@elektron
„Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht“Kartellrechtswidrigkeit des Gasbezugsvertrages vor GerichtWas hindert die regionalen Versorger daran, sich ebenfalls gegenüber ihrem Lieferanten mit dem Einwand der Unbilligkeit nach § 315 BGB gegen die Erhöhung der Bezugspreise und die Ölpreisbindung zu wehren? Warum machen sie sich weiterhin zum „Handlanger“ der Energiekonzerne. Wann vertreten sie endlich auch die Interessen ihrer Kunden.
Ein Unternehmer kann unternehmerische Versäumnisse nicht auf den Verbraucher abwälzen
(Urteil LG Frankenthal 09.10.03, Az. 2 HK.O 97/03).„Das
LG Mannheim macht in einem Urteil vom 16.08.2004 (Az: 24 O 41/04) durch die beteiligten Prozessparteien deutlich, dass auch von Vorlieferanten (regionales kommunales Energieversorgungsunternehmen) versorgte Energieversorgungsunternehmen (bundesweit tätiges Energiedienstleistungsunternehmen, Lieferant von Öl, Fernwärme und Erdgas), die Dritte (Unternehmen der Contracting-Branche) mit Energie beliefern, sich mit dem Einwand aus § 315 BGB zur Wehr zu setzen könne.
Die einzelnen örtlichen Gasversorger haben jetzt als wohl keinen Grund mehr, darauf zu verweisen, sie hätten keine Möglichkeit, gegen die Preiserhöhungen ihrer Vorlieferanten vorzugehen, diese wären von Ihnen nicht zu beeinflussen.
Soweit Energiedienstleister die Möglichkeit haben, sich selbst mit dem Unbilligkeitseinwand zur Wehr zu setzen gilt:
Preiserhöhungen des Vorlieferanten wären frühestens wirksam und fällig geworden, wenn dieser gegenüber seinem Kunden die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Preiserhöhungen durch Offenlegung der eigenen Preiskalkulation nachgewiesen hätte.
Solange das nicht geschehen ist, konnten die Preise des Vorlieferanten nicht wirksam erhöht werden. Dann bestand jedoch auch schon keinerlei Grund, die Preise für die eigene Kundschaft mit der Begründung gestiegener Bezugskosten zu erhöhen.
Die Preiserhöhungen gegenüber den eigenen Kunden sind dann auch nicht gerechtfertigt und können somit insgesamt nicht der Billigkeit entsprechen.“
„In einer mündlichen Verhandlung vor dem
OLG Düsseldorf am 12.04.2006 (Az: VI – 2 U 16/05 Kart) nahmen die Niederrheinwerke Viersen ihre Berufung gegen eine einstweilige Verfügung des LG Mönchengladbach vom 20.10.2005 (Az: 7 O 116/05) zurück, nachdem der 2. Kartellsenat des OLG Düsseldorf die Aussichtslosigkeit der Berufung erläutert hat.
Das OLG hat argumentiert, dass § 315 BGB unmittelbar Anwendung findet. Die Versorger seien zur Offenlegung ihrer Kalkulation im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens verpflichtet. § 30 AVBGasV sei als Verordnung subsidiär gegenüber § 315 BGB.
Außerdem sehe der Senat eine Verletzung einer Nebenpflicht des Versorgers aus dem Vertrag mit seinen Kunden, wenn er erhöhte Bezugspreise zwar an seine Endkunden weitergebe (so die Standardbegründung der Preisanhebungen), aber es gleichzeitig unterlasse, seinerseits gegen seinen Lieferanten im Wege des § 315 BGB vorzugehen. Dies ergebe sich eindeutig aus der BGH-Rechtsprechung im Herbst 2005 („Lichtblick-Urteil“ vom 18.10.2005). Der Versorger ist zu allererst seinen Kunden verpflichtet und nicht seinen Lieferanten (RA Fricke, Forum BdEV)“
„Die vertragliche Nebenpflicht folgt unmittelbar aus dem Vertragsverhältnis mit den eigenen Kunden, §§ 1, 2 Abs. EnWG sehen eine möglichst preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente leitungsgebundene Energieversorgung im Interesse der Allgemeinheit vor. Es ergäbe sich zudem auch aus dem Rücksichtnahmegebot gegenüber den eigenen Kunden gem. BGB (RA Fricke, Forum BdEV).“
„Eine Erklärung, warum man dem Ausland die ganze Schuld für den dramatischen Preisanstieg [der Verbraucherpreise] geben will, gibt es nicht.
Die Hauptverantwortlichen (Differenz zwischen gestiegenen Verbraucherpreisen und gestiegenen Erdgasimportpreisen) sind hier zu suchen – und hoffentlich auch zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen.
Immerhin treiben die Energiepreise die Inflation in dramatischer Art und Weise und haben sicher maßgebliche Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung einschließlich Binnenkonjunktur und Arbeitsmarkt.
Die Konterfei der Verantwortlichen sollten ggf. in einer Art „Straße der Besten“ im gesamten Bundesgebiet plakatiert werden, damit jeder weiß, um wen es sich handelt.
Dann könnte sich jeder persönlich bei denen bedanken.
RA Thomas Fricke, Jena, Forum BdEV.“
Mit freundlichen Grüßen