@ Joe_D
Quersubventioerung bei der EVFDie Energieversorgung Filstal GmbH Co KG (EVF) ist zu 100 % in kommunaler Hand. Gesellschafter sind die Stadtwerke Göppingen und die Stadtwerke Geislingen, beides Eigenbetriebe der beiden Städte. Auf der Homepage der EVF unter
http://www.evf.de/main.php ist von \"Schwimmbäder - Spass für die ganze Familie!\" die Rede. Unter der Rubrik \"Bäder\" erfährt man, dass damit u. a. die bekannten
Barbarossa-Thermen gemeint sind. Allein dieses Bad verursacht jährlich Verluste in Höhe von 1,8 Mio. Euro, wie dem Wirtschaftsplan unter
http://webspace-goeppingen.kdrs.de/haushalt/2008/plan/2008_Finanzplan_Wirtschaftsplaene.pdf zu entnehmen ist (Seite 105 - 107 und mit Zahlen S. 123). Offensichtlich soll in Göppingen mit Gewinnen aus den Monopolbereichen Energie und Trinkwasser das Defizit aus dem Bäderbetrieb quersubventioniert werden.
Dabei handelt es sich nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (Urteil vom 22.8.2007 unter Aktenzeichen I R 32/06, im Internet unter
http://www.bundesfinanzhof.de/www/entscheidungen/2007.10.24/1R3206.html) um eine
verdeckte Gewinnausschüttung der EVF an ihre Gesellschafter. Mit Hinweis auf das Steinkohlepfennig-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 1994 unter Aktenzeichen 2 BvR 633/86 (Quelle online z. B.
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv091186.html) lässt sich die
Verfassungswidrigkeit dieser Quersubventionierung begründen. Die überhöhten Energiepreise in Göppingen wirken damit wie eine zusätzliche kommunale Steuer und verletzen damit das Grundprinzip der Steuerbelastung, wonach sich Steuern nach der Leistungsfähigkeit der Steuerzahler richten, also nach ihrem Einkommen und ihrem Vermögen und nicht nach ihrem Energieverbrauch.
Unklare Bezugskostensteigerung der EVFDie Formulierung zur Bezugskostensteigerung lässt offen, wie sich der Gesamtbezugspreis umgerechnet auf eine kWh Erdgas verändert hat. Denn es gibt möglicherweise neben dem Arbeitspreis noch einen Grundpreis, den die EVF an ihren Vorlieferanten zahlen muß und der eventuell im gleichen Zeitraum stark gesunken ist. Des weiteren könnte der Vorliefrant der EVF erhöhte Werbekostenbeihilfen zukommen lassen oder Boni und Rabatte auf den Gesamtumsatz eines Jahres gewähren, die sich nicht im nominellen Arbeitspreis niederschlagen. In dem Zusammenhang weise ich auf einen aktuellen Beschluss des OLG Stuttgart vom 19. Juli 2006 hin, wonach die Angabe der bloßen nominellen Einkaufspreise kein zutreffendes Bild der tatsächlichen Einkaufskosten geben können, siehe Aktenzeichen OLG Stuttgart 201 Kart 1/06 bzw. im Internet
http://www.olg-stuttgart.de/servlet/PB/menu/1201167/index.html?ROOT=1182029.
Unbilligkeit der BezugskostensteigerungDie Bezugskosten der Energieversorgung Filstal GmbH & Co. KG haben sich im Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 01.06.2008 um 1,77 Cent/kWh erhöht, im Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 01.09.2007 lag die Steigerung der Bezugskosten bei 1,36 Cent/kWh.
Die EVF hätte diese Bezugskostensteigerung nicht hinnehmen dürfen, sondern ihrerseits gegenüber dem Vorlieferanten Unbilligkeit oder gar Kartellrechtswidrigkeit einwenden müssen. Denn die Bezugskostensteigerungen sind höher als die Veränderungen der Erdgasimportpreise, vgl.
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/Binaer/erdgasmon,property=blob,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.xls. Im Zeitraum 1.1.2004 - 1.9.2007 stiegen die Erdgasimportpreise von 1,14 Cent/kWh auf 1,93 Cent/kWh, d. h. um 0,79 Cent/kWh. Die EVF akzeptierte dagegen eine Steigerung der Vorlieferantenpreise um 1,36 Cent/kWh.
Die Kartellrechtswidrigkeit der Vorlieferantenpreise könnte sich aus den Verfahren ergeben, die im vorigen Herbst beim Bundeskartellamt gegen die Ferngasgesellschaften zum Abschluss kamen, siehe im Archiv des Bundeskartellamtes unter
http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/archiv/EntschKartArchiv/EntschKartell.php zu den Aktenzeichen B8 - 113/03, B8 - 113/03-5 bis B8 - 113/03-15. In den Kartellverfahren geht es um die Langfristigkeit und den Lieferumfang, mit denen die Ferngasgesellschaften als Vorlieferanten die Stadtwerke und andere Kommunalversorger an sich gebunden hatten.
Verpflichtung aus dem EnWGNeben der Billigkeit sind auch die Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) zu beachten, die hier im Forum viel diskutiert wurden, besonders § 1 und § 2. Die Billigkeitsnachweis muß deshalb weiter gehen als in üblichen Prozessen zu § 315 BGB: Die Preise müssen auch den Kostengünstigkeits-Maßstäben des EnWG genügen.
FazitIch würde der EVF bzw. deren Anwälten noch einmal antworten und dabei weiter die Unbilligkeit einwenden, u. a. mit den obigen Argumenten. Erst wenn die EVF tatsächlich Klage erhebt, ist ein Anwalt erforderlich. Einen solchen Anwalt sollten Sie aber möglichst frühzeitig suchen, da die meisten schon ziemlich beschäftigt sind und die Streitwerte eines Privatkunden nicht gerade attraktiv für Anwälte sind, wie ich selber vor drei Monaten feststellen mußte.
Viele Grüße
Lothar Gutsche