stadtwerken, welche in eine GmbH umgewandelt wurden, aber zu 100% der Stadt gehören.Trifft auf diese auch die Ausschreibungsplicht zu?
Wenn ja, wo finde ich diese rechtliche Grundlagen?
Danke,
schönes Wochenende
Pölator
Lothar Gutsche:
@ Pölator
vor zwei Jahren war ich auf der Suche nach Rechtsvorschriften, die eine Ausschreibungspflicht meiner Stadtwerke in Würzburg begründen. Eine gesetzliche Pflicht zur europaweiten Ausschreibung habe ich im Vergaberecht leider nicht gefunden. Ich habe überhaupt keine Ausschreibung irgendeines Stadtwerkes zum Bezug von Gas oder Strom entdecken können. Der Grund ist vermutlich die relevante Regelung in der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 \"zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste\", siehe im Internet z. B. unter http://74.125.77.132/search?q=cache:GMr0qtaYpO8J:eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do%3Furi%3DOJ:L:2004:134:0001:0113:DE:PDF+2004/17/EG&hl=de&ct=clnk&cd=1&gl=de&client=firefox-a oder in Google \"2004/17/EG\" eingeben. (* aus mir unerfindlichen Gründen will das System hier den Link auf das Amtsblatt L 134/1 der Europäischen Union vom 30.4.2004 nicht annehmen, sondern zaubert irgendwelche unerwünschten Icons in den Text hinein *)
In der Richtlinie 2004/17/EG definieren in recht verklausulierter Form die Artikel 3 und Artikel 26 eine Ausnahme für die Ausschreibungspflicht ausgerechnet für \"Aufträge zur Lieferung von Energie oder von Brennstoffen zur Energieerzeugung\". Durch diese Ausnahme werden gerade für den Energiebezug von Stadtwerken die sonst in der EU üblichen Grundsätze der Transparenz, Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung in Frage gestellt, selbst wenn sie die maßgeblichen Schwellen von 422.000 Euro übersteigen.
Angebote zum Bezug von Gas und Strom unter wirksamen Wettbewerbsbedingungen sind in bestimmten Kreisen nicht erwünscht. Denn eine öffentliche Ausschreibung mit dem Vergabekriterium „niedrigster Preis“ könnte die heutigen Kartelle und Missbrauchmöglichkeiten zerstören. Die Ausnahmeregelung ist vermutlich das Werk von Brüsseler Lobbyisten, die z. B. als \"abgeordnete nationale Sachverständige\" oder als \"temporary administrator\" die EU-Kommission unterwandert haben. Über solche Lobbyistenaktivitäten berichten immer wieder Prof. Dr. Kim Otto und Sascha Adamek, die Autoren des Buches \"Der gekaufte Staat\", siehe z. B. die neueste Studie \"Lobbyismus als Schatten-Management in Politik und Medien\" vom Dezember 2008 der netzwerk recherche e.V. unter http://www.netzwerkrecherche.de/docs/nr-werkstatt12-Lobbyismus-als-Schatten-Management-in-Politik-und-Medien.pdf Wegen dieser für Energiepreisprotestler traurigen Rechtslage musste ich tiefer in das Gesellschaftsrecht einsteigen und bei meinen Strafanzeigen gegen die Stadtwerke-Vorstände wegen Untreue nach § 266 StGB die Tatsache nutzen, dass viele Stadtwerke wie z. B. die in Würzburg bei einem ihrer Aktionäre einkaufen und deshalb nach dem Aktienrecht erhöhten Sorgfaltspflichten unterliegen.
Die Nebelkerzen, die in Brüssel gezündet werden, haben sogar den Blick des sonst so scharfsinnigen Anwaltes Fricke trüben können. Wer es noch nicht begriffen hat: die EU dient nicht den Bürgern, sondern einigen wenigen Großkonzernen! Weitere Details zu Zielen und Grenzen der EU werden am 10. und 11.2.2009 in Karlsruhe beim Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem Vertrag von Lissabon diskutiert, siehe http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg09-002.html.
Viele Grüße
Lothar Gutsche
RuRo:
@Stadt/Versorger
Als rechtliche Grundlage reicht womöglich schon das GWB.
Lothar Gutsche:
@ RuRo
Das GWB ist doch recht umfangreich. Ein Blick in § 100 Absatz 2 GWB schränkt den Suchbereich doch deutlich ein. Dort ist geregelt, wo das Vergaberecht mit der Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung gerade nicht gilt. Unter Punkt f) und Punkt g) von § 100 GWB Absatz 2 sind die hier relevanten Energieversorger genannt. In § 127 GWB, in dem die Bundesregierung zu bestimmten Rechtsverordnungen zur Auftragsvergabe ermächtigt wird, finden sich mehrere Referenzen auf die EU-Richtlinien. Im übrigen würde im Streitfall nach den EG-Verträgen das EU-Recht über dem deutschen Recht stehen, wie z. B. der Streit um das VW-Gesetz zeigt.
Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
DieAdmin:
@Lothar Gutsche,
das das Link nicht geht, liegt daran, dass die Angabe sehr viele Sonderzeichen enthält, die die Linkgenierung streiken lässt: Probleme bei Link-Umwandlung (URL-Tag)
Das scheiterte auch, als ich direkt auf der HP das entsprechende Dokument gefunden hatte, deswegen nun das Link als Code. Wer es also direkt ansteuern möchte, muss die Adresszeile in seinen Browser kopieren
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32004L0018:DE:HTML
oder hier zur Suchanfrage: die Suchanfrage
2004/17/EG
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