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Autor Thema: Ölpreisbindung (HEL) führt automatisch zur Ertragssteigerung  (Gelesen 8219 mal)

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Offline RR-E-ft

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Jedenfalls hier scheint es so zu sein:


Zitat
Alleiniger Erdgasvorlieferant der Stadtwerke Jena soll nach wie vor die EVG sein:

http://www.zfk.de/page.php?page=/zfk/erfahrungsaustausch/imgespraech/98_11_jena.html


Diese musste nun ihre Netzentgelte senken:

http://www.bundesnetzagentur.de/enid/a3bffc613c6726f213465f7cf8f12ef8,0/Presse/Pressemitteilungen_d2.html#Gas-_und_Stromnetzentgelte

Dies sollte eigentlich auch Auswirkungen auf die Lieferpreise und somit auf die Endverbraucherpreise haben.

Auf der Seite der EVG kann man unter Kennzahlen zudem erfahren, dass die Umsatzerlöse 2005 gegenüber 2004 bei gleicher Absatzmenge deutlich stärker gestiegen waren als der Materialaufwand.....

http://www.evg-thueringen.de/

   2005 2004
Umsatzerlöse Mio. € 620,1 490,8
Materialaufwand Mio. € 568,0 460,9
Personalaufwand Mio. € 2,4 2,3
Abschreibungen Mio. € 7,4 7,7
Jahresergebnis 1) Mio. € 27,8 16,3
Investitionen in Sachanlagen Mio. € 0,5 0,7
Brutto-Sachanlagevermögen Mio. € 431,7 431,3
Finanzanlagen Mio. € 8,3 8,1
Gezeichnetes Kapital  Mio. € 32,0 32,0
Analytisches Eigenkapital Mio. € 87,2 63,6 Rückstellungen Mio. € 31,5 21,6
Verbindlichkeiten Mio. € 52,9 63,9
Bilanzsumme Mio. € 172,0 149,6
Gasabsatz Mrd. kWh 23,1 23,0
Mitarbeiter zum 31.12.
(einschließlich Auszubildende) Anzahl 29 29
Leitungsnetz zum 31.12. km 1.196 1.196

Im Betrachtungszeitraum 2003/2004 mag dies noch besser für die EVG ausgefallen sein.

Offensichtlich hatte die EVG gegenüber ihren eigenen Kunden nicht lediglich gestiegene Beschaffungskosten weitergegeben, sondern ihren Gewinnanteil erheblich erhöht.

Möglich ist dies wohl nur aufgrund kartellrechtswidriger Langfristverträge mit Ölpreisbindung, welche der EVG eine Quasimonopolstellung in ihrem Absatzgebiet verschaffen.

Dass sich die Stadtwerke nicht dagegen zur Wehr setzen, mag daran liegen, dass die EVG an den Stadtwerken beteiligt ist.


Dies hätte wohl mit Unbilligkeitseinrede verhindert werden können.

Die Stadtwerke machten davon jedoch wohl keinen Gebrauch, sondern begnügten sich damit, gestiegene Beschaffungskosten immer 1:1 an die eigenen Kunden weiterzugeben und das Geld dann entsprechend  von deren Konten abzubuchen.


Man hat sich wohl nicht nur selbst mit einer HEL- Preisformel über den Tisch ziehen lassen, die solche Ergebnisse zeitigt, sondern will auch die eigenen Kunden auch noch auf eine entsprechend wirkende Preisformel festlegen.

Dies dürfte gegen das Gebot von Treu und Glauben in den bestehenden Vertragsverhältnissen verstoßen.

EVG - ein Gemeinschaftsunternehmen von E.ON Ruhrgas und VNG Verbundnetz Gas AG Leipzig - ist ein klassisches Einspartenunternehmen, das Erdgas verteilt.

http://www.evg-thueringen.de/


"Die EVG ist eine gemeinsame Unternehmung der E.ON Ruhrgas AG, Essen und der VNG - Erdgascommerz GmbH, Leipzig. Sie wurde nur 22 Tage nach der ersten freien Wahl in der DDR und noch vor der Wirtschafts- und Währungsunion am 10. April 1990 gegründet. Die Ruhrgas AG, Essen und die VNG - Verbundnetz Gas AG, Leipzig, beteiligten sich jeweils zur Hälfte an der neuen Gesellschaft. Die Unterzeichnung erfolgte im Serpentinsaal des Hotels „International“, dem heutigen „Fürstenhof“ in Leipzig. Aufgabe der neuen Gesellschaft war der Aufbau einer flächendeckenden Versorgung Thüringens und der umliegenden Gebiete mit Erdgas. Noch am gleichen Tag sicherte Ruhrgas dem neuen Unternehmen die Lieferung von zwei Milliarden Kubikmetern Erdgas pro Jahr zu. 1994 verlegte die EVG, die ihren Dienstsitz bisher in Leipzig hatte, ihren Firmensitz in die Mitte des Absatzgebietes in die Landeshauptstadt Thüringens nach Erfurt und firmiert seitdem unter dem Namen Erdgasversorgungsgesellschaft Thüringen-Sachsen mbH. Im Oktober 2003 übertrug die VNG - Verbundnetz Gas AG ihre Anteile auf die VNG - Erdgascommerz GmbH."


Der gleiche Kundenkreis im eigenen Absatzgebiet wird aufgrund bestehender Langfristverträge beliefert, wie üblich.

"Kunden der EVG sind 25 Stadtwerke, drei regionale Versorger, große Industriebetriebe und Heizkraftwerke."


Hierzu gibt es einen Film mit Aussagen, welche diese Vertragspraxis zwischen EVG und den Stadtwerken bestätigen:

http://www.jenatv.de/index.php?main=nachrichten&lf=detail&id=1144757299

Zudem ist EVG noch an anderen Unternehmen beteiligt:

"Beteiligungen

Stadtwerke Jena-Pößneck GmbH, Jena
Rudolstädter Straße 39
07745 Jena Anteilshöhe: 10 %

Energieversorgung Inselsberg GmbH, Waltershausen
Albrechtstraße 14
99880 Waltershausen Anteilshöhe: 20 %

Stadtwerke Neustadt an der Orla GmbH, Neustadt an der Orla
Ernst-Thälmann-Straße 18
07806 Neustadt an der Orla Anteilshöhe: 20 %

GasLINE Telekommunikationsnetz - Geschäftsführungsgesellschaft deutscher Gasversorgungsunternehmen mbH, Straelen  Anteilshöhe: 1 %  
GasLINE Telekommunikationsnetzgesellschaft deutscher
Gasversorgungsunternehmen mbH & Co. KG, Straelen Anteilshöhe: 1 %
erdgas mobil Verwaltungs-GmbH, Essen  Anteilshöhe: 4,5 %
erdgas mobil Gmbh & Co. KG, Essen Anteilshöhe: 4,5 %
"
 

Eigentlich braucht auf dem liberalisierten Erdgasmarkt niemand diesen Zwischenhändler EVG, eine wohl vollkommen entbehrliche zusätzliche Wertschöpfungsstufe in der althergebrachten Lieferkette, an der viele Gasversorger (freiwillig) noch immer liegen.

Für einen Preiswettbewerb zwischen den Gasgroßhändlern E.ON Ruhrgas und VNG Leipzig um die bisherigen Kunden der EVG sollte dieses Gemeinschaftsunternehmen, das Rücksichtnahmen zwischen den Wettbewerbern auf dem Erdgasmarkt gebietet, nunmehr sogar ausgesprochen hinderlich sein, mithin eine Wettbewerbsbremse ersten Grades, die wohl allein deshalb abgeschafft gehört. Mission längst erfüllt. Vielen Dank und Liquidation. Es steht nicht zu erwarten, dass E.ON Ruhrgas oder VNG der eigenen gemeinsamen Tochter Konkurrenz machen werden und also deren Kunden wettbewerbliche Angebote unterbreiten werden, die diese Bezeichnung verdienen. Auch beim Vorlieferanten Wingas darf man skeptisch sein, ob dieser in Konkurrenz treten wird.

Die Kennzahlen der EVG:

Es ist ersichtlich, dass die übrigen Kosten sich nicht wesentlich verändert haben und deshalb allein eine HEL- Preisbindung in den Bezugsverträgen dazu geführt haben muss, dass die Umsatzerlöse deutlich stärker stiegen als der Materialaufwand.

Während der Materialaufwand um 107,1 Mio EUR stieg, stiegen die Umsatzerlöse bei fast gleicher Absatzmenge um 129,3 Mio EUR, ein ordentlicher Zusatzertrag von 22,2 Mio EUR, wohl ohne große Anstrengung, allein durch die HEL- Preisformeln in den Verträgen mit den Kunden.

Das ist wohl die alleinige Wurzel des Erfolges, wo plötzlich pro immer gleich motiviertem und engagiertem  Mitarbeiter ein Zusatzertrag von 765.517 EUR/ Jahr quasi aus dem Nichts entsteht.

Dabei ist es vollkommen egal, ob Mitarbeiter etwa nur nasepopelnd aus dem Fenster schauen...

Wettbewerb: Wer als erster oben angekommen ist.

Tolle Leistung, auf die man ehrlich stolz sein kann:

Nimmt man das Jahresergebnis 2004 mit 16,3 Mio EUR als reales Ergebnis und erhöht dieses um den Zusatzertrag 2005 von 22,2 Mio EUR, landet man bei einem Ertrag von 38,5 Mio EUR/ Jahr.

Das kann sich angesichts des gezeichneten Kapitals von 32,0 Mio EUR (Geschäftsanteile an der GmbH) wohl sehen lassen.

Es gibt wohl kaum Branchen, in denen entsprechendes zu verzeichnen wäre.

Nun ja, Eigenkapital sollte angemessen verzinst werden, sonst lohnen sich ja die Investitionen in die Sachanlagen nicht.....



Auch EVG bezieht das Erdgas selbst aufgrund von Langfristverträgen, wohl mit HEL- Preisbindung

"Der Erdgasbezug ist durch langfristige Bezugsverträge mit drei Vorlieferanten gesichert."


Vorlieferanten sind - wie praktisch und nicht anders zu erwarten - wohl auch die Gesellschafter E.ON Ruhrgas und VNG Leipzig und daneben aus strategischen Gründen die zur BASF- Gruppe gehörende Wingas:

http://www.recht-in.de/urteile/urteilzeigen.php?u_id=106083

http://www.verivox.de/news/ArticleDetails.asp?version=print&cat=Energy&aid=4473

Der selbe Mechanismus auch dabei.
Die Kasse klingelt ein weiteres mal.

Die Ölpreisbindung hat sich wieder einmal auf das Beste bewährt. Kommt das Erdgas von Gazprom, an der E.ON Ruhrgas beteiligt ist, so hatte man wohl drei Stufen in der Lieferkette bis zu den Stadtwerken, auf der sich die Ölpreisbindung jedes mal neu dementsprechend bewähren konnte.

Praktischerweise ist die EVG an den Stadtwerken Jena beteiligt, die E.ON Ruhrgas an der EVG und an Gazprom, die VNG an der EVG, die Stadt Jena an der VNG. Man versteht sich so gut untereinander mit seinen Nöten, wenn wieder alles anders werden soll. Eigentlich will man gar nicht auseinander. EVG beliefert wohl auch E.ON Thüringen und deren Heizkraftwerke, E.ON Thüringen ist wieder an den Stadtwerken Jena usw. beteiligt....

Die heilige Familie. Gas wird verteuert durch Ölpreisbindung an das Heizkraftwerk von E.ON Thüringen geliefert, dort erzeugte Strom und Fernwärme, die von dort an die Stadtwerke Jena geliefert werden, verteuern sich durch den allseits bewährten Mechanismus ebenfalls, überall entsteht wohl ein höherer Ertrag. Die Gesellschaften beklagen den asiatischen Energiehunger in farbenfrohen Hochglanzprospekten und wundern sich, dass die Kundschaft nicht mehr mitfühlen kann und will.

Zudem sind die Mitarbeiter - nicht nur bei der EVG - aufgrund bestehender Langfristverträge wohl der Aufgabe enthoben, sich im Wettbewerb einen günstigeren Lieferanten zu suchen, mehr Zeit also, um weiter aus dem Fenster zu schauen... Zwei sicher gut bezahlte Geschäftsführer, ein jeder wohl von einem der Gesellschafter bestellt, beaufsichtigen die lediglich 29 Mitarbeiter dabei, dass diese keinen Unfug verzapfen. In jedem anderen Unternehmen wäre man für diese Aufgabe wohl mit einem weit weniger hoch dotierten Abteilungsleiter ausgekommen. Aber bei dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens kann man sich ggf. auch  Stellen für Frühstücksdirektoren, die ggf. neben den Gesellschaftern gar nichts Wesentliches selbst zu entscheiden haben, sicher leisten....


Ostthüringer Zeitung - 1. Nov. 2006
... Im Umsatz pro Mitarbeiter kommt die EVG Erdgasversorgungsgesellschaft aus Erfurt auf 22,14 Millionen Euro Umsatz pro Mitarbeiter.


Der wirtschaftliche Irrsinn hat also wohl Methode, nicht allein in Mitteldeutschland. Der Kunde zahlt die Zeche.

Wie steht es mit der Eigenkapitalrendite der Gaswirtschaft?

Lohnt sich das Geschäft überhaupt noch?

Herr Dr. Pluge, bitte melden. :roll:

Lässt sich wohl im scharfen Wettbewerb der Ertrag um über 22 Mio EUR im Jahr steigern, indem man - umzingelt von langjähringen Geschäftsfreunden, mit denen man durch Langfristverträge verbunden ist - (und deren Leitungen) einfach nur aus dem Fenster schaut, ob schon Wettbewerber in Sicht sind ?!

Offline RR-E-ft

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Ölpreisbindung (HEL) führt automatisch zur Ertragssteigerung
« Antwort #1 am: 19. Dezember 2007, 18:30:24 »
2006                              2005
Umsatzerlöse Mio. €        739,8                             620,1
Materialaufwand Mio. €    692,5                             568,0
Personalaufwand Mio. € 2,5 2,4
Abschreibungen Mio. € 7,5 7,4
Jahresergebnis Mio. € 26,3 27,8
Investitionen in Sachanlagen Mio. € 0,4 0,5
Brutto-Sachanlagevermögen Mio. € 431,8 431,7
Finanzanlagen Mio. € 8,5 8,3
Gezeichnetes Kapital  Mio. € 32,0 32,0
Analytisches Eigenkapital Mio. € 85,3 87,2
Rückstellungen Mio. € 27,5 31,5
Verbindlichkeiten Mio. € 50,9 52,9
Bilanzsumme Mio. € 165,8 172,0
Gasabsatz Mrd. kWh 22,6 23,1
Mitarbeiter zum 31.12.
(einschließlich Auszubildende) Anzahl 28 29
Leitungsnetz zum 31.12. km 1.196 1.196

Der Durchschnittserlös (Verkaufspreis) für eine kWh Erdgas lässt sich ebenso abschätzen wie die durchschnittlichen Erdgasbezugskosten pro kWh, wenn der gesamte Materialaufwand nur auf den Gasbezug entfiele.

Damit lässt sich die Marge dieses Zwischenhändlers, der auf dem liberalisierten Markt so überflüssig wie ein Kropf ist, abschätzen.

 

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