[ 12-O-82-03 22-07-2004 ; 24-O-41-04 16-08-2004 ; 15-C-4394-4 15-04-2005 ; 2-O-28-05 03-06-2005 ; KVR-17-04 28-06-2005 ; KZR-36-04 18-10-2005 ; 6-S-16-05-Ab 19-01-2006 ]
Das Urteil findet sich im vollständigen Wortlaut hier:
http://www.lgheilbronn.de/servlet/PB/show/1193429/Gaspreis-Urteil.pdfEine Revision vor dem BGH erscheint erfolgversprechend:
Das Urteil setzt sich nicht mit der herrschenden Rechtsprechung auseinander, wonach bei Energiepreisen naturgemäß immer der Gesamtpreis einer Billigkeitskontrolle unterfällt ( vgl. LG Hannover RdE 2004, 55, (54); LG Magdeburg, RdE 2005, 22, (24); LG Kiel, RdE 2005, 53, (55); Held, NZM 2004, 169 ff.; Salje,et 2005, 278, 280; Fricke, WuM 2005, 547, 551, jeweils m.w.N.).
Denn der neue Preis muss insgesamt der Billigkeit entsprechen. Das Gericht unterstellte somit faktisch, dass der Ausgangspreis billig gewesen wäre, auf den die Bezugskostensteigerung aufsetzte.
Dies wurde indes bereits am Ausgangsurteil in Fachkreisen zutreffend kritisiert:
http://www.ewerk.hu-berlin.de/content/ewerk/pdf/370.pdfZudem hat das Gericht verkannt, dass § 1 EnWG die Anwendung des § 315 BGB nicht nur nicht ausschließt, sondern nach herrschender Rechtsprechung selbst Auslegungsmaßstab für die Billigkeit der Entgeltbestimmung von Energiepreisen im Anwendungsbereich des Energiewirtschaftsgesetzes ist (BGH NJW-RR 1992, 183).
Dabei zitiert das erkennende Gericht selbst aus dem BGH- Urteil, wonach der das
gesamte Energiewirtschaftsrecht beherrschende Grundsatz berücksichtigt werden muss, daß die Energieversorgung so preiswürdig wie möglich zu gestalten ist und abweichend von anderen Wirtschaftszweigen hier dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung nur eingeschränkte Bedeutung zukommt.
Dies wurde auch in dem zitierten Urteil des BGH vom 18.10.2005 - KZR 36/04 auf Seite 8 UA, Textziffer 13 deutlich herausgestellt, wonach sich die Preisbildung daran zu orientieren hat, dass einer möglichst sicheren und
preisgünstigen leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas entsprochen wird.
Insoweit ist den Ausführungen im Gaspreisurteil des LG Mannheim vom 16.08.2004 - 24 O 41/04, S. 6 f. UA und im Urteil des LG Neuruppin vom 03.06.2005 - 2 O 28/05, S. 15 ff. UA zu folgen.
So führt auch der BGH in seinem Beschluss vom 28.06.2005, KVR 17/04 auf Seite 10 f. aus, dass das betreffende Dienstleistungsunternehmen sich auch im Falle effektiven Wettbewerbs bei seiner Preisgestaltung an dem auf dem Markt erzielbaren Erlös orientieren würde.
Nach aller ökonomischen Theorie entspricht ein im wirksamen Wettbewerb gebildeter Preis gerade einem Kostenpreis, weil in einem funktionierenden Wettbewerb die Grenzkosten den Grenzerlösen und somit dem Preis entsprechen:
http://www.bwl.uni-kiel.de/Ordnung+Wettbewerbspolitik/downloads/evwl_WS0506/Einf-Kp14_4_auf_1.pdfhttp://www.mikrooekonomie.de/an/an/ananau.htmhttp://www.mikrooekonomie.de/an/an/ananau_zb3.htmWo also Versorger einen Unterschied zwischen Kosten- und Marktpreisen aufzeigen wollen, weisen sie deshalb wohl selbst darauf hin, dass der Wettbewerb auf dem deutschen Erdgasmarkt nicht funktioniert:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/154/69085/Zudem gibt es keinen "Marktpreis" für Erdgas:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,393473,00.htmlZudem verkennt das Gericht, dass jedwede Kartellrechtswidrigkeit, welche zu Ergebnissen führt, die gem. §§ 1 GWB verboten und gem. § 134 BGB unwirksam sind, evident außerhalb jedweder Billigkeit liegen müssen. Was schon verboten ist, kann unter keinem Gesichtspunkt zu einem Ergebnis führen, das noch billig sein kann.
Der BGH könnte auch klarstellen, dass auf die einseitige Leistungsneubestimmung § 315 BGB direkt Anwendung findet, weshalb es auf eine Monopolstellung gar nicht ankommen kann, jedenfalls wenn man auf eine separate Billigkeitskontrolle der Preiserhöhung als solche abstellt.
Eine direkte Anwendung von § 315 BGB auf einseitig bestimmte Preise ergibt sich schon aus dem BGH- Urteil vom 18.10.2005- KZR 36/04.
In dieser Entscheidung findet sich keinerlei Hinweis auf die Notwendigkeit einer Analogie.
Der Gasversorger hatte erst in der Berufungsinstanz zur Kalkulation vorgetragen. Dies war nach der Meinung in Fachkreisen zu spät, weshalb diese Zahlenwerke wohl der Entscheidung nicht hätten zugrunde gelegt werden dürfen:
http://www.ewerk.hu-berlin.de/content/ewerk/pdf/370.pdfDie Würdigung des Zahlenwerks selbst durch das Gericht lässt wohl auch einigen Unverstand erkennen.
Der gestiegene Leistungspreis wäre wohl zudem falsch geschlüsselt. Dieser hätte wohl allenfalls in den Grundpreis und nicht in den Arbeitspreis gehört....
Nach alldem sollte die zugelassene Revision zum BGH eingelegt werden.
Im Übrigen ist anzumerken, dass das Urteil im Sinne der Verbraucher schon ein Stück weiter für Klarheit gesorgt hat, nämlich dass Gaspreise keinesfalls beliebig erhöht werden können, sondern eine gerichtliche Kontrolle statt findet undzwar nicht etwa erst in einem Rückerstattungsprozess.
Der Energierechtsspezialist Herr Kollege Dr. Kunth (Freshfields Bruckhaus Deringer, Düsseldorf) erklärte am 21.01.2005 im Paderborner HNF einem großen Publikum vor laufenden Kameras eindringlich, dass bei Energiepreisen und auch beim Gas immer nur der Gesamtpreis einer Billigkeitskontrolle unterfällt.
Eine Erkenntnis, die ihm dann im Heilbronner Gaspreisprozess möglicherweise in Vergessenheit geraten war....
Zur Auffrischung der Erinnerung kann die Paderborner Bürgerinititive ggf. einen Mitschnitt der Veranstaltung vom 21.01.2005 zur Verfügung stellen.
Dokumentiert ist ebenso, dass Herr Kollege Dr. Kunth ebenso eindeutig klar stellte, dass bei der Billigkeitskontrolle von Strompreisen seit Jahrzehnten anerkannt ist, dass die Preiskalkulation vollständig offen zu legen ist und sich daran auch nichts geändert hat - eine erfreuliche Klarstellung gegenüber dem Aufsatz seines Kollegen Dr. Stappert in NJW 2003, 3177.
Herr Kollege Dr. Kunth, zeigte somit den Verbrauchern auf, wie es geht.
Dank an den Kollegen für seine entsprechende Expertise, dessen Meinung bei vielen Energieversorgern zählt.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt