Es gibt Neues von der Erdgas Südwest.
Mitte Mai habe ich nochmal konkret nach der vertraglichen Grundlage nach Ansicht der ESG gefragt:
\"am 20. März 2007 schickten Sie mir neben Ihrer Preisliste für den 1. Mai 2007 einen Entwurf für einen Sondervertrag, der meinen bisherigen Vertrag ersetzen soll.
Bitte erläutern Sie mir detailliert, auf Basis welcher vertraglichen Grundlage ich Ihrer Ansicht nach bis heute mit Gas beliefert wurde.\"Am Freitag kam nun die
Antwort:
Es bestehe ein Sondervertrag, der durch Zusendung der
Vertragsbestätigung mit Hinweis auf \"Sonderpreise PG1/PG2\" und durch Entnahme von Gas zustande gekommen sei.
Wer sich darauf beruft, Tarifkunde zu sein, dem droht die ESG an, nachträglich den gesamten Verbrauch zu Allgemeinen Tarifpreisen zu berechnen und Nachforderungen zu stellen.
Wer den neuen Sondervertrag nicht unterschreibt, dem droht die ESG mit einer Änderungskündigung zum 30.09.07 und einer Weiterbelieferung zu den teureren Allgemeinen Tarifen.
Aufgrund meiner Anfrage habe ich diese Antwort bereits am vergangenen Freitag erhalten. Ich gehe jedoch davon aus, dass im Herbst auch allen anderen Rebellen, die den neuen Vertrag nicht unterschreiben, mit einer Änderungskündigung gedroht werden wird.
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So weit - so (un)klar
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Für eine Kündigung fehlt der ESG jegliche Grundlage. Nirgends im Vertrag oder den AGB ist der ESG ein Kündigungsrecht eingeräumt worden.
Alle Sonderverträge bleiben also über den 30.09.07 hinaus bestehen und die Sondervertragskunden müssen zu den dann gültigen Tarifen beliefert werden ohne ihrerseits die
Knebelbedingungen im neuen Vertrag akzeptieren zu müssen.
Zu der Unterscheidung Tarif/Sondervertrag sind die folgenden Klauseln in den
AGB relevant:
D.7
Die Kunden haben sich mit der Anmeldung für eine Verbrauchsgruppe A oder B zu entscheiden.D.9
Der in Abschnitt B (Sonderpreis PG1/PG2) genannte Preis gilt für Einfamilienhäuser. Voraussetzung ist der Abschluss eines Sonderkundenvertrages. Maßgeblich für die Grundpreisberechnung ist die Nennwärmeleistung.D.8
Ändern sich die Abnahmeverhältnisse, kann die Einstufung in die andere Gruppe erfolgen.D.11
Über die Anwendung der Tarifbestimmungen in Zweifelsfällen entscheidet die Badenwerk Gas GmbHD.13
Bei der Verbrauchsabrechnung wird der gemessene ERDGAS-Verbrauch mit dem jeweiligen Netto-Arbeitspreis multipliziert.D.14
Die Preise treten am 1. Juni 2003 in Kraft. Gleichzeitig verlieren die bisherigen allgemeinen ERDGAS-Tarife und ERDGAS-Sonderpreise ihre Gültigkeit.Abschnitt D.8 soll offensichtlich verhindern, dass Kunden mit einem geringen Bedarf (Kochen) von dem günstigeren Heizgastarif profitieren können. Zusammen mit D.11 eröffnet sich der ESG jedoch die Möglichkeit, jeden Kunden nach ihrem Gutdünken einzustufen. So kündigen sie es in ihrem Schreiben ja auch an.
Abschnitt D.7 betrifft das Zustandekommen des Vertrags.
Natürlich habe ich mich telefonisch beim Versorger angemeldet, denn ich ging damals davon aus dass eine heimliche Entnahme ohne Benachrichtigung schlichtweg Diebstahl sei.
Der Badenwerk-Mitarbeiter hat den beabsichtigten Verwendungszweck des Gases und die Nennwärmeleistung telefonisch erfragt und basierend darauf die Einstufung in die Tarifgruppe B vorgenommen.
Sollte die Badenwerk Gas GmbH die damals gültigen Tarife irgendwo veröffentlicht haben (ist mir nicht bekannt), so können sie natürlich argumentieren, dass mir die Preise bereits bei der Anmeldung bekannt gewesen sein müssen.
Abschnitt D.9 schränkt die Geltung der Tarifgruppe B auf Sonderverträge ein. Heisst dies aber nun, dass damit automatisch
alle Kunden, die durch Bekanntgabe des Verwendungszwecks
\"Heizen\" in die Tarifgruppe B eingstuft wurden, auch konkludent einen Sondervertrag abgeschlossen haben?
Falls ja, haben sie damit ebenfalls
konkludent den damals gültigen Sonderpreis der Höhe nach vereinbart, zumal die AVBGasV formularmäßig auch für solche Verträge einbezogen worden ist?
Folgt man der Argumentation der Gasversorger und des Landeskartellamts:
\"Sonderverträge werden nur freiwillig abgeschlossen\", so wären
alle Kunden, denen ein Vertrag mit Einstufung in Tarifgruppe B zugesandt worden ist, automatisch Sondervertragskunden, die ihren Anfangspreis konkludent vereinbart hätten.
Im Übrigen werden natürlich auch Tarifkundenverträge immer freiwillig geschlossen. Schliesslich können auch solche Kunden sich mit Campingkochern und einem Lagerfeuer auf dem Parkettfußboden oder einem benzinbetriebenen Generator im Garten behelfen. Wer wegzieht, ist sogar gänzlich unabhängig von der lokalen Versorgungssituation
Wie RR-E-ft schon erwähnte, führt eine Nichtbeachtung der Besonderheiten des Energierechts hier zu unsinnigen Schlussfolgerungen.
Für Sondervertragskunden wären die danach erfolgten Preiserhöhungen allerdings dann ohne Rechtsgrundlage erfolgt, denn die Bestimmungen der AVBGasV reichen mangels wirksamer Einbeziehung und Intransparenz dafür nicht aus.
Gaskunden, die die Tarife der ESG für unbillig überhöht halten, müssten folglich bei Vertragsabschluss aktiv widersprechen und eine Einstufung in den teureren Allgemeinen Tarif verlangen, um als Tarifkunden die Möglichkeit einer Billigkeitsprüfung nach §315 zu erhalten.
Eine realitätsferne Annahme.
Auch in diesem Fall lautet also die Gretchenfrage:
Wurde ein
Anfangspreis oder ein
einseitiges Preisanpassungsrecht anfänglich vereinbart?
Mit den Abschnitten D.13 und D.14 behält sich die ESG m. E. ein einseitiges Preisanpassungsrecht auch für die Tarifgruppe B vor.
Noch deutlicher können sie es doch garnicht formulieren. :rolleyes:
Für mich, wie für alle anderen ehemaligen Kunden der Badenwerk Gas GmbH stellt sich nun die Frage, welches Vorgehen geschickter ist:
[list=1]
- Argumentieren, ein Tarifkunde zu sein, dessen Vertrag konkludent zustande gekommen ist?
Damit würde die ESG den gesamten Verbrauch erneut nach den Allgemeinen Tarifen berechnen und Nachforderungen stellen.
Fraglich ist natürlich, ob dies zulässig ist.
Allerdings wäre auch die Gesamtforderung der ESG einer Billigkeitsprüfung nach §315 zugänglich.
- Argumentieren, ein Sondervertragskunden zu sein, dessen Anfangspreis vereinbart worden ist und seinen Verbrauch auf der Basis des Anfangspreises bezahlen?
Die ESG wird dann weiter versuchen, trotz fehlender bzw. unwirksamer Preisanpassungsklausel, mit Hilfe ihrer PwC-Gutachten auch die Erhöhungen durchzudrücken.
[/list=1]
Nach dem oben Gesagten halte ich Alternative 1 derzeit nur für konsequent.
Natürlich habe ich den Gesamtpreis als unbillig gerügt.
Gruss,
ESG-Rebell.
@FreeEnergy
Ihren Frust bezüglich fehlender \"Kochrezepte\" von RR-E-ft zum weiteren Vorgehen kann ich bestens nachvollziehen - mir geht es ja genauso.
Ihnen bleibt m. E. nur das übrig, was Herr Fricke bereits angedeutet hat: Die Verträge Ihrer Kunden in verschiedene Fallgruppen einteilen und prüfen, welche Argumente und Schlussfolgerungen stichhaltig auf die jeweiligen Fallkonstellationen anwendbar sind.
Das Bild vom \"Gegenseitigen Zuwerfen entsicherter Handgranaten\" finde ich in diesem Zusammenhang immer wieder sehr anschaulich. Verlierer ist, wem zuerst die (Gegen-)Argumente ausgehen.
Mit mitfühlenden Grüßen,
ESG-Rebell.