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Autor Thema: RWE gewinnt deutlich  (Gelesen 5332 mal)

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Offline RR-E-ft

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RWE gewinnt deutlich
« am: 02. Juni 2005, 10:31:24 »
Auch beim RWE- Konzern sollen die Strompreiserhöhungen zu deutlich steigenden Gewinnen führen, obschon diese schon in der Vergangenheit mehr als üppig ausfielen:


http://www.faz.net/IN/INtemplates/faznet/default.asp?tpl=investor/tool_infoboxticker_meldung.asp&id=1117628152

Die eigenständigen business units der Stromerzeugungssparte liefern den produzierten Strom offensichtlich immer teurer an die eigenen Vertriebsgesellschaften.

Dann wären solche internen Preiserhöhungen wohl offensichtlich vollkommen hausgemacht, so wie es auch bei anderen Konzernen zu erwarten steht.




Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline JGrave

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RWE gewinnt deutlich
« Antwort #1 am: 02. Juni 2005, 17:25:10 »
@RR-E-ft

Verstehe ich das richtig

Zur (EU-rechtlich verpflichteten) Liberalisierung des deutschen Strommarktes haben die Monopolunternehmen (das sind in der Regel nahezu ausnahmslos  a l l e  Netzbetreiber, weil es keine Parallelnetze gibt) einen \"diskriminierungsfreien\" Netzzugang zu gewähren. Das läuft folgendermaßen

V o r  Öffnung des Marktes (bis Mitte der 90-er Jahre) war die Stromerzeugung ziemlich teuer (jeder kann das in der Begründung der Strompreise von damals nachlesen); außerdem mußte der Strom über hochinvestive Netze (Privateigentum der EVU) verteilt werden.

M i t  Öffnung des Marktes (Mitte der 90-er Jahre) ging der Stromendpreis durch auftauchende Alternativ-Angebote auch bei den alteingesessenen EVU zunächst deutlich nach unten (oh Wunder, haben die plötzlich die Physik überwunden oder nur die überhöhten Gewinne der Jahrzehnte davor genutzt?). Anschließend, damit es nicht so auffällt, wurde das \"Kosten\"verhältnis zunehmend von der Stromerzeugung weg auf die Netzverteilung verlagert.

Auf diese Weise schlägt man drei Fliegen mit einer Klappe

1. Auf Zeit verteuert man (und behindert damit) den Netzzugang durch unliebsame Wettbewerber.

2. Man behält gleich hohe Gewinne (was bei der Stromerzeugung fehlt, wird über höhere Netzentgelte ausgeglichen).

3. Man tritt nur noch bei der (nunmehr weit verbilligten) Stromerzeugung in direkten Wettbewerb und entscheidet diesen natürlich leicht für sich; denn welcher nicht selbst als Großerzeuger auftretende Mitbewerber kann derart niedrige Erzeugerpreise anbieten und dabei noch ausreichend Gewinn für seine unternehmerische Tätigkeit erzielen.

H e u t e  sehen wir das Ergebnis Kaum noch Alternativ-Angebote (Mitbewerber), Preiserhöhungen der Alteingesessenen ohne Ende. Keiner dieser liefert evtl. günstigere Kernprodukte in das Netz eines anderen Gebietsmonopols, ja nicht einmal unter Tochter-EVUs (eigenes Beispiel die etwas günstigere städtische 100%-Tochter und gleichzeitig Strombezieherin des 50 km entfernten Regionalmonopolisten, der seinerseits eine Tochter von RWE ist - alle Fäden laufen bei den vier Großen zusammen -, liefert nicht in die Stadtteile der eigenen Stadt, weil diese vor zig Jahren einmal selbständig waren und das alte Belieferungsmonopol aus den 50-60er Jahren nicht aufgebrochen werden soll).

Doch damit gibt man sich immer noch nicht zufrieden
Die EVU werden - dem gesetzlichen Auftrag folgend - zergliedert in Erzeugungs-GmbH/AG, Vertriebs-GmbH/AG, Netz-GmbH/AG und Netz-Service-GmbH & Co KG und wie sie alle heißen. Alle sind 100% Mutter-Töchter-Firmen mit \"eigener\" Rechnunglegung und Bilanz. Jeder stellt jedem seine jeweiligen Dienste in Rechnung, eingeschränkte Kostenkontrolle bisher nur beim Vertrieb in Form von behördlichen \"Tarifgenehmigungen\". Vorentgelte (an Stromerzeuger, eigene Mutter) und Nachentgelte (an Netzbetreiber, eigene Tochter) werden ungeprüft als feststehende Kosten von den Genehmigungsbehörden übernommen.

Wie kann das als \"Liberalisierung\" des Strommarktes durchgehen? Wo bleibt da Transparenz?

Wenn ich mit meiner Tochter oder Mutter ganz legale Geschäfte mache, und auf diese Art z.B. einen günstigeren Besteuerungstatbestand erfüllen könnte, erkennt das die (Finanz-) Behörde (einschl. Rechtsprechung) in aller Regel mit der Begründung \"Mißbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten\" nicht an (§ 42 Abgabenordnung).

Was läuft also im deutschen Strombereich verkehrt, dass alle (Politiker, Gesetzgeber, Behörden, Gerichte) die Gestaltungen der EVU als völlig korrekt hinnehmen? Handelte es sich hier nicht um ein Produkt der Daseinsvorsorge?

Offline RR-E-ft

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RWE gewinnt deutlich
« Antwort #2 am: 02. Juni 2005, 17:49:55 »
@JGrave

Das Unbundling hatten die Versorger schon viel früher für sich selbst entdeckt, um ggf. Konzessionsabgaben zu sparen und auch sonst gut mit sich selbst abzurechnen:

Die Vertriebsgesellschaft hätte die öffentlichen Wege und Plätze nicht zur Leitungsverlegung benutzt, die Netzgesellschaft keine Letztverbraucher versorgt. Bei beiden wäre keine Konzessionsabgabepflicht entstanden.

Die Gemeinde hätte nicht schlecht gestaunt.

Zudem hätte man durch die Ersparnis der Konzessionsabgabe im Wettbewerb einen günstigeren Preis anbieten können.

Dem wurde dann mit § 2 Abs. 6 KAV begegnet.


Fraglich, ob die Erzeugerpreise gesunken waren, jetzt ziehen sie jedenfalls an.

Tragisch für alle, die kein eigenes Kraftwerk haben.
An den Brennstoffkosten liegt es nicht unbedingt, wohl eher an einer Verknappung des zuvor vorhandenen Überangebots, welches sich nach Abschaffung der Versorgungsgebiete und den gemeinsamen Markt darbot.

Eine künstliche Angebotsverknappung ist eine typische Monopolstrategie, um Preise gewinnoptimal hochzuhalten. Auf einem Oligopolmarkt stellt sich das nicht weit anders da, vgl. entsprechende BWL/ VWL- Lehrbücher.



Zum weiteren:

Am 24.09.2004 erschien im Professionals- Bereich von http://www.strom-magazin.de (Tagesaktuelle Informationen für Branchenbeschäftigte), abrufbar unter

http://professionals.strom-magazin.de/news/news_Netznutzungsentgelte_als_Strompreistreiber_Mehr_Transparenz_durch_Auflistung_auf_Stromrechnung_12496_1.html

folgender Beitrag:

KOMMENTAR

24.09.2004, 15:48 Uhr

Netznutzungsentgelte als Strompreistreiber:
Mehr Transparenz durch Auflistung auf Stromrechnung?!


Auch wenn der E.ON-Vorschlag, die Strompreiserhöhungen um ein Jahr zu verschieben, von den meisten Politikern begrüßt wurde, so lässt er doch Raum für verschiedene Vermutungen: Haben die Energieversorger mehr Luft, als sie glauben machen versuchen? Und wie verhält es sich mit dem Vorwurf der Preisabsprache?

Wetzlar/Jena (red) - Noch immer diskutiert Deutschland über die ohnehin hohen Strompreise und die erneute Preissteigerung, die die großen deutschen Energieversorger für Januar 2005 angekündigt haben. Während der fehlende Wettbewerb auf dem deutschen Energiemarkt so wenigstens ein bisschen ins öffentliche Interesse zurückgekehrt ist, mangelt es der Energiebranche an Geschlossenheit.

Die vier großen deutschen Energieversorger - so sieht es jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus - können sich nicht auf ein einheitliches Vorgehen einigen und schwächen damit ihre Position und insbesondere ihre Glaubwürdigkeit ungemein. Die Karlsruher EnBW und ihr Vorstandschef Dr. Utz Claasen nehmen seit Beginn der Diskussion Ende August eine Sonderrolle ein. Von Preissteigerungen war nie die Rede, im Gegenteil fordert der Konzern, der mit Tochter Yello durchaus vom florierenden Stromanbieterwechsel profitieren könnte, seit geraumer Zeit eine Verbesserung der (zumindest für alle \"neuen\" Stromanbieter) unbefriedigenden Lage auf dem liberalisierten Strommarkt. Dazu legte der Konzern dieser Tage sogar ein eigenes Regulierungsmodell vor. Die Düsseldorfer E.ON AG inklusive Vorstandschef Wulf Bernotat hat zwar Preissteigerungen Anfang kommenden Jahres angekündigt, später dann aber die Möglichkeit eingeräumt, diese nochmal verschieben zu können. Und zumindest RWE (Essen, Vorstandschef: Harry Roels) und Vattenfall Europe (Berlin, Vorstand: Klaus Rauscher) scheinen sich darin einig zu sein, keine voreiligen Vorschläge zu machen und an den angekündigten Strompreiserhöhungen festzuhalten, aber dennoch generelle Bereitschaft an Gesprächen mit Politik und Verbänden zu signalisieren.

   


Auch wenn der Vorschlag von E.ON-Chef Bernotat, die Preiserhöhungen um ein Jahr zu verschieben und sich dafür auf ein schnelleres Genehmigungsverfahren für den Neubau von Kraftwerken zu einigen, von der Politik unisono begrüßt wurde, so lässt er doch Raum für verschiedene Vermutungen. Mal abgesehen davon, dass die Energieversorger angesichts steigender Gewinne offensichtlich doch mehr Spielraum haben, als sie den Verbrauchern mit stetig steigenden Strompreisen suggerieren, bleibt da auch die Frage nach unzulässigen Preisabsprachen im Sinne des Kartellrechts. \"Ist eine Preisabsprache nicht verboten, wenn diese das Ergebnis eines Energiegipfels ist, zu dem der Bundeskanzler einlädt?\", fragt etwa der Energierechtsexperte Thomas Fricke, Anwalt aus Jena. Er rät allen Verbrauchern, Preiserhöhungen mit dem Hinweis auf Unbilligkeit und Paragraph 315 BGB nicht zu zahlen und den Stromversorger zur Offenlegung seiner Kalkulationsgrundlagen aufzufordern. (Ausführliche Informationen zu diesem Theme, lesen Sie hier: Rechtliche Unsicherheit: Dürfen Verbraucher Preiserhöhungen wegen Unbilligkeit nicht zahlen?) Er fordert daher: \"Die Strompreise dürfen keinesfalls \"eingefroren\" werden, sie müssen schleunigst runter.\"

Rechtsanwalt Fricke hat sich in diesem Zusammenhang auch mit der Billigkeitskontrolle von Durchleitungsgebühren bzw. Netznutzungsentgelten (NNE) befasst. Seiner Meinung nach sind diese der Hauptgrund für die hohen Strompreise. Da sie jedoch in den Strompreisen für den Endverbraucher quasi \"versteckt\" seien, hätte der Kunde nach der Rechtsprechung des BGH nicht die Möglichkeit, diese einzeln als \"unbillig hoch\" zu rügen und gerichtlich überprüfen zu lassen. Fricke vermutet dahinter eine Strategie: \"Die NNE werden künstlich hoch gehalten. Damit ist eine entsprechende Wertschöpfung bei der Versorgung des Kunden über die Preise für das natürliche Monopol \'Netz\' auch dann noch möglich, wenn dieser den Anbieter wechselt.\"

Die Differenz zwischen NNE und dem Endverbraucherpreis bleibt deshalb seiner Meinung nach ein guter Indikator dafür, ob die NNE überhöht sind.

Problematisch werde es, wenn diese Differenz die eigenen Strombezugskosten des EVU gerade noch abdeckt oder nur noch einen geringen Gewinn zulässt. Dann werde ersichtlich, dass die Gewinne nicht aus einem fairen Wettbewerb resultieren, sondern vielmehr aus dem natürlichen Monopol \"Netz\". \"Für Wettbewerber des Netzbetreibers sinken bei einer solchen Strategie die zu erwartenden Margen aus einer Vertriebsaktivität in dessen Netzbereich derart, dass es wirtschaftlich vollkommen unattraktiv wird, überhaupt in einen Wettbewerb.

Ergebnis ist ein faktisch gegen Wettbewerb abgeschottetes Versorgungsgebiet des alteingesessenen Versorgers\", schlussfolgert Fricke. Solche Versorgungsgebiete sollten jedoch bereits mit der Energierechtsnovelle 1998 gerade abgeschafft werden.

Im Sinne von mehr Wettbewerb schlägt Fricke daher vor, die tatsächlichen oder nur kalkulatorischen Netznutzungsentgelte ab sofort gesondert in allen Verbrauchsabrechnungen der Kunden aufzuführen. Dann würde es für jeden potentiellen Wettbewerber sofort ersichtlich, ob es sich lohnt, in Bezug auf einen einzelnen Kunden mit dem Netzbetreiber in einen Wettbewerb einzutreten.

Bitte beachten: Die Ausführungen von Rechtsanwalt Fricke wurden von der Redaktion gekürzt. Die vollständigen Ausführungen finden sich hier zum Download: Billigkeitskontrolle von Durchleitungsgebühren.



http://media.strom-magazin.de/226/102.pdf




Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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