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Autor Thema: Sonderkündigung erst ab 15% Erhöhung möglich?  (Gelesen 8207 mal)

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Offline foerster

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Sonderkündigung erst ab 15% Erhöhung möglich?
« am: 20. November 2008, 18:42:26 »
Hallo,

ich wollte zum 1.1.09 meinen Vertrag (enviaM business smart) wegen Preiserhöhung kündigen. Ich komme nicht aus dem Vertrag, weil die Erhöhung unter 15% liegt. (lt. envia)

Dies steht auch so, oder so ähnlich in den AGB`s der aktuellen Tarife (meinen gibts nicht mehr)
wortwörtlich (bei businessstrom kompakt):

Zitat:
8. Preisanpassung
Soweit sich die unmittelbaren Kosten für Beschaffung, Übertragung, Verteilung
und/oder Lieferung der elektrischen Energie künftig ändern, ist enviaM
jederzeit berechtigt, die Preise entsprechend anzupassen. Preiserhöhungen
dürfen jährlich insgesamt nicht mehr als 15 % des vertraglichen Stromlieferungsentgeltes
(vor sämtlichen Abgaben wie Steuern, Gebühren, Beiträgen
oder Sonderabgaben bzw. hoheitlich veranlasste Umlagen) betragen.
Zitatende

1. Ist das tatsächlich so, das der Anbieter diese Grenze selbst festlegen darf oder ist das irgendwie vom Gesetzgeber allgemeiner geregelt? z.Bsp. das bei jeglicher Erhöhung der vertraglichen Preise ein derartiges Sonderkündigungsrecht zum Tragen kommt?

2. Ich kann keine Informationen mehr finden, wie das in meinem Tarif (den es ja nicht mehr gibt) geregelt ist - muss ich es trotzdem akzepztieren?

Vielen Dank für Eure Mühe
foerster

Offline RR-E-ft

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Sonderkündigung erst ab 15% Erhöhung möglich?
« Antwort #1 am: 20. November 2008, 18:53:29 »
@foerster

Wenn Sie einen Sondervertrag haben, muss der Versorger nachweisen, dass überhaupt eine Preisänderungsklausel wirksam in den Vertrag einbezogen wurden, was nur der Fall ist, wenn sie der Kunde vor Vertragsabschluss kannte und bei Vertragsabschluss mit dieser einverstanden war.

Eine so einbezogene Klausel unterliegt der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB.

Die Klausel ist unangemessen benachteiligend und unwirksam, wenn sie nur ein Recht zu Preiserhöhungen bei steigenden Kosten enthält, jedoch keine Verpflichtung zur Preissenkung bei Kostensenkungen. Zudem muss sie so transparent sein, dass man die Berechtigung einer vorgenommenen Erhöhung an der Klausel selbst überprüfen kann, was nach der Rechtsprechung des BGH regelmäßig erfordert, dass die Preiskalkulation bereits in der Klausel selbst offen gelgt wird. Ist die Klausel gem. § 307 BGB unwirksam, teilt eine darauf gestützte Preiserhöhung dieses Schicksal (vgl. etwa BGH, Urt. v. 29.04.2008, KZR 2/07).

Offline bjo

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Sonderkündigung erst ab 15% Erhöhung möglich?
« Antwort #2 am: 20. November 2008, 18:53:45 »
Zitat
Original von foerster
Hallo,

ich wollte zum 1.1.09 meinen Vertrag (enviaM business smart) wegen Preiserhöhung kündigen. Ich komme nicht aus dem Vertrag, weil die Erhöhung unter 15% liegt. (lt. envia)

Dies steht auch so, oder so ähnlich in den AGB`s der aktuellen Tarife (meinen gibts nicht mehr)
wortwörtlich (bei businessstrom kompakt):

Zitat:
8. Preisanpassung
Soweit sich die unmittelbaren Kosten für Beschaffung, Übertragung, Verteilung
und/oder Lieferung der elektrischen Energie künftig ändern, ist enviaM
jederzeit berechtigt, die Preise entsprechend anzupassen. Preiserhöhungen
dürfen jährlich insgesamt nicht mehr als 15 % des vertraglichen Stromlieferungsentgeltes
(vor sämtlichen Abgaben wie Steuern, Gebühren, Beiträgen
oder Sonderabgaben bzw. hoheitlich veranlasste Umlagen) betragen.
Zitatende

1. Ist das tatsächlich so, das der Anbieter diese Grenze selbst festlegen darf oder ist das irgendwie vom Gesetzgeber allgemeiner geregelt? z.Bsp. das bei jeglicher Erhöhung der vertraglichen Preise ein derartiges Sonderkündigungsrecht zum Tragen kommt?

2. Ich kann keine Informationen mehr finden, wie das in meinem Tarif (den es ja nicht mehr gibt) geregelt ist - muss ich es trotzdem akzepztieren?

Vielen Dank für Eure Mühe
foerster

Hallo,
mir ist nicht bekannt das man ein Sonderkündigungsrecht ausschließen kann ohne das es ausdrücklich im Vertrag steht!
= > die müssen dich ziehen lassen!

PS: aber warum?
Kürze die Rechnungen als Sondervertragskunde mit Musterschreiben!
Die oben genannte Preisanpassungsklausel ist mit Sicherheit ungültig!

Offline Kampfzwerg

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Sonderkündigung erst ab 15% Erhöhung möglich?
« Antwort #3 am: 20. November 2008, 19:30:14 »
@foerster

Meine erste Reaktion war \"na und?\"
Denn dieses selbst ernannte 15%-Limit des Versorgers spielt m.E. nicht die geringste Rolle.
Das einzige Recht, das nach meiner Erinnerung derart gesetzlich per vorgeschriebener Limits geregelt ist, ist das Mietrecht.
Selbst versicherungsrechtlich gilt ein Sonder-Kündigungsrecht zum Termin einer Erhöhung. Und die Versicherungswirtschaft hätte eine Gesetzeslücke ganz sicher als erste ausgemacht.

M.E. ist diese Klausel 8. unwirksam, die Pflichten bleiben unerwähnt (siehe RR-E-ft)
Aber ein Sonderkündigungsrecht wird eben nicht in dieser Klausel angesprochen, dazu müsste es eigentlich noch eine andere Klausel in Deinen Bedingungen geben?

\"Normalerweise\" hat man nach jeder Preisänderung ein Sonderkündigungsrecht von 4 W. (z.Zt. wieder ganz aktuell bei den KFZ-Versicherungen)

Frag Deinen Versorger doch einmal explizit nach der Rechtsgrundlage für die Ablehnung der Kündigung.  ;)

Offline jofri46

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Sonderkündigung erst ab 15% Erhöhung möglich?
« Antwort #4 am: 20. November 2008, 20:12:19 »
@foerster

Wurde im Vertrag eine feste Laufzeit vereinbart? Wenn ja, wurde diese individuell vereinbart (hatten Sie z. B. ein Wahlrecht?) oder ist sie formularmäßig im Vertrag enthalten (z. B. in den AGB\'s)? Wie lautet dann diese Laufzeitregelung?

Abgesehen von Versicherungsverträgen kenne ich kein gesetzliches \"Sonderkündigungsrecht\" bei Preiserhöhungen.

Für andere Verträge gilt zunächst der Grundsatz, dass sie über die (wirksam) vereinbarte Laufzeit einzuhalten sind und nur ordentlich zum vereinbarten Ablauf gekündigt werden können. Preiserhöhungen während dieser festen Laufzeit kann selbstverständlich widersprochen werden (würde ich dann auch nicht zahlen). Aber kann die Preiserhöhung auch zu einer vorzeitigen Kündigung berechtigen? Da habe ich meine Zweifel.

Preisanpassungsklauseln sind ja auch nicht per se unzulässig. Immerhin hat die von Ihnen zitierte Klausel eine Obergrenze, so dass damit eine unangemessene Benachteiligung i. S. von § 307 BGB schon relativiert ist. Fraglich allerdings, ob 15 % innerhalb eines Jahres nicht schon zu hoch sind, um damit eine unangemessene Benachteiligung zu verneinen.

Offline foerster

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Sonderkündigung erst ab 15% Erhöhung möglich?
« Antwort #5 am: 23. November 2008, 17:20:25 »
Hallo @all,

vielen Dank für Ihre Antworten.

Ich habe jetzt die AGB meines Tarifs bei enviaM (online) gefunden. Da steht zu Punkt 8. dasselbe wie in meinen 1. Beitrag. Hier die kompl. AGB`s: link (Punkt 8 gleich oben rechts)

EnviaM hat mir lt. meinen Unterlagen am 16. Mai 2007 neue Konditionen (Erhöhung der Preise) mitgeteilt. Im gleichen Schreiben teilen Sie mit, das es \"Neue Allgemeine Richtlinien zur Stromlieferung ab 01.07.2007\" gebe, ein entsprechendes Exemplar liege bei. Ich fand nichts in meinen Unterlagen, möchte aber nicht ausschliessen, das ich es eventl. weggeworfen habe. Ich gehe jetzt mal davon aus, das es die AGB`s von obigen Link waren.

Ist es dann aber so, das ich diese anerkannt habe, indem ich nichts unternommen habe? Quasi die Erhöhung stillschweigend hingenommen habe? Wie ist da die Rechtslage?

Interessant ist aber auch der Punkt 13 der AGB´s, nur ist hier die Frage ob ein neuer Tarif auch neue \"Allgemeine Regelungen\" enthält, EnviaM schweigt sich dazu noch aus. Im aktuellen Schreiben (zur aktuellen Erhöhung, bzw. Tarifänderung/wechsel von \"business\" auf \"businessstrom\") steht am Ende: \"Die ergänzenden Bedingungen zur StromGVV - Ziffer 4 - haben sich geändert. ...\"

\"StromGVV\" und \"Allgemeine Regelungen\" sind aber bestimmt verschiedene Sachen, oder?

Weiterhin vielen Dank für Ihre Ausführungen
foerster

Offline jofri46

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Sonderkündigung erst ab 15% Erhöhung möglich?
« Antwort #6 am: 24. November 2008, 12:37:20 »
@foerster

Die StromGVV ist eine Verordnung (mit Gesetzeskraft) der Bundesregierung; die Allgemeinen Regelungen zur Stromlieferung sind Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Versorgers - sie ergänzen die StromGVV.

Ein neuer Tarif stellt m. E. keine Änderung i. S. von Ziff. 13 der AGB dar. Es liegt lediglich ein Fall vor, in dem Ziff. 8 \"Preisanpassung\" der AGB angewandt wird. Allerdings soll sich, wie Sie schreiben, Ziff. 4 (= Ablesung?) der AGB geändert haben. Dies könnte zu einer Vertragskündigung unter den Voraussetzungen berechtigen, wie sie in Ziff. 13 genannt sind (Ankündigungsfrist von 6 Wochen, Hinweis auf Kündigungsmöglichkeit seitens enviaM; dann Ihrerseits Kündigung mit 4-wöchiger Frist zum Änderungszeitpunkt). Haben Sie die Kündigungsmöglichkeit (nach Hinweis der enviaM) mit 4-wöchiger Frist versäumt, so liegt darin m. E. eine Anerkennung der neuen AGB.

Dass in der bloßen Mitteilung einschl. Zusendung der neuen AGB eine Anerkennung der Preiserhöhung liegt, würde ich so nicht ohne weiteres sehen, es sei denn, Sie haben auf die Preiserhöhung schon schon vorbehalt- und widerspruchslos gezahlt. Zugang der Mitteilung über die Erhöhung und der neuen AGB können sie ja auch zunächst bestreiten.

Der Preiserhöhung würde ich widersprechen. Begründung: Es  gibt hierfür keine wirksame Vertragsgrundlage. Sollte sich enviaM auf die Klausel gem. Ziff. 8 der AGB berufen, deren Wirksamkeit bestreiten, weil sie den Kunden gemäß § 307 BGB unangemessen benachteiligt. Zugleich die Erhöhung zum Anlass nehmen, den Vertrag außerordentlich vorzeitig zu kündigen und hilfsweise die ordentliche Kündigung aussprechen zum nächstmöglichen Zeitpunkt (s. hierzu Ziff. 2. \"Vertragslaufzeit\" der AGB).

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