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Autor Thema: Zähler- und Abrechnungs(Un-)wesen  (Gelesen 4407 mal)

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Offline haenle

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Zähler- und Abrechnungs(Un-)wesen
« am: 01. Juni 2005, 16:28:44 »
Wenn die Hauspostille des VKU, die ZfK, den Verband der Netzbetreiber zitiert mit
\"...
Mehrkosten und absehbare Probleme bei der Umsetzung könnten die Folgen eines liberalisierten Zähler- und Messwesens im Strombereich sein. Darauf wies jetzt erneut der Verband der Netzbetreiber (VDN) anlässlich seines Kongresses \"Zählen Messen Prüfen\" hin. Die Liberalisierung des Messwesens sei eines der Beispiele dafür, wie mit dem neuen Energiewirtschaftsgesetz ein gut funktionierendes System ausgehebelt werden könne. Denn es sei bereits heute abzusehen, dass es häufiger zu Messproblemen und fehlerhaften Abrechnungen käme. Zusätzliches Datenmanagement wäre notwendig. Holland biete ein warnendes Beispiel für die Folgen einer Liberalisierung des Messwesens. (ZfK-27.5.05)\"
begreift man sofort woher der Wind weht.
Die Oberliberalisierer im Wirtschaftsministerium auf seiner Seite wissend, fährt man auf jeden Fall erst mal Geschütze auf um jedem Gedanken an eine Unrechtmässigkeit der ungerechtfertigt hohen Grundgebühren für den Mess-, Rechen-  und Inkassoaufwand durch die Monopolunternehmen erst mal den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Ja das bisherherige System funktioniert verdammt gut für die Energieversorger; und damit das auch so bleibt und man noch Spielraum für Preissteigerungen nach oben erhält, schickt man die nächste Lüge in die Schlacht.
Weil man bisher durch ein System der Eigenkontrolle bei den Zählern und die geschickte Absicherung der Forderungen durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, so gut wie nie in die Verlegenheit kam zugeben zu müssen, dass die Zahl der strittigen, weil nicht mehr nachvollziehbaren Abrechnungen in letzter Zeit ständig gestiegen ist, kann man locker auf ein Beispiel verweisen, wo vielleicht endlich mal dieser Sumpf abgelassen wurde und damit zu Tage kommt, was da immer alles zu kritisieren ist, sobald man es öffentlich macht.

Dass gleichzeitig schon die Haie an der Startlinie stehen, um aus einem \'liberalisierten\' Messwesen das Geschäft des Jahrhunderts zu machen, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Hebel für eine ganz wichtige Runde im Kampf um die preisgünstigste Energieversorgung beim Zähl- und Abrechnungswesen angesetzt werden muß.
Wer darüber herrscht, kann die gesamte Branche kontrollieren. Wehret den Anfängen. Diese Aufgabe darf nur von einer unabhängigen Institution ohne Profitinteresse wahrgenommen werden, wenn nicht gar der Staat selbst diese Schlüsselposition besetzt.

Alf Hänle
Stuttgart

Offline RR-E-ft

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Zähler- und Abrechnungs(Un-)wesen
« Antwort #1 am: 01. Juni 2005, 16:39:36 »
@haenle

Die ZfK bedient ihre Leserschaft.

Viele lesen nun einmal gern die Zeitschriften, in denen sie genau ihre Meinung wiederfinden. Man pflegt sich gegenseitig.

Manchmal nimmt es auch überhand.

Wenn man nur an deren Bericht über den Gaspreisprotest denkt, hätte man auch Vergleiche mit Publikationen aus einer weit zurückliegenden Vergangenheit ziehen können.

Mir ist die ZfK jedenfalls auch gerade ins Haus geflattert....

Immer gut auch andere Argumente zu hören, ohne dass man sich von diesen vereinnahmen lassen muss.


Bisher funktioniert das bestehende System für die Versorger gut:

Für einen Zähler und die Ablesungen werden fürstliche Beträge in Rechnung gestellt, ohne dass dies immer erkennbar wäre.

Die Messkosten sind oft nur bei den Netznutzungsentgelten gesondert ausgewiesen. Diese Preise interessieren den Normalkunden jedoch nicht, da er mit diesen nichts zu schaffen hat.

Regelmäßig bekommen nur dritte Stromhändler diese Netznutzungsentgelte gesondert in Rechnung gestellt.

Mit der Abrechnung beauftragt man ggf. sogar eine Tochter oder eine Schwester innerhalb des Konzerns.

Diese kann wohl auch Rechnungen zu Mondpreisen legen, die als \"Kosten\" über die Energiepreise auf die Energieverbraucher umgelegt werden.

In Thüringen wurde der vormalige Zählerdienst der Versorger in eine eigene Gesellschaft, die ENSECO GmbH, ausgegründet, an der man beteiligt ist:

http://www.teag.de/secure/brosch/geschaeftsbericht_2004.pdf

Bei Beanstandungen und Zählerüberprüfungen gem. § 19 AVBEltV wird diese Gesellschaft beauftragt.

Dass der Versorger an dieser Prüffirma beteiligt ist, ist für den Verbraucher nicht ohne weiteres erkennbar. Die Geschäftsberichte liest er ja nicht.
 

Nicht anders verhält es sich wohl mit den Kosten für EDV und Software, sowie deren Wartung.

Interessant ist in diesem Zusammenhang zum Beispiel der Geschäftsbericht der E.on Energie AG 2004. Dort auf Seite 44 ist die is:energy GmbH aufgeführt (E.ON- intern: ISE), welche konzernweit entsprechende Verantwortung trägt:

http://www.eon-energie.com/Ressources/downloads/com_fac_arc_rep/GB_2004/EEA_EON_Energie_GB_2004_ger.pdf

Da diese Kosten alle durch Rechnungen belegt sind, kann auch eine Energieaufsichtsbehörde diese nicht beanstanden.


Im Bereich des sog. Meterings wäre ein Wettbewerb wünschenswert, so auch nach der Auffassung des bne:

http://www.neue-energieanbieter.de/aktuelles/schwerpunkt/70167.html

Unternehmen wie LichtBlick würde ich nicht unbedingt als \"Haie\" bezeichnen.

Hiergegen wird jedoch Stimmung gemacht, um die Pfründe nicht zu verlieren.

Ein ganz normaler Vorgang also.


Bisher war es so, dass der örtliche Versorger das Metering durchführte, unabhängig davon, wer den Kunden versorgt.

Dabei werden natürlich die wettbewerbsrelevanten Daten des Kunden bekannt.

Entsprechend dem bekannten Lastgang kann der örtliche Versorger für einen solchen fremdversorgten, interessanten Sonderkunden z.B. ein maßgeschneidertes Angebot erarbeiten und unterbreiten und so versuchen, diesen zurückzugewinnen.

Einen solchen Wettbewerbsvorteil durch Wissensvorsprung haben andere Anbieter nicht, weshalb sie hierdurch bisher benachteiligt werden.

Eines staatlichen Zählermonopols bedarf es jedoch aus meiner Sicht nicht, sondern lediglich eines fairen Wettbewerbs, der zu sinkenden Preisen in diesem Bereich führt.

Müssten etwa erst verbeamtete Zählerableser in den Staatsdienst eingestellt werden und wenn ja von wem: Bund oder Land.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Zähler- und Abrechnungs(Un-)wesen
« Antwort #2 am: 01. Juni 2005, 17:51:31 »
Unterliegen derartige Entgelte (sie sind als \"Verrechnungspreis\" für Zähler, Schaltgeräte etc. auf der Stromrechnung ausgewiesen) ebenfalls der Billigkeitskontrolle, auch wenn sie behördlich \"tarifgenehmigt\" sind und sie nicht zwischenzeitlich (anders als die Arbeitspreise) erhöht wurden ?

Vgl. z.B. BGH VII ZR 240/90, wonach sich \"die Preisbestimmung unter Beachtung des Prinzips, dass die Energieversorgung so preiswürdig wie möglich zu gestalten ist, an den Kosten zu orientieren hat\" .

Schließlich nimmt der Verdacht zu, dass auch diese Verrechnungsentgelte in den meisten Fällen überhöht sein dürften (vgl. BKartA B11 - 20/02 v. 17.02.2003, aus anderen Gründen zwar aufgehoben, aber wohl tendenziell nicht unbegründet).

Offline RR-E-ft

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Zähler- und Abrechnungs(Un-)wesen
« Antwort #3 am: 02. Juni 2005, 09:22:26 »
@JGrave

Auch diese Preise unterliegen der Billigkeitskontrolle.

Jedoch sind sie oft gar nicht als gesonderte Preise vereinbart und ausgewiesen, sondern schlicht Preisbestandteile.

Dabei gilt das selbe wie bei den Netznutzungsentgelten:

Billigkeitskontrolle von Netznutzungsentgelten (Strom)

Der Kunde könnte sich aus dem Dilemma allenfalls dadurch befreien, dass er vom Versorger einen gesonderten Netznutzungsvertrag und einen gesonderten Stromlieferungsvertrag verlangt, in denen für Netznutzung/ Messung und Abrechnung sowie für die reine Stromlieferung gesonderte Preise vereinbart werden. Die Preisbestimmung ist gem. §§ 315, 316 BGB dem Versorger zu überlassen.

Dann lassen sich auch für den Kunden die Netznutzungsentgelte einerseits und die reinen Strompreise andererseits einer Billigkeitskontrolle unterziehen.

Eine solche Splittung kann jedoch im Einzelfall sogar zu der Erkenntnis führen, dass der dann überhaupt noch im Stromlieferungsvertrag abzurechnende reine Strompreis niedriger liegt als die Strombezugskosten des Versorgers oder lediglich die Kosten des strombezuges/ der Stromerzeugung abdeckt, so dass durch den reinen Stromhandel im Wettbewerb gar kein Gewinn durch den Versorger erwirtschaftet werden kann.

Das ist dann der Fall, wenn die Gewinne tatsächlich zum weit überwiegenden Teil im Monopolbereich Netz erwirtschaftet werden, die NNE überhöht sind, um wirksamen Wettbewerb zu verhindern.

Dieser Mechanismus ist nur deshalb bisher nicht offenbar, weil es keine entsprechende Splittung gibt.

Die Versorger wollen eine solche Splittung mit aller Macht verhindern und bringen hierzu das Argument der Kundenorientierung/ -freundlichkeit der bisherigen sog. All- inclusive- Strimlieferungen.

Tatsächlich geht es wohl eher darum,  Preistransparenz zu verhindern und dem Kunden die Möglichkeit zu verwehren, sich gegen unbillig überhöhte Preisbestandteile zur Wehr zu setzen.





Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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