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Autor Thema: Gerichtsverfahren eines Sondervertragskunden der vorher als Tarifkunde eingestuft wurde  (Gelesen 58971 mal)

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Offline ben100

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Das OLG Düsseldorf hat einen Termin für die mündliche Verhandlung angesetzt:

Mittwoch, den 06.05.2009 um 9:45 Uhr, Saal A208.


Bis dahin ist erstmal Ruhe im Karton!!!

Offline ben100

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Update und nicht uninteressant.

Heute habe ich ein Schreiben meiner Anwältin Frau Holling erhalten.

Diese kann mir erfreulicherweise mitteilen, das das OLG Düsseldorf mit ziemlicher Sicherheit bei mir von einem Sondervertragsverhältnis ausgeht!!!

Wortlaut (OLG) im kurzen:

Es ist nicht ganz klar, ob der Kläger (also ich) - wovon beide Parteien bisher ausgehen - als Tarifkunde im Sinne des §1 Abs. 2 AVBGasV anzusehen ist.  Ausweislich des Schreibens der Beklagten (NGW) vom ...... (Anlage B1) wurde der Kläger nach dem Tarif \"TK Bestabrechn. Midi - Maxi\" versorgt. Das spricht eher für einen Sonderkundenvertrag wie er in der Praxis häufiger vorkommt (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.08 - VIII-ZR 274/06; vom 29.4.08 KZR 2/08; vgl. schon die Bemerkung BTDr. 13/7274 S. 17 und von Westphalen, ZIP 2008, 669, 670/671, zur Abgrenzung s. auch Urteil des KG vom 28.10.08 - 21 U 160/06).  Auch die als Anlage B3 vorgelegten Preisblätter deuten eher auch einen Sonderpreischarakter des Tarifs hin (während Erdgas Mini als Allgemeiner Tarif angeprochen wird).

Um Stellungnahme wurde gebeten und die wurde auch postwendend eingereicht indem mit den o.g. Ausführungen übereingestimmt wurde ( auch im Hinblick auf das vorliegende Urteil des BGH vom 29.4.08 ) und der Kläger (also ich) nunmehr auch der Auffassung bin, daß das bestehende Vertragsverhältnis mich als Sondervertragskunden qualifiziert.

Bin ja mal gespannt wie die Gegenseite das argumentiert.

Offline Schwerin

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Cool.....dann gibt es wohl doch noch an unseren Gerichten Menschen, die VOR ihrer Entscheidung tiefer in die Materie eindringen und sich auch die Mühe machen, die Fakten korrekt zu interpretieren.... :)

LG SN

Offline Black

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Zitat
Original von RR-E-ft
Ein gesetzliches Preisänderungsrecht besteht nur bei Belieferung in der Grund- und Ersatzversorgung, gilt nicht für alle Gaskunden.

Es gilt nicht bei Sondergaspreisen.

Und wie bei so vielen felsenfesten Behauptungen, sollte man nicht vergessen, dass einige Gerichte dies bereits anders gesehen haben:


LG Augsburg, 27.01.2009, 2 HK O 1154/08, S. 21
Sonderpreise sind nicht mit Sondertrarifen gleichzusetzen.Zusammengefasst handelt es sich bei den Beklagten nicht um Sondervertragskunden sondern um Tarifkunden, für die wegen der höheren Abnahmemenge günstigere Preise als Sonderpreise gelten
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline ben100

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Naja über Landgerichte kann man viel sagen. Das LG Düsseldorf hatte auch in meinen Augen eine sehr komische Argumentation.

Was ich für meinen weiteren Verfahrensverlauf sehe und zunächst beurteile ist einfach die Tatsache, daß diese Feststellung vom OLG selber gekommen ist.

Und was das Urteil des LG Augsburg betrifft einfach mal hier lesen:

EGS-Kunden unterliegen vor LG Augsburg

Besonders die Bemerkung von RR-E-ft hierzu ist sehr interessant zumal das OLG die Entscheidung des Kammergerichtes Berlin vom 28.10.08 zu berücksichtigen scheint.

Offline reblaus

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@ben100
Sie sollten sich nicht darauf verlassen, dass allein aus Ihrer Eingruppierung in einen Sondertarif letztendlich geschlossen werden kann, dass Sie auch ein Sondervertragskunde sind. Dieser Rückschluss wäre nur dann zwingend, wenn der Allgemeine Tarif nur aus einem einzelnen Tarif für alle Kunden bestehen dürfte.

Der marktbeherrschende Versorger ist nämlich zur Gleichbehandlung seiner Kunden gezwungen. Er darf damit nicht einzelnen Kunden mit hohem Verbrauch durch einen Sondervertrag bessere Preiskonditionen einräumen, als Kunden mit vergleichbarem Verbrauch, die aber keinen Sondervertrag abgeschlossen haben. Zumindest muss er diesen Kunden den Abschluss eines Sondervertrages jederzeit anbieten. Er darf den Sonderkunden auch ansonsten keine besseren Geschäftsbedingungen einräumen als seinen vergleichbaren Tarifkunden.

Daraus folgt, dass der Versorger allen Kunden mit höherem Verbrauch den gleichen Sondervertrag anbieten muss. Da Sie nie etwas unterschrieben haben, kann das nur bedeuten, dass alle anderen Kunden Ihres Versorgers auch keinen schriftlichen Vertrag haben dürfen, der mehr regelt, als man als Kunde üblicherweise konkludent als Vertragsklauseln anerkennen kann. Und das ist nicht allzuviel. In jedem Fall werden Sie konkludent keine Preisanpassungsklausel vereinbart haben, die den teilweise recht hohen Ansprüchen der Instanzgerichte genügen dürfte.

Wenn man unterstellt, Ihr Versorger habe bei keinem Sonderkunden ein einseitiges Preisanpassungsrecht vereinbart, stellt sich die Frage, wie diese vertragliche Besserstellung gegenüber den Kleinverbrauchern zu rechtfertigen ist, bei denen ein gesetzliches Preisanpassungsrecht besteht. Ich meine sie ist nicht zu rechtfertigen.

Bei dieser Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass Ihr Versorger Ihnen nicht mutwillig Topkonditionen einräumen wollte, während er seine Kleinkunden bluten lässt, sondern dass dieser möglicherweise ungesetzliche Zustand nur dadurch erzeugt wird, dass Gerichte die Tarifkundeneigenschaft sehr eng auslegen.

Wenn man dem Versorger zugesteht, dass er auch seine Grundversorgungstarife entsprechend den unterschiedlichen Verbräuchen staffeln darf, würde dieser Gesetzesverstoß gar nicht entstehen.

Sie sollten daher die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dem Thema abwarten, bevor Sie jubilieren. Bis dahin sollten Sie alle Unterlagen zusammentragen, die zusätzlich eine mögliche Unbilligkeit der Preiserhöhungen darlegen bzw. beweisen können, soweit das nicht schon geschehen ist.

Offline ben100

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Hallo Reblaus,

kannst Du Deine Äußerungen auch mit Gesetzestexten und Urteilen untermauern?

Offline RR-E-ft

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@reblaus

Die Entscheidungen BGH KZR 2/07 und VIII ZR 274/06 sprechen gegen diese Überlegungen.

Wurden keine Preisänderungsklauseln in das Sonderabkommen (Sondervertrag)  einbezogen (§ 305 II BGB) oder sind einbezogene Klauseln unwirksam (§ 307 BGB), so teilen darauf gestützte einseitige Preisänderungen das Schicksal dieser Unwirksamkeit. Das ist gerade auch dann der Fall, wenn der Versorger eine marktbeherrschende Stellung oder gar Monopolstellung hat, vgl. BGH KZR 2/07; VIII ZR 274/06 Tz. 19. Gegen eine ergänzende Vertragsauslegung sprach in beiden Entscheidungen gerade, dass sich der Versorger (auch bei bestehender Monopolstellung) in überschauberer Frist (2 Jahre) selbst durch ordnungsgemäße Kündigung aus dem Vertragsverhältnis lösen konnte. Einer \"Rückstrahlungswirkung\" (OLG Dresden) der marktbeherrschenden Stellung auf ein Preisänderungsrecht oder die Inhaltskontrolle, hatte der BGH gerade eine Absage erteilt, BGH KZR 2/07. Ein Monopolist wird bei der Klauselkontrolle gem. § 305 ff. BGB nicht besser gestellt. Einer Besserstellung lässt sich aus dem kartellrechtlichen Diskriminierungsverbot gerade nicht herleiten.

Offline reblaus

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@ben100
Kann ich!

Zitat
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

§ 19 Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung
(1)   Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.
(…)
(4) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen
(…)
3. ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
Zitat
LG Augsburg Urt. v. 27.01.2009, Az. 2 HK O 1154/08
B Nr. 1. 2.Bei den streitgegenständlichen Verträgen handelt es sich entgegen der Auffassung des Beklagtenvertreters nicht um Sonderverträge, sondern um Verträge bei denen die Beklagten von dem Recht Gebrauch machen, dass von den Gasversorgungsunternehmen gem. § 1 AVBGasV jedermann zu allgemeinen Tarifpreisen zu versorgen ist.
(…)
a.(…)Dabei geht die AVBGasV  erkennbar davon aus, dass diesen Tarifkunden nicht nur ein einziger Tarif zur Verfügung stehen muss. § 4 Abs. 1 AVBGasV spricht selbst im Plural von „den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen“.

Ich will Ihnen nicht jede Hoffnung nehmen, dass diese Frage in Ihrem Sinne entschieden wird. Ich wünsche es Ihnen sogar. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass jene die die Gegenauffassung vertreten, gute Argumente auf ihrer Seite wissen, und es sich nicht um Äußerungen handelt, die die Fähigkeiten eines Rechtsreferendaren widerspiegeln, wie mancher abschätzig glauben machen will.

@RR-E-ft
Es steht nicht in Frage, dass Preisänderungsklauseln unwirksam sein können, und dies mit § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB vereinbar ist. Die Ausbeutung einer marktbeherrschenden Stellung ist nur dann gegeben, wenn der Versorger die ungleichen Konditionen fordert. Wenn sich eine Preisänderungsklausel, mit der eine Gleichbehandlung beabsichtigt war, später als unwirksam herausstellt, fehlt es an dem Willen zur Ungleichbehandlung.

Die hier vorliegende Problematik ist aber eine andere.

Offline ben100

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Naja das Urteil des LG Augsburg scheint mir genauso fragwürdig wie die damalige Entscheidung des LG Düsseldorf in meinem Fall.

Gibt es eine solche Entscheidung, wie es das LG Augsburg gefällt hat, auch von
einem OLG hier in Deutschland?

Offline reblaus

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@ben100
Sie müssen diese Frage auch mal von einem anderen Blickwinkel betrachten.

Nehmen wir mal an, Ihr Nachbar hätte ebenso wie Sie, zum gleichen Zeitpunkt begonnen, bei Ihrem Versorger Gas zu beziehen, ohne sich bei diesem anzumelden oder später einen Sondervertrag zu unterzeichnen. Nur würde Ihr Nachbar nicht mit Gas heizen, sondern lediglich seinen Gourmetherd damit befeuern. Da er wesentlich weniger Gas verbraucht als Sie, wäre er in den Kleinkundentarif eingruppiert worden. Dieser Tarif sollte wohl unstreitig der Grundversorgung zuzuordnen sein. Dieser Nachbar wäre ohne wenn und aber Tarifkunde bei Ihrem Versorger mit allen gesetzlichen Vor- und Nachteilen.

Bei einer höchstrichterlichen Entscheidung in Ihrem Sinne wären Sie ausschließlich wegen Ihres höheren Verbrauchs als Sonderkunde eingruppiert worden. Dadurch hätten Sie z. B. den Vorteil, dass dem Versorger kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt worden wäre, da dies in der Regel konkludent nicht vereinbart werden kann.

Für unseren Grundversorgungskunden stellt sich in diesem Moment sofort die Frage, ob die §§ 2 Abs. 2 GasGVV, 2 Abs. 2 AVBGasV überhaupt verfassungsgemäß sind. Denn diese Normen führen in Ihrem Sinne ausgelegt dazu, dass gleiche Sachverhalte unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich ziehen. Das könnte ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG darstellen. Denn unser Grundversorgungskunde will  die Preiserhöhungen ebenso wenig bezahlen wie Sie, wäre aber dazu gezwungen, wenn sie in billiger Weise vorgenommen worden wären.

Bevor jedoch eine gesetzliche Regelung verfassungswidrig ist, stellt sich die Frage, ob diese Regelung nicht so ausgelegt werden kann, dass sie den Vorgaben des Grundgesetzes entspricht. Und wenn dies möglich ist, muss sie von den Gerichten so ausgelegt werden.

Offline RR-E-ft

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@reblaus

Eine Verfassungswidrigkeit, insbesondere durch eine Ungleichbehandlung, ist nicht ersichtlich.

Haushaltskunden haben einen gesetzlichen Anspruch auf Grundversorgung gem. § 36 Abs. 1 EnWG. Diese Grundversorgung wird gem. § 1 Grundversorgungsverordnung inhaltlich besonders ausgestaltet.

Dies ist ohne jeden Einfluss auf Vertragsverhältnisse, die außerhalb dieser gesetzlichen Versorgungspflicht abgeschlossen werden (Sonderveträge), vgl. KG Berlin, Urt. v. 28.10.2008 (21 U 160/06), auch BGH KZR 2/07 Tz. 26.

Offline ben100

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Ich warte jetzt erstmal den Gerichtstermin am 06.05.09 ab und schaue was passiert. Auf jedenfall sind die Karten nochmal neu gemischt worden  :]

Offline reblaus

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@RR-E-ft
Zitat
Haushaltskunden haben einen gesetzlichen Anspruch auf Grundversorgung gem. § 36 Abs. 1 EnWG. Diese Grundversorgung wird gem. § 1 Grundversorgungsverordnung inhaltlich besonders ausgestaltet.

Dies ist ohne jeden Einfluss auf Vertragsverhältnisse, die außerhalb dieser gesetzlichen Versorgungspflicht abgeschlossen werden (Sonderveträge), vgl. KG Berlin, Urt. v. 28.10.2008 (21 U 160/06), auch BGH KZR 2/07 Tz. 26.

Das ist jetzt aber sehr oberflächlich. Es steht doch gar nicht fest, ob ein Sondervertrag vorliegt oder eine Grundversorgung.

@Ben100
Dazu wünsche ich Ihnen viel Glück. Kennen Sie denn den Namen der Firma, von der die NGW ihr Gas bezieht?

Offline ben100

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Zitat
Original von reblaus

@Ben100
Dazu wünsche ich Ihnen viel Glück. Kennen Sie denn den Namen der Firma, von der die NGW ihr Gas bezieht?

Nein

 

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