Stromvertrag, Kündigung, Grund-, Ersatzversorger, §§ 36,38 EnWG2005
Sehr geehrter Herr Fricke!
1.
Unter dem Titel „Kündigung eines Sondervertrages“ schreiben Sie am 15.02.2005 u.a.:„Im Strombereich gilt nach einem Urteil des OLG München aus dem Jahre 1999 (veröffentlicht in NRW-RR 1999), dass nach Kündigung eines Sondervertrages durch den Versorger und Weiterbezug des Kunden über den Kündigungszeitpunkt hinaus bei einem entsprechenden Widerspruch des Kunden gegen eine Versorgung zum Allgemeinen Tarif kein sog. faktischer Vertrag gem. § 2 AVBEltV zu den genehmigten Tarifen zustande kommt.
Vielmehr entstehe ein neuer faktischer Sondervertrag, bei dem der Versorger den Preis nach §§ 315, 316 BGB zu bestimmen hat.
Widersprechen Sie also vorsorglich einer Versorgung zum Allgemeinen Tarif und verlangen Sie eine Weiterversorgung zu Preisen, die vom Versorger gem. §§ 315, 316 BGB zu bestimmen sind.
Der neue Preis unterliegt dann vollständig der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB.“
2.
Unter dem Titel „Stadtwerke Gaggenau kündigen Strom- und Gaslieferungsverträge“ schreiben Sie am 06.07.2005 u.a.:„Den örtlichen Versorger trifft eine Versorgungspflicht gem. §§ 10 EnWG, 5 AVBV gegenüber jedermann.
Die Kündigung erweist sich als rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB, weil sie offensichtlich verbunden mit dem Angebot einer Weiterversorgung zu geänderten Konditionen nur dazu dient, den § 315 BGB auszuhebeln.
Für Sonderverträge folgt der Kontrahierungszwang des örtlichen Versorgers aus dem Gleichbehandlungsgebot gem. Art 3 GG und dem Diskriminierungsverbot gem. § 20 GWB.
Wenn der Versorger den Vertrag kündigt, muss er den Kunden gleichwohl gem. § 10 EnWG mit Strom und Gas versorgen, darf also auch nach Vertragsbeendigung die Versorgung nicht etwa einstellen.
Damit kein neuer Vertrag zum Allgemeinen Tarif gem. § 2 Abs. 2 AVBV zustande kommt, muss man einem solchen Vertragsschluss widersprechen und dem Versorger das Preisbestimmungsrecht nach §§ 316, 315 BGB für die gelieferte Energie überlassen.“
3.
Unter dem Titel „Willkür?“ schreiben Sie am 17.02.2006 u.a.:„Die in §§ 36, 38 EnWG genannten Verordnungen über Allgemeine Bedingungen befinden sich noch im Gesetzgebungsverfahren, existieren noch nicht.
Für Altverträge gilt § 116 EnWG, Weitergeltung bis auf weiteres.
Siehe auch hier: Seite 2469 - Übergangsprobleme bei Stromhaushaltskunden.“
4.
Unter dem Titel „Übergangsprobleme bei Stromhaushaltskunden“ schreiben Sie am 30.01.2006:„Ein kurzer Problemaufriss findet sich hier:
www.ewerk.hu-berlin.deRechtliche Übergangsprobleme bei der Stromversorgung von Haushaltskunden: Preise und Bedingungen.“
5.
Unter dem Titel „Neue Hintertür der Versorger?“ schreiben Sie am 04.02.2006 ua.:„Grundversorger ist zukünftig, wer die meisten Kunden in einem Netzgebiet versorgt.
Die Grundversorgertarife richten sich wie die Allgemeinen Tarife nach der Tarifgenehmigung gem. § 12 BTOElt, d.h. nach der Kosten- und Erlöslage bei elektrizitätswirtschaftlich-rationeller Betriebsführung.
Auch kann sich kein Versorger einfach aus seiner gesetzlichen Versorgerpflicht stehlen.“
Vertragliche Voraussetzungen und bisheriger Ablauf einer Auseinandersetzung:Der regionale Versorger versorgt –marktbeherrschend- die meisten Kunden im Netzgebiet.
Es besteht ein so genannter Sondervertrag („Bestpreis-Modelll“) mit einer Kündigungsfrist von 4 Wochen vor Ablauf des Vertrages, sonst Verlängerung um eine Laufzeit (ab 01.01.: 3 Monate).
„Allgemeines: ... Ergänzend zu den vorgenannten Bedingungen gelten die auszugsweise abgedruckten Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen der Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden (AVBEltV) vom 21. Juni 1979 (BGBl. I S 684).
Der ...-Kunde gilt als Tarifkunde im Sinne der Bestimmungen.“
Der Verbraucher hat erstmalig schriftlich am 17.03.2005 gegen die Erhöhung des Strompreises ab 01.01.2005 den Einwand des fehlenden Nachweises der Billigkeit gem. § 315 BGB erhoben. Dieser Einwand wurde am 11.12.2005 ergänzt durch die Rücknahme der zugestandenen Preiserhöhung von 2 %.
Der Versorger hat den Stromlieferungsvertrag schriftlich am 08.02.06 vertrags- und fristgemäß zum 31.03.2006 gekündigt. Die Weiterversorgung ab 01.04.06 soll nach den Allgemeinen Versorgungsbedingungen (Grundversorgung) zum ab 01.01.06 gültigen Allgemeinen Tarif erfolgen.
(Die Preiserhöhung im Verhältnis zum gekündigten Vertrag beträgt + 12,6 %).
Der Verbraucher hat am 22.03.2006 schriftlich vorsorglich der Versorgung zum Allgemeinen Tarif widersprochen und eine Weiterversorgung zu Preisen verlangt, die vom Versorger gemäß §§ 315, 316 BGB zu bestimmen sind. Außerdem hat der Verbraucher den Text des aktuellen Musterbriefes vom Bund der Energieverbraucher ausgeführt: „... ich nehme Bezug auf Ihr oben erwähntes Preiserhöhungsverlangen und bitte zunächst um Mitteilung, ...“.
In zwei Tabellen folgt eine Berechnung der Abschlagszahlungen a) für die Zeit vom 01.01.-31.03.06 zum alten Tarif und b) für die Zeit vom 01.04.-31.12.06 zum neuen Tarif, jedoch jeweils zu den Preisen vom 31.12.2004.
Der Versorger behauptet am 28.03.2006 schriftlich (Eingang beim Verbraucher am 30.03.06), „dass nicht klar ist, was der Widerspruch vom 22.03.06 gegen die Versorgung zum Allgemeinen Tarif bedeutet. Wegen dem Wegfall des bisherigen Tarifes und der Ablehnung des Allgemeinen Tarifes falle der Verbraucher ab 01.04.06 in die Ersatzversorgung nach § 38 EnWG zu den Preisen des Allgemeinen Tarifes. Dieses Rechtsverhältnis ende nach § 38 EnWG spätestens drei Monate nach Beginn der Ersatzversorgung. Ob dies vom Verbraucher gewollt sei? Hierzu wird eine kurzfristige Stellungnahme erbeten.“
Der Verbraucher hat daraufhin kurzfristig nicht reagiert, um sich erstmal beim Bund der Energieverbraucher weiter zu erkundigen.Was
der Versorger unter „kurzfristig“ versteht schreibt er dann am 03.04.06 (Eingang beim Verbraucher am 04.04.06):
„Der Stromvertrag ist fristgerecht gekündigt. Der Verbraucher lehne die Weiterführung des Stromlieferungsvertrages im Rahmen der Grundversorgung zu den veröffentlichten Bedingungen des Allgemeinen Tarifes ab. Ein Grundversorgungsverhältnis für die Stromlieferung besteht daher ab 01.04.06 nicht, stattdessen befinde sich der Verbraucher im gesetzlichen Schuldverhältnis der Ersatzversorgung nach § 38 Abs. 1 Satz 1 EnWG. Dieses Rechtsverhältnis ende nach § 38 EnWG spätestens drei Monate nach Beginn der Ersatzversorgung. Der Verbraucher solle sich innerhalb dieser Frist um einen Energielieferungsvertrag bemühen.“
AufklärungsbedarfWas sind das denn für „Machenschaften“?
Der Verbraucher hat nicht die Absicht den Versorger zu wechseln.
Im Schreiben des Verbrauchers ist m.E. ist keine grundsätzliche Ablehnung der Stromversorgung ab 01.04.2006 zu dem jetzt angebotenen einzigen Allgemeinen Tarif des Versorgers zu entnehmen, sondern nur der Einwand der Unbilligkeit der Tarifpreise des Allgemeinen Tarifes gemäß § 315 BGB.
Wie sind der rechtliche Zusammenhang und die Auswirkungen mit der im Schreiben des Versorgers erwähnten „Ersatzversorgung nach § 38 EnWG“ zu beurteilen?
Kann ein Versorger von einem Verbraucher eine Stellungnahme in einer derart kurzen Frist verlangen?
Was passiert, wenn der Verbraucher sich nicht um einen anderen Energielieferungsvertrag bemüht und die Frist von „spätestens drei Monaten“ ignoriert?.
Mit freundlichen Grüßen