Gas-Tarif, Änderung zum 01.09.2008, Arbeitspreis + 34 %

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Gas-Tarif, Grundversorgung, Änderung zum 01.09.2008, Arbeitspreis Erhöhung 34 Prozent

Lingener Tagespost vom 09.07.2008
Gaspreis steigt um fast 23 Prozent
\"…Zum 1. September erhöhen die Stadtwerke ihre Erdgaspreise um 22,9 Prozent. … Die 1,2 Cent pro Kilowattstunde (netto, ohne Mehrwertsteuer) mehr für die Grund- und Ersatzversorgung … Es gibt keine andere Möglichkeit, als die gestiegenen Bezugskosten weiterzugeben … insbesondere mit Hinweis auf die explodierenden Ölpreise, an die der Gaspreis gekoppelt ist. Deutschland ist ein klassisches Erdgasimportland, da es den eigenen Bedarf nur zu 15 Prozent aus eigenen Förderquellen bedienen kann. … haben die Erdgasimporteure langfristige Verträge mit Ölpreisbindung abgeschlossen. Somit ist auch der Erdgaseinkaufspreis der Stadtwerke Lingen an den Ölpreis gekoppelt. …“

Briefliche Information der Stadtwerke Lingen „STADTWERKE AKTUELL“ vom 21.07.2008
„… Einflussfaktoren auf die Preise von Energien – ob Benzin, Strom, Heizöl oder Erdgas – sind der stetig steigende Energiebedarf in China und Indien. … Die Ölpreisbindung … wurde in den 1970er Jahren eingeführt und vertraglich langfristig zwischen Lieferanten, Importeuren und Händlern vereinbart. Endverteiler wie die Stadtwerke Lingen haben derzeit keine echte Alternative und müssen die Ölpreisbindung auch in den Bezugsverträgen akzeptieren. …“

Die „effektive“ Tariferhöhung beim Arbeitspreis beträgt 34 Prozent:
Der Arbeitspreis des Gastarifs der Stadtwerke Lingen GmbH hatte zum 01.01.2008  den Betrag von netto 4,786 Cent pro Kilowattstunde erreicht (alle Preise in Cent/kWh).
Dieser Preis setzte sich aus folgenden Anteilen zusammen:
Vertrieb und Gewinn 3,404, Netznutzung Bezug 0,094, Netznutzung Stadtwerke 0,468, Kozessionsabgabe 0,270 und Erdgassteuer 0,550.
Dieser Arbeitspreis wird zum 01.09.2008 um 1,200 auf 5,986 erhöht werden. Das ist eine Preiserhöhung um 25,1 Prozent.
Die Preisanteile sind dann:
Vertrieb und Gewinn 4,560, Netznutzung Bezug 0,101, Netznutzung Stadtwerke 0,505, Konzessionsabgabe 0,270 und Erdgassteuer 0,550.
Die Anteile Netznutzung haben sich geringfügig um 0,044 erhöht, die Anteile Konzession und Erdgassteuer sind unverändert.
Der Anteil Vertrieb und Gewinn hat sich um 1,156 erhöht und damit  beträgt diese von den Stadtwerken beeinflusste Preissteigerung 34,0 Prozent.

Seit dem 01.01.2004 ist das bei den Stadtwerken Lingen der höchste Preisanstieg, und bei einem Jahresverbrauch von 30.000 kWh haben sich damit die Jahresausgaben in fünf Jahren brutto um 1.047,03 Euro (83,5 Prozent) erhöht.

Erdgas Münster Gaslieferant der Stadtwerke Lingen

Web-Seite Erdgas Münster GmbH:
„Seit 1959 versorgt Erdgas Münster ihre Kunden mit dem in Norddeutschland geförderten Erdgas der Gesellschafter.
Noch heute stammt das von uns gelieferte Erdgas fast ausschließlich aus deutschen Vorkommen in der norddeutschen Tiefebene.
Unser Erdgas stammt überwiegend aus inländischen Vorkommen, über die unsere Gesellschafter in der norddeutschen Tiefebene verfügen. So ist unsere Lieferfähigkeit mit heimischen Ressourcen gesichert.“

Es ist nicht ersichtlich, das Erdgas Münster auch Lieferant nach China und Indien ist.

Erdgas Münster steht als Lieferant im Preiswettbewerb mit den Importeuren von Erdgas aus dem Ausland (insbesondere Norwegen und Russland). Hier sind die Gas-Importpreise maßgebend und nicht der inländische Heizölpreis.

Der Gas-Importpreis (BAFA) hat sich seit 2003 nominal bei weitem nicht so stark erhöht, wie der Heizölpreis (HEL Verbraucher 40-50 hl).

Der Gas-Importpreis (BAFA, Monatswert):
1,2223 Cent/kWh am 01.01.2003 auf 2,6662 Cent/kWh am 01.06.2008 =  +1,4439 Cent/kWh.

Der Heizölpreis (HEL Verbraucher 40-50 hl „Deutschland“, Monatswert):
2,9535 Cent/kWh am 01.01.2003 auf 7,0564 Cent/kWh am 01.06.2008 =  +4,1029 Cent/kWh.

Der Heizölpreis (HEL Verbraucher 40-50 hl „Deutschland“, Referenzwert 6/1/3 bzw. 3/1/3):
2,7460 Cent/kWh am 01.01.2003 auf 5,2815 Cent/kWh am 01.06.2008 =  +2,5355 Cent/kWh.

Ob die Stadtwerke Lingen GmbH eine Ausschreibung zum Auslauf des Bezugsvertrages Ende September 2007 vorgenommen hat, ist nicht bekannt.

Es geht aber auch anders:
Die Stadtwerke Rheine haben die Konzessionsabgabe auf 0,240 Cent/kWh vermindert. Nach der VO über Konzessionsabgaben dürfen an Sondervertragskunden nur 0,030 Cent/kWh berechnet werden.
Die Stadtwerke Brandenburg haben ihre Gasmengen ausgeschrieben und in einem Einkaufspool günstigere Bezugspreise erreicht.

Bundeskartellamt prüft Gaspreise von 35 Regional-Gasversorgern der Konzerne E.ON und RWE sowie Stadtwerke
Es ist nicht bekannt, ob die Stadtwerke Lingen GmbH betroffen ist.

Der Bund der Energieverbraucher e.V. empfiehlt einen Einwand bei jeder Tarifänderung, d.h. sowohl bei einer Erhöhung als auch bei einer Verminderung.
Auch eine Preisreduzierung kann - gem. § 315 BGB - zu einem unbilligen Tarif führen, wenn nicht alle Kostenminderungen berücksichtigt sind.

BGH-Urteil vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 - Leitsatz
\"d) Eine Tariferhöhung ...; sie kann allerdings unbillig sein, wenn und soweit der Anstieg der Bezugskosten durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird.\"

Dieser Halbsatz wird von den Versorgern bei ihren Verweisen auf dieses Urteil immer verschwiegen.
Ob eine Tarifänderung der Billigkeit entspricht, kann nach einem wirksamen Einwand nur gerichtlich festgestellt werden. Dabei ist zur Prüfung von „rückläufigen Kosten auch in anderen Bereichen“ die Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen erforderlich.