@uwes
Der VIII. Zivilsenat stellt in dem Urteil vom 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 (Rn. 16) heraus, dass auf die Ausübung eines Preisänderungsrechts gem. § 4 Abs. 1 und 2 AVBV nach Vertragsabschluss § 315 BGB direkt zur Anwendung kommen kann.
Dabei kommt es auf eine Monopolstellung gerade nicht an.
In der ganzen Entscheidung kam es auf § 4 AVBEltV, von dem fraglich war, ob er zwischen den Partein überhaupt Geldtung beanspruchte, nicht an. Deshalb sieht die Befassung auch etwas oberfläch aus:
Der Senat bezeichnet die Bestimmung als ein gesetzliches Preisänderungsrecht.
Wie sich jedoch aus §§ 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AVBV ergab, handelte es sich bei der Bestimmung des § 4 Abs. 1 und 2 AVBV um einen Teil des Vertragsinhaltes:
"Sie sind Betandteil des Versorgungsvertrages."
An den Text sind auch die Gerichte gebunden (Art. 20 III GG).
Mithin handelte es sich um ein vertragliches Preisbestimmungsrecht.
Das Bundesverwaltungsreicht (BVerwG NVwZ 1994, 999) sprach von einer zivilrechtlichen Umsetzung über § 4 AVBEltV, die nach § 315 BGB zu kontrollieren sei.
Der Kartellsenat hat in seinem Urteil vom 18.10.2005 - KZR 36/04 = NJW 2006, 684, Rn. 9, 10 die zutreffenden Feststellungen zu Preisen in Form Allgemeiner Tarife getroffen.
Der VIII Zivilsenat hatte in früheren Entscheidungen herausgestellt, dass allein durch die Entnahme von Energie aus dem Netz ein Vetrag zustande kommen kann, auch wenn der Abnehmer dem Vertragsabschluss widerspricht.
Ein solcher Widerspruch sei wegen venire contra factum proprium unbeachtlich, weil derjenige der die Leistungen des Versorgungsunternehmens entnimmt, weiß, dass diese nicht unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden (vgl. BGH NJW 2003, 3131 unter II 1 a; BGH NJW 2006, 1667 ff. Rn. 16).
Nach der Rechtsprechung des Senats setzt der konkludente Abschluss eines Vertrages jedoch gerade keine Einigung auf das zu zahlende Leistungsentgelt voraus. Ein Dissens gem. § 154 Abs. 1 BGB bestehe dehalb nicht, weil dem Versorgungsunternehmen regelmäßig ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bezüglich des Leistungsentgelts, also der zu zahlenden Tarife eingeräumt sei (vgl. BGH NJW 2003, 3131 unter II 2 a; BGH NJW 2006, 1667, 1670 Rn. 28 ff.).
Die Annahme des Leistungsangebotes des Versorgungsunternehmens bedeutet deshalb einen Vertragsabschluss, ohne dass zugleich auch ein Vertragspreis in konkreter Höhe vereinbart wird.
Von einem wirksamen Vertragsabschluss zugleich auf die Einigung auf einen Vertragspreis in konkreter Höhe zu schließen, ist deshalb m. E. ein Kurzschluss.
Die fehlende Einigung über den Vertragspreis schließt also gerade wegen des vertraglich vereinbarten einseitigen Leistungsbestimmungsrechts den wirksamen Vertragsabschluss nicht aus (vgl. auch BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04).
Umgekehrt kann dann der Vertragsabschluss auch nicht zugleich als eine Einigung auf einen Vertragspreis gewertet werden.
Gegen eine Einigung auf einen Vertragspreis spricht schon, dass demjenigen, der die Leistung des Versorgungsunternehmens in Anspruch nimmt die gerade geltenden Tarifpreise noch nicht einmal bekannt sein müssen. Diese Unkenntnis würde eine Einigung auf einen konkreten Vertragspreis gem. §§ 145 ff. BGB hindern, hindert jedoch gerade nicht den konkludenten Abschluss eines Vertrages gem. § 2 Abs. 2 AVBV.
Demjenigen, der die Leistung des Versorgungsunternehmens aus dem Verteilnetz in Anspruch nimmt, ist bewusst, dass das Versorgungsunternehmen seine Leistungen nicht unentgeltlich zur Verfügung stellt, ein Preis dafür gezahlt werden muss.
Das ist denknotwendig auch demjenigen klar, der sich auf die Unbilligkeit des geforderten Leistungsentgelts beruft:
Ihm ist klar, dass nur ein angemessenes Entgelt gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB für ihn verbindlich und geschuldet ist, ein angemessenes Entgelt ggf. erst mit Rechtskraft einer gerichtlichen Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB für ihn verbindlich und fällig wird.
Schlussendlich bindet sich das Versorgungsunternehmen auch nicht durch die Einigung auf einen Preis im Sinne von pacta sunt servanda, sondern behält sich nach Vertragsabschluss eine jederzeitige Preisänderung vor. Dieser Vorbehalt hindert es, von einer wirksamen Einigung auf einen konkreten Vertragspreis zu sprechen (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04 Rn. 21)
Meines Erachtens kann wie in BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 8/05 Rdn. 12 angenommen werden, dass es regelmäßiger Übung entspricht, dass ein Energieversorgungsunternehmen die Preise von Zeit zu Zeit gegenüber allen seinen Tarifkunden neu festlegt und bestimmt.
Diese Übung war in der letzten Zeit sogar überaus regelmäßig.
Andererseits führt nicht jedwede Energieentnahme aus dem Netz unmittelbar zu einem (konkludenten) Vetragsabschluss, vgl. nur § 38 EnWG, der darauf abstellt, dass gerade kein Vertragsverhältnis besteht.
Deshalb ist die Entscheidung des VIII. Zivilsenat an mancherlei Stelle widersprüchlich.
Die Rechtsprechung in den früheren Entscheidungen (NJW 2003, 1449; NJW 1998, 3188, [3192] und NJW-RR 1992, 183) wurden nicht erwähnt, so dass insoweit nicht unterstellt werden darf, der Senat habe von dieser Abstand nehmen wollen.
In der Entscheidung NJW-RR 1990, 1204 hatte es der Senat ausdrücklich abgelehnt, einen Preis auf seine Angemessenheit zu kontrollieren, auf den man sich mit einem monopolistischen Stromversorger geeinigt hatte.
In der Entscheidung NJW- RR 1992, 183 unter III 2 b hatte der Senat gerade offen gelassen, ob auch der mit einem Monopolisten vereinbarte Preis einer gerichtlichen Angmessenheitskontrolle unterliegt, wie es eine Literaturmeinung forderte.
In den Entscheidungen NJW 1998, 3188 [3192] und NJW 2003, 1499 ist von einer Monopolstellung und einer Angewiesenheitslage zutreffend gar keine Rede, was auf eine direkte Anwendung des § 315 BGB schließen lässt.
Mit dieser gesamten Rechtsprechung hat sich der Senat überhaupt nicht inhaltlich auseinandergesetzt. Es kam in entscheidenen Fall schon überhaupt nicht darauf an.
Im Verfahren VIII ZR 36/06 ist zwischen den Parteien das Preisänderungsrecht als solches unstreitig, der Kläger hat lediglich eine Preiserhöhung als unbillig gerügt.
Der Senat hat deshalb, weil er davon ausgeht, der Kläger sei gar kein Tarifkunde, wieder keine Veranlassung sich mit der Frage inhaltlich vertieft auseinderzusetzen, ob § 4 AVBGasV ein vertraglich vereinbartes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht enthält.
Klar ist aber, dass der Senat auf die streitgegenständliche Erhöhung § 315 BGB direkt anwendet. Wegen des Klageantrages ist der Streitgegenstand eigentlich gem. § 308 ZPO beschränkt, so dass es schon bemerkenswert ist, dass der Senat auch die Frage nach der Billigkeit eines (möglicherweise vertraglich vereinbarten) Anfangspreises stellt.
Dass ein vertraglich vereinbarter Anfangspreis (auf den man sich also geeinigt hat) der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in analoger Anwendung des § 315 BGB unterliegt, ergibt sich ersichtlich aus keiner einzigen Entscheidung.
Nach der st. Rspr. des Senats folgt schon aus der Einigung der Parteien auf das Leistungsentgelt die Richtigkeitsgewähr, so dass es schon keiner gerichtlichen Angemessenheitskontrolle bedarf.