@Unsigned
Wichtig ist nur die Feststellung, dass der Preis vom Versorger einseitig bestimmt wurde. Das haben Sie nun schriftlich.
Eine Abgrenzung zwischen Tarifkunden und Sonderkunden ist m. E. im Gasbereich gar nicht möglich:
http://forum.energienetz.com/viewtopic.php?t=1016http://forum.energienetz.com/viewtopic.php?t=996Im Übrigen ist dies unerheblich, da auch Sonderkunden gegen einseitige Preiserhöhungen die Unbilligkeit einwenden können (LG Potsdam, RdE 2004, S. 304).
Es genügt, dass der Kunde die Billigkeit der Preisbestimmung bestreitet (LG Köln, RdE 2004, S. 306).
§ 30 AVBV schließt den Unbilligkeitseinwand nicht aus (BGH NJW 2003, 3131 f. ).
Die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der Entgeltbestimmung trifft das EVU, wenn es Zahlungsansprüche gegen den Kunden verfolgt (BGH NJW 2003, 1449 f., BGH NJW 2003, 3131 f.).
Der alte Preis gilt weiter.
Im übrigen wird die Forderung erst fällig, wenn das Gasversorgungsunternehmen die Billigkeit
bewiesen hat (Prof. Salje, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 2005, S. 278, (279)).
Nach den spaßigen Ausführungen dort gilt das sogar solange, bis der Gasversorger
deshalb unausweichlich insolvent wird.
Insoweit brauchen Sie sich jedoch um Ihren Versorger keinerlei Gedanken machen.
Fälligkeit kann erst mit Rechtskraft eines vom Versorger erstrittenen Urteils auf Zahlung eintreten. Der Kunde behält weiter seinen Leistungsanspruch auf Versorgung (LG Köln, RdE 2004, S. 306).
Der Kunde hat schon regelmäßig keine Ölpreisbindung vereinbart.
Zudem zieht das Bundeskartellamt die Ölpreisbindung und das Prinzip der Anlegbarkeit insgesamt aktuell in Zweifel und will sich demnächst mit der Frage eingehender befassen.
http://forum.energienetz.com/viewtopic.php?t=1009Lesen Sie die entsprechende Formulierung im Schreiben Ihres Versorgers nochmals laut, legen Sie die Betonung jedoch bewusst auf das Wort \"
bisher\".
Dann kommen Sie der Wahrheit näher.
Es stellt sich die Frage, was der übliche Preis für \"Mainova Erdgas komplett\" sein soll:
Dieses \"Produkt\" ist doch vollkommen einmalig und wird exklusiv nur von Mainova angeboten, wenn man den Marketing-Strategen Glauben schenken darf.
Lassen Sie sich erklären, wo Sie sich bei anderen Versorgern nach dem Preis für genau dieses\" Produkt\" mit diesem wohlklingenden Namen erkundigen könnten, zudem mit der unverwechselbaren Versorgungssicherheit und der starken regionalen Verwurzelung.
Zu den marktüblichen Erdgaspreisen siehe hier:
http://forum.energienetz.com/viewtopic.php?t=972http://forum.energienetz.com/viewtopic.php?t=1001Um den Preis vergleichen zu können, müssten Sie zunächst einen Versorger finden, der eine ähnliche Versorgungsstruktur (Netzlänge, Abnehmerdichte, Kundenstruktur) hat.
Wenn man der Argumentation des BGW zur Ursache für die breite Preisspreizung (Stand 11/04: republikweit bis zu 38 %) folgen wollte, müsste bei dem gefundenen Versorger zudem dann auch noch der selbe Wettbewerbsdruck in Bezug auf den regionalen Wettbewerb mit leichtem Heizöl herrschen.
Es wird also nicht einfach, ein vergleichbares Unternehmen zu finden, um dessen Preise mit den Mainova- Preisen zu vergleichen.
@Cremer
EVU sind gem. § 10 EnWG verpflichtet, jedermann zu Allgemeinen Bedingungen (AVBV) und zu Allgemeinen Tarifen (Strom: BTOElt) mit Elektrizität/ Erdgas zu versorgen. Es besteht eine Anschluss- und Versorgungspflicht.
Diese ist bei Sondervertragskunden sowie bei sog. Wechselkunden (die sich einen anderen Versorger gesucht haben und von diesem versorgt werden), soweit und so lange ein anderweitiger Vertrag besteht suspendiert.
Die Erdgasversorger meinen nun, die Versorgung nach sog. \"Norm- Sonderkundenverträgen\" erfolge außerhalb der Allgemeinen Versorgung.
Hintergedanke ist der, dass die entsprechende/ analoge Anwendung von § 315 BGB auf den Gesamtpreis - nicht lediglich die Preiserhöhung - nur im Bereich der Allgemeinen Versorgung greift.
Die Billigkeitskontrolle des bisher schon zu hohen \"Preissockels\" soll so verhindert werden. Dieser nicht ganz ungeschickte Versuch erweist sich jedoch als untauglich:
Bei den in § 10 Abs. 1 EnWG genannten \"jederman\" und damit den nach dieser Norm Berechtigten kann es sich nur um Kunden mit standardisierten Abnahmebedingungen handeln. Das Kriterium der \"Allgemeinen Tarife\" erfasst somit Abnahmeverhältnisse, die aufgrund einer relativen Homogenität des nachgefragten Lastverhaltens eine solche Standardisierung zulassen. Objektives Kriterium für die Allgemeinheit eines Tarifs im Sinne des § 10 Abs. 1 EnWG ist, ob die fraglichen Tarife einem größeren Kundenkreis regelmäßig eingeräumt werden (vgl. Dr. Gabriele Braband,\"Strompreise zwischen Privatautonomie und staatlicher Kontrolle\", Dissertation Jena 2001, C.H.Beck Verlag München 2003, S. 35 f.. mit weiteren Nachweisen, Definition auf Gaspreise vollkommen übertragbar). Eine solche Unterscheidung ist im Gasbereich aus genannten Gründen wohl nicht möglich.
Neben Tarifen mit wohlklingenden Handelsnamen weisen viele Gasversorger schon keinen anderweitigen \"Allgemeinen Tarif\" mehr aus.
Es ist unschick geworden, einen Tarif noch \"Allgemeiner Tarif\" zu nennen:
Es ist reiner, teurer Marketing- Unfug, Tarife nicht mehr Tarife, sondern \"Produkte\" zu nennen.
Produkte sind weiterhin Erdgas und Elektrizität.
An diesen sehr wichtigen, aber marketingmäßig langweiligen, weil emotionslosen Produkten hat sich überhaupt nichts geändert in den letzten Jahren.
Das Produkt und somit der Vertragsgegenstand ist gleich geblieben, nur die Tarife haben sich geändert.
Manchmal kann man fragen, ob allein der neue wohlklingende Name des Tarifs dessen Verteuerung rechtfertigen soll.
Immerhin ist das Marketing - Gebimmel mit einigen Kosten verbunden.
Es scheint jedoch zwanghaft und unausweichlich.
Man will, dass die vollkommen austauschbaren Produkte Erdgas und Elektrizität eine Farbe bekommen oder durch wohlklingende Namen Assoziationen schaffen, die emotionale Verbundenheit herstellen.
Deshalb ging 1999 das große Rätselraten in Deutschland los, welche Farbe der Strom wohl habe. Einige meinen bis heute gelb. Rot wurde auch genannt, ebenso wie blau. Grüner Strom wurde auch schon aufgerufen.
Bei Ihnen gibt es nun den tollen \"Energie- Club\".
Clubmitglieder sollten auch Freunde sein.
Alle Kunden bilden um den Versorger eine \"große Familie\" und haben sich alle furchtbar lieb. Der Versorger bestimmt die Preise und damit auch, wieviel Taschengeld am Monatsende noch zur Verfügung stehen soll.
Wie fürsorglich.
Die Erdgaswirtschaft bezeichnet sich gern als \"weiße Zunft\", wohl um eine weiße Weste zu suggerieren.
Es ist wie bei der Waschmittelwerbung:
Nicht nur sauber, sondern rein - Danke Clementine!
ultra, future, supra ....
Die wir keine entsprechende \"Gehirnwäsche\" in teuren Seminaren mitgemacht haben, wissen:
Die Produkte heißen weiter Erdgas und Elektrizität und Tarife sind Tarife und nichts weiter. - So wie schon vor fünfzig Jahren.
Und mit Geschäftspartnern kann man keinen Kuschelclub gründen, sondern muss sich mit diesen hart auseinandersetzen, um nicht über einen imaginären Tisch gezogen zu werden.
Zudem haben die Versorger die Kunden eigenmächtig in entsprechende Tarife eingruppiert, mithin die Tarife und somit die Preise vollkommen allein bestimmt.
Der Kunde wurde nicht gefragt. Weshalb auch?
Die Kunden haben allenfalls Schreiben bekommen, in denen die Versorger ihre neuen und teuren Werbebotschaften verkündeten und die neuen Preise nannten.
Zum Abschluss eines Vertrages bedarf es jedoch
immer mindestens zwei Personen, die sich darüber einig sind, einen entsprechenden Vertrag abzuschließen.
Diese Binsenweisheit scheint bei vielen Versorgern aus unerfindlichen Gründen in Vergessenheit geraten zu sein.
Sie vermeinen, vollkommen nach eigenem Belieben im Vertragsverhältnis schalten und walten zu können.
Zur Begründung eines neuen Vertrages wäre es zudem erforderlich, zunächst einen bestehenden Tarifkundenvertrag gem. § 32 AVBV form- und fristgerecht zu kündigen.
Solche Kündigungen der Tarifkundenverträge gab es schon nicht.
Mithin besteht der Tarifkundenvertrag weiter, nur der Tarif wurde vom Versorger einseitig geändert und durch einen wohlklingenden Handelsnamen aufgehübscht: \"medivat\", \"maxivat\"...
... und \"Raider\" heißt jetzt \"Twix\".
Immerhin gelten auch die Bestimmungen der AVBGasV weiter.
Diese gelten jedoch nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AVBGasV direkt nur für
Tarifkunden.
Also sind die Erdgaskunden
nach wie vor weiter
Tarifkunden.
Dann ist jedoch der § 315 BGB
entsprechend oder analog auch auf den
Gesamtpreis anwendbar.
Etwas anderes kann nur da gelten, wo ein neuer Vertrag schriftlich abgeschlossen wurde unter Beteiligung des Kunden und der alte Vertrag einvernehmlich aufgehoben wurde.
Einen solchen neuen Vertrag hätte der Kunde jedoch auch schon unterschreiben müssen.
Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung:
Gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 AVBGasV soll der Versorgungsvertrag schriftlich abgeschlossen werden.
Dann kommt jedoch § 315 BGB auch immer noch
direkt auf einseitige Preisfestsetzungen, und damit auf
einseitige Preiserhöhungen zur Anwendung.
Diese feine Unterscheidung zwischen Allgemeiner Versorgung und Sondervertrag ist jedoch für die Billigkeitkontrolle einseitiger Preisanpassungen vollkommen ohne Belang:
Auf diese findet § 315 BGB
immer direkte Anwendung.
Dagegen, dass es sich bei sog Normsondervertragskunden tatsächlich um Sondervertragskunden handelt, sprechen im Übrigen die
Bestimmungen der Konzessionsabgabenverordnung (KAV):Die höchstzulässigen Konzssionsabgaben für die Versorgung von Erdgastarifkunden sind in § 2 Abs. 2 Nr. 2 a) und b) KAV geregelt.
Die höchstzulässigen Konzesionsabgaben für die Belieferung von Sondervertragskunden mit Gas sind hingegen in § 2 Abs. 3 KAV geregelt.
Bei Tarifkunden liegen die höchstzulässigen KA bei Gas ausschließlich für Kochen und Warmwasser abhängig von der Gemeindegröße zwischen 0,51 Ct/ kWh und 0,93 Ct/ kWh, bei sonstigen Tarifierungen zwischen 0,22 Ct/ kWh und 0,40 Ct/ kWh.
Die gesetzlich höchstzulässige KA bei Erdgassondervertragskunden beträgt jedoch unabhängig von der Gemeindegröße gem. § 2 Abs. 3 Nr. 2 KAV immer 0,03 Ct/ kWh.
Die Versorger würden also durch eine Umgruppierung von Tarifkunden als Sondervertragskunden ihre Konzessionsabgabenpflicht gegenüber den Gemeinden, mit denen sie einen Konzessionsvertrag abgeschlossen haben, unzulässig verkürzen!
Der vom Kunden zu zahlende Erdgaspreis in einem Sondervertrag müsste allein wegen der geringeren Konzessionsabgabenpflicht des Versorgers gegenüber einer Versorgung von Tarifkunden geringer sein!
Zu prüfen wäre deshalb, ob die \"günstigeren Sondervertragspreise\" nicht allein wegen der geringeren Konzessionsabgaben günstiger sind, also nur die entsprechende Differenz ausmachen !!!!
Für eine Gemeinde, die Anspruch auf die Zahlung von Konzessionsabgaben hat, wäre es demnach äußerst bitter, wenn alle Erdgaskunden plötzlich vom Erdgasversorger nicht mehr als Tarifkunden, sondern als Sondervertragskunden versorgt würden.
Der Kunde würde nur den Preisvorteil sehen und nicht erkennen können, dass seine Heimatgemeinde und somit mittelbar auch er selbst einen entsprechenden Einnahmeausfall für den kommunalen Haushalt zu gegenwärtigen hat.
Im Gegensatz zu den entsprechenden Vorschriften für die Erdgasversorgung gibt es in § 2 Abs. 7 Satz 1 KAV für die Elektrizitätsversorgung eine besondere Regelung !!! Vgl. auch hier:
http://www.kommunalpolitische-blaetter.de/kopo/kopo_01_05/01.htmlFreundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt