Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: BNA: Gasmarktöffnung mit Licht- und Schattenseiten  (Gelesen 2212 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Fidel

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 775
  • Karma: +0/-0
  • Geschlecht: Männlich
BNA: Gasmarktöffnung mit Licht- und Schattenseiten
« am: 29. September 2006, 16:37:20 »
Pressemitteilung der Bundesnetzagentur vom 29.09.2006

Gasmarktöffnung mit Licht- und Schattenseiten

Kurth: „Wettbewerb im Gasmarkt erfordert weitere Anstrengungen aller Marktteilnehmer“

Zum Beginn des neuen Gaswirtschaftsjahrs am 1. Oktober 2006 zieht die Bundesnetzagentur eine insgesamt optimistische Bilanz. Aus Sicht von Matthias Kurth, dem Präsidenten der Bundesnetzagentur, sind die bislang erreichten Zwischenziele als ein klarer Beleg für den Erfolg des Regulierungsregimes zu werten. „Aufgrund der jahrzehntelang gewachsenen Strukturen im Gasmarkt, die in ihrer wettbewerbshemmenden Wirkung nur allmählich aufgebrochen werden können, handelt es sich hierbei jedoch erwartungsgemäß nur um erste Etappen auf dem Weg zu einer wirksamen Marktöffnung“, so Kurth.

Ein wichtiger Zwischenschritt wurde bereits im Juli 2006 erreicht, als sich die deutschen Gasnetzbetreiber auf Druck der Regulierungsbehörde auf eine Kooperationsvereinbarung geeinigt hatten, mit der Wettbewerbern der Zugang zu den Netzen erleichtert werden soll. Diese Neuregelung wird plangemäß am 1. Oktober 2006 in die Praxis umgesetzt. Nach letztem Stand sind dieser Kooperationsvereinbarung mehr als 400 Netzbetreiber beigetreten, die, gemessen an der gaswirtschaftlichen Bedeutung, den weitaus überwiegenden Teil des Markts repräsentieren. Für die fehlende verbindliche Kooperation der restlichen Unternehmen gibt es keine nachvollziehbaren Gründe. „Es kann keinen Zweifel daran geben, dass alle Netzbetreiber zu einer verbindlichen und vertraglich geregelten Zusammenarbeit gesetzlich verpflichtet sind. Hier sind die Betreiber in der Pflicht und müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Die bisherigen Kooperationsbemühungen der Branche zeigen daher Licht- und Schattenseiten. Diese unbefriedigende Situation zeigt u. a. , dass ein weiteres engagiertes Handeln aller Marktteilnehmer dringend erforderlich ist, um dem vom Gesetzgeber geforderten Gaswettbewerb zum Durchbruch zu verhelfen“, appellierte Kurth.

Der Kooperationsvertrag sieht gegenwärtig zwei Möglichkeiten für die Organisation von Gastransporten vor. Grundmodell ist der gesetzlich vorgeschriebene Zugang auf Basis von nur zwei Verträgen. Daneben ist auf Wunsch der Mehrheit der Gasnetzbetreiber das sog. Einzelbuchungsmodell zugelassen, bei dem der Gastransport auf Basis von einer Reihe von Einzelverträgen abgewickelt wird. Mögliche Probleme der Parallelität beider Modelle ist Gegenstand eines Musterverfahrens.

„Eine Grundsatzfrage ist die Aufteilung Deutschlands in 19 einzelne Marktgebiete, in denen Gas ohne Netzengpässe gehandelt werden kann. Auf welchem Weg und in welchem Zeitrahmen eine Reduzierung der Marktgebiete durchzusetzen ist, ist derzeit noch offen. Aus Sicht der Bundesnetzagentur gibt es aber keinen Zweifel daran, dass die Zahl der Marktgebiete weiter reduziert werden muss, auch um die unzureichende Liquidität auf den Gashandelsmärkten zu erhöhen“, so Kurth.

„Mit dem Systemstart zum 1. Oktober 2006 beginnt nun die Phase, in der sich das Modell in der Praxis bewähren muss. Die Bundesnetzagentur wird diesen Prozess weiter aktiv begleiten, unterstützen und gegebenenfalls im Wege von Aufsichtsmaßnahmen korrigierend eingreifen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Notwendigkeit, dass sich wechselwilligen Gaskunden auch alternative Bezugsmöglichkeiten bieten. Ich bin überzeugt, dass es unter dem neuen Modell zu alternativen Angeboten kommt und die Bundesnetzagentur wird gegen jede Behinderung des Lieferantenwechsels durch die Netzbetreiber mit Nachdruck einschreiten. Es ist besonders zu begrüßen, dass in einem ersten Schritt neue Anbieter auf lokalen Märkten wie Berlin oder Hamburg auftreten und privaten Kunden ein Angebot machen und erstmals auch über 5.000 private Kunden ihren Gasanbieter gewechselt haben“, sagte der Präsident.

Neben der Frage des Zugangsmodells, das die zunehmenden Gasmengen für einen wettbewerblich strukturierten Handel verfügbar machen soll, ist ein besonderes Augenmerk auf eine einfache Abwicklung des Lieferantenwechsels auch für private Haushalte zu legen. Obwohl schon jetzt keine rechtlichen Hürden mehr für einen Lieferantenwechsel bestehen, ist dessen Abwicklung im Massenverfahren nach wie vor schwierig, weil es an einfachen und einheitlichen Arbeitsprozessen zwischen den Marktpartnern fehlt. Parallel zum Stromsektor, für den die Bundesnetzagentur bereits Standards für Verfahrensabläufe festgelegt hat, wird daher an entsprechenden Festlegungen im Gasbereich gearbeitet. Jedoch haben die Netzbetreiber ausdrücklich zugesagt, auch jetzt schon ohne standardisiertes Verfahren einen reibungslosen Wechsel zu ermöglichen.

„Ob die Verbraucher tatsächlich Wechselmöglichkeiten haben, kann von der Bundesnetzagentur nur mittelbar beeinflusst werden, indem sie weiter mit Nachdruck darauf drängt, dass chancengleiche und effiziente Ausgangsbedingungen für alle Marktteilnehmer geschaffen werden. Mit den genannten Wechselmöglichkeiten in Berlin und Hamburg ist ein erster Schritt in diese Richtung getan. Ob letztlich den Gaspreis begrenzende Effekte erzielt werden, ist neben der Regulierung der Netzentgelte wesentlich auch von der Intensität des sich einstellenden Wettbewerbs abhängig. Ich bin zuversichtlich, dass sich der Wettbewerb im Gasmarkt jetzt Schritt für Schritt verstärken wird und dadurch auch zunehmender Druck auf die Gaspreise ausgeübt wird“, sagte Kurth abschließend.

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz