@Netznutzer
Wovon ich wirklich sprach, haben Sie womöglich überhaupt nicht verstanden. Anders erscheinen mir Ihre
Kurz- Expertisen, wenn man sie so nennen darf, nicht verständlich.
Ich glaube, Ihre Überlegungen greifen zu kurz. Jedenfalls haben sie mich nicht überzeugt. Das liegt wohl nicht daran, dass ich keine Kenntnis davon hätte, was in den NEV geregelt ist.
Wir können ja einmal fein langsam
gemeinsam überlegen:
Der einseitig festgesetzteb Energiepreis eines Grundversorger unterliegt der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB. Dies gilt insbesondere im Fall des § 38 EnWG, da es dabei unzweifelhaft schon gar keine vertragliche Preisvereinbarung gibt, die eine Billigkeitskontrolle auschließen könnte.
Die Angmessenheit eines einseitig festgesetzte Energiepreises ist anhand der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG zu beurteilen.
Wie das zu erfolgen hat, ergibt sich aus der Rechtsprechung des BGH, Urt. v. 02.10.1991 - VIII ZR 240/90.
Dabei spielt unzweifelhaft neben den Kosten der energiewirtschaftlich- rationellen Betriebsführung auch ein zugestandener \"angemssener\" Gewinn des EVU zur Erhaltung des Anlagekapitals eine Rolle. Dieser wiederum soll sich nach der Rechtsprechung an der notwendigen Verzinsung des eingesetzten Kapitals bemessen. Das wiederum kann nur das betriebsnotwenige Eigenkapital sein. Und dessen Verzinsung ist in den NEV geregelt.
Geht es darum, einen einseitig festgesetzten Energiepreis eines Stadtwerks zu kontrollieren, so beinhaltet die Preiskalkulation natürlich auch Netzkosten. Deren gerichtliche Kontrolle wird durch eine behördliche Höchstpreisgenehmigung nicht ausgeschlossen (BGH NJW 1998, 3188, 3192).
Die Genehmigung der Regulierungsbehörde über die Netzentgelte ist eine solche
Höchstpreisgenehmigung, welche die gerichtliche Billigkeitskontrolle grundsätzlich nicht ausschließt. Der Netzbetreiber ist nämlich nicht daran gehindert, den Rahmen der Genehmigung nicht voll auszuschöpfen und geringere Netzentgelte zu verlangen, freilich diskrimnierungsfrei von allen Netznutzern.
Folglich spielt bei der gerichtlichen Kontrolle eines einseitig festgesetzten Energiepreises natürlich auch die Regelung in der NEV zur Verzinsung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals eine Rolle.
Möglicherweise haben Sie ja eine Idee, wie man die Angmessenheit eines einseitig festgesetzten Energiepreises anders als danach beurteilen sollte. Auf einen Vergleich mit den Preisen eines anderen Grundversorgers kann man dabei nicht abstellen, da dieser mit seinen Energiepreisen gem. § 4 NEV völlig anders kalkulierte Netzkosten zu bestreiten hat.
Soweit es sich bei den Netzentgelten um einseitig festgesetzte Entgelte handelt, unterliegen auch diese der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB, so dass auch ein Händler vom Netzbetreiber einen Billigkeitsnachweis fordern kann.
Handelt es sich bei der Entgeltgenehmigung der Regulierungsbehörde um eine Höchstpreisgenehmigung, so schließt diese die Billigkeitskontrolle nicht aus (BGH, aaO. ; BGH NJW 2006, 684).
Soweit eine Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB stattfinden kann, richtet sich die Beurteilung der Angemessenheit wiederum nach der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG, welcher auch der Betreiber eines Energieversorgungsnetzes als Energieversorgungsunternehmen gem. § 3 Nr. 18 EnWG unterliegt.
Der Netzbetreiber ist also Energieversorgungsunternehmen gem. § 3 Nr. 18 EnWG, ist gem. §§ 17, 18, 19 EnWG
im Rahmen dieses Gesetzes verpflichtet und unterliegt deshalb auch der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG.
An dem Begriff der
\"Versorgung\" (\"Aber der Netzbetreiber versorgt doch gar nicht!\") darf man sich dabei nicht stören, weil sich aus der Gesetzesbegründung zu dieser Norm eindeutig ergibt, dass die entflochtenen Energieversorgungsunternehmen (Plural!) eigenverantwortlich zusammenarbeiten sollen bei der Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung (vgl. Gesetzesbegründung der Bundesreg. zu § 2 Abs. 1 in: BT-Drs. 15/3917 vom 14.10.2004, S. 9).
Referentenentwurf Zu § 2 (Aufgaben der Energieversorgungsunternehmen)
Die Vorschrift ergänzt die Zweckbestimmung des Gesetzes nach § 1 um eine grundsätzliche Verpflichtung der Energieversorgungsunternehmen, zu einer dem Zweck des Gesetzes entsprechenden leitungsgebundenen Energieversorgung beizutragen. Sie trägt insbesondere der Erwartung Rechnung, dass infolge der Entflechtungsvorschriften des Zweiten Teiles dieses Gesetzes die Netzbetriebe zukünftig in den meisten Fällen rechtlich selbständige juristische Personen sein werden und die notwendige Zusammenarbeit insbesondere zwischen Energieerzeugern, Netzbetreibern
und Stromhändlern nicht mehr innerhalb einer Gesellschaft erfolgt.
Regierungsvorlage Zu § 2 (Aufgaben der Energieversorgungsunternehmen)
Absatz 1 betont die wirtschaftliche Eigenverantwortung der Unternehmen und ergänzt die Zweckbestimmung des Gesetzes nach § 1 um eine Klarstellung, dass die Eigenverantwortung eine grundsätzliche Verpflichtung der Energieversorgungsunternehmen umfasst, im Rahmen der
Vorschriften zu einer dem Zweck des Gesetzes entsprechenden leitungsgebundenen Energieversorgung beizutragen.
Die Einfügung dieser Vorschrift trägt insbesondere der Erwartung Rechnung, dass infolge der Entflechtungsvorschriften des Teiles 2 dieses Gesetzes die Netzbetreiber zukünftig in den meisten Fällen rechtlich selbständige juristische Personen sein werden und die notwendige Zusammenarbeit zwischen Energieerzeugern, Netzbetreibern und Stromhändlern nicht mehr innerhalb einer Gesellschaft erfolgen wird.
Siehste hierSoweit der Grundversorger nicht mit dem Netzbetreiber identisch ist, so haben also beide Energieversorgungsunternehmen gemeinsam zur Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG beizutragen. Jeder Netzbetreiber ist also immer zugleich auch gem. § 2 Abs. 1 EnWG verpflichtet, ohne dass er selbst gem. §§ 36 Abs. 1, 38 EnWG zur Versorgung verpflichtet wäre.
Immer da, wo ein Energiehändler zur Erfüllung eigener gesetzlicher Verpflichtungen aus dem Energiewirtschaftsgesetz (etwa Versorgungspflicht als Grundversorger) auf die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen eines Netzbetreibers angewiesen ist, da unterliegen beide
gemeinsam der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG, die im eigenverantwortlichen Zusammenwirken entflochtener Energieversorgungsunternehmen zu erfüllen ist.
Auch vorgelagerte Netzbetreiber und vorgelagerte Energieversorgungsunternehmen, also Stromerzeuger und Gaslieferanten unterliegen deshalb als Energieversorgungsunternehmen der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG und nicht etwa nur eine bestimmte Vertriebsgesellschaft, die als Grundversorger zur Versorgung verpflichtet ist.Anders ginge es doch auch gar nicht, weil der eine allein die gesetzliche Verpflichtung nie und nimmer erfüllen könnte.Und deshalb kommt es bei der Angemessenheitskontrolle einseitig festgelegter Energiepreise sehrwohl auch auf die Bestimmungen der NEV zur Verzinsung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals an.
Auch die einseitig festgesetzten Energiepreise eines Grundversorgers, der nicht selbst Netzbetreiber ist, unterliegen der Billigkeitskontrolle, ohne dass eine Angemessenheitskontrolle der
gewälzten Netzkosten zwingend deshalb entfällt, weil die Netzentgelte behördlich genehmigt sind.
Würden sich die vom Grundversorger (Vertrieb) an den Netzbetreiber gezahlten Entgelte für die Netznutzung als unangemessen überhöht erweisen, so wäre es dem Grundversorger verwehrt, diese unangemssenen Kosten innerhalb der von ihm selbst gegenüber den eigenen Kunden einseitig festgesetzten Preise weiterzuwälzen, so m.E. zutreffend
OLG Düsseldorf..
Daneben kann ich mir so recht ein betriebsnotwendiges Eigenkapital eines Vertriebs, welches auch noch einer Verzinsung bedürfen sollte, kaum vorstellen.
Klar braucht der Vertrieb auch eigene Betriebsmittel und Räume. Nur werden diese Kosten für die Bildung des Energiepreises so marginal sein, dass es auf diese nicht maßgeblich ankommen wird. Erst recht nicht auf deren Verzinsung.
Zwar erfordert die Versorgungssicherheit den Erhalt der Erzeugungskapazitäten und Versorgungsnetze, nicht aber den wirtschaftlichen Bestand eines einzelnen Energiehändlers, so dass diesem nicht notwendig auch noch ein eigener \"garantierter\" Gewinn (Vertriebsmarge) zuzubilligen ist. Das dieses Ergebnis nicht abwegig ist, ergibt sich daraus, dass in vollkommenem Wettbewerb die Marge des Händlers gegen null tendiert (vgl.
Pilgram in: Zenke/ Wollschläger, § 315 BGB, S. 138 )
Deshalb wird man einem Grundversorger schwerlich mehr zubilligen können als bei vollkommenem Wettbewerb.
Fazit:Gilt es einen einseitig festgsetzten Energiepreis gerichtlich auf seine Angemessenheit zu überprüfen, so hat
incident eine Prüfung der Angemessenheit gewälzter Kosten vorgelagerter Netze und Marktstufen zu erfolgen, weil alles andere dem § 2 Abs. 1 EnWG nicht entsprechen würde.
Davon bin ich überzeugt. Ich bin aber offen für jede Anregung, welche sonstige Möglichkeit bestünde, einen einseitig festgesetzten Energiepreis sachdienlich unter Berücksichtigung der energiewirtschaftlichen Besonderheiten auf seine Angemessenheit zu kontrollieren.
Denn darum geht es ja.
Wenn die Grundversorger ihre gesetzliche Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG erfüllen, dann ist daneben schlicht und ergreifend gar kein Platz für noch günstigere, besondere Sozialtarife.Ich jedenfalls bin weiter davon überzeugt, dass es für die gerichtliche Kontrolle eines einseitig festgesetzten Energiepreises auch auf die Verzinsung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals ankommt und dass sich die Anhaltspunkte dafür, was dabei angemessen ist, aus den NEV ergeben.
Diese Meinung muss man nicht teilen. Erst recht nicht, wenn man gute Argumente hat. Aber es hat eben mit Yello und Flexstrom nun einmal nicht das geringste zu tun.
Ich hoffe, Sie sind sich nicht etwa für eine sachliche Diskussion zu fein. Denn das wäre sehr schade.